(Madrid) Zwischen Pollen, die in einem Blutfleck eingeschlossen sind, wurde eine Übereinstimmung mit jenen festgestellt, die auf dem Grabtuch von Turin gefunden wurden. Dies gab die Katholische Universität von Murcia bekannt. Die Pollen verbinden die Santa Sindone, das in der italienischen Stadt Turin verehrte Grabtuch Jesu, mit dem Santo Sudario, dem in der spanischen Stadt Oviedo verehrten Schweißtuch des Herrn.
Der Überlieferung nach handelt es sich bei der Sindone von Turin um das Grabtuch, in das Jesus Christus nach dem Tod am Kreuz eingewickelt und ins Grab gelegt wurde. „Sie nahmen den Leichnam Jesu und umwickelten ihn mit Leinenbinden, zusammen mit den wohlriechenden Salben, wie es beim jüdischen Begräbnis Sitte ist“ (Joh 19,40).
Oviedo nimmt für sich in Anspruch, daß das dort aufbewahrte Sudario das Schweißtuch ist, das um den Kopf des toten Christus gelegt wurde: „und das Schweißtuch, das auf dem Kopf Jesu gelegen hatte“ (Joh 20,7).
Grabtuch und Schweißtuch in der Heiligen Schrift belegt
Sowohl Grabtuch als auch Schweißtuch sind durch die Heilige Schrift belegt und entsprechen den damaligen jüdischen Bestattungssitten. Beide Leinentücher betreffen die Grablegung nach dem Tod Christi und sind nicht mit der Überlieferungstradition des apokryphen Nikodemusevangeliums aus dem frühen 4. Jahrhundert über Berenike und das Schweißtuch der Veronika zu verwechseln. Dabei ist ungeklärt, ob und in welcher Form sich die Überlieferungsstränge berühren, überschneiden oder durch mißverständliche Tradierung im Laufe der Zeit ineinander- oder auseinanderfließen.
Gesicherte, allgemein anerkannte Beweise gibt es bisher weder für das Grabtuch noch das Schweißtuch von Oviedo. Eine ganze Reihe von wissenschaftlich erhärteten Indizien weist jedoch darauf hin, daß es sich bei der Sindone von Turin tatsächlich mit großer Wahrscheinlichkeit um das Grabtuch Jesu Christi handelt, das im Grab zurückblieb, als er am dritten Tag von den Toten auferstanden ist. Zu Grabtuch und Schweißtuch heißt es in der Heiligen Schrift:
„Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war. Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem Jünger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: Man hat den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat. Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus und kamen zum Grab; sie liefen beide zusammen dorthin, aber weil der andere Jünger schneller war als Petrus, kam er als erster ans Grab. Er beugte sich vor und sah die Leinenbinden liegen, ging aber nicht hinein. Da kam auch Simon Petrus, der ihm gefolgt war, und ging in das Grab hinein. Er sah die Leinenbinden liegen und das Schweißtuch, das auf dem Kopf Jesu gelegen hatte; es lag aber nicht bei den Leinenbinden, sondern zusammengebunden daneben an einer besonderen Stelle. Da ging auch der andere Jünger, der zuerst an das Grab gekommen war, hinein; er sah und glaubte. Denn sie wußten noch nicht aus der Schrift, daß er von den Toten auferstehen mußte. Dann kehrten die Jünger wieder nach Hause zurück.
Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Während sie weinte, beugte sie sich in die Grabkammer hinein. Da sah sie zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, den einen dort, wo der Kopf, den anderen dort, wo die Füße des Leichnams Jesu gelegen hatten. Die Engel sagten zu ihr: Frau, warum weinst du?“ (Joh 20,1–13).
Gleicher Kontext von Grabtuch und Schweißtuch
Das Grabtuch zeigt die „photographische“ Darstellung eines Mannes, der gefoltert und gekreuzigt worden war, wie es die Evangelien von der Leidensgeschichte Jesu berichten. Vor allem aber läßt sich wissenschaftlich nicht erklären, wie die Abbildung auf das Leinentuch kam.
Wissenschaftler der Universidad Catolica San Antonio de Murcia (UCAM) fanden nun Pollenübereinstimmungen zwischen dem Grabtuch von Turin und dem Schweißtuch von Oviedo. Damit seien die beiden Leinentücher im selben geographischen Kontext und Szenario zu verorten. Die Entdeckung wurde durch eine hochaufgelöste mikroskopische Untersuchung am Schweißtuch von Oviedo gemacht.
Wie Alfonso Sanchez Hermosilla, der Leiter der Abteilung Forensische Histopathologie am Rechtsmedizinischen Institut von Murcia bekanntgab, handle es sich bei der Entdeckung „um eine weitere Übereinstimmung, die sich einer wachsenden Reihe festgestellter Übereinstimmungen hinzufügt“.
Dazu gehören die Untersuchungen von Pierluigi Baima Bollone, die ergaben, daß das Blut auf dem Schweißtuch von Oviedo und dem Grabtuch von Turin derselben Blutgruppe AB entspricht. Die Blutflecken auf dem Schweißtuch stimmen in ihrer geometrischen Anordnung mit jenen des Grabtuches überein. Das sei nur erklärbar, wenn beide Tücher um denselben Kopf gewickelt waren. Das rechteckige Schweißtuch des Herrn mißt 53 mal 86 Zentimeter. Das Material des Tuches entspricht jenem des Grabtuches von Turin, unterscheidet sich allerdings in der Webart, was bestätigt, daß es sich um zwei verschiedene Tücher handelt.
Pollenfunde
Helichrysum (Strohblumen) wurde im Nahen Osten durch Jahrtausende hindurch für kosmetische Zwecke verwendet. Zudem wurde es von den Juden des ersten Jahrhunderts nach Christi in der Bestattung eingesetzt. Laut Marzia Boi ist Helichrysum die am häufigsten auf dem Grabtuch von Turin vorhandene Pollenart (29,1 Prozent), gefolgt von Cistaceae (Zitronengewächse: 8,2 Prozent), Apiaceae (Doldengewächse: 4,2 Prozent) und Pistacia (Pistazie: 0,4 Prozent).
„Alle genannten Pflanzen sind entomophil. Die Bestäubung erfolgt mit Hilfe von Insekten, nicht durch den Wind. Das bedeutet, daß es einen direkten Kontakt durch die Pfanzen oder die bei Bestattungen benutzten Produkte gegeben haben muß. Die Liste der entdeckten Pollen weisen auf die am häufigsten bei antiken Bestattungsriten verwendeten Pflanzen hin. Die Pollen belegen, daß der Leinenstoff mit Ölen und Salben in Berührung kam, mit denen wahrscheinlich der Leichnam gesalbt und geölt wurde, der darin eingewickelt war.“
Für die Wissenschaftlerin „sind die auf dem Grabtuch dominierenden Pollenarten das Abbild des Begräbnisrituals, wie es im Nahen Osten vor 2000 Jahren üblich war. Das sind die Zutaten der kostbarsten Salben und Öle jener Zeit, die außergewöhnlich gut auf dem Leinen erhalten geblieben sind. Die Identifizierung eines Pollenkorns derselben Pflanze auf dem Schweißtuch von Oviedo könnte bestätigen, daß die beiden Stoffe sich anfangs am selben Ort befanden und im selben Kontext verwendet wurden“.
Echtheit wäre naturwissenschaftlich stringenter Gottesbeweis
Die an beiden Leinenstoffen getrennt durchgeführte C14-Datierung (Radiokarbonmethode) ergab für das Schweißtuch von Oviedo allerdings eine Datierung im 7. Jahrhundert nach Christus und für das Grabtuch zwischen 1260 und 1390. Vor allem die C14-Datierung für das Grabtuch wird heute von der Wissenschaft weitgehend verworfen, nachdem eine Reihe von Fehlern nachgewiesen werden konnten. Die C14-Datierung des Schweißtuchs von Oviedo wird vom durchführenden Wissenschaftler selbst als höchst unzuverlässig bezeichnet und als alleinige Datierungsmethode abgelehnt.
2013 zeigte Giulio Fanti, Professor für mechanisch-thermische Forschung an der Universität Padua, daß mittels Spektroskopie, Infrarot-Testverfahren und mechanischen Testverfahren an Fäden des Grabtuchs durchgeführte Vergleiche mit Stoffen aus dem gigantischen Zeitraum von 3000 Jahren vor Christus bis 2000 Jahre nach Christus ergeben haben, daß der Leinenstoff der Sindone zu 95 Prozent nicht im Hochmittelalter, sondern in der Antike anzusiedeln ist und höchstwahrscheinlich aus dem Nahen Osten stammt.
Grabtuch und Schweißtuch sind, so sie echt sind, durch die Auferstehung Christi entstanden. Sie wären damit ein Zeugnis und ein naturwissenschaftlich greifbarer Beweis für die Echtheit der biblischen Erzählung. Alle wissenschaftlich dazu gewonnenen Erkenntnisse werden von der Fachwelt daher mit äußerster Skepsis betrachtet, denn bei Echtheit wären die Reliquien der naturwissenschaftlich stringente Gottesbeweis.
Historische Quellen und Abgar-Bild
Das Schweißtuch des Herrn wird in der Camara Santa der Kathedrale von Oviedo, der Hauptstadt Asturiens aufbewahrt. Außerhalb der Evangelien und apokryphen Texte stammt der älteste schriftliche Beleg aus dem Jahr 570. Antoninus von Piacenza berichtet, daß es im Markuskloster am Jordan nahe Jericho aufbewahrt wurde, er es aber nicht selbst gesehen habe. Es gibt die These, seine Angaben hätten sich nicht auf Jericho, sondern auf das Markuskloster von Jerusalem bezogen, das an der Stelle des Geburtshauses des Evangelisten errichtet wurde (Apg 12,12–17). Das Kloster in seiner heutigen Form wurde von den Kreuzrittern erbaut. Es ist seit dem 15. Jahrhundert Sitz des syrisch-orthodoxen Erzbischofs von Jerusalem.
Eine ganz andere Quelle ist die Abgarlegende. Mit König Abgar V. von Osrhoene (um 4 vor Christus bis um 50 nach Christus) wird das Christusbild von Edessa in Verbindung gebracht. Edessa war die Hauptstadt von Osrhoene, eines Pufferstaates zwischen Römern und Parthern, der 114 nach Christus von Rom erobert wurde. Das Abgar-Bild ist, laut ostkirchlicher Tradition, ein originalgetreues Bildnis Jesu Christi. Es sei nicht gemalt, sondern mechanisch von einem Tuch mit dem Abbild des Herrn übertragen worden. In dem Tuch, das als Vorlage für das Abgar-Bild diente, wird das Schweißtuch des Herrn wiedererkannt. Die Ikone sei während der Verfolgung der frühen Christen in der Stadtmauer von Edessa versteckt worden. 524 sei sie durch ein Euphrat-Hochwasser wieder aufgefunden worden. 944 wurde sie nach Konstantinopel überführt und gelangte 1204 durch die Eroberung der oströmischen Kaiserstadt im Vierten Kreuzzug in die Hände der französischen Könige. Diese bewahrten sie in der Sainte-Chapelle des Königspalastes in Paris auf. Während der Französischen Revolution ging sie mit vielen anderen Reliquien verloren.
Diese „nicht von Menschenhand“ gemalte Ikone (Acheiropoieton) wurde zum Vorbild zahlreicher Christusdarstellungen. Eine Kopie befindet sich im Vatikan in der Redemptoris-Mater-Kapelle des Apostolischen Palastes. Ihr älteste Beleg stammt aus dem 17. Jahrhundert. Eine weitere befindet sich in Chiesa degli Armeni in Genua. Der Bezug zu den Armenier verweist wiederum in den Osten. In den Quellen belegt ist sie seit dem 14. Jahrhundert. Als dritte „Kopie“, wird der Schleier von Manoppello angenommen, der sich seit 1506 auf ungeklärte Weise in der Kleinstadt in den Abbruzzen befindet und dort als Reliquie verehrt wird. Das Abbild des „Volto Santo“ auf einem Tuch aus Muschelseide (Byssus) erinnert verblüffend an das Abgar-Bild von Edessa und wirft die Frage auf, was Kopie und was Original ist.
Chronik des Schweißtuches von Oviedo im Liber testamentorum
Im Liber testamentorum von Bischof Pelagius von Oviedo, das um 1120 entstanden ist, bezeugt der Bischof, daß das in Oviedo verehrte Schweißtuch des Herrn aus dem Grab Jesu Christi stammt und zusammen mit anderen Christus-Reliquien in einem Schrein aus Zedernholz in Jerusalem aufbewahrt wurde. Als 614 die heidnischen Perser das Heilige Land eroberten, wurde es von einem Mönch namens Philippus nach Alexandria in Ägypten in Sicherheit gebracht. Die Perser zerstörten damals alle Kirchen mit Ausnahme der Geburtskirche in Bethlehem.
Als sie auch auf Ägypten vorrückten, wurde das Schweißtuch 616 von Philippus in das Westgotenreich nach Spanien gebracht. Die Westgoten hatten sich eine Generation zuvor vom arianischen Christentum zum katholischen Glauben bekehrt. Er übergab die Reliquie dem heiligen Fulgentius von Cartagena, Bischof von Écija, der dem westgotischen Adel entstammte. Sein Bruder, der heilige Isidor, Bischof von Sevilla (556–636), übereignete sie seinem Schüler, dem heiligen Hildefons (607–667). Als dieser 657 Erzbischof von Toledo wurde, brachte er das Schweißtuch dorthin.
Als die moslemischen Araber in Spanien einfielen, wurde die Reliquie 711 von Toledo nach Nordspanien gebracht. Zehn Kilometer außerhalb Oviedos wurde sie in den Bergen in der Klause von Monsarco versteckt. Um 840 brachte König Alfons II. von Asturien (791–842), Sohn eines Westgoten und einer Baskin, das Schweißtuch nach Oviedo und ließ zur Aufbewahrung in seinem Palast eine Kapelle dafür bauen, die Camara Santa (Heilige Kammer). Am 14. März 1075 fand in Anwesenheit von König Alfons VI. (Alfonso el Bravo) von Kastilien und Leon eine Rekognoszierung durch Öffnung des Schreins statt. Im 14. Jahrhundert wurde die Camara Santa in die über Vorgängerbauten errichtete Erlöserkathedrale von Oviedo integriert. Eine weitere Rekognoszierung erfolgte unter Diego Aponte de Quinones, 1585–1598 Bischof von Oviedo auf Auftrag von König Philipp II.
Als 1934 die asturischen Sozialisten und Kommunisten mit einem bewaffneten Aufstand die Macht an sich reißen wollten, wurde die Camara Santa von Revolutionären gesprengt. Dabei gingen zahlreiche bedeutende Reliquien verloren. Die Kapelle wurde unter Verwendung des originalen Materials wieder aufgebaut und am 6. September 1942 unter großer Anteilnahme des Volkes neu geweiht.
2015 Ausstellung des Grabtuchs in Turin
Das Grabtuch im piemontesischen Turin wird 2015 anläßlich des 200. Geburtstages des heiligen Johannes Bosco vom 19. April bis 24. Juni öffentlich zur Verehrung ausgestellt. Öffentliche Ausstellungen sind eine Seltenheit: In den vergangen 150 Jahren wurde es nur siebenmal, jeweils für mehrere Tage oder Wochen gezeigt: 1868, 1898, 1931, 1978, 1998, 2000, 2010. Die nächste Ausstellung ist für das Heilige Jahr 2025 vorgesehen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
„… ich weiß, auf wen ich mein Vertrauen gesetzt habe, …“ 2 Tim 1,12
Laut dem Journalisten Paul Badde, der sich intensiv mit dem Tuch von Manopello beschäftigt hat, kann Muschelseide nicht bemalt werden. Es kann sich demnach bei dem Santo Volto von Manopello nicht um eine Kopie desjenigen von Oviedo handeln. Entweder, das Tuch von Oviedo ist das Original-Schweißtuch aus dem Johannesevangelium oder dasjenige von Manopello. Alternativ könnte höchstens noch folgendes der Fall sein: die Legende von Veronika, die Jesus auf dem Weg nach Golgotha ein Schweißtuch reicht, ist eben mehr als eine Legende. Dann könnte auch eines der beiden Tücher das Originalschweißtuch der Veronika sein. Dann wäre allerdings in meinen Augen wahrscheinlicher, dass dasjenige in Oviedo das Schweißtuch der Veronika ist, denn das Santo Volto in Manopello zeigt unzweifelhaft den Auferstandenen, nicht den leidenden oder verstorbenen Jesus.
Die Logik spricht für die Reihenfolge:
Das Volto Santo ist das Schweißtuch der Veronika. Es ist ein ausgesprochen kostbares Gewebe. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß die Muttergottes solch eine Textilie besaß.
Die Tradition von Oviedo besagt ausdrücklich, daß die Reliquie aus dem Grab stammt.
Ebenso das Linnen von Turin.
Es gibt gute Gründe, die Tradition viel höher einzustufen.