(Rom) „Der Papst befürchtet ein Schisma in der Kirche“, so lautet die Schlagzeile eines Artikels in der heute erschienenen Ausgabe des italienischen Wochenmagazins Panorama. „Ein Gespenst geht in den Räumen der vatikanischen Paläste um und raubt Papst Franziskus den Schlaf“, so Panorama-Redakteur Orazio La Rocca.
Den Schlaf raube dem Papst die Sorge wegen eines möglichen Schismas. Die Aussage wird nicht als Wortspiel oder bloße Hypothese dargestellt wie noch jüngst, als behauptet wurde, Franziskus habe „selbstkritisch“ in „kleinstem Kreis“ gesagt, er könne nicht ausschließen, als Papst in die Geschichte einzugehen, der die Kirche gespalten hat. So berichtete es Walter Mayr kurz vor Weihnachten im Wochenmagazin Der Spiegel. Wörtlich schrieb Mayr folgendes Zitat dem Papst zu:
„Nicht ausgeschlossen, dass ich als derjenige in die Geschichte eingehen werde, der die katholische Kirche gespalten hat.“
La Rocca schrieb nun in Panorama:
„Ohne die Reformen der päpstlichen Dikasterien zu vernachlässigen und ein umfangreiches Säuberungswerk im Schatten der Peterskuppel zu beginnen, für das er allerdings die Rechnung mit Widerständen und Kritik machen mußte, auch von jenen, die zu seiner Wahl beigetragen haben. Franziskus setzt das zu, auch wenn er dem in der Öffentlichkeit kein Gewicht beizumessen scheint.
Der Heilige Vater, munkelt man an der Kurie, befürchtet, daß diese Kritik langfristig die Kirche spalten könnte. Seine größte Sorge ist es, die Katholiken zusammenzuhalten und jede schismatische Gefahr abzuwenden. Sorgen und Befürchtungen, hört man im Vatikan, die im Schlepptau öffentlicher Initiativen einiger Kardinäle aufzutreten begonnen haben, zum Beispiel der berühmte offene Brief, in dem die Purpurträger Burke, Caffarra, Müller [sic] und Meisner vom Papst eine ‚Klärung‘ gefordert haben zu Zweifeln (Dubia), die laut ihnen aufgetreten seien durch die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion. Zweifel, die sich auch der Kardinalpräfekt der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller zu eigen gemacht hat, der in einem alarmierenden Interview von ‚Gefahren‘ für die traditionelle Lehre gesprochen hat. Mehr oder weniger verhüllte Vorhaltungen, auf die Franziskus, nach Monaten des Schweigens, indirekt geantwortet hat, indem er der Veröffentlichung einer Studie kanonischer Natur zu dem von den konservativen Kardinälen am meisten kritisierten Teil sein Placet gegeben hat, nämlich der Kommunion für die wiederverheirateten Geschiedenen und Zusammenlebenden.“
La Rocca betreibt simple Schwarzweißmalerei: da guter Papst, der sich Sorgen mache und die Kirche zusammenhalten wolle, dort böse „konservative“ Kardinäle, denen die Einheit egal scheine. In seiner einfach gestrickten Lesart recherchierte er so ungenau, daß er Kardinal Müller mit Kardinal Brandmüller verwechselte und unter die vier Unterzeichner der Dubia einreihte. Ein Beleg dafür, wie wenig sich der Autor mit der innerkirchlichen Diskussion in den vergangenen Monaten befaßt hat. Fest steht durch den Artikel bestenfalls, daß die Sorgen der vier genannten Kardinäle weder von La Rocca noch von Papst Franziskus ernst genommen werden. Offenbar ist das ideologisch festgelegte Rollenspiel für La Rocca so klar, daß sich jede (kirchliche) Geschichte hineinpressen läßt.
Insgesamt scheint La Roccas Darstellung wenig glaubwürdig. Wäre Papst Franziskus tatsächlich besorgt über ein mögliches Schisma, hätte er alle Möglichkeit jederzeit auf die Dubia der vier Kardinäle Brandmüller, Burke, Caffarra und Meisner zu antworten. Oder diese Kardinäle zumindest zu einem Gespräch einzuladen. Stattdessen setzt er seine Energie dafür ein, sich seit Monaten deren Fragen zu entziehen, Kardinal Burke nach Guam zu verschicken und seine engsten Mitarbeiter die vier Kardinäle öffentlich verunglimpfen zu lassen. Die Sorgen anderer ernst nehmen, sollte dann doch anders aussehen. Würde der Papst die Sorgen der zahlreichen Appellanten, die sich zu Amoris laetitia mit Bitten um Klärung an ihn gewandt haben, ernst nehmen, bräuchte er sich auch keine Sorgen über mögliche Spaltungstendenzen zu machen. Da er das nicht getan hat und nach wie vor keine Anstalten macht, es tun zu wollen, wirkt auch La Roccas Bericht über die Sorgen des Papstes unglaubwürdig.
Am 9. Februar veröffentlichte der Corriere della Sera einen Vorabruck der Diskussion, die Papst Franziskus am 25. November 2016 mit den Generaloberen von 140 Männerorden hatte. Die vollständige Niederschrift, die vom Papst-Vertrauten Pater Antonio Spadaro vorgenommen wurde, ist am 11. Februar im Jubiläumsheft 4000 der römischen Jesuitenzeitschrift Civiltà Cattolica erschienen. Laut Niederschrift sagte Papst Franziskus damals unter anderem, daß es in der Leitung der Kirche auch eines „gesunden menefreghismo“ bedürfe, zu gut deutsch einer „gesunden Gleichgültigkeit“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Panorama/Civiltà Cattolica (Screenshots)
Wenn der Dieb sagt: haltet den Dieb.
So kommt mir Papst Bergoglio samt seiner journalistischen Entourage vor.
„Mir raubt es den Schlaf, daß ich den guten Kardinal Burke nach Guam geschickt habe. Nicht nur wegen des Fernfluges: verträgt er überhaupt das Klima dort? Ich mache mir Sorgen.“
Ach ja, wieder so ein mit heißer Nadel gestrickter Auftrags-Artikel, der vor Krokodilstränen nur so tropft. Nicht ernstzunehmen, wie Herr Nardi ganz richtig analysiert. Bergoglio bewegt sich wie ein Bulldozer im Porzellanladen und zeigt sich plötzlich besorgt, dass es Scherben geben könnte. Wie gut, dass es dann immer lästige Mahner gibt, die man glaubt loswerden zu können, indem man sie für den Schaden verantwortlich macht.
Wenn F. wirklich ein Schisma fürchten sollte, so ist seine Furcht berechtigt. Jeder, der genau analysiert, sieht, dass diese Trennungslinie mitten durch die Kirche läuft. Zu unterschiedlich sind die Vorstellungen, was eigentlich Kirche ausmacht, was ihre Aufgabenstellung ist und was sie den Gläubigen bieten muss geworden. Wer sich in den Strukturveränderungen, der deutschen Bistümern mit der Kolchosenstruktur der zukünftigen Mammutpfarrgemeinden ansieht, erkennt die Probleme. Und jeder, der an der Zielsetzung dieser Mammutstrukturen zweifelt, wird „Spalter“ genannt.(latinisiert= Schismatiker). In Rom spricht man von Reform, was Wiederherstellung bedeuten sollte, reißt aber ab, zerstört erkennbar das, was über 2000 Jahre die Heiligung bewirkte, die Sakramente. Wer dies anmahnt, wird als Schismatiker und Zerstörer angesehen.
Völlig d’accord, werter Hans. Doch wie schrieb schon Robert Spaemann: Man hat kein Recht, das, was man zerstören half, nachträglich zu beweinen. –
Bergoglio provoziert ganz bewusst dieses Schisma, seine Furcht darüber erscheint deshalb wenig glaubwürdig. Bergoglio würde schon geholfen sein, wenn er Kants Kategorischen Imperativ verinnerlichen würde.
Werter hicesthodie, Ihren Ausführungen stimme ich zu; auch denen von Hans. Leider verstehe ich nur nicht so recht Ihren letzten Satz: „Bergoglio würde schon geholfen sein, wenn er Kants kategorischen Imperativ verinnerlichen würde.“ Können Sie da ein wenig weiterhelfen, wie Sie dies meinen? Vielen Dank!
Wie witzig!
Schisma gäbe es doch nur, wenn beide Seiten an Gott glaubten!