
(Rom) Das Versagen im priesterlichen Keuschheitsversprechen ist so alt wie das Priestertum, man weiß darum, stellt es in Rechnung, und dennoch ist es immer neu ein Ärgernis, und zwar den Gläubigen wie den Ungläubigen, wobei letztere es gerne zur moralischen Anklage gegen die Kirche nützen. Das war zur Zeit Luthers nicht anders als heute. Ulrich Zwingli, der Schweizer „Reformator“ geriet nach seiner Priesterweihe zuerst in die Mühlen der Politik, dann ins Bett einer Frau, die er schwängerte, und schließlich drängte es ihn in die vordere Reihe der „Reformation“. In Argentinien berichten die Medien, nicht anders als in Europa, in einer Mischung aus Skandal und Schadenfreude über den dritten Priester der Diözese San Francisco en Cordoba, der in den vergangenen Jahren sein Priestertum aufgeben mußte, weil er nicht nur im geistlichen, sondern auch im physischen Sinn „Vater“ wurde. Der jüngste Fall betrifft den Priester Marcio Peironi.
Die 1961 errichtete Diözese zählt insgesamt 32 Diözesanpriester, was bedeutet, daß drei bekebste Priester ein schmerzlicher Aderlaß für das Bistum sind. Es gibt vorerst keine Anzeichen, daß Rom der Diözese eine „brüderliche Visitation“ zu schicken beabsichtigt, um nach dem Rechten zu sehen, wie es 2014 der Diözese Ciudad del Este im benachbarten Paraguay widerfahren ist.
Der Unterschied scheint darin zu liegen, daß Bischof Rogelio Livieres Plano von Ciudad del Este ein traditionsverbundener Bischof aus den Reihen des Opus Dei war, der durch sein umfangreiches pastorales Wirken die befreiungstheologisch angehauchte Paraguayische Bischofskonferenz „beschämte“. Das Bistum von San Francisco en Cordoba gilt hingegen als „offen für die Überraschungen des Heiligen Geistes“, wie die Zeitung La Capital in ihrer gestrigen Ausgabe schrieb.
Bischof Livieres stieg aus der landesweiten Einheitsausbildung der Seminaristen aus und gründete 2007 ein eigenes diözesanes Priesterseminar. Dort wurden die Priesteramtsanwärter in beiden Formen des Römischen Ritus und im traditionellen Sinn ausgebildet. Das Priesterseminar von Ciudad del Este zählte 2014 zweieinhalb Mal soviel Seminaristen als alle anderen Diözesen Paraguays zusammen. Obwohl nur etwa zehn Prozent der paraguayischen Gläubigen zu diesem Bistum gehören, hatte Bischof Livieres 70 Prozent aller Seminaristen des Landes. Das hatte mit dem unterschiedlichen Priester- und Kirchenverständnis zu tun. Doch das war nicht erwünscht, da ein solches Übergewicht bald landesweite Folgen gezeitigt hätte.
Die „brüderliche“ Zuwendung für Ciudad del Este
Bischof Livieres galt den anderen Bischöfen als „Störenfried“. Einem von ihnen, dem Befreiungstheologen Fernando Lugo, Bischof von San Pedro, war das politische Engagement so wichtig, daß er sich von seinen bischöflichen Rechten und Pflichten entbinden ließ, um gestützt auf eine Linkskoalition Staatspräsident werden zu können. Nachträglich stellte sich heraus, daß die Entbindung mehr mit wiederholter Verletzung seines Zölibatsversprechens zu tun hatte. Er ist Vater von zumindest zwei Kindern verschiedener Frauen. Mit weiteren Frauen hatte er als Priester und Bischof sexuelle Beziehungen. Als Staatspräsident wurde er nach weniger als vier Jahren Amtszeiten nach des Amtes enthoben. Heute sitzt er als Vertreter der Linkspartei Frente Guasu, die Mitglied der Sozialistischen Internationale (SI) ist, im paraguayischen Senat.
Papst Franziskus schickte 2014 Bischof Livieres einen „brüderlichen Visitator“, der so brüderlich war, daß der Bischof kurz darauf ohne Nennung eines Grundes und unter schäbigen Umständen seines Amtes enthoben wurde, ohne sich gegen welche Anschuldigung auch immer rechtfertigen zu können. Papst Franziskus verweigerte ihm die Audienz. Franziskus werde sich dafür vor Gott rechtfertigen müssen, schrieb Bischof Livieres in einer Erklärung zu seiner Absetzung. Ein Jahr später erlag er einer schweren Krankheit.
Das Priesterseminar von Ciudad del Este existiert zwar noch, wurde jedoch vom neuen Bischof wieder an das Nationale Seminar von Asuncion gekoppelt. Die Zahl der Seminaristen ist nach einer massiven Säuberungsaktion „konservativer“ Kandidaten auf ein Viertel eingebrochen. Verschiedene traditionsverbundene Gemeinschaften wurden aufgelöst, Priester und Orden aus der Diözese entfernt, zahlreiche Umbesetzungen vorgenommen.
Ganz anders ist die Reaktion in der Diözese San Francisco en Cordoba in Argentinien. Dort ist keine „brüderliche“ Visitation vorgesehen, denn das Bistum gilt als „offene für die Überraschungen des Heiligen Geistes“. Zu denen für die Zeitung La Capital offenbar auch die Zeugung von Kindern durch Priester gehört.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Ciudad de San Francisco (Screenshot)
Da soll einer sagen, dass hinter diesem Umbau der Kirche seit Jahrzehnten kein einheitlicher Plan steht, der mit der Dickhäutigkeit, Sturheit und zuweilen Wut eines Nashorns durchgezogen wird.
Im Bistum Antwerpen unter Bischof Johan Bonny ist man schon eine Stufe weiter:
– Einerseits wurde ein Priester, der vor vielen Jahren eine Beziehung mit einer Pastoralreferentin hatte, woraus ein Sohn entsprossen war (die Beziehung wurde offensichtlich beidseitig recht schneel beendet) sofort versetzt in die Seniorenpastoral und in die Provinz, mit natürlich Meldung an alle Medien.
– Anderseits wurde der total durchgeknallte Sexuologe, Psychologe und ex-/erneut-„Priester“ T.Schellekens mit viel Tamtamm in die Pastoral in Antwrpen-Stadt wieder eingesetzt und sitzt der Sympathisant der „Arbeitsgruppe für die Unterstützung vn Pädophilen in dr Kirche“ (1984) Jef Barzin fest im Sattel- er hat es schon zu Dekan gebracht und ist ein guter Freund von „Bischof“ Johan Bonny!
„Bischof“ Bonny hat übrigens mit Weihnachten 2014 ein großes Interview in der Zeitung „De Morgen“ gegeben“, wo er öffentlich totale Häresie und Apostasie verkündete.
Daß Bonny dann den im Pädophilen-Priesterschutz involvierten brüggener Kirchenjuristen Patrick Degrieck aufgenommen hat im Bistum Antwerpen, paßt wunderbar dazu.
Die meist stinkend augiasställe werden nicht gemistet – und sicher nicht visitiert.
Die Situation der Kirche hat etwas geradezu Unwirkliches. So als gelte es, den Teufel unbedingt im Spiel zu halten; vielleicht, weil man noch auf seinen Sieg gewettet hat oder sich auch nur am Spiel noch weiter ergötzen möchte. So, als sei es zu früh oder zu unerträglich, der Ringparabel ein Ende zu denken, also daß so berauschende und selbstgefällige „Duldungs- und Schonungsgefühl“ (Goethe) doch um der Wahrheit willen aufgeben zu müssen.
Und doch ist wohl gerade diese Stimmung und die allgegenwärtig gezeitigte Haltung ein sicheres Zeichen dafür, daß das Ende bereits spürbar geworden ist. Das Spiel ist im Grunde aus, der Sieger steht so gut wie fest. Und alle, die Ihm huldigen, können nicht verlieren.