
(Rom) Ab 9.30 Uhr tagte Papst Franziskus gestern vormittag mit allen Dikasterienleitern der Römischen Kurie. Eine seltene Begegnung nach einigen gewichtigen Entscheidungen am Pfingstwochenende.
Versammlungen aller Dikasterienleiter mit dem Papst gehören zu den Seltenheiten im Vatikan. Unter Papst Franziskus tagen sie höchstens zweimal im Jahr.
Als Dikasterien gelten die neun Kongregationen, die drei Sekretariate, die noch verbliebenen sechs päpstlichen Räte, die drei Gerichtshöfe, drei Kurialämter sowie die beiden neuerrichteten Dikasterien: das Dikasterium für Laien, Familie und Leben und das Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen.
Die bei der Versammlung behandelten Themen, die unter dem Vorsitz von Papst Franziskus tagte, wurden vom vatikanischen Presseamt nicht bekanntgegeben.
In den vergangenen Tagen kam es zu einigen wichtigen Entscheidungen von Papst Franziskus.
Elf neue Papstwähler
Am Pfingstsonntag gab Franziskus, wie sich verdichtende Gerüchte zuvor bereits angekündigt hatten, die Kreierung neuer Kardinäle bekannt. Franziskus wird am kommenden 29. Juni 14 Kirchenvertreter in den Kardinalsstand erheben. Gleich elf von ihnen sind Papstwähler, obwohl derzeit nur fünf Sitze in einem Konklave unbesetzt sind, und es am 29. Juni erst sechs sein werden.
Papst Franziskus kreiert damit „auf Vorrat“, und das sogar mehr als ein Jahr im Voraus. Bis zum 30. Januar 2019 würden fünf Kardinäle zuviel in ein Konklave einziehen, sollte es zu einem solchen kommen. Ende Januar, Mitte März, Anfang April, Ende April und schließlich erst am 31. Juli 2019 werden die Sitze im Konklave frei, die Franziskus bereits jetzt vergibt.
Den argentinischen Papst drängte es bereits in der Vergangenheit, schnell mögliche Ernennung im Wahlkörper seines Nachfolgers vorzunehmen. Jede Kardinalserhebung stellt eine Weichenstellung für die Nachfolgeregelung dar. Dies gilt durch eine gezielte Personalpolitik unter Franziskus noch weit mehr als unter seinen Vorgänger.
Dennoch erstaunt eine so lange Besetzung im Voraus von mehr als dreizehn Monaten. Nichts würde Franziskus hindern, nun die sechs vakanten und in einem Jahr die dann fünf vakanten Sitze zu besetzen.
Grundsätzlich folgt Franziskus auch bei den Neuernennungen seinem Grundmuster, das Kardinalskollegium durch Endeuropäisierung in die einstige Dritte Welt zu verlagern. Mehr als die Hälfte der neuen Papstwähler kommen aus kleinen, teils unbekannten Bistümern. Ebenso unbekannt sind die neuen Purpurträger selbst.
Staatssekretär und Substitut mit Kardinalswürde
Zu den Neuernannten gehören drei Vertreter der Römischen Kurie und der Vikar des Papstes im Bistum Rom. Das Amt des Vikars, Msgr. Angelo De Donatis, und das Amt des Glaubenspräfekten, seit der Entlassung von Kardinal Müller, hat Kurienerzbischof Luis Ladaria SJ, das Amt inne, sind traditionell mit der Kardinalswürde verbunden. Nicht mit dem Purpur verbunden war bisher das Amt des Päpstlichen Almoseniers. Mit diesem Amt wurde 2013 Msgr. Konrad Krajewski beauftragt, den , Franziskus vom Amt für die Päpstlichen Liturgien dorthin versetzte.

Völlig aus dem Rahmen fällt die Erhebung des amtierenden Substituten des Kardinalstaatssekretärs, Kurienerzbischof Giovanni Angelo Becciu, zum Kardinal. Seit Einführung des Amtes 1833 durch Papst Gregor XVI. wurden zwar alle Amtsinhaber zu Kardinälen kreiert, aber keiner, als er noch als Substitut amtierte. Das Amt des Stellvertreters des Kardinalstaatssekretärs war ein Sprungbrett für die weitere Karriere, meist als Leiter eines Dikasteriums. Einer von ihnen, Giovanni Battista Montini, wurde sogar zum Papst Paul VI. gewählt.
Es ist bekannt, daß Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und sein Substitut Becciu kein besonders herzliches Verhältnis verbindet. Ebenso konnte nicht unbemerkt bleiben, daß Becciu in der jüngeren Vergangenheit von Papst Franziskus zu verschiedenen Aufgaben heranzogen wurde, so auch als Sonderdelegat zur Überwachung des Malteserordens, nachdem Franziskus Großmeister Fra Matthew Festing Ende Januar 2017 zum Rücktritt gezwungen hatte. Franziskus ist mit Beccius bisher geleisteter Arbeit offensichtlich zufrieden.
Die Erhebung Beccius in den Kardinalsrang ist also mehr als nur eine persönliche Auszeichnung. Sie soll, bleibt der Neo-Kardinal im Staatssekretariat, wonach es derzeit aussieht, seine Position sichtbar gegenüber dem Kardinalstaatssekretär stärken.
Unter den elf neuen Papstwählern befinden nur Weltpriester, aber keine Ordensmänner – ausgenommen zwei Jesuiten.
Heiligsprechung von Paul VI. und Erzbischof Romero

Papst Paul VI. wird von Papst Franziskus heiliggesprochen. Das gab der Papst am Samstag beim Kardinalskonsistorium bekannt. Insgesamt werden sechs neue Heilige zu den Altären erhoben.
Paul VI. wird nach Johannes XXIII. und Johannes Paul II. bereits der dritte Papst sein – von vier zuletzt verstorbenen –, der von Franziskus heiliggesprochen wird. Paul VI. gilt als der eigentliche Konzilspapst, da unter seinem Pontifikat die Konzilsdokumente verabschiedet und die Nachkonzilszeit mit den Liturgiereformen von 1965 und 1969 geprägt wurden. Er ist auch der Papst der Enzyklika Humanae vitae, die jüngst innerkirchlich wieder vermehrt in die Kritik geraten ist und von ihrer Promulgation 1968 an, von einem Teil der Kirche nicht rezipiert, sondern offen abgelehnt wurde, darunter den Bischofskonferenzen des deutschen Sprachraumes.
Zu den neuen Heiligen gehört auch der Erzbischof von San Salvador, Oscar Arnulfo Romero, der 1980 während der Heiligen Messe ermordet wurde. Seine Heiligsprechung wurde möglich, weil Papst Franziskus seinen Tod als Martyrium anerkannte (siehe auch: „Sie werden mit töten, ich weiß nicht, ob die Linken oder die Rechten“). Drei neue Heilige waren Ordensgründer, einer, Vincenzo Romano (1751–1831), ein Diözesanpriester des Erzbistums Neapel, der das „Evangelium der Liebe“ und sich um die Mittellosen und Notleidenden kümmerte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
Unter den neuen Heiligen ist auch eine Frau aus deutschem Land:
Die Stifterin der Dernbacher Schwestern:
Katharina Kasper!
Die Heiligsprechung von Päpsten hat etwas doppelt Merkwürdiges an sich: Zugleich etwas von Relativierung und Befangenheit. Wir sprechen vom Heiligen Vater, das ist die Heiligenverehrung, die dem katholischen Papa im Guten zukommt. Wenn dieser Andere durch Heiligsprechungen zum Vorbild für die Gläubigen hervorhebt, so ist dies verständlich gesprochen, wenn er Seinesgleichen ebenso hervorhebt,wirkt es dagegen befremdlich – dies kann nur ganz ausnahmsweise erfolgen.
Im übrigen spricht die zunehmend erfolgende Selbstbeweihräucherung und Tabuisierung des „Vaticanums II“ auch hier die Sprache derer, die es nötig haben. Man kann alles dies also auch recht verstehen.