Der Papst kehrt nach Castel Gandolfo zurück – einem Ort mit augustinischer Note

Der heilige Thomas von Villanova


Papst Leo XIV. verbringt den Sommer in Castel Gandolfo
Papst Leo XIV. verbringt den Sommer in Castel Gandolfo

Von Cri­sti­na Siccardi*

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„Wie schön, hier zu sein“, sag­te Leo XIV. spon­tan, als er am ver­gan­ge­nen Sonn­tag­nach­mit­tag in Castel Gan­dol­fo ein­traf – einem der schön­sten Orte Ita­li­ens, der male­risch über dem son­nen­be­schie­ne­nen Alba­ner See liegt und seit jeher tra­di­tio­nel­ler Som­mer­sitz der Päp­ste ist. Die Bevöl­ke­rung begrüß­te den Stell­ver­tre­ter Chri­sti mit gro­ßer Freu­de, war doch zwölf Jah­re lang kein Papst mehr in die­se Gegend gekom­men. „Die Geschich­te kehrt auf den rech­ten Weg zurück. Die Päp­ste brau­chen Castel Gan­dol­fo – und Castel Gan­dol­fo braucht die Päp­ste“, erklär­te Pater Tade­u­sz Roz­mus, Sale­sia­ner und Pfar­rer der Päpst­li­chen Pfar­rei San Tom­ma­so da Vil­lano­va in Castel Gan­dol­fo sowie Rek­tor der Sale­sia­ner­ge­mein­schaft vor Ort seit 2021. Zuvor war er von 2014 bis 2020 für die Sale­sia­ner­pro­vinz Mit­tel­eu­ro­pa und Nord­eu­ro­pa tätig.

Der Apo­sto­li­sche Palast, der durch den Wil­len von Papst Fran­zis­kus zu einem Muse­um wur­de, war im Juli 1596 in den Besitz der Apo­sto­li­schen Kam­mer über­ge­gan­gen und wur­de am 27. Mai 1604 zum unver­äu­ßer­li­chen Eigen­tum des Hei­li­gen Stuhls erklärt. Als Som­mer­re­si­denz der Päp­ste wur­de Castel Gan­dol­fo erst­mals unter Papst Urban VIII. (1568–1644) beliebt, der 1623 mit der Errich­tung eines Gebäu­des auf den Rui­nen der Vil­la des römi­schen Kai­sers Domi­ti­an begann. Die­se wie­der­um stand ver­mut­lich auf der Akro­po­lis der anti­ken Stadt Alba Longa.

Den Bau des Apo­sto­li­schen Pala­stes über­trug man dem Archi­tek­ten Car­lo Mader­no, der das Pro­jekt gemein­sam mit sei­nen Assi­sten­ten Bar­to­lo­meo Breccio­li und Dome­ni­co Castel­li aus­führ­te. Doch Urban VIII. selbst bewohn­te das Gebäu­de nie – er bevor­zug­te die nahe­ge­le­ge­ne Vil­la Bar­be­ri­ni. Der erste Papst, der den Palast tat­säch­lich bewohn­te, war Alex­an­der VII. (1599–1667), der ihn mit Hil­fe des berühm­ten Gian Loren­zo Ber­ni­ni voll­enden ließ: Die Haupt­fas­sa­de und der West­flü­gel wur­den unter sei­ner Lei­tung hin­zu­ge­fügt. Wäh­rend der napo­leo­ni­schen Beset­zung wur­de der Palast schwer beschä­digt, spä­ter jedoch von den Päp­sten Pius VII. (1742–1823) und Pius VIII. (1761–1830) restau­riert. Danach wur­de er von Gre­gor XVI. (1765–1846) und bis 1870 vom seli­gen Pius IX. (1792–1878) genutzt. Mit dem Aus­bruch der libe­ral-frei­mau­re­ri­schen Revo­lu­ti­on von 1870 zogen sich die Päp­ste in den Vati­kan zurück – eine Zeit, die erst mit der Grün­dung des Vati­kan­staats und der Unter­zeich­nung der Late­ran­ver­trä­ge im Jahr 1929 endete.

Mit dem Erwerb eini­ger Län­de­rei­en Rich­tung Alba­no Lazia­le wur­de auch ein klei­ner land­wirt­schaft­li­cher Betrieb ein­ge­rich­tet – ein­ge­bet­tet in ein zusam­men­hän­gen­des Are­al päpst­li­chen Besit­zes, das heu­te zu einem gro­ßen Park mit rund 55 Hekt­ar Flä­che ver­eint ist – und damit grö­ßer als der Vati­kan­staat ist. Zum Kom­plex gehö­ren: der Apo­sto­li­sche Palast, die Vil­la Cybo, die Vil­la Bar­be­ri­ni, die Vati­ka­ni­sche Stern­war­te, das Som­mer­kol­leg der Pro­pa­gan­da Fide sowie das Kla­ris­sen­klo­ster von Albano.

Obwohl die Päpst­li­chen Vil­len von Castel Gan­dol­fo recht­lich gese­hen auf ita­lie­ni­schem Staats­ge­biet lie­gen, wur­de ihnen extra­ter­ri­to­ria­ler Sta­tus zuer­kannt. So wur­de unter Papst Pius XI. (1857–1939) der Apo­sto­li­sche Palast erneut zur Som­mer­re­si­denz der Päp­ste. Zwei von ihnen star­ben seit­her dort: Pius XII. am 9. Okto­ber 1958 und Paul VI. am 6. August 1978.

Die Haupt­kir­che Castel Gan­dol­fos, die Kol­le­gi­ats­kir­che San Tom­ma­so da Vil­lano­va, wur­de auf Wunsch Alex­an­ders VII. von Loren­zo Ber­ni­ni ent­wor­fen, um als Palast­ka­pel­le zu die­nen. Ursprüng­lich soll­te die Kir­che dem hei­li­gen Niko­laus von Bari geweiht wer­den, doch ent­schied man sich schließ­lich für den hei­li­gen Tho­mas von Vil­lano­va, der am 1. Novem­ber 1658 von Alex­an­der VII. hei­lig­ge­spro­chen wurde.

Gebo­ren um 1486 in Fuenlla­na bei Vil­la­nue­va und gestor­ben am 8. Sep­tem­ber 1555 in Valen­cia, war der Spa­ni­er Tho­mas Gar­cía Mar­tí­nez – heu­te als hei­li­ger Tho­mas von Vil­lano­va bekannt – ein Geist­li­cher, der Papst Leo XIV. auch spi­ri­tu­ell nahe­steht: Bei­de gehö­ren dem Orden des hei­li­gen Augu­sti­nus an (damals als Orden der Augu­sti­ner-Ere­mi­ten bekannt).

Als Asket und Pre­di­ger trat er 1516 in das Augu­sti­ner­klo­ster von Sala­man­ca ein, leg­te dort am 25. Novem­ber 1517 die ewi­gen Gelüb­de ab und wur­de ein Jahr spä­ter im Alter von 32 Jah­ren zum Prie­ster geweiht. Er stu­dier­te Phi­lo­so­phie, Logik und Meta­phy­sik an der Uni­ver­si­tät Alcalá de Hena­res, wo er auch Pro­fes­sor für Phi­lo­so­phie wur­de. In sei­nem Orden war er Pri­or meh­re­rer Kon­ven­te und Pro­vin­zi­al für Anda­lu­si­en und Kasti­li­en. Zudem war er der erste, der Augu­sti­ner­mis­sio­na­re nach Ame­ri­ka ent­sand­te. Kai­ser Karl V. berief ihn zu sei­nem Hof­pre­di­ger und bot ihm das Bischofs­amt von Gra­na­da an – ver­geb­lich, da der demü­ti­ge Hei­li­ge ablehn­te. Lan­ge nütz­te es ihm nicht, denn, trotz sei­ner Zurück­hal­tung, wur­de er 1544 zum Erz­bi­schof von Valen­cia ernannt.

Als er in sei­ne Diö­ze­se ein­zog, fand er eine dra­ma­ti­sche Situa­ti­on vor: Seit über hun­dert Jah­ren hat­te es dort kei­nen ansäs­si­gen Bischof mehr gege­ben. Tho­mas von Vil­lano­va grün­de­te ein Prie­ster­se­mi­nar zur Aus­bil­dung des Kle­rus und wur­de so ein wei­ser und groß­mü­ti­ger Vater für Prie­ster und Volk.

Von über­ra­gen­der Barm­her­zig­keit, ver­wen­de­te er den Groß­teil sei­ner bischöf­li­chen Ein­künf­te für kari­ta­ti­ve Zwecke. Als Hir­te sah er sich als Die­ner der Gläu­bi­gen – so sehr, daß man ihn den „Almo­sen­ge­ber Got­tes“ nann­te. Dem Gebet ver­pflich­tet, trug er auch als Bischof wei­ter­hin die Ordens­klei­dung und hielt sich streng an die Regel des hei­li­gen Augu­sti­nus, des­sen Orden er durch För­de­rung von Wis­sen­schaft und For­schung neu­en Auf­schwung ver­lieh. Aus die­sem Grund wur­de er zum „Patron des Stu­di­ums“ erklärt.

Sechs Mona­te vor sei­nem Tod sag­te er die­sen vor­aus und berei­te­te sich auf das ewi­ge Leben vor, indem er auf jeg­li­chen Besitz ver­zich­te­te – selbst auf das Bett, das er nur in den letz­ten Stun­den sei­nes Dies nata­lis nutz­te. Von ihm stam­men eini­ge latei­ni­sche Pre­digt­ma­nu­skrip­te und ein Kom­men­tar zum Hohe­lied, der bis Kapi­tel III reicht. Sei­ne Wer­ke wur­den mehr­fach gedruckt; die Haupt­aus­ga­be erschien in zwei groß­for­ma­ti­gen Bän­den 1760 in Mai­land, her­aus­ge­ge­ben vom Augu­sti­ner­pa­ter Loren­zo da San­ta Bar­ba­ra, der dem Werk eine Syn­op­sis vitae S. Tho­mae a Vil­lano­va vor­an­stell­te – ent­hal­ten in den Con­cio­nes des Hei­li­gen, die 1659 in Rom erst­mals erschienen.

Die Gebei­ne des hei­li­gen Tomás Gar­cía Mar­tí­nez wer­den in der Kathe­dra­le von Valen­cia zur Ver­eh­rung auf­be­wahrt – die Mariä Him­mel­fahrt geweiht ist und aus dem 13. Jahr­hun­dert stammt. In der Kir­che Sant’Agostino im römi­schen Cam­po Mar­zio, nahe der Piaz­za Navo­na, einem Ort, den Papst Pre­vost beson­ders liebt und gut kennt, fin­det sich am Ende des lin­ken Sei­ten­schiffs – neben dem Grab der hei­li­gen Moni­ka – ein Altar­bild des spa­ni­schen Bischofs und wür­di­gen Soh­nes des hei­li­gen Augu­sti­nus, das ihn zeigt, wie er gütig Mün­zen an Bedürf­ti­ge verteilt.

*Cri­sti­na Sic­car­di, Histo­ri­ke­rin und Publi­zi­stin, zu ihren jüng­sten Buch­pu­bli­ka­tio­nen gehö­ren „L’inverno del­la Chie­sa dopo il Con­ci­lio Vati­ca­no II“ (Der Win­ter der Kir­che nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil. Ver­än­de­run­gen und Ursa­chen, 2013); „San Pio X“ („Der hei­li­ge Pius X. Das Leben des Pap­stes, der die Kir­che geord­net und erneu­ert hat“, 2014), „San Fran­ces­co“ („Hei­li­ger Fran­zis­kus. Eine der am mei­sten ver­zerr­ten Gestal­ten der Geschich­te“, 2019), „Quella mes­sa così mar­to­ria­ta e per­se­gui­ta­ta, eppur così viva!“ „Die­se so geschla­ge­ne und ver­folg­te und den­noch so leben­di­ge Mes­se“ zusam­men mit P. Davi­de Pagli­a­ra­ni, 2021), „San­ta Chia­ra sen­za fil­tri“ („Die hei­li­ge Kla­ra unge­fil­tert. Ihre Wor­te, ihre Hand­lun­gen, ihr Blick“, 2024), 

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana


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