(Rom) Ein schweres Erdbeben mit Epizentrum im Grenzraum zwischen Latium, Abruzzen, Marken und Umbrien erschütterte in den frühen Morgenstunden Mittelitalien. Bisher wurden 63 Tote gezählt, zahlreiche Verletzte und noch viel mehr Obdachlose. Das Erdbeben war von Bologna bis Neapel zu spüren. Zweimal bebte die Erde ungefähr 20 Sekunden lang in der Stärke 6 der Momenten-Magnituden-Skala. Besonders hart getroffen ist das Gebiet des ehemaligen Kirchenstaates, vor allem die Provinzen Rieti in Latium und die Provinzen Ascoli Piceno und Macerata in den Marken.
Zahlreiche alte Häuser, wie sie für die malerische Gegend typisch sind, stürzten ein. Erst vor sieben Jahren war es 2009 etwas südlich um die Stadt L’Aquila in den Abruzzen zu schweren Erdbebenschäden gekommen. Zuletzt war Italien im Mai 2012 durch ein Erdbeben der Stärke 5,8 in der Emilia erschüttert worden, bei dem 16 Menschen, darunter zwei Priester ums Leben kamen, die das Allerheiligste aus den Tabernakeln in Sicherheit bringen wollten.
Das Erdbeben von 2009 forderte 309 Tote und fast 70.000 Obdachlose. Die Erde bebte damals fast auf die Minute zur gleichen Zeit wie in den heutigen Morgenstunden.
Bild der Verwüstung – in Amatrice werden drei Ancillae Domini vermißt
Ein Bild der Verwüstung bieten die Orte Accumoli, Amatrice und Arquata del Tronto. Dort sind auch die meisten Toten zu beklagen.
Im aktuellen Erdbebengebiet befinden sich zahlreiche historische Orte, die für die Christenheit von besonderer Bedeutung sind, von Cascia, die von 1407 bis zu ihrem Tod 1447 die heilige Rita von Cascia im Kloster der Augustinerinnen lebte, wo ihr unverwester Leichnam bestattet ist, über Norcia, dem Geburtsort des heiligen Benedikt von Nursia, dem abendländischen Mönchsvater, bis Assisi, dem Geburtsort des heiligen Franziskus und der heiligen Klara. In Assisi, wo zuletzt 1997 ein Erdbeben wütete, kam man diesmal mit einem Schrecken davon.
In Amatrice, wo bisher 15 Tote beklagt werden, wurde ein Frauenkloster zerstört. Mehrere Schwestern sind verletzt, drei werden vermißt. Die Suche unter den Trümmern wird fortgesetzt. Die Hoffnung wurde nicht aufgegeben, sie noch lebend zu bergen. Die Schwestern gehören dem 1940 kirchlich anerkannten Orden der Ancillae Domini an, der Teil des Waisenwerks von Don Giovanni Minozzi (1884–1959) ist. In Amatrice entstand 1919 unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges sein erstes Waisenhaus. Um das Waisenwerk entstanden bald ein männlicher und ein weiblicher Ordenszweig.
Keine Nachrichten liegen vorerst von den Benediktinerinnen der Liebe vor, die mit drei Niederlassungen im Erdbebengebiet vertreten sind. Der 1926 kirchlich anerkannte Orden wurde von der polnischen Benediktineräbtissin Colomba Gabriel (1858–1926) in Rom gegründet, wo sie ein Haus für junge Frauen schuf. Die Gründerin wurden 1993 von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
Altrituelle Benediktiner von Nursia und Franziskaner der Immakulata von Amandola: Schwere Schäden an Kirchen und Klöstern
Die altrituellen Benediktinermönche von Norcia, die 2001 das benediktinische Leben am Geburtsort des Mönchsvaters Benedikt von Nursia wieder aufleben ließen, „leben und – Gott sei Dank – wurden die Mönche nicht schwer verletzt“, wie es in einer ersten Nachricht des Konvents heißt. Die Abteikirche und das Kloster haben jedoch erheblichen Schaden erlitten. Napoleon hatte 1810 das Mönchsleben aus Norcia vertrieben. Ein amerikanischer Benediktiner, Dom Cassiano Folsom, ehemaliger Direktor des Päpstlichen Liturgischen Instituts, an dem er nach wie vor lehrt, brachte es auf Einladung des Erzbischofs von Spoleto wieder nach Nurcia zurück.
Gleiches berichten die Franziskaner der Immakulata, die 2010 mit Zustimmung des Erzbischofs von Fermo, die aufgelassene, altehrwürdige Abtei der Heiligen Vincenzo und Anastasio von Amandola aus dem 6. Jahrhundert neu besiedelten. Die Brüder haben das Erdbeben unbeschadet überlebt, Kirche und Kloster wurden jedoch stark beschädigt.
Beide Klöster bitten um das Gebet für die Toten und ihre Angehörigen, die Verletzten und die Obdachlosen. „Wir werden nach unseren Möglichkeiten den Betroffenen Hilfe und vor allem geistlichen Beistand leisten. Dafür brauchen wir Eure geistliche Unterstützung durch Euer Gebet.“, so die Mönche von Norcia.
„Wie viele Orte und Familien ringsum haben auch unsere Klostergebäude schweren Schaden erlitten, besonders die Basilika. Es wird einige Zeit dauern, um das genaue Ausmaß zu erfassen. Es ist sehr traurig zu sehen, wie die vielen schönen Restaurierungen am Geburtshaus des heiligen Benedikt in einem kurzen Augenblick zerstört werden. Wir haben mit den Aufräumarbeiten begonnen. Der Wiederaufbau beginnt.“
Wer helfen kann, möge es tun, durch Gebet, zur tätige Hilfe oder durch eine Spende. Gleiches gilt natürlich für die zahlreichen anderen Klöster des Erdbebengebietes, über die im Augenblick keine Nachrichten vorliegen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: La Stampa/La Gazzetta/MiL (Screenshots)