Strafverfolgung in China wegen Kirchenliedern

Das Regime verlangt von den Priestern politische Zuverlässigkeit


Der Priester Ma Xianshi, bis vor einem Jahr hoher Funktionär der regimehörigen Patriotischen Vereinigung, befindet sich seither in Haft. Nun wird ihm vor dem Volksgerichthof der Prozeß gemacht.
Der Priester Ma Xianshi, bis vor einem Jahr hoher Funktionär der regimehörigen Patriotischen Vereinigung, befindet sich seither in Haft. Nun wird ihm vor dem Volksgerichthof der Prozeß gemacht.

Der ehe­ma­li­ge Vor­sit­zen­de der regi­me­hö­ri­gen Patrio­ti­schen Ver­ei­ni­gung in der Diö­ze­se Wenz­hou (der Hei­li­ge Stuhl führt die Diö­ze­se unter dem alten Namen Yongjia), Ma Xian­shi, befin­det sich seit einem Jahr gemein­sam mit Zhuang Qian­tu­an, einem Lai­en, in Haft. Ihnen wird der „ille­ga­le Ver­kauf“ eines kirch­li­chen Gesang­buchs vor­ge­wor­fen – ein Vor­wurf, den Ma ent­schie­den zurück­weist, da er aus­schließ­lich im Auf­trag der Kir­che gehan­delt habe. Die Chri­sten sehen in dem Ver­fah­ren einen poli­ti­schen Ein­schüch­te­rungs­ver­such. Man­che ver­mu­ten, Mas wah­re „Schuld“ sei eine Pil­ger­rei­se nach Rom und sei­ne Wei­ge­rung gewe­sen, einen von der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Chi­nas (KPCh) auf­ge­zwun­ge­nen Bischof zu unterstützen.

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Ma Xian­shi war ein füh­ren­der Funk­tio­när der regi­me­hö­ri­gen Kir­che. Bis zu sei­ner Ver­haf­tung war er auch stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der des staat­li­chen Komi­tees für katho­li­sche Ange­le­gen­hei­ten in der Pro­vinz Zhe­jiang. In die­ser Pro­vinz, wie die Fak­ten zei­gen, wer­den nicht nur die Ver­tre­ter der Unter­grund­kir­che ver­folgt, son­dern auch der regi­me­hö­ri­gen Kirche.

Der Prozeß und die Anklage

Ver­gan­ge­ne Woche, am 13. Novem­ber 2025, wur­de der Fall end­lich öffent­lich vor dem Volks­ge­richt von Yiwu (Pro­vinz Zhe­jiang) ver­han­delt. Die Ent­schei­dung wur­de jedoch ver­tagt. Streit­punkt war die staat­lich behaup­te­te „Ille­ga­li­tät“ bei der Ver­brei­tung des kirch­li­chen Gesang­buchs „Tian­lu Mia­oy­in“ („Himm­li­sche Melodien“).

Obwohl die Publi­ka­ti­on, da von regi­me­hö­ri­ger Sei­te erfolgt, offi­zi­ell geneh­migt war, wur­de sie bean­stan­det, weil sie auch im Geschäft des Lai­en Zhuang öffent­lich zum Kauf ange­bo­ten wur­de. Die Behör­den nah­men Anstoß dar­an und erklär­ten den Vor­gang zur „ille­ga­len reli­giö­sen Tätigkeit“.

Da die Ein­nah­men an Ma abge­führt wur­den, gilt er als Ver­ant­wort­li­cher der ille­ga­len Aktivitäten.

Die Verteidigung

Die Anwäl­te leg­ten aus­führ­li­che Unter­la­gen vor, dar­un­ter Kon­to­aus­zü­ge, Bele­ge und sogar das Testa­ment Mas, die ein­deu­tig zei­gen, daß das gesam­te Geld der „patrio­ti­schen“ Kir­che zugu­te­kam, aber kein Yuan in pri­va­te Kanä­le floß

Zudem erin­ner­ten sie dar­an, daß die staat­li­che Reli­gi­ons­be­hör­de die Publi­ka­ti­on geneh­migt hat­te – und daß die angeb­li­chen „Unre­gel­mä­ßig­kei­ten“ kei­ner­lei Scha­den ange­rich­tet hätten.

Ma selbst beteu­er­te vor dem Volks­ge­richts­hof, aus­schließ­lich als Prie­ster im Dienst der Gemein­schaft gehan­delt zu haben.

Ursprüng­lich soll­te die Ver­hand­lung im ver­gan­ge­nen Juli statt­fin­den. Meh­re­re hun­dert Gläu­bi­ge hat­ten sich dazu ange­mel­det, um ihre Soli­da­ri­tät für ihre Glau­bens­brü­der zu bekun­den, doch am Vor­abend wur­de der Ter­min ohne Begrün­dung gestrichen.

Vor der neu­en Ver­hand­lung wur­den Prie­ster, Ordens­leu­te und Gläu­bi­ge mas­siv unter Druck gesetzt, nicht zu erschei­nen. Am Ende schaff­ten es nur zwei Prie­ster in den Saal, wo sie unter stän­di­ger Beob­ach­tung standen. 

Vie­le Gläu­bi­ge erschie­nen ein­fach unan­ge­mel­det. Das Gericht war genö­tigt, Neben­räu­me zu öff­nen, damit wenig­stens ein Teil der Anwe­sen­den die Ver­hand­lung mit­tels Video­über­tra­gung ver­fol­gen konnte.

Zeugnis im Gefängnis

Ma bekreu­zig­te sich beim Betre­ten des Gerichts­saals und spen­de­te den Anwe­sen­den beim Ver­las­sen den Segen.

Sowohl er als auch Zhuang, bei­de seit einem Jahr in Haft, hel­fen im Gefäng­nis ande­ren Insas­sen und wur­den sogar zu „Zel­len­äl­te­sten“ ernannt – ein stil­les, aber star­kes christ­li­ches Zeugnis.

Eine alte Frau beschrieb Ma als „wür­di­gen und belieb­ten Hir­ten“, der nun vom Staat fal­len­ge­las­sen werde.

Es gab sogar Gerüch­te über eine „Hochverrats“-Anklage, weil Ma zwei Stun­den wäh­rend sei­ner Rom-Pil­ger­rei­se nicht ort­bar gewe­sen sei. Ma hat­te der Ernen­nung eines regi­me­hö­ri­gen Bischofs wider­spro­chen. Beob­ach­ter sehen in der ver­gleichs­wei­se harm­lo­sen Lie­der­buch-Ange­le­gen­heit eine tak­ti­sche Ent­schei­dung des Regimes, den Prie­ster zu bestra­fen, ohne das Ver­fah­ren zu deut­lich in den poli­ti­schen Bereich zu ziehen.

Ver­bit­tert sind man­che über jene Bischö­fe, die Ma vor­schnell ver­ur­teil­ten, um sich offen­bar beim Regime beliebt zu machen.

Größere kirchliche Spannungen

Die Span­nun­gen in der Diö­ze­se sind groß, so Asia­News. Es gebe sie vor allem zwi­schen der Unter­grund­kir­che und Prie­stern, die aus Oppor­tu­nis­mus eng mit dem Staat zusammenarbeiten.

Der Staat setzt immer stär­ker durch, daß Prie­ster „poli­tisch zuver­läs­sig“ sein müs­sen – ein Kern­prin­zip der soge­nann­ten „Sini­sie­rung“ der Kir­che in der Volks­re­pu­blik Chi­na, das als Loya­li­täts­test gegen­über dem tota­li­tä­ren kom­mu­ni­sti­schen Regime dient.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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