Opfer für Franziskus einmal glaubwürdig und einmal unglaubwürdig


Papst Franziskus in Chile
Papst Franziskus in Chile

(Rom) Ab Beginn der jüng­sten Latein­ame­ri­ka-Rei­se von Papst Fran­zis­kus hiel­ten die mit­rei­sen­den Jour­na­li­sten weni­ger Aus­schau nach den offi­zi­el­len Anspra­chen, son­dern vor allem nach beson­de­ren, außer­plan­mä­ßi­gen Aus­sa­gen und Gesten des katho­li­schen Kir­chen­ober­haup­tes. Und sie wur­den nicht enttäuscht.

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Auf dem Rück­flug von Peru wur­de in den nächt­li­chen Stun­den vom  21. auf den 22. Janu­ar eine Bilanz gezo­gen. Anlaß war die flie­gen­de Pres­se­kon­fe­renz des Pap­stes. Zwei The­men beherrsch­ten das Sze­na­rio, und bei­de hat­ten mit Chi­le zu tun. Peru ging dane­ben fast unter. Das mag auf den ersten Blick erstau­nen, zumal der Papst-Ver­trau­te und mit­rei­sen­de Kar­di­nal Loren­zo Bal­dis­se­ri vor der Abrei­se ent­hüll­te, daß die Ama­zo­nas-Syn­ode im Okto­ber 2019 der „Haupt­grund“ des Papst­be­su­ches sei. In bei­den latein­ame­ri­ka­ni­schen Län­dern woll­te Fran­zis­kus für die­se Syn­ode werben.

Daß ande­re Ereig­nis­se den Ama­zo­nas in den Schat­ten stell­ten, dürf­te dem päpst­li­chen Umfeld letzt­lich aber gar nicht miß­fal­len haben. Was die Welt inter­es­siert und was die inner­kirch­li­che Agen­da des Pap­stes ist, das sind zwei Paar Schu­he. Zu erste­ren gibt sich der Papst sehr elo­quent, zu letz­te­ren ziem­lich wort­karg und abwei­send, wie der Kon­flikt um das umstrit­te­ne nach­syn­oda­le Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia unter Beweis stellt.

Alles eine Frage der Glaubwürdigkeit

Auch der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster befaßt sich mit der flie­gen­den Jour­na­li­sten­run­de mit Papst und den bei­den Haupt­fra­gen: den Fall Bar­ros und die Trau­ung von zwei Flug­li­ni­en­mit­ar­bei­tern wäh­rend eines Inlandfluges.

Zur Hoch­zeit sag­te Fran­zis­kus, das Anlie­gen des Paa­res und sei­ne Vor­be­rei­tung für das Ehe­sa­kra­ment „im Flug“ geprüft und für gut befun­den zu haben. „Alle Vor­aus­set­zun­gen waren klar“, so der Papst wört­lich. Dazu Magister:

„Um zu sol­chen Gewiß­hei­ten zu gelan­gen, so sei­ne Erklä­rung, haben ihm die Wor­te der bei­den Braut­leu­te genügt.“

Ganz anders zeig­te sich die Sache im Fall Bar­ros. Der Papst beton­te, den Fall lan­ge „stu­diert und wie­der stu­diert“ zu haben, ohne eine „Offen­sicht­lich­keit“ sei­ner Schuld gefun­den zu haben. Aus die­sem Grund hält er an Msgr. Juan Bar­ros Madrid als Bischof von Osor­no fest, wohin er ihn selbst Anfang 2015 geschickt hat­te – allen Kri­ti­kern zum Trotz. Die Anschul­di­gun­gen nann­te Fran­zis­kus „Ver­leum­dun­gen“.

Im Flug­zeug gab er sogar bekannt, per­sön­lich Msgr. Bar­ros zum Aus­har­ren gedrängt zu haben, als die­ser sei­nen Rück­tritt ange­bo­ten hat­te. Den Opfern habe er des­halb kei­ne Auf­merk­sam­keit geschenkt, weil sie „weder gekom­men“ noch „sich vor­ge­stellt“ hät­ten. In Wirk­lich­keit hat­ten sie mehr­fach um eine Begeg­nung gebe­ten und dies auch öffent­lich kund­ge­tan. Sie woll­ten ange­hört wer­den, damit sich der Papst direkt ein Bild machen könne.

Doch der woll­te nicht.

Neue Exegese des Papstbriefes an Chiles Bischöfe

Magi­ster ver­weist zudem auf eine neue „Exege­se“ des Papst­brie­fes vom 31. Janu­ar 2015 an die chi­le­ni­schen Bischö­fe, der im Vor­feld der Papst­rei­se von Asso­cia­ted Press ver­öf­fent­licht wor­den war.

„Wie der Brief geschrie­ben ist, konn­te man ihn so ver­ste­hen, daß auch Papst Fran­zis­kus per­sön­lich bis Ende 2014 die Ent­las­sung die­ses Bischofs für ange­bracht hielt, dann aber Mei­nung änder­te und ihn am 10. Janu­ar 2015 auf den Bischofs­sitz nach Osor­no berief.“

So Magi­ster. Die Aus­le­gung von Fran­zis­kus im Flug­zeug hör­te sich nun aber anders an. Nun scheint es, als habe er Bischof Bar­ros immer für einen „guten und tüch­ti­gen“ Bischof gehal­ten, auch als „eini­ge Per­so­nen der Bischofs­kon­fe­renz“ sei­nen Rück­tritt woll­ten. Zwei­mal, so der Papst, habe er einen Rück­tritt abge­lehnt. Ein­mal vor der Ernen­nung nach Osor­no und ein­mal danach, denn der Rück­tritt wäre „einem Schuld­ein­ge­ständ­nis“ gleich­ge­kom­men, so Fran­zis­kus im Flug­zeug. „Ich bin über­zeugt, daß er unschul­dig ist.“

Magi­ster schrieb nun dazu:

„In die­sem Gewirr an Wider­sprü­chen wur­de nicht erklärt, war­um den Opfern des See­len­füh­rers des Bischofs von Osor­no, dem Prie­ster Fer­nan­do Kara­di­ma, brei­te­ste Glaub­wür­dig­keit zuer­kannt wur­de, und man schnell zu einer kano­ni­schen Ver­ur­tei­lung des Schul­di­gen gelang­te, wäh­rend eini­gen der­sel­ben Opfer die­se Glaub­wür­dig­keit abge­spro­chen wird, ja, sie nicht ein­mal ange­hört wer­den, wenn sie den Bischof beschuldigen.“

Versuch einer Neutralisierung

Die Kri­tik von Kar­di­nal Sean O’Malley, ein­fluß­rei­cher US-Kar­di­nal, Mit­glied des C9-Kar­di­nals­ra­tes und Vor­sit­zen­der der Päpst­li­chen Kin­der­schutz­kom­mis­si­on scheint Fran­zis­kus auf­ge­schreckt zu haben. Der Fall Bar­ros und der Chi­le-Besuch schie­nen bereits Ver­gan­gen­heit, als der Kar­di­nal am ver­gan­ge­nen 20. Janu­ar auf der Inter­net­sei­te sei­nes Erz­bis­tums Bos­ton Kri­tik an den Papst­wor­ten zum Fall veröffentlichte.

Die flin­ke Reak­ti­on des Pap­stes steht im offe­nen Kon­trast zur Dia­log­ver­wei­ge­rung gegen­über den Dubia-Kar­di­nä­len. Die Kri­tik des US-Kar­di­nals ver­such­te er durch schnel­les Han­deln zu ver­ein­nah­men, und damit zu neu­tra­li­sie­ren. Er „dank­te“ dem Kar­di­nal, denn die­ser habe „alles gesagt“, was er, der Papst gemacht habe und mache.

„In Wirk­lich­keit“, so Magi­ster, „stellt die vom Kar­di­nal ver­öf­fent­lich­te Stel­lung­nah­me kei­nes­wegs einen Gleich­klang mit dem Papst dar.“

Das Mit­ar­bei­ter­paar der Flug­li­nie hat­te die Trau­ung durch den Papst schon lan­ge geplant. Medi­en berich­te­ten Tage vor dem Papst­be­such dar­über. Die Tages­zei­tung El Mer­curio sogar schon am 19. Dezem­ber 2017.

Auf dem Rück­flug nach Rom bekräf­tig­te Fran­zis­kus hin­ge­gen, von ihrem Hoch­zeits­wunsch über­rascht wor­den zu sein. Er habe aber spon­tan ent­schie­den, den bei­den Glau­ben zu schen­ken und sie zu trauen.

„Auf die Fra­ge eines Jour­na­li­sten, ‚was er den Pfar­rern sagen wür­de, die mit Hoch­zeits­wün­schen von Ver­lob­ten in Flug­zeu­gen oder auf Schif­fen kon­fron­tiert wer­den‘, ant­wor­tet er gelassen:
‚Man muß den Pfar­rern sagen, daß der Papst sie gut befragt hat. Es war eine regu­lä­re Situation‘.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild:  Vida Nue­va (Screen­shot)

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1 Kommentar

  1. Was soll man von einem Papst hal­ten, der Wahr­heit und Recht ver­biegt und ver­dreht wie’s ihm beliebt und in den Kram passt?!

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