
von Roberto de Mattei*
Sandro Magister hat mit einem fundierten Artikel die Wunde dokumentiert, die Papst Franziskus der christlichen Ehe mit seinen beiden Motu proprio zugefügt hat, der sich den Anmerkungen von Antonio Socci in der Tageszeitung Libero, von Paolo Pasqualucci auf Chiesa e postconcilio und meiner Stellungnahme auf Corrispondenza Romana anschließt. Das Klima ernster Besorgnis im Vatikan wurde auch durch eine Meldung der Wochenzeitung Die Zeit vom 10. September bestätigt, im Vatikan sei ein Dossier gegen die Änderungen der Ehenichtigkeitsverfahren durch Papst Franziskus in Umlauf.
Damit stellt sich vielen Gewissen ein heikles Problem. Welches Urteil wir auch immer zum Motu proprio haben, es handelt sich um eine persönliche und direkte Regierungsentscheidung des Papstes. Kann aber ein Papst bei der öffentlichen Bekanntmachung von kirchlichen Gesetzen irren? Und ist es im Falle der Mißbilligung nicht dennoch geboten eine Haltung des Schweigens ihm gegenüber einzunehmen? Die Antwort gibt uns die Lehre und die Geschichte der Kirche. Viele Male ist es nämlich geschehen, daß Päpste in ihren politischen, pastoralen und sogar lehramtlichen Handlungen geirrt haben, ohne daß dadurch auf irgendeine Weise das Dogma der Unfehlbarkeit und der römische Primat beeinträchtig worden wären. Der Widerstand der Gläubigen gegen diese irrigen, und in einigen Fällen sogar unrechtmäßigen Handlungen der Päpste hat sich immer wohltuend für das Leben der Kirche ausgewirkt.
Ohne zu weit in der Zeit zurückzugehen, möchte ich ein Ereignis betrachten, das zwei Jahrhunderte zurückliegt. Das Pontifikat von Pius VII. (Gregorio Chiaramonti 1800–1823) wie das seines Vorgängers Pius VI. erlebte Momente schmerzlicher Spannungen und harter Kämpfe zwischen dem Heiligen Stuhl und Napoleon Bonaparte, dem Kaiser der Franzosen.
Pius VII. unterzeichnete am 15. Juli 1801 ein Konkordat mit Napoleon in der Hoffnung, damit die Epoche der Französischen Revolution zu beenden, doch Bonaparte zeigte bald, daß seine wirkliche Absicht hingegen die Bildung einer seiner Macht dienstbar gemachten Nationalkirche war. Am 2. Dezember 1804 krönte sich Napoleon mit seinen eigenen Händen zum Kaiser und wenige Jahre später fiel er erneut in Rom ein und annektierte die Kirchenstaaten an Frankreich. Der Papst wurde gefangengenommen und nach Grenoble, dann nach Savona verschleppt (1809–1812). Der Gegensatz spitzte sich anläßlich der zweiten Ehe des Kaisers zu. Napoleon hatte vor seiner Selbstkrönung die Witwe Joséphine de Beauharnais (geborene Marie Josephe de Tascher) geheiratet. Die angehende Kaiserin warf sich vor Pius VII. auf die Knie und bekannte, daß sie mit Napoleon nur in standesamtlicher Ehe verbunden war. Der Papst ließ Bonaparte daraufhin wissen, daß die Krönung erst nach einer kirchlichen Trauung stattfinden könne. In aller Eile wurde noch in der Nacht die Hochzeit von Kardinal Fesch, dem Onkel Napoleons geschlossen. Josephine schenkte Napoleon jedoch keine Erben und ihre Herkunft war zu bescheiden für jemanden, der ganz Europa beherrschen und sich mit den Herrscherfamilien verwandtschaftlich verbinden wollte. Der Kaiser beschloß daher, die Ehe mit Josephine zu annullieren, um die Erzherzogin und Tochter des bedeutendsten europäischen Monarchen, des letzten römisch-deutschen und ersten österreichischen Kaisers Franz II. (Franz I.), Marie Louise von Österreich, heiraten zu können.
1810 löste ein Senatus Consultum die standesamtliche Ehe von Napoleon mit Josephine auf und gleich danach erklärte das Diözesangericht des Erzbistums Paris die Nichtigkeit der kirchlichen Ehe. Der Heilige Stuhl verweigerte die Anerkennung der Ehenichtigkeitserklärung, da die Pariser Prälaten ein Gefälligkeitsurteil gefaßt hatten. Als der Kaiser am 2. April 1810 die Kapelle des Louvre betrat, um die Zweitehe mit Marie Louise einzugehen, waren die Plätze von 13 Kardinälen, die eingeladen worden waren, leer. Der neue Kaiser behandelte sie wie Rebellen und Staatsfeinde, weil sie durch ihre Geste ihre Überzeugung zum Ausdruck brachten, daß sein Eheband nur durch den Papst gelöst werden konnte. Die Nichtigkeitserklärung seiner Ehe konnte nur durch den Papst ratifiziert werden. Die dreizehn Kardinäle wurden dazu verurteilt, sofort ihre Insignien und Gewänder abzulegen und durften sich nur mehr als einfache Priester kleiden. Daher rührt die Bezeichnung der „schwarzen Kardinäle“ oder „Eiferer“ im Gegensatz zu den „roten“, die Napoleon untertänig waren und seiner neuen Ehe zustimmten.
Pius VII. schwankte zwischen den beiden Richtungen. Doch am 25. Januar 1813 unterzeichnete er, erschöpft von den Kämpfen, ein Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Kaiser, mit dem er die Unterschrift unter einige Bedingungen setzte, die mit der katholischen Lehre unvereinbar sind. Das Dokument, bekannt als „Konkordat von Fontainebleau“ (Enchiridion dei Concordati. Due secoli dei rapporti Chiesa-Stato, EDB, Bologna 2003, Nr. 44–55), akzeptierte den Grundsatz der Unterordnung des Heiligen Stuhls unter die Autorität des französischen Staates und legte damit faktisch die Kirche in die Hände des Kaisers. Dieser Akt, in dem der Papst öffentlich als katholisches Kirchenoberhaupt handelte, wurde sofort von den zeitgenössischen Katholiken als Katastrophe betrachtet und als solche wird er auch von den Kirchenhistorikern gesehen. Pater Ilario Rinieri, der den Beziehungen zwischen Pius VII. und Napoleon eine dreibändige Studie widmete, schreibt, daß das Konkordat von Fontainebleau „verheerend sowohl für die Souveränität des römischen Papstes als auch für den Apostolischen Stuhl“ war (Ilario Rinieri: Napoleone e Pio VII – 1804–1813. Relazioni storiche su documenti inediti dell’archivio vaticano, Unione Tipografico-Editrice, Torino 1906, Bd. III, S. 323) mit dem Zusatz: „Wie es dazu kommen konnte, daß sich der Heilige Vater Pius VII. bewegen ließ, ein Abkommen zu unterzeichnen, das so verheerende Bedingungen enthielt, ist eines jener Phänomene, deren Erklärung den Anspruch der Geschichte übersteigt“ (ibd. S. 325).
„Man kann nicht den unglücklichen Eindruck und den negativen Effekt beschreiben, den die Veröffentlichung dieses Konkordats nach sich zog“, erinnerte sich Kardinal Bartolomeo Pacca (1756–1844) in seinen Historischen Erinnerungen (Memorie storiche, Ghiringhello e Vaccarino, Roma 1836, Bd. 1, S. 190). Es fehlten nicht jene, die das Konkordat mit Begeisterung aufnahmen und auch nicht jene, die es zwar hinter vorgehaltener Hand kritisierten, aber nicht wagten, es öffentlich zu tun, aus Unterwürfigkeit oder weil sie eine schlechte theologische Lehre vertraten. Kardinal Pacca, Pro-Staatssekretär von Pius VII. gehörte hingegen zu jener Gruppe von Kardinälen, die, nachdem sie vergeblich versucht hatten den Papst davon abzuhalten, das Dokument zu unterschreiben, erklärten, daß „es keinen anderen Weg gebe, um das Ärgernis und die schwerwiegenden Übel, die eine Umsetzung dieses Konkordats der Katholizität und der Kirche zufügen würde, als einen sofortigen Widerruf und eine generelle Annullierung des Ganzen durch den Papst und fügten das bekannte Beispiel in der Kirchengeschichte von Paschalis II. hinzu (Memorie storiche, Bd. 2, S. 88).
Der Widerruf erfolgte. Angesichts der Hartnäckigkeit der „eifrigen“ Kardinäle, wurde sich Pius VII. mit großer Demut seines Irrtums bewußt. Am 24. März unterzeichnete er ein Schreiben an Napoleon, in dem folgende Worte zu lesen sind: „Von diesem Blatt, obwohl von uns unterschrieben, sagen wir Eurer Majestät dasselbe, was unser Vorgänger Paschalis II. in einem vergleichbaren Fall von einem von ihm unterzeichneten Schreiben sagte, das ein Zugeständnis zugunsten von Heinrich V. enthielt, das sein Gewissen aus gutem Grund bereute, nämlich: ‚so wie wir jenes Schreiben als schlecht erkennen, so bekennen wir unser schlechtes Handeln, und mit der Hilfe des Herrn wünschen wir, daß es umgehend berichtigt wird, damit der Kirche kein Schaden entsteht und auch nicht unserer Seele“ (Enchiridion dei Concordati. Due secoli dei rapporti Chiesa-Stato, EDB, Bologna 2003, Nr. 45, S. 16–21).
In Italien wurde der Widerruf des Papstes nicht sofort bekannt, sondern nur die Unterzeichnung des Konkordats. Deshalb verfaßte der ehrwürdige Diener Gottes Pio Brunone Lanteri (1759–1830), der die Bewegung der Katholischen Freundschaften (Amicizie Cattoliche) leitete, umgehend ein Dokument entschiedener Kritik an der päpstlichen Handlung. Unter anderem schrieb er: „Man wird mir sagen, daß der Heilige Vater alles kann, ’quodcumque solveris, quodcumque ligaveris etc.’, doch er kann nichts gegen die göttliche Konstitution der Kirche. Er ist der Stellvertreter Gottes, aber er ist weder Gott noch kann er das Werk Gottes zerstören“ (Scritti e documenti d’Archivio, Bd. II: Polemici-Apologetici, Edizione Lanteri, Roma-Fermo 2002, S. 1019–1037, hier S. 1024). Der ehrwürdige Diener Gottes, ein entschiedener Verteidiger der Rechte des Papsttums, gestand die Möglichkeit zu, dem Papst im Falle eines Irrtums zu widerstehen, weil er wußte, daß der Papst zwar die höchste Macht hat, aber keine unbegrenzte und willkürliche Macht. Der Papst, wie jeder Gläubige, muß das natürliche und das göttliche Gesetz respektieren, dessen Bewahrer er durch göttlichen Auftrag ist. Er kann weder die Regeln des Glaubens noch die göttliche Verfassung der Kirche (zum Beispiel die Sieben Sakramente) verändern, ebensowenig wie ein weltlicher Souverän nicht die Grundgesetze seines Reichs ändern kann, weil man, wie der französische Bischof und Geschichtsphilosoph Jacques-Benigne Bousset (1627–1704) erinnert, durch deren Verletzung „alle Grundfesten der Erde wanken.“ (Psalm 82,5) (Jacques-Benigne Bossuet, Politique tirée des propres paroles de l’Ecriture Sainte, Droz, Genf 1967, Erstveröffentlichung 1709, S. 28).
Niemand könnte Kardinal Pacca eine überzogene Sprache vorwerfen oder Pio Brunone Lanteri mangelnde Anhänglichkeit dem Papsttum gegenüber. Die Konkordate, wie die Motuproprien, die apostolischen Konstitutionen, die Enzykliken, die Bullen, die Breven sind legislative Akte, die den päpstlichen Willen zum Ausdruck bringen, aber nicht unfehlbar sind, außer der Papst beabsichtigt mit ihrer Verkündigung Punkte des Glaubens oder der Moral auf eine für alle Katholiken verbindliche Weise zu definieren (vgl. Raoul Naz, Lois ecclésiastique, in Dictionnaire de Théologie catholique, Bd. VI, Sp. 635–677).
Das Motu proprio von Papst Franziskus über die Ehenichtigkeitserklärungen ist ein Regierungsakt, über den diskutiert werden und der durch einen späteren Regierungsakt wieder aufgehoben werden kann. Das Motu proprio Summorum Pontificum von Benedikt XVI. vom 7. Juli 2007 über die überlieferte Liturgie wurde diskutiert und hart kritisiert (s. z.B. das Streitgespräch Andrea Grillo-Pietro De Marco: Ecclesia universa o introversa. Dibattito sul motu proprio Summorum Pontificum, Edizioni San Paolo, Cinisello Balsamo 2013).
Das Motu proprio von Papst Franziskus, das bisher seine revolutionärste Amtshandlung war, ist bis zum 8. Dezember 2015 noch nicht in Kraft. Ist es illegitim zu fordern, daß die Synode über diese Ehereform diskutiert und daß eine Gruppe „eifriger“ Kardinäle seine Aufhebung fordert?
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Schriftleiter der Monatszeitschrift Radici Cristiane und der Online-Nachrichtenagentur Corrispondenza Romana, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt erschienen: Vicario di Cristo. Il primato di Pietro tra normalità ed eccezione (Stellvertreter Christi. Der Primat des Petrus zwischen Normalität und Ausnahme), Verona 2013; in deutscher Übersetzung zuletzt: Das Zweite Vatikanische Konzil – eine bislang ungeschriebene Geschichte, Ruppichteroth 2011.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
Können kann man schon, aber die Frage ist ob man es der Lehre der Kirche, wie sie nach 1870 ausgefeilt wurde, darf.
Denn die Frage der Fragen ist: Was hätte man wohl getan, wenn Pius VII. seinen Fehler nicht widerrufen hätte?
Das ist unsere Frage.
Bei Pius VII. hing allerdings viel mehr noch schief und immerhin – das erwähnt der Artikel nicht – brach wegen ihm ein nicht geringer Teil der katholischen Kirche Frankreichs von Rom weg.
Zur Grundsatzfrage besagt der Artikel leider nichts. Dass man diskutieren kann, ist klar. Dürfen oder sollten Katholiken über den Papst diskutieren ? Dazu hätte ich gerne etwas gelesen. Den Freunden, die ihre Beiträge gern mit Bibelzitaten (unnötigerweise meistens) füllen, sei gesagf, dass sie in der Bibel dazu nichts finden werden.
@Reinhold
Da irren Sie aber gewaltig:
Mir ist dazu sofort das Gleichnis vom klugen Verwalter in den Sinn gekommen, nachzulesen unter Lk 16, 1–15, dem sich unmittelbar das Gesetz von der Ehescheidung in Lk 16, 16–18 anschließt!
Lk 16, 8 : Und der Herr lobte die Klugheit des unehrlichen Verwalters und sagte: „Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit IHRESGLEICHEN klüger als die Kinder des Lichts!“
und weiter:
Lk 16, 15: Da sagte er zu ihnen: „Ihr redet den Leuten ein, dass ihr gerecht seid; aber Gott kennt euer Herz. Denn was die Menschen für großartig halten, ist in den Augen Gottes ein Gräuel!“
Es kommt also immer auf die Perspektive Gottes an und in den reinen Augen Gottes wird auch die kleinste Amtshandlung eines Papstes gemessen, gewogen und beurteilt.
Welches Urteil wird der EWIGE wohl über dieses Motu proprio fällen?
GEMESSEN – GEWOGEN und zu LEICHT gefunden ! (vgl. Buch Daniel)
Das Ende war schrecklich!
Dan 5,25 ff : Das Geschriebene aber lautet:
MENE MENE TEKEL U – PARSIN
MENE: Gezählt hat Gott die Tage deiner Herrschaft und macht ihr eine Ende.
TEKEL: Gewogen wurdest du auf der Waage und zu leicht befunden.
PERES: Geteilt wird dein Reich .….…
zeitschnur @ Was Sie nicht alles wissen ? ! Das ist aber nicht die Frage die sich uns heute stellt.
Vor wenigen Jahren hätte die Frage ob man den Papst kritisieren und über sein Pontifikat disku-
tieren kann und darf, Schweißausbrüche verursacht. Die Kirche hat nichts ausgefeilt und schon
gar nicht nach 1870 wie unsinniger Weise einige wenige behaupten wollen. Die Kirche lehrt, dass
das Lehramt und der Papst vom Hl.Geist geleitet wird. Aber wenn ein Papst von der Lehre der
Kirche und dem Lehramt grob abweicht, stellt sich die Frage nach dem Hl. Geist nicht mehr. Der
Geist weht wo er will und kann bei bestimmten Situationen auch anders wehen, als wir uns das
vorstellen können und es uns gemäß wäre. Wenn so eine Situation eintritt, muss der Christ nicht
nur kritisieren, sondern es ist dann ein Muss !
Ja – Sie wollen sagen, was Sie nicht wissen, ist nicht real?
Der von @GW anderswo zitierte Antimodernist, obwohl er sich selbst uin Widersrpüche verstrickt, zitiert ja ausführlich den Dogmatiker Heinrich (spätes 19. Jh), der genau dies formuliert:
„Es versteht sich von selbst, daß die Unfehlbarkeit nur jener Lehrentscheidungen durch die assistentia spiritus sancti (den Beistand des hl. Geistes) gesichert sind, welche von der höchsten Lehrautorität in formell gültiger Weise als verpflichtende Glaubensentscheidungen erlassen sind. Ob solches der Fall sei, kann definitiv und unfehlbar selbstverständlich nur die Kirche selbst entscheiden, und ist der Einzelne in dieser Beziehung an die Entscheidungen der Kirche gebunden: denn wäre dieses nicht der Fall, so wäre wieder das Privaturteil der höchste Richter in Glaubenssachen, und jeder Häretiker könnte sich der Autorität der Kirche dadurch entziehen, daß er die ihn betreffenden Entscheidungen als formell ungültig erklärte…“ (S. 697 f).
Ferner: „In Glaubenssachen kann die Kirche ihre Kompetenz nicht überschreiten; sie ist dagegen durch ihre Unfehlbarkeit gesichert. Wollte der Einzelne sich anmaßen, über die Lehrentscheidungen der Kirche zu urteilen, ob die Kirche nicht die Grenzen des depositum fidei überschritten (habe), so hätte er bereits aufgehört, Katholik zu sein, indem er sein Privaturteil über das Urteil der Kirche setzte. Da das depositum in der hl. Schrift und der Tradition enthalten ist, so ist die Kirche verpflichtet, ihre Entscheidungen aus diesen beiden Quellen des Glaubens, der hl. Schrift und Überlieferung, zu schöpfen. Daß sie dieses wirklich tut, und niemals eine Glaubensentscheidung erläßt, die nicht in den Quellen des Glaubens und der Überlieferung begründet wäre, dafür bürgt gleichfalls ihre Unfehlbarkeit und kann die autoritative Entscheidung darüber, ob eine Lehre in der Schrift und Tradition begründet sei, nur der Kirche selbst zustehen. Diese Entscheidung dem Einzelnen anheimstellen, heißt das katholische Autoritätsprinzip zerstören. Ob die Heilige Schrift oder die Tradition und ihre Quellen dem Privaturteil unterworfen werden, ist eines und dasselbe. Es wäre daher ein die Kirche und den Glauben umstürzendes Prinzip, wenn man die letzte Entscheidung darüber, ob die Lehrentscheidungen der Kirche gültig, weil der Überlieferung gemäß seien, der Wissenschaft zusprechen wollte…“ (S. 692) http://www.antimodernist.org/am/2014/09/18/unfehlbar/2/
Die Argumentation des „Antimodernisten“ ist zwar total verständlich und auch weithin schlüssig – bloß hat sie einen Schönheitsfehler: dass nämlich auch ihm kein Privaturteil darüber zusteht, ob der Papst der Past ist.
Gerade hat er es doch selbst zitiert: das alles kann wieder nur das Lehramt selbst beurteilen…
Der Privatus hat keinerlei Befugnisse, hier etwas zu beurteilen – wollte man dieser Meinung folgen.
Diese Meinung hat sich aber nach 1870 in der Kirche so breit gemacht, wie es nicht breiter geht.
Natuerlich kann man darueber diskutieren, aber welchen Sinn hat es ?
Diesem Papst darf man nur zujubeln, genau wie man seinen Vorgaenger beschimpfen durfte ( ein Herr Zollitsch kroente das mit der Aussage das die Kirche unter Franz „endlich“ wieder „Katholisch“ waere)
Also jeder wie er will, Konsequenzen hat es eh keine !
Der Papst ist kein Zauberer, er hat keine Unfehlbarkeit, auch nicht von Amts wegen wie man an obigen Beispielen sieht. Sehr viele Christen wissen über den katholischen Glauben sehr genau Bescheid, sofern sie fest darin stehen. Was Papst Franziskus tut geschieht offensichtlich, jeder kann es sehen und darüber urteilen. Er kann nicht die katholische Glaubenslehre ändern, denn die Heilige Schrift steht weit höher als er aufgrund seines Amtes.
Er muss den Glauben, den er empfangen hat weitergeben, dazu ist er bestimmt. Sofern er einen falschen Glauben empfangen hätte, wäre es die Aufgabe seiner Vorgesetzten gewesen, das zu erkennen und ihn entweder zu ermahnen oder seinen Einfluss nachhaltig zu beschränken. So aber erkennt jeder gläubige Christ, dass er sich unklar äußert, linke, verborgene Wege geht und die katholische Lehre Schritt für Schritt zersetzt. Das sieht man im Moment ganz klar daran, dass er nur solche Bischöfe zur Synode eingeladen hat, die progressiv eingestuft werden und damit das Ergebnis der Synode im Vorhinein bestimmt hat. Er hält die Tradition zum Narren und nutzt unverschämt die Liebe und das Grundvertrauen aus, das der Papst(egal welcher) von den Gläubigen von Amts wegen erhält. Sehr viel an einer gerechten Beurteilung dieses Papstes wird von der christlichen Nächstenliebe und dem bei Kritik schlechten Gewissen der Christen abgehalten. Mal sehen, wie es nach der Oktober-Synode aussehen wird, wenn durch die Blume gesprochen und dummschwätzerisch verkündet die Todsünde Erlaubnis findet.
Doch, der Papst ist nach der Lehre der Kirche dann, wenn er kraft der Autorität seines Amtes öffentlich handelt, unfehlbar.
Davon abgesehen kann ein Papst aber nicht unterhalb dieser Schwelle (der ausdrücklichen Inanspruchnahme seiner Autorität) eine weiche Häresie nach der andere verkünden oder faktisch häretisch handeln.
Ich fürchte, die Debatte um den Papst ist theologisch noch lange nicht erschöpft, und eines Tages wird man das Vat. I noch einmal aufgreifen müssen (es wurde eh abgebrochen und nicht zu End geführt und harrt seiner Fortsetzung).
Die 150 Jahre seit dem Vat. I sind so katastrophal verlaufen, und zwar am Sitz Petri, dass hier viele Fragen wie ein gähnender Abgrund aufgerissen wurden.
Ich habe allerdings keinerlei Imagination, wie man das menschlich gesehen noch einmal lösen können soll.
Da haben Sie wohl recht. Aber wie passen dann 150 Jahre mit Ihrer großen Wertschätzung für Leo XIII. dann zusammen? Hätten Sie hundert Jahre gesagt ich hätte Ihnen vorbehaltslos zugestimmt.
@Zeitschnur:
Aufgrund ihres Widerspruchs nehme ich sie beim Wort.
Der Papst kann ihren Worten gemäß aufgrund seines Amtes nicht fehlen, er ist ihren Worten gemäß aufgrund der katholischen Lehre unfehlbar.
Also auch wenn er schwerwiegend gegen die Heilige Schrift handelt!
Auch wenn er nach der Bischofssynode Ehebrechern in Todsünde den Zugang zur Kommunion erlaubt!
Auch wenn er Homosexuellen sämtliche Schranken in der katholischen Kirche abbaut(entgegen der Hl.Schrift, denn diese sind ebenfalls in der Todsünde)!
Daher wiederhole ich, was ich im Kommentar oben geschrieben habe. Jeder mit katholischem Grundwissen kann öffentlich sehen, wie F. Anstalten macht, die Todsünde abzuschaffen.
Aber wenn er unfehlbar ist, dann ist das doch gar nicht möglich, oder?!?
Und vor allem, wenn er gemäß der Lehre der katholischen Kirche unfehlbar sein soll, dann ist das doch dank ihm eh in Kürze ein alter Hut, da er ja besagte Lehre selbst verändern möchte!
Also verändert sich mit seiner Person auch die Lehre von der Unfehlbarkeit, ganz einfach…
Das ist eine falsche Darstellung der Unfehlbarkeit nach der Definition des I. Vatikanums. Die Grenzen sind sehr eng gesteckt. Der Papst ist nicht bei jeder öffentlichen Amtshandlung unfehlbar. Wenn Sie den Text der Unfehlbarkeitsdefinition studieren, werden Sie sehen, dass der Papst nur das Charisma der Unfehlbarkeit genießt, wenn er in einer Glaubens- oder Sittenfrage eine definitive Entscheidung trifft und dies in feierlicher Form „ex cathedra“ verkündet.
Was hier berührt wird, ist nicht das Unfehlbarkeitsdogma, da der Papst überhaupt keine neue Lehre verkündet, sondern der Jurisdiktionsprimat, der keine höhere Gerichtsbarkeit über dem Petrusamt definiert.
@ dhmg
Nicht „meinen Worten gemäß“!
Das wäre ja unmöglich – ich bin doch ein Niemand… was sind meine Worte angesichts Gottes…
Nein: gemäß der Lehre der Kirche.
Das ist das Problem!
Und das, was einmla unfehlbar gelehrt wurde (nämlich die Unfehlabrkeit des Papstes), kann nicht noch mal verändert werden.
Wir sind in einer grausamen Lage, die jeden, JEDEN, fertigmacht, egal, wo er steht…
@ J.G. Ratkaij
Leo XIII. war noch gut.. aber unter ihm krachte es gewaltig im Gebälk, auch weitgehend sein Vorgänger war noch gut, aber dann begann es offen zu kriseln, mehr und mehr.
Ich bezog meine Jahresanzahl mehr auf die Zeit seit dem Vaticanum I als auf einzelne Pontifikate. Man kann das ja nie pauschal sagen, sondern global – aber seit dem Vaticanum I stimmt etwas gar nicht mehr, aber es ist komplex und muss auch so aufgearbeitet werden.
@Peter:
So wie ich das verstehe, ist dieses Unfehlbarkeits-Dogma nur eingerichtet worden, um sämtliche Einsprüche gegen päpstliche Amtshandlungen zu unterbinden und um ihn als alleinigen Entscheidungsträger festzulegen.
Wenn er aber die Todsünde erlaubt, dann irrt er auf jeden Fall gewaltig, er begeht einen schwerwiegenden Fehler, im praktischen Sinne ist er also nicht unfehlbar, höchstens noch aufgrund dieses festgeschriebenen Kirchengesetzes.
@ Peter
Von „Feierlichkeit“ ist in der Definition aber keine Rede!
Glauben Sie mir, ich habe das x‑mal gelesen – „ex cahedra“ heißt, dass die Definition des Papstes als eine in seiner Autorität als Stellvertreter Christi getroffene ausgewiesen wird. „Vom Lehrstuhl herab“ zu deutsch, d.h. er lehrt in seiner Autorität, egal in welcher ästhetischen Form. In aller Regel finden sich dann Worte, die mit „in auctoritate apostolica suprema ..definimus/“ beginnen
Ob das feierlich oder nicht geschieht, ist egal.
Sie haben aber recht, dass sowohl die Unfehlbarkeit des Papstes als auch der Jurisdiktionsprimat gemeinsam dem Gläubigen jeden Weg abschneiden, um sich zum Papst kritisch zu verhalten – und zwar egal, was der treibt!
Man hat behauptet, der Hl. Geist würde ihn davon abhalten, einen gravierenden Irrtum zu begehen.
Man kann das aber mit der Realität nicht mehr in eins bringen.
Geehrte @ zeitschnur,
„Ich habe keine Imagination wie man das lösen soll…“:
Sie scheinen mir unzulässig pessimistisch.
Das ist nämlich zuallererst die Sache Unseres Herrn, dr die Hl. Kirche aufgerichtet hat und versprochen hat daß die Pforten der Unterwelt ihr nichts anhaben werden.
Das ist alles-das ist genug.
Die drei göttliche Tugenden sind Glauben, Hoffnung und Liebe- insoweit sind klagende und besonders jammernde Kommentaren nicht sehr nützlich.
Für Sie als große Bewunderin von P. Leo XIII den schönen Kommentar v. Msgr. DeWaal über diesem Papst:
„Er hat seine Pflicht als Papst getan, die Gläubigen sollten auch ihre Pflichten kennen und erfüllen“.
Hierauf paraphrasierend sollte heutzutage jedermann stolz sein, sagen zu können:
„Der Gläubige hat seine Pflicht als Gläubige getan, der Papst sollte auch seine Pflichten kennen und erfüllen“.
@ Adrien Antoine
Ich habe Ihnen auch in einem anderen Thread gerade auf Ihren „Pessimismus-Vorwurf“ einiges geschrieben.
Ja – Leo XIII. strahlte noch diesen Geist aus. Aber sein Nachfolger hat das abgebrochen.
Und die Tendenz der ultrareaktionären Kräfte war auch im Pontifikat Leos XIII. wirksam… habe ich aber alles dort geschrieben.
Man kann vielleicht sagen, dass die Reaktionäre die reale Not, die durch das Eindringen „modernistischer“ Lehren in die Kirche tatsächlich entstand, schamlos für ihre ebenso falschen, aber larvierteren Zwecke ausgenutzt haben.
Es darf spekuliert werden, was unserem Papa Motoproppo noch so alles an Amtshandlungen einfällt. Langweilig wird es uns bestimmt nicht, da sein Ideenreichtum ja bekanntlich unerschöpflich ist.
Ich schätze mal
Motu proprio 2 / 2016 : Abschaffung des Pflichtzölibats
Motu proprio 3 / 2017 : Ökumene ohne Grenzen
Motu proprio 4 / 2018 : Auflösung der Ämterstruktur
Motu proprio 5 / 2020 : Einheitsglauben
Man darf gespannt sein!
Er wird auch das Papstum abschaffen,vielleicht wird es,aufgrund des mangelnden Glaubens auch Rückwirkend ungültig..(wie die Ehen..)..dabei schafft er sich selbst ab,..wie „das Kind mit dem Bad ausschütten“…jedoch,es wird nicht mehr bis 2020 dauern,die Zerstörung nimmt durch den Verrat,an Geschwindigkeit zu…Gott erbarme Dich…
Ich schätz‘ mal, dass wir demnächst noch ganz andere Sorgen haben werden: Inflation, Währungsverfall, Hungersnöte, Bürgerkriege, Revolten, Invasion aus dem Osten.… Dann wird Religion zweitrangig wie auch schon ein Berthold Brecht wusste: „Erst kommt das Fressen, dann die Moral!“
Hoffen wir, dass der Himmel vorher eingreift.
Was Papst Bergoglio da verbrochen hat, wird hoffentlich keinen Bestand haben, weil man folgerichtig gar nicht mehr kirchlich zu heiraten braucht.
Mit Hinterlist und Tücke versucht der Feind die Sakramente auszuhebeln durch den Versuch, sie ihres Sinnes und Inhaltes zu berauben bei unverändertem Wortlaut wenn möglich. Anständiger Widerstand ist also geboten- durch Wort und Gebet.
Gut, daß von und bei katholisches.info die Mauern des Schweigens durchbrochen werden. Das hilft mir Kleinem im Ausharren gegen die alltägliche Bergoglio-Propaganda, gegen diesen feinen aber beständig rieselnden Mehlstaub, der alles zudecken und ersticken will.
Der Vergleich mit dem sog. Konkordat von Fontainebleau ist völlig fehl am Platze, sowohl inhaltlich als auch formal.
Was im Artikel von Herrn Prof. Mattei vor allem erstaunt ‑er ist schließlich Historiker- ist die Verzeichnung der geschichtlichen Begebenheiten. Was ist in Fontainebleau wirklich geschehen?
Dort wurde lediglich der Entwurf eines Konkordates zu Papier gebracht, der zudem geheimgehalten werden sollte (vgl. z.B. Georg May, „Das Recht des Gottesdienstes in der Diözese Mainz zur Zeit von Bischof Colmar“, S. 432 – das jetzt nur noch schwer zugängliche Buch ist übrigens online einsehbar). Der Entwurf wurde durch Indiskretion bekannt und der Papst zog ihn zurück – auch auf Initiative einiger Kardinäle.
Es handelte sich also in gar keiner Weise um ein promulgiertes Gesetz! Pius VII. hat in dieser Angelegenheit genau das nicht vollzogen, was im Artikel behauptet wird und was die Grundlage für den Vergleich abgeben soll: Es liegt weder Gesetzgebung, noch überhaupt ein ‑im juristischen Sinne- öffentlicher Akt Papst Pius VII vor!
Die beiden Motuproprien, die jetzt veröffentlicht wurden, sind keine geheimen Entwürfe, die zufällig bekannt geworden sind, sondern promulgierte, d.h. in der entsprechenden Form veröffentlichte Gesetze (die ab dem 8. Dezember in Kraft treten sollen) – das bedeutet, der angezogene Vergleich ist schon rein formal falsch. Inhaltlich handelt es sich nicht um die konkordatäre Regelung des Verhältnisses der Kirche zu einem bestimmten Staat, sondern um universalkirchliche Rechtssetzung – die sowohl theologisch als auch kanonistisch betrachtet eine gänzlich von einem Konkordat zu unterscheidende Qualität hat. (Notabene: In Fontainebleau kam überhaupt kein Konkordat zustande!)
Die Opportunität der beiden Motuproprien wird mittlerweile teils bezweifelt, teils (heftig) bestritten. Sie könnten vor dem Datum, an dem sie in Kraft treten sollen, noch modifiziert werden – reichlich hypothetisch betrachtet.
Wie einigen Lesern bekannt sein dürfte, geht es „fides vincit“ überhaupt nicht um eine Verteidigung des „Stils“ des gegenwärtigen Pontifikates nach Art des Papalismus bzw. der „Papolatrie“, wie sie z.B. von kath.net praktiziert wird („Führer befiehl, wir folgen dir“). Deshalb sei die Anmerkung gestattet: Mit Stellungnahmen wie derjenigen von Herrn Prof. Mattei im obigen Artikel wird der guten Sache nicht nur kein Dienst erwiesen, sondern die Verwirrung gesteigert und dem katholischen Lager eine Blöße gegeben.
Allerdings war das getroffene, auch öffentliche Konkordat zwischen Pius VII. und Napoléon von 1801 hochproblematisch! Nicht zuletzt deswegen schon, wobei das 1801-Konkordat wesetnlich „weicher“ ist als das spätere, fiel ein Teil der französischen Kirche von Rom ab.
Ganz so einfach ist es also nicht, wie Sie schreiben.
Das Konkordat von 1813 hat er als Gefangener Napoléons unterschrieben.
Seine Berater aber drängten ihn, seine Unterschrift zu widerrufen, was er auch tat.
Zwischen der Unterschrift und dem Widerruf lagen 9 Wochen – Zeit genug, um die Menschen in Panik zu versetzen!:
„Le concordat du 25 janvier 1813, dit concordat de Fontainebleau, imposé au pape Pie VII alors qu’il était prisonnier de l’Empereur, est dénoncé dès le 24 mars par le pape, sur le conseil de son entourage.“
Ihre Kritik an de Mattei ist in diesem Punkt also nicht nachvollziehbar.
https://de.wikipedia.org/wiki/Konkordat_von_1801
http://www.roi-president.com/bio/bio-fait-Concordat+de+1801.html
http://www.larousse.fr/encyclopedie/divers/concordat/35956
Noch etwas zum Thema Geschichtsklitterung:
Gleich im ersten Kommentar wird behauptet, wegen Pius VII. sei „ein nicht geringer Teil der französischen Kirche weggebrochen“. – Tatsächlich entstand eine marginale Sekte, die anscheinend heute noch in winzigen Restbeständen existiert („Petite Eglise“). Selbst mit der kühnsten Phantasie könnte man diesen Vorgang nicht als Wegbrechen eines „erheblichen Teils der französischen Kirche“ bezeichnen – im Gegensatz zu allem, was Jansenismus, Gallikanismus und deren Folgen, nämlich die revolutionären Umtriebe nicht nur des Jahres 1789, bewirkt haben. Wer dafür Papst Pius VII. die Schuld geben wollte, wäre nicht ganz bei Trost.
Aber, natürlich, es kann ja gar nicht anders sein: Angeblich hing auch schon bei Pius VII. ganz grundsätzlich „so manches schief“ – wie praktisch bei allen Lebenden und Verstorbenen der Vergangenheit, der Gegenwart und wohl auch der Zukunft – wie die unsägliche Z. eben zu urteilen pflegt. – Wer sich nicht in der Perspektive anmaßender Überheblichkeit, die die menschlich gesprochen beinahe verzweifelte Lage Pius VII. einfach ausblendet, sondern objektiv informieren will, der greife zur „Papstgeschichte“ von Schmidlin oder zu den „Erinnerungen“ des Zeitzeugen Kardinal Pacca. Auch die umfangreiche neueste Studie von Georg May („Das Versöhnungswerk des Kardinals Caprara“) gibt erschütternde Aufschlüsse. – Dies zu einer „Ehrenrettung“ Pius‘ VII.
Ein Paarhunderttausend Seelen SIND ein nicht unerheblicher Teil der franzöischen Kirche!
Für Sie mag das eine „marginale Sekte“ sein…
Auch habe ich nicht Papst Pius VII. die Schuld für die Folgen des Gallikanismus, Jansenismus etc. gegeben. Bleiben Sie bitte beim Thema.
Geschichtsklitterung – ja, das werfen gerne solche anderen vor, die die Geschichte so deuten, wie es ihnen nicht passt.
Argumente fehlen – wie üblich.
Zuerst haben Sie behauptet, das Konkordat von 1813 sei ja gar nicht wirklich zustande gekommen und öffentlich geworden und ziehen de Mattei an der Stelle schon der „Geschichtsklitterung“.
Die Faktenlage ist aber nicht auf ihrer Seite. ich habe Ihnen das nachgewiesen und soofrt springen Sie auf die nächste Ebene und schießen von dort aus.
Und die Fakten sind nun mal recht gut in Quellen belegt.
Steigen Sie also von Ihrem hohen Ross – es hat mit Pius VII. ein gewaltiges Problem gegeben.
Wenn man das nüchtern deklariert, hat man sich darüber ja nicht erhoben. damit sage ich nicht, dass seine Lage nicht schwierig war.
Auch hier sind Sie nicht in der Lage, klar zu denken.
Aber man darf fragen, warum andere Päpste, vor dem Aufstieg der Kirche zur weltlichen Macht, in großer Zahl zu Märtyrern wurden, weil ein echter Hirte der Herde tapfer vorangeht, moderne Päpste aber offenbar lieber andere sterben lassen, als selbst den Kopf hinzuhalten, und dann stehen am Rand Claqueure, die nicht einmal mehr verkraften, wenn man das Phänomen ausspricht.
Wie tief der Riss durch die Aktionen durch Pius VII. waren, kann man ablesen an der Grabrede Pater Venturas, die eine eindeutige Apologie dieses irritierenden Verhaltens war:
„Pius heiligte nicht die Usurpation, sondern er stellte die Souveränität wieder her; er setzte keine neue Monarchie ein, sondern erneuerte die alte, damit sie als Stütze und Grundlage für alle anderen diene; er krönte nicht den Sohn der Revolution, sondern das Instrument und den Stellvertreter der Legitimität“ (in: Volker Sellin, Legitimität und Monarchie, S. 89 https://books.google.de/books?id=VmvxFV59WikC&pg=PA90&lpg=PA90&dq=volker+sellin+pius+VII.&source=bl&ots=X7jyHijMEn&sig=HueeSAKFn6VwX4QzTyV-VYkG4L0&hl=de&sa=X&ved=0CCAQ6AEwAGoVChMIgqbhivCIyAIVhI1yCh0uDggM#v=onepage&q=volker%20sellin%20pius%20VII.&f=false)
So etwas muss man nicht als Nachruf vortragen, wenn nicht genau diese Vorwürfe massiv im raum stünden – denken Sie darüber mit kühlem Kopf nach!
Man kann sich wirklich fragen, wer hier die Geschichte klittert – das begann sichtlich schon unmittelbar nach dem Pontifikat seitens Roms.
Sie können Ihre Meinung ja behalten, aber begründen müssten Sie sie schon – das ist bislang nicht erfolgt!
Hier streiten sich Menschen um Unfehlbarkeitsdogmen. Dazu fällt mir folgende Geschichte ein:
Da war an einem Sabbat eine Ziege in eine Grube gefallen. Nun kamen die Schriftgelehrten und dikutierten über den Fall der Ziege, wunderten sich über ihr dummes Benehmen. Jede Ziege weiß doch, daß am Sabbat das strikte Arbeitsverbot gilt. Man einigt sich, am folgenden Tag eine e‑mail zum Hohen Rat zu schicken, ihm den Fall vorzulegen. Der Hohe Rat mußte die Sache vertagen. Nach endlich 5 langen Tagen kam dann der Bescheid: man könnte der Ziege ja Wasser reichen und sie fragen, ob sie damit einverstanden wäre, aus der Grube gezogen zu werden.
Leider aber war dei Ziege inzwischen verendet. Nun schickte man nochmals eine mail zum Hohen Rat wie mit dem Kadaver zu verfahren sei. Dort wurde lange überlegt und man kam überein, daß die Ziege wegen ihres tapferen Leidens doch eine koschere Bestattung verdient habe.
Dann kam der große Tag: die Ziege wurde mit allen Würden zu Grabe getragen. Viele Schriftgelehrten und Pharisäer ließen es sich nicht nehmen, Torastellen zu rezitieren. Psalmen wurden vorgetragen. Volle 3 Tage wurde getrauert.
So weit die Geschichte. Viel Spaß den Paragraphenhubern.
„Bergoglio liebt mich, Bergoglio liebt mich nicht, Bergoglio liebt mich…“
Manche scheinen der Meinung zu sein, bajuwarische Rülpser seien unverzichtbarer Bestandteil jeder Konversation…
Zur Ergänzung meines Kommentars v. 21.09., 14:03 Uhr führe ich noch (in eigener Übersetzung) einen Abschnitt aus dem „Handboek der Kerkgeschiedenis“ (3. Aufl. Utrecht / Antwerpen 1937, S.38 f.) von J. De Jong, Erzbischof von Utrecht an. Dort wird das Geschehen um das sog. Konkordat von Fontainebleau kurz und bündig geschildert:
Napoleon „ging persönlich nach Fontainebleau, wo sich (Papst) Pius (VII.) ohne Ratgeber aufhielt. Durch stundenlanges Einreden auf ihn erschöpfte ihn der Kaiser; zuweilen drohte er, dann schmeichelte er ihm; es wurden auch kaiserlich gesinnte Kardinäle gesandt, so daß der Papst, physisch und moralisch erschöpft und von der Angst gequält, daß seine Weigerung die Kirche in ein Schisma stürzen würde, teilweise nachgab. Er unterzeichnete die vorläufigen Bestimmungen eines neuen Konkordates, in welchem u.a. daß Dekret des Nationalkonzils bestätigt und indirekt auf den Kirchenstaat verzichtet wurde; es sollte jedoch erst nach einer eventuellen Zustimmung der versammelten Kardinäle rechtskräftig werden (25. Januar 1813). Napoleon, der einen Widerruf fürchtete, war so unaufrichtig, diese vorläufigen Bestimmungen als ein bereits abgeschlossenes Konkordat zu veröffentlichen (13. Februar). Der Papst war voll Unruhe, ob er nicht zu weit gegangen wäre. Als die schwarzen Kardinäle zu ihm gelassen wurden und ihn in dieser Auffassung bestärkten, erklärte er unter Berufung auf den Präzedenzfall Papst Paschalis II. in seiner Auseinandersetzung mit Kaiser Heinrich V. (1111) in einem Brief an Napoleon und in einer Allokution an die Kardinäle, falsch gehandelt zu haben und widerrief alles (24. März). “
Es handelte sich also bei dem sog. Konkordat von Fontainebleau
1. um kein Konkordat, sondern um den Entwurf eines Konkordates;
2. um keine öffentliche Handlung eines Papstes;
3. um kein promulgiertes kirchliches Gesetz;
4. erst recht um kein Gesetz, das, wenn es rechtskräftig geworden wäre, universalkirchliche Geltung gehabt hätte.
Das heißt aber: Der von Prof. Mattei angestellte Vergleich hinkt nicht nur, sondern ist in den entscheidenden Punkten (2.–4.) falsch.
Die Frage, die im Artikel geklärt werden soll, lautet: „Kann man Amtshandlungen eines Papstes diskutieren?“
Natürlich kann „man“ – mit den notwendigen Unterscheidungen. Amtshandlungen von Päpsten wurden unter kundigen (!) Katholiken (!) innerhalb der ekklesiologischen Vorgaben (!) öfter diskutiert. So war z.B. Kardinal Braschi (der spätere Pius VI.) mit etlichen Amtshandlungen Clemens XIV. nicht einverstanden und tat dies auch anderen kund. Die Tatsache allerdings, daß sogar ein hochqualifizierter Gelehrter wie Mattei die Diskussion über die bewußten Motuproprien (und über päpstliche Amtshandlungen im allgemeinen) durch einen Vergleich „von Äpfeln mit Birnen“ legitimieren will, zeigt, wie selten zielführende Diskussionen auf diesem Gebiet heutzutage sind.
Das ist Ihre Interpretation, @ fides vincit! De Mattei greift ja im übrigen seinerseits auf fundierte Studien der Causa zurück, redet also nicht ins Blaue. Er stützt sich auf die Vorarbeiten anderer Historiker.
Dass Pius VII. erschöpft war von den vielen Auseinandersetzungen, berichtet auch er.
Ich schrieb ja bereits, dass diese Katastrophe bereits sofort nach dem Ableben Pius VII. schöngeredet wurde vonseiten der Hierarchie. Man kann sagen: man betrieb das, was man heute „Spin-Doctoring“ nennt.
Im Prinzip ist die Sache strukturell den Wirren um F. gar nicht unähnlich. Man sagt außerhalb des gewohnten Rahmens dies oder jenes, Pius VII. hat nicht nur gequasselt, sondern unterzeichnet (!), was aber in beiden Fällen skandalös ist, und natürlich haben damals wie heute die Gläubigen dies als schweren Verrat empfunden!
Im übrigen zeigt der Fall, dass der Papst wirklich angewiesen ist auf Beratung und nicht in supremer und absolutistischer Herrlichkeit als einziger weit über dem Rest der Hierarchie und Gläubigen steht.
Es ist im übrigen irrelevant, ob dieses Konkordat nun – Ihrer Behauptung infolge des Zitats – „vorläufig“ war (wie kann man ein „vorläufiges Konkordat“ unterzeichnen???!!!) oder endgültig.
Napoléon hat es als solches unbedingt haben wollen und erhalten. Unterschrift ist Unterschrift. Rechtlich gilt so etwas und galt auch immer. Es sei denn, es wurde unter Gewaltandrohung erpresst. Das war aber eindeutig nicht der Fall. Pius VII. wurde ja physisch nicht gequält und war ein gesunder, geistig handlungsfähiger Mann… Und selbst wenn man diese Unterschrift später als ungültig ansehen will, weil sie unter Druck erhalten wurde, so ist sie doch für die Zeitgenossen, die das ertragen mussten, eine echte Katastrophe gewesen. Und nicht nur das – schon das Konkordat 1801 war unmöglich, ebenso die Kaiserkrönung Napoléons. Es war also einiges vorausgegangen, und auch das Volk war erschöpft und vollkommen verwirrt durch das kirchliche Handeln.
An diesen Fakten kommen Sie doch nicht vorbei!
Um es noch mal zu betonen: Ich stelle mich nicht über Pius VII. und behaupte auch nicht, tapferer zu sein als er. Darum geht es nicht.
Aber ein Hirte, der flieht und die Herde nicht mehr verteidigt, entspricht einfach nicht dem Bild vom Papst, der vom Hl. Geist geschützt und geführt auf jeden Fall niemals so weit gehen würde, das Irrige zu unterzeichnen (egal in welchem formellen Rahmen), um damit irgendwie dem weltlichen Geist der Diplomatie, des Schacherns, des Taktierens zu gehorchen und nicht dem Geist der Wahrheit.
Es geht darum, dass das Bild vom Papst – gemessen an den realen Päpsten – einfach nicht wahr sein kann. Wenn dann ein Pius X. 100 Jahre später vollmundig schreibt, mit dem Unfehlbarkeitsdogma sei „ein für allemal“ dem Irrtum ein Riegel vorgeschoben worden, dann muss man sich fragen, wie einer angesichts der jüngsten historischen Ereignisse so reden kann, um von denen anderer Phasen einmal nicht zu reden!
Was allerdings Ihre Kritik an de Matteis inzwischen wiederholten Versuchen betrifft, die Legitimität bzw. besser „Normalität“ päpstlicher Entgleisungen damit zu rechtfertigen, dass das auch schon früher vorkam, stimme ich Ihnen zu.
Aber auch Ihr Fallbeispiel vom berechtigten Kritisieren der Amtshandlungen eines Papstes durch den späteren Pius VI. spielte sich lange vor dem Vaticanum I und der vollzogenen Neigung ab, das Papstamt absolutistisch zu verstehen. Ich wies bereits öfters darauf hin, dass die Kirche die Rolle des Papstes nicht derart überzeichnet hatte, wie es gegen Ende des 19. Jh dann durch mehrheitliche Überspannung des Vat. I zementiert wurde.
De Mattei will eigentlich nur Durchhalteparolen in die Welt setzen: Leute, es gab auch früher häretische Päpste, alles kein Problem, das wächst sich wieder aus.
Es war aber ein Problem, sobald Päpste versagten! Die Kirche zerbrach daran mehrfach fast!
Pius VII. vertrat außerdem selbst keine häretische Lehre. Ich glaube nicht, dass er glaubte, die Kirche müsse dem Staat untertan sein. Seine Unterschrift war taktisch. Das ist zwar auch verheerend, aber man kann relativ sicher annehmen, dass er nicht überzeugt war von dem, was er unterschrieb. Er widerrief es ja außerdem.
Nun haben wir aber seit Jahrzehnten eine ganz andere Problemlage, nämlich die, dass Päpste fortgesetzt und beharrlich Dinge vertreten, die einmal als häretisch galten. In dieser Folge und v.a. Zeitdauer mit verheerenden Folgen für die ganze Kirche hatten wir das noch nie.