(New York) In Kalifornien läßt der Bischof von San Diego, Robert Walter McElroy, wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion und erlaubt Zweitehen wie in irgendeiner protestantischen Kirche – und beruft sich dabei auf Papst Franziskus und das nachsynodale Schreiben Amoris laetitia.
Bischof McElroy wurde 2015 von Papst Franziskus ernannt und gilt als ein besonderer „Augapfel“ von Franziskus in den USA, so der Vatikanist Sandro Magister. Jahrgang 1954, Priester seit 1980, ist McElroy ein geistiger Ziehsohn des progressiven John Raphael Quinn, der bis 1995 Erzbischof von San Francisco war. McElroy war Quinns Sekretär.
Am 15. November ging der Bischof von San Diego für das liberale Lager, den Rücken durch Papst Franziskus gestärkt, bei den Wahlen der Amerikanischen Bischofskonferenz ins Rennen. Wegen der Mehrheitsverhältnisse, die dort auch nach dreieinhalb Jahren dieses Pontifikats noch herrschen, scheiterte McElroy mit seiner Kandidatur für den Vorsitz der Kommission Iustitia et Pax.
Bischof McElroys protestantische Praxis unter Berufung auf Papst Franziskus
Für seine protestantische Praxis beruft er sich auf das umstrittene nachsyondale Schreiben Amoris laetitia. Während nicht unwesentliche Teile der Kirche zunehmend ungeduldiger auf eine Klärung zweideutiger Passagen durch Papst Franziskus warten, darunter vier Kardinäle, die mit ihren Dubia (Zweifeln) ein klärendes Wort des Papstes erzwingen wollen, schafft Bischof McElroy vollendete Tatsachen. „Sie wollen, obwohl geschieden, auch für ihre zweite Ehe nicht auf eine kirchliche Feier verzichten? Die Diözese San Diego macht es möglich. Sie wollen als wiederverheiratet Geschiedene zur Kommunion gehen? In der Diözese San Diego steht ihnen nichts im Wege.“ So oder ähnlich könnten Werbeanzeigen für das Bistum an der amerikanischen Westküste lauten. Damit steht eine Frage im Raum: „Läßt sich Amoris laetitia auch so interpretieren?“
Die vier Kardinäle Brandmüller, Burke, Caffarra und Meisner fordern mit fünf Dubia Klarheit vom Papst, um das Interpretationschaos in der Kirche, das durch Amoris laetitia entstanden ist, zu beenden. Ihre Dubia reichten sie am 19. September bei der Glaubenskongregation ein. Eine Antwort haben sie bisher vom Papst nicht erhalten, „und wahrscheinlich werden sie auch nie eine erhalten“, so Magister, „denn für Papst Franziskus ‚muß man im Fluß des Lebens unterscheiden‘ und nicht mit dem Holzhammer von ’schwarz oder weiß‘, wie ‚manche noch immer nicht verstehen‘.“
Franziskus schweigt zu Dubia der vier Kardinäle, kann er auch zur New York Times schweigen?
Inzwischen liegt jedoch eine weitere gewichtige Aufforderung an Franziskus auf dem Tisch, Klarheit zu schaffen. Eine Aufforderung, der sich zu entziehen, ihm noch schwerer fallen wird, als das wenig würdevoll Schauspiel, das er und seine engsten Mitarbeiter derzeit vor den vier namhaften Kardinälen der Kirche aufführen.
Die neue Aufforderung „stammt von der berühmtesten laizistischen Zeitung der Welt“, so Magister, von der New York Times. Formuliert wurde sie vom NYT-Kolumnisten Ross Douthat, der selbst Katholik ist. Der Harvard-Absolvent und Enkel eines demokratischen Gouverneurs von Connecticut veröffentlichte am 1. Dezember die Kolumne mit dem Titel „The End of Catholic Marriage“ (Das Ende der katholischen Ehe). Darin zitierte er die pastoralen Richtlinien von Bischof McElroy, mit denen er Amoris laetitia im Bistum San Diego umsetzen will.
Die Unauflöslichkeit der Ehe wird in den Richtlinien aufgegeben und Zweitehe zugelassen. Beide Maßnahmen „erscheinen darin auf so eklatante Weise“, so Douthat, daß die höchste Autorität der Kirche zwangsläufig „gefordert ist“, dazu Stellung zu nehmen. Und zwar um dagegen Stellung zu nehmen, denn ein Schweigen käme einer Billigung des Kurses von Bischof McElroy gleich, der ohne Zweifel „einen Bruch“ mit einem tragenden Pfeiler der katholischen Glaubenslehre bedeutet.
McElroy, päpstlich Auserwählter, bricht mit der Unauflöslichkeit der Ehe
Die Aufforderung aus den Spalten der New York Times kommt für Papst Franziskus unerwartet und trifft „einen Auserwählten von Jorge Mario Bergoglio, der ihn an die Spitze der wichtigen Diözese San Diego beförderte, um sein Gewicht unter den Bischöfen der USA zu stärken“, so Magister.
Die Richtlinien McElroys wurden auf der Internetseite des Bistums San Diego veröffentlicht. Die ganze Seite ist inzwischen vom Netz genommen worden. Über die Gründe dafür kann derzeit nur spekuliert werden. Ein Zusammenhang mit der New York Times-Kolumne scheint jedoch naheliegend.
Douthat macht darin unter anderem darauf aufmerksam, daß in McElroys Richtlinien nicht nur das Wort „Sünde“, sondern auch jedes Verständnis von Sünde fehlt, außer im Rahmen eines Zitats aus Amoris laetitia, allerdings um sich von einem Sündenverständnis zu distanzieren.
Der NYT-Kolumnist schreibt zudem, daß auch die sakramentale Beichte nicht vorkommt. An ihre Stelle tritt bei McElroy ein Gespräch mit einem Priester, der „weder urteilt noch losspricht, sondern nur berät“. Die Letztentscheidung werde dem individuellen Gewissen überlassen. Hatte das nicht Papst Franziskus zum Atheisten Eugenio Scalfari im ersten Interview vom Oktober 2013 gesagt?
Douthat beklagt vor allem, daß die Unauflöslichkeit der Ehe und die Unzulässigkeit der Zweitehe, solange ein legitim angetrauter Ehepartner lebt, aus den Richtlinien McElroys verschwunden sind.
Das „Glück“ im Mittelpunkt: Widerspruch zum Herrenwort, „aber Papst Franziskus …“
Für den kalifornischen Bischof ist das „Glück“ der Menschen in einer „neuen Verbindung“ entscheidend. Die Betonung liegt auf den „neuen moralischen Verpflichtungen“, die daraus erwachsen. McElroy spielt „neue“ Verpflichtungen aus einer Zweitehe gegen die Verpflichtungen der sakramentalen Ehe aus.
Mit dem Motu proprio Mitis Iudex Dominus Jesus (Jesus der gütig Richter) setzte Papst Franziskus am 8. Dezember 2015 eine Reform des Ehenichtigkeitsverfahrens in Kraft. Das war der Tag, an dem das Lichtspektakel Fiat Lux ein grelles Licht auf den Petersdom warf. Unter Berufung auf diese Reform sagt McElroy, daß das Ehenichtigkeitsverfahren den „Gefühlen“ der betroffenen Menschen unterzuordnen sei, die in keiner Weise „verletzt“ werden dürfen. Scheidung und Zweitehe, so der Bischof von San Diego, seien schon im Widerspruch zu den Herrenworten, „aber Papst Franziskus …“ zeige unter Verweis auf die Logik der Göttlichen Gnade neue Wege.
„Und wie steht es mit der heiligen Kommunion?“, fragt Magister. Laut Bischof McElroy sei der Zugang zu den Sakramenten eine Frage, die jeder selber prüfen solle, um zu hören, was Gott ihm „in diesem Moment“ von ihm erwartet. „Und so werden die einen zur Kommunion gehen, die anderen sie aufschieben und wieder andere werden die Reaktion anderer Menschen bedenken“, so Magister. „Die Frage sei nicht mehr, ob man zur Kommunion geht, sondern nur mehr, wann man zur Kommunion geht.“
Die Kommunion für wiederverheiratet Geschiedene ist laut McElroys Thesen nicht mehr eine „Ausnahme“, als die sie Kardinal Kasper wärmstens bewarb, und als die sie Papst Franziskus mehrfach andeutungsweise zu verstehen gab, sondern dem individuellen Ermessen des Einzelnen überlassen, und damit der Entscheidung der Kirche entzogen.
„Wie in irgendeiner protestantischen Kirche“
„Mit den von Bischof McElroy für die Diözese San Diego festgelegten Richtlinien wird die Kommunion für die wiederverheiratet Geschiedenen in vollem Umfang Teil der Normalität. Eine Normalität, in der jedoch die Ehe nicht mehr unauflöslich, die Zweitehe problemlos zugelassen, die sakramentale Beichte verschwunden und die eucharistische Kommunion ad libitum zugänglich ist. Wie in irgendeiner protestantischen Kirche“, so Magister.
„Fällt das alles unter die Vielzahl unterschiedlicher und häufig widersprüchlicher Interpretationen von Amoris laetitia, denen Papst Franziskus bisher absichtlich nebeneinander freien Lauf läßt? Ist auch diese Auslegung mit der Lehre der Kirche über die Ehe vereinbar? Zwei Fragen, die Papst Franziskus schwerlich abtun und beiseite schieben wird können“, so Magister.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: SDReader/NYTimes (Screenshots)
Man kann wohl sagen, daß das, was der Bischof von San Diego gewährt, schon lange Usus in deutschen und anderen Bistümern in Europa ist. Daran konnten offenbar auch die beiden vorherigen Päpste mit ihren Lehrschreiben und Predigten nichts ändern. Insofern kann man sich auch mal die Frage stellen: warum Reisende nicht ziehen lassen? Die Dubia der 4 Kardinäle sind jedenfalls ein Leuchtturm für alle Christen und das scheint mir inzwischen das Entscheidende und Wichtige zu sein.
Warum die New York Times ausgerechnet von Papst Franziskus eine klare Stellungsnahme zu den Vorgängen an der US-Westküste wünscht, ist mir persönlich eher schleierhaft. Ich würde meinen, daß da auch andere Besorgnisse eine Rolle spielen könnten: nämlich dergestalt, daß man befürchtet, daß Papst Franziskus ins marxistische Lager mehr oder weniger überwechselt und somit dem liberal-freimaurerischen von der Stange zu gehen droht.
Es geht Papst Franziskus mit seinem päpstlichen Schreiben doch nur darum, die Voraussetzung zu schaffen, damit nicht er es ist, sondern die Bischöfe es sind, die die Häresie erlauben. Ganz einfach. Und darum gibt er auch keine Antwort auf die Dubia der vier Kardinäle, obwohl diese vorschriftsmäßig eingebracht wurden.
Auch eine Art, die 10 Gebote und Kirchenrecht zu umgehen. Man kann nur hoffen, dass dem Beispiel McElroys keine weiteren folgen werden.
Später, sobald die Häresie Praxis geworden ist, kann Papst F. schließlich sagen, dass er nicht mehr zurückkönne und die neue Praxis unumkehrbar sei. Wie mit den Handkommunionen. Und er wird es wohl nicht verabsäumen, sich neue irreführende Begriffe auszudenken, wie „neue Barmherzigkeit“ und dergleichen.
Ein innerkirchliches Schisma ist aus meiner Sicht nur mehr eine Frage der Zeit.
Folgendes würde ich gerne noch zur Ergänzung und überhaupt zum Gesamtgeschehen sagen:
wenn man sich die Dinge bzgl. AL und auch darüberhinaus in der Kirche als in der „Welt“ ansieht, so steht man doch zugegebenermaßen vor Rätseln.
Die Antwort von Herrn Kardinal Müller, die ich mir nochmals genau habe durch den Kopf gehen lassen, zeigt mir, daß die Theologie an einem toten Punkt angelangt ist. Theologisch läßt sich die Karre offenbar nicht mehr freimachen, denn sie sitzt zu tief fest.
Kardinal Müller behauptet, daß AL an der kirchlichen gültigen Lehre nichts geändert habe. Warum dann aber die gezielte Wahl von Papst Franziskus durch die „St. Gallen-Mafia“ und warum der ganze Aufwand von 2, auch medial in Szene gesetzten, Synoden mit allen Tricks und Drohungen gegen glaubenstreue Kardinäle? Warum dann das Kapitel 8 in AL, das vielfach von großen Geistern wie einfachen Gläubigen beanstandet wird? Waren die beiden Synoden nur Schaumschlägerei?
Kardinal Müller aber läßt auch die Dubia der 4 Kardinäle wie kalten Kaffee aussehen. Beiden soz. Gruppen sagt er, daß doch alles bereits geregelt sei und verweist diesbezüglich auf das vatikanische Schreiben an die 3 deutschen Bischöfe aus dem Jahre 1994.
Kardinal Müller‚s Einlassungen sind eine Antwort auf AL wie auch auf die Dubia und doch auch eine Nicht-Antwort. Problem erledigt und doch nicht wie am Verhalten des Bischofs von San Diego und vieler anderer deutlich ablesbar ist.
Meine Schlußfolgerung: die Theologen/Kardinäle/Bischöfe stehen gegeneinander und auch Kardinal Müller kann daran nichts ändern: er zeigt nur seine Ohnmacht. Umso wichtiger ist m.Er. das Zeugnis von Philosophen wie Robert Spaemann und anderer. Der Knoten muß von anderen Personen, die soz. außerhalb der „Theologie“, der Amtskirche stehen, gelöst werden. Das gabs auch schon öfter, wenn man an frühe Konzile der Kirche denkt, als leibhaftige Kaiser den innerkirchlichen theologischen Zwist zugunsten der Wahrheit beendigten. Insofern kann dann auch ein Zeitungsartikel wie von der NYT hilfreich sein.
Beinahe könnte man heute aktuell sagen: Theologie ist zu wichtig, um sie allein ausgelernten Theologen zu überlassen. Auch der „Kaiser“- das können einfache Laien wie auch gute Philosophen (Robert Spaemann usw.) wie Medien sein- sollte in der Frage der Wahrheit der unveränderlichen kirchlichen Lehren, da für alle Menschen aller Zeiten, seine Stimme einbringen.
Wenn Franziskus als Nachfolger Petri die Schlüselgewalt hat, sogar Ehen zu lösen oder Mehrehen zuzulassen, so sollte er dies deutlich sagen. Diese versteckte und im Grunde hinterhältige Art, irgendetwas irgendwie mit irgendwelchen Tricks „in Bewegung“ zu setzen, liegt mir nicht. Sie ist ganz sicher auch eines Papstes unwürdig, der in einem Amt steht, in dem die allerklarste Sprache die allerbeste ist. Und was ist, wenn er irrt? Oder sonst etwas ungültig oder unwirksam ist? Was für ein Schaden ist dann angerichtet!