
(Rom) Am 21. Juni wird Papst Franziskus nach Genf reisen. Erstmals in der Geschichte wird ein Papst eine „ökumenische Wallfahrt“ unternehmen, wie der Vatikan die Reise offiziell bezeichnet.

Ziel der Genf-Reise ist das Ökumenische Zentrum, das Hauptquartier des Weltkirchenrates (World Council of Churches). Dort wird um 11.15 Uhr ein „ökumenisches Gebet“ stattfinden. Das Mittagessen wird Franziskus mit dem Führungsgremium des Weltkirchenrates im Ökumenischen Institut von Bossey einnehmen. Anschließend folgt um 15.30 Uhr eine „ökumenische Begegnung“.
Anlaß des Besuches ist die Gründung des Weltkirchenrates, auch Ökumenischer Rat der Kirchen genannt, vor 70 Jahren (1948–2018). Darin sind rund 350 christliche Konfessionen vertreten, darunter Lutheraner, Reformierte, Anglikaner und Orthodoxe. Die katholische Kirche gehört dem Weltkirchenrat nicht an.
Der erste und der letzte Programmpunkt der Sommersonnenwende stehen in keinem direkten Zusammenhang mit der „ökumenischen Wallfahrt“. Am Morgen wird Franziskus nach der Landung eine kurze Begegnung mit dem Schweizer Bundespräsidenten Alain Berset haben. Abends folgt als letzter Programmpunkt eine Heilige Messe im Palaxpo.
Was ist eine „ökumenische Wallfahrt“?
Was unter dem Begriff „ökumenische Wallfahrt“ zu verstehen ist, wurde vom Vatikan im Zuge der Bekanntgabe des Reise-Programms nicht erläutert. Der Begriff wurde bisher vom Vatikan nicht verwendet. Das Reiseprogramm enthält kein Ziel, das mit einer Wallfahrt im kirchlichen Sinn vereinbar wäre. Der Begriff „Wallfahrt“ erfährt damit eine Umdeutung, denn nicht das Ziel der Wallfahrt scheint eine Rolle zu spielen, sondern die Wallfahrer.
Die „ökumenische Wallfahrt“ nach Genf bezieht sich offensichtlich auf die Begegnung mit den Vertretern des Weltkirchenrates, das Adjektiv „ökumenisch“ auf die Anwesenheit von Angehörigen anderer Konfessionen.
Der Besuch von Papst Franziskus am 16. April 2016 auf der Insel Lesbos wurde vom Vatikan noch nicht als „ökumenische Wallfahrt“ bezeichnet. Sie fand zusammen mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus I. und dem orthodoxen Ortsbischof statt. Bereits damals bezeichnete jedoch der vatikanische Journalist Luis Badilla die Reise als „ökumenische Wallfahrt“, die den dort untergebrachten Einwanderern und zur Unterstützung der Masseneinwanderung nach Europa galt.
Zwei Jahre später findet der Bedeutungswandel nun Eingang in die offizielle vatikanische Sprachregelung.
Niedergang des Protestantismus
Genf ist das Zentrum des Calvinismus. Die katholische Kirche und ihr Kultus waren nach er Reformation aus der Stadt verbannt worden. Dennoch ist heute die katholische Kirche die stärkste Religionsgemeinschaft in der Stadt und im Kanton. Dafür ist die Annexion katholischer Gebiete und der innerschweizerische, in jüngerer Zeit vor allem der ausländische Zuzug verantwortlich.
Von der knapp 200.000 Menschen zählenden Wohlbevölkerung ist nur die Hälfte Schweizer Staatsbürger. Fast ein Drittel stammt aus den EU-Staaten, vor allem Frankreich, Spanien, Italien und Portugal. Der Rest aus 164 Staaten der ganzen Welt. Die Wohnbevölkerung ist durch Zuwanderung in den vergangenen 20 Jahren in der Stadt Genf um fast 15 Prozent, im ganzen Kanton um mehr als 25 Prozent gewachsen.
2014 bezeichneten sich laut einer Erhebung von Statistique Genéve 36 Prozent der Genfer (Kanton) als römisch-katholisch, aber nur mehr 9,9 Prozent als Protestanten (Calvinisten, Reformierte, Lutheraner). Die größte Gruppe bildeten mit 37,2 Prozent die Konfessionslosen. 5,5 Prozent gehörten anderen christlichen Konfessionen an, 6 Prozent waren Muslime und ein Prozent Juden.
Mappierte religiöse Landschaft
Das Interkantonale Informationszentrum über religiöse Gruppierungen (CIC) mit Sitz in Genf erfaßte im Kanton mehr als 400 religiöse Gemeinschaften. 73 davon sind römisch-katholisch, da jede Pfarrei und jeder katholische Orden einzeln gezählt wird. Hinzu kommen drei alt-katholische Niederlassungen, sieben altorientalische Kirchen und sechs orthodoxe Kirchen.

Die Calvinisten verfügen über fünfzig Niederlassungen, die Lutheraner über vier und die verschiedenen Freikirchen über 77. Zwei Niederlassungen haben die Anglikaner.
Hinzu kommen zwei „esoterische christliche“ Gemeinschaften, eine Niederlassung der Kimbanguistenkirche aus dem Kongo, vier Niederlassungen der Neo-Apostolischen Kirche, zwei der Zeugen Jehovas, zwei der Mormonen sowie eine Abspaltung der Zeugen Jehovas.
Die beiden Niederlassungen der Fokolarbewegung werden kurioserweise nicht als römisch-katholisch, sondern als „ökumenisch“ gezählt wie die Gemeinschaft von Taize und der Weltkirchenrat. Als christlich werden auch zwei Niederlassungen der nicht-trinitarischen Gemeinschaft der First Church of Christ (Christian Science) angeführt.
An nicht-christlichen Gemeinschaften gibt es 21 Niederlassungen verschiedener buddhistischer Richtungen, sieben hinduistische, fünf jüdische, aber nur elf islamische Niederlassungen, was angesichts ihrer zahlenmäßigen Stärke erstaunt. Dazu gibt es noch je eine Niederlassung der Taoisten, Sikh, Jainisten und Bahai. Ebenso sind es sieben esoterisch-theosophische Gruppierungen, z.B. die Rosenkreuzer, und drei Niederlassungen sogenannter Neuer Religiöser Bewegungen, darunter die Moon-Sekte und Scientology verzeichnet und weitere mehr.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
Der erste und der letzte Programmpunkt der Sommersonnenwende .…. deutet eher auf Heidentum hin?
Da ich selber seit etwas mehr als 70 Jahren in der Stadt Genf ansässig bin, bin ich sehr interessiert wie dieser päpstliche Besuch ablaufen wird.
In den hiesigen Tageszeiten ist dieser bis dato nur eine Randnotiz.