Papst tagt zweimal drei Stunden mit Chiles Bischöfen – Erneut Änderung bei Ad-limina-Besuchen?


Chiles Bischöfe zum Ad-Limina-Besuch bei Papst Franziskus
Chiles Bischöfe zum Ad-Limina-Besuch bei Papst Franziskus

(Rom) Chi­les Bischö­fe befan­den sich die­se Woche zum vor­ge­schrie­be­nen Ad-Limi­na-Besuch in Rom. Papst Fran­zis­kus hat­te die Besu­che der Bischö­fe aus aller Welt wäh­rend des Hei­li­gen Jah­res der Barm­her­zig­keit aus­ge­setzt. Am ver­gan­ge­nen 20. Janu­ar wur­den die Besu­che wie­der­auf­ge­nom­men – mit eini­gen Ände­run­gen. Kommt es einen Monat spä­ter erneut zu Ände­run­gen? Der Vati­kan dementiert.

Der „Zwischenfall mit den Deutschen“

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Min­de­stens seit 1700 Jah­ren ist belegt, daß die Bischö­fe aus aller Welt die Grä­ber der Apo­stel­für­sten Petrus und Pau­lus in Rom besu­chen. Die Visi­ta­tio ad limi­na apo­sto­lorum macht die Ein­heit der Bischö­fe mit Petrus, in der Per­son sei­ner Nach­fol­ger sicht­bar. Im Abstand von fünf Jah­ren erfolgt auf die­se Wei­se ein direk­ter Aus­tausch zwi­schen dem Papst und den Bischö­fen über die Lage der Kir­che eines bestimm­ten Landes.

Vier­zehn Mona­te lang waren die Besu­che von Fran­zis­kus aus­ge­setzt wor­den. Als Grund wird jedoch weni­ger das reich­hal­ti­ge Pro­gramm des Jubel­jah­res ver­mu­tet, son­dern ein Zwi­schen­fall beim letz­ten Besuch vor der Unter­bre­chung. Die letz­ten Bischö­fe, die dem Papst vor der Aus­set­zung besuch­ten, waren am 20. Novem­ber 2015 jene der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz.

Fran­zis­kus unter­hielt sich mit ihnen in „bester Har­mo­nie“, wie es anschlie­ßend hieß. Die bei die­sen Tref­fen übli­che Rede hat­te er nicht selbst vor­ge­tra­ge­nen, son­dern schrift­lich ver­tei­len las­sen, um die Zeit für ein Gespräch nüt­zen zu kön­nen. Der vor­be­rei­te­te Text hat­te es aller­dings in sich. Er war offen­sicht­lich, wie durch­aus üblich, nicht vom Papst per­sön­lich ver­faßt wor­den, und offen­bar hat­te er ihn vor­her gar nicht gele­sen. Wäh­rend der Papst mit den Bischö­fen rede­te, hiel­ten die­se – ohne es zu ahnen – einen Ankla­ge in der Hand. Die „päpst­li­chen“ Wor­te waren eine regel­rech­te Kopf­wa­schung. Sie beklag­ten den Nie­der­gang des Glau­bens und der Kir­che in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, und daß die Bischö­fe die­ser Ent­wick­lung taten­los zuzu­se­hen wür­den. Davon erfuh­ren die­se aber erst nach dem Besuch beim Papst, als sie Zeit hat­ten, den Text zu lesen.

„Beachtet es einfach nicht“

Kar­di­nal Marx rei­ste als ihr Spre­cher eigens noch ein­mal nach Rom, um vom Papst Auf­klä­rung zu erhal­ten. Das Mal­heur war per­fekt. Nach­dem die Bischö­fe aus allen Wol­ken gefal­len waren, tat es nun auch der Papst:

„Das habe nicht ich geschrie­ben. Ich habe es nicht gele­sen. Beach­tet es ein­fach nicht.“

Nicht, daß Fal­sches in der Rede gestan­den hät­te. Ganz im Gegen­teil. Hören woll­te es aller­dings nie­mand, schon gar nicht mit sol­cher Deut­lich­keit und schon gar nicht die Mehr­heits­rich­tung in der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz mit einem so selbst- und macht­be­wuß­ten Kir­chen­für­sten wie Kar­di­nal Marx an ihrer Spit­ze. Eine Mehr­heits­rich­tung, die de fac­to auf die Aner­ken­nung von Schei­dung und Zweit­ehe drängt, die seit 1968 durch Ableh­nung von Hum­a­nae vitae in der Moral­leh­re unge­hor­sam ist, die sich lan­ge in die Abtrei­bungs­me­cha­nis­men des deut­schen Staa­ten ver­stricken hat las­sen und heu­te zum Teil noch eine unsau­be­re Tren­nung pflegt, die das Frau­en­dia­ko­nat wünscht und einer Abschaf­fung des Prie­ster­zö­li­bats nicht abge­neigt wäre. Nicht weni­ge deut­sche Kir­chen­hier­ar­chen sind in der Öffent­lich­keit mehr als ver­län­ger­ter Arm der jewei­li­gen Regie­rungs­po­li­tik wahrzunehmen.

Die inof­fi­zi­el­le Kon­se­quenz aus dem Zwi­schen­fall war: Die Ad-limi­na-Besu­che wur­den gestri­chen. Das Hei­li­ge Jahr bot den Vor­wand, obwohl es eigent­lich geeig­net war, die Bischö­fe ver­stärkt nach Rom zu rufen.

Vier­zehn Mona­te spä­ter wur­de die uralte Pra­xis am 20. Janu­ar 2017 mit dem Besuch der iri­schen Bischö­fe wie­der­auf­ge­nom­men. Mit einer „klei­nen“ Ände­rung: Der Papst hält nun auch offi­zi­ell kei­ne Rede mehr, nicht per­sön­lich und auch nicht mehr schriftlich.

Der ungewöhnliche Ad-limina-Besuch der chilenischen Bischöfe

Am ver­gan­ge­nen Mon­tag, dem 20. Febru­ar, stat­te­ten 28 Bischö­fe Chi­les dem Papst ihren Ad-limi­na-Besuch ab. Fran­zis­kus nahm sich außer­ge­wöhn­lich viel Zeit für sie. Gan­ze drei Stun­den saßen sie in der Pri­vat­bi­blio­thek des Pap­stes zusammen.

Völ­lig unge­wöhn­lich wur­de es, als die chi­le­ni­schen Bischö­fe drei Tage spä­ter, am 23. Febru­ar, ein zwei­tes Mal mit dem Papst zusam­men­tra­fen und noch ein­mal gan­ze drei Stun­den zusam­men­sa­ßen, wie die Inter­net­sei­te der Chi­le­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz bekannt­gab. Bei der zwei­ten Begeg­nung war vom Papst fast die gesam­te Kuri­en­spit­ze hin­zu­ge­ru­fen wor­den. Anwe­send waren Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin, Kar­di­nal Marc Ouel­let als Prä­fekt der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on und Vor­sit­zen­der der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on für Latein­ame­ri­ka, Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler als Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Kar­di­nal Kevin Far­rell als Prä­fekt des neu­en Lai­en­dik­aste­ri­ums, Kar­di­nal Giu­sep­pe Ver­sal­di als Prä­fekt der Bil­dungs­kon­gre­ga­ti­on, Kar­di­nal Benia­mi­no Stel­la als Prä­fekt der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on, Kar­di­nal Joao Braz de Aviz als Prä­fekt der Ordens­kon­gre­ga­ti­on, Kuri­en­erz­bi­schof Paul Gal­lag­her als „Außen­mi­ni­ster“ des Hei­li­gen Stuhls und erstaun­li­cher­wei­se auch Kuri­en­erz­bi­schof Ilson de Jesus Mon­ta­na­ri als Sekre­tär der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on, obwohl bereits der Prä­fekt die­ses Dik­aste­ri­ums anwe­send war.

„Weder ein Modell noch ein Standard“

Nach Bekannt­wer­den des zwei­ten Besu­ches und der Grö­ße der Gesprächs­run­de trat die Fra­ge auf, ob es sich dabei um eine wei­te­re Ände­rung in der Pra­xis der Ad-limi­na-Besu­che han­delt. Das wur­de vom vati­ka­ni­schen Pres­se­amt gestern jedoch dementiert.

„Der Papst sucht, wie wir gese­hen haben, neue For­men für die Abwick­lung der Ad-limi­na-Besu­che, damit sie für alle effi­zi­en­ter und nütz­li­cher sein kön­nen“, so das Presseamt.

Was im Zusam­men­hang mit dem Besuch der chi­le­ni­schen Bischö­fe gesche­hen ist, sei „weder ein Modell noch ein Stan­dard“. Es kön­ne nicht gesagt wer­den, ob ähn­li­ches bei Ad-limi­na-Besu­chen ande­rer Bischö­fe „not­wen­dig“ sei.

Das Pres­se­amt erin­ner­te zudem dar­an, daß Papst Fran­zis­kus bei den Tref­fen dar­auf ver­zich­tet, eine Rede zu hal­ten, um die „gan­ze Zeit einem gründ­li­chen Infor­ma­ti­ons- und Gedan­ken­aus­tausch über die Lage der Orts­kir­che zu wid­men“. Über den Inhalt der Gesprä­che oder die „Not­wen­dig­keit“ von zwei lan­gen Tref­fen samt Anwe­sen­heit zahl­rei­cher Dik­aste­ri­en­lei­ter wur­de nichts bekanntgegeben.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: ige​sia​.cl

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2 Kommentare

  1. Es wird hier auf die schrift­li­che Abschluss­pre­digt beim ad limi­na Besuch der deut­schen Bischö­fe 2015 ver­wie­sen. Der Bericht stimmt 1 : 1 und beschreibt deci­diert die Lage der deut­schen Kir­che. Ich habe bereit des Öfte­ren die­sen Bericht zitiert frei nach dem Mot­to „Es gilt das geschrie­be­ne Wort“. Eine Ant­wort auf die­se Zitie­rung habe ich noch nie gehört.

  2. End­lich eine ver­nünf­ti­ge Vor­gangs­wei­se bei den Ad-limi­na-Besu­chen. Mono­lo­ge von Sei­ten des Pap­stes sind ja völ­lig sinn­los, sol­che Mit­tei­lun­gen macht man tat­säch­lich bes­ser schrift­lich. Nur Gesprä­che kön­nen dien­lich sein und bei­den Sei­ten, dem Papst und den Bischö­fen nützen.

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