Franziskus kritisiert erstmals Peking, etabliert aber in China einen neuen Bischofstypus

Von verfolgten Muslimen .... und verfolgten Christen


Papst Franziskus kritisiert erstmals die chinesischen Uigurenpolitik, hilft aber mit, einen neuen Bischofstypus für die Kirche zu etablieren: den Staatsfunktionär.
Papst Franziskus kritisiert erstmals die chinesische Uiguren-Politik, etabliert aber in China einen neuen Bischofstypus für die Kirche.

(Rom) Papst Fran­zis­kus sprach erst­mals die Ver­fol­gung der Uigu­ren in der Volks­re­pu­blik Chi­na an. Das kom­mu­ni­sti­sche Regime reagier­te sofort und wies die Kri­tik zurück. Nach den Roh­in­gya in Bir­ma han­delt es sich um die zwei­te mus­li­mi­sche Min­der­heit, für die sich Fran­zis­kus nament­lich ein­setzt. Bei­de eth­ni­schen Grup­pen gehö­ren der sun­ni­ti­schen Rich­tung des Islams an.

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Jah­re­lang hielt sich Fran­zis­kus mit Kri­tik an den kom­mu­ni­sti­schen Macht­ha­bern im Reich der Mit­te zurück. So sehr, daß er sich selbst der Kri­tik aus­setz­te. Mona­te­lang wur­de zuletzt auf diplo­ma­ti­scher Ebe­ne, meist hin­ter den Kulis­sen, mit dem Regime in Peking an der Ver­län­ge­rung des Geheim­ab­kom­mens gefeilt, das Ende Sep­tem­ber 2018 unter­zeich­net und inzwi­schen auf wei­te­re zwei Jah­re ver­län­gert wurde.

Ganz neben­bei, wie es für Papst Fran­zis­kus nicht unty­pisch ist, brach­te er nun sei­ne Kri­tik an der Ver­fol­gung der Uigu­ren vor. Das Kir­chen­ober­haupt hielt kei­ne Anspra­che und ver­öf­fent­lich­te auch kein offi­zi­el­les Doku­ment. Die Kri­tik äußer­te Fran­zis­kus in sei­nem neu­en BuchBegin­nen wir wie­der zu träu­men“ (auf deutsch viel­leicht bes­ser „Laßt uns wie­der träu­men“), das Anfang Dezem­ber erschei­nen wird. Die links­li­be­ra­le Tages­zei­tung La Repubbli­ca, mit der es eine Ver­triebs­ko­ope­ra­ti­on gibt, ver­öf­fent­lich­te einen Vor­ab­druck. Dar­in erwähnt Fran­zis­kus „die Roh­in­gya, die armen Uigu­ren und die Jesi­den“. Er nennt aber auch „die Chri­sten in Ägyp­ten und Paki­stan, die durch Bom­ben getö­tet wur­den, wäh­rend sie in der Kir­che beteten“.

War­um Fran­zis­kus die­sen Schritt, auf den er bis­her mit Bedacht ver­zich­tet hat­te, nun setzt, ist unklar. Auch die Nen­nung von kon­kre­ten Orten der Chri­sten­ver­fol­gung gehört unter Fran­zis­kus nicht zum päpst­li­chen All­tag. Die Ver­fol­gung der Chri­sten sprach er zwar wie­der­holt an, so auch schon 2020, blieb aber stets vage. Er mied tun­lichst alles, was als eine Kri­tik am Islam oder als ein Zusam­men­hang zwi­schen Islam und Gewalt aus­ge­legt wer­den könn­te. Die Chri­sten wer­den nicht nur von Mus­li­men ver­folgt, doch auch bei ande­ren Tätern wur­de Fran­zis­kus nicht wirk­lich konkret.

Auch im neu­en Buch, das er zusam­men mit dem bri­ti­schen Jour­na­li­sten Austen Ive­reigh ver­faß­te, folgt Fran­zis­kus einem Muster. Er kri­ti­siert zunächst die Ver­fol­gung isla­mi­scher eth­ni­scher Min­der­hei­ten und erwähnt die in der west­li­chen Wahr­neh­mung sehr exo­ti­schen Jesi­den. Erst dann spricht er über die Ver­fol­gung von Christen. 

Ist auch Fran­zis­kus der Mei­nung, daß er anson­sten kein Gehör fän­de, denn wer inter­es­siert sich bei­spiels­wei­se in der EU schon für ver­folg­te Christen?

Ein Betriebs­un­fall durch spon­ta­ne Rede ist die Kri­tik aber nicht. Ive­reigh ist ein erfah­re­ner Jour­na­list und dem Papst treu erge­ben. Das Manu­skript wur­de gele­sen, geprüft und abgewogen.

Die Pres­se­agen­tur AP berich­te­te heu­te, daß die Volks­re­pu­blik Chi­na Papst Fran­zis­kus wegen der Buch­stel­le über die Uigu­ren „kri­ti­sier­te“. Die Ausa­gen des Pap­stes sei­en „nicht fak­ten­ba­siert“. AP zitiert Zhao Liji­an, einen der Pres­se­spre­cher des chi­ne­si­schen Außen­mi­ni­ste­ri­ums, und ver­weist auf die täg­li­che Pres­se­kon­fe­renz die­ses Ministeriums. 

In der Zusam­men­fas­sung der Pres­se­kon­fe­renz durch das Mini­ste­ri­um wer­den die Uigu­ren-Fra­ge und Papst Fran­zis­kus aber mit kei­nem Wort erwähnt. Ent­we­der sprach der AP-Kor­re­spon­dent nicht im Rah­men der offi­zi­el­len Pres­se­kon­fe­renz mit Pres­se­spre­cher Liji­an, oder die­ser wur­de nach­träg­lich vom eige­nen Mini­ste­ri­um zen­siert. Letz­te­res wür­de andeu­ten, daß das Regime die Fra­ge nicht wei­ter the­ma­ti­sie­ren will, weil die guten Bezie­hun­gen zum Vati­kan wich­ti­ger sind.

Wie das Regime reagiert, läßt sich aller­dings schwer abschät­zen. Abrup­te Gegen­schlä­ge tra­fen in der Ver­gan­gen­heit die Kir­che hart.

Die neuen Bischöfe Chinas: Staatsfunktionäre

Gera­de gestern, als die Kri­tik von Fran­zis­kus bekannt wur­de, erfolg­te in Chi­na die erste Bischofs­wei­he, von der wirk­lich gesagt wer­den kann, daß sie auf der Grund­la­ge des Geheim­ab­kom­mens zustan­de­kam. In der Kathe­dra­le von Qing­dao (Pro­vinz Shan­dong) wur­de Msgr. Tho­mas Chen Tian­hao zum neu­en Bischof des gleich­na­mi­gen Bis­tums geweiht. 

Bischofs­wei­he von Tho­mas Chen Tian­hao in der Kathe­dra­le von Qingdao

Sei­ne Nomi­nie­rung erfolg­te durch die kom­mu­ni­sti­sche Staats­füh­rung in Peking, sei­ne Ernen­nung durch Papst Fran­zis­kus. Msgr. Tian­hao hat den Ruf eines loya­len Staats­funk­tio­närs und Ver­tre­ters der Reli­gi­ons­po­li­tik des Regimes. Der Wei­he­s­pen­der, Msgr. John Fan Xing Yao von Linyi (Pro­vinz Shan­dong), wie auch die Mit-Kon­se­kra­to­ren gehö­ren der regi­me­hö­ri­gen Patrio­ti­schen Ver­ei­ni­gung an. Bischof Xing Yao ist deren Vorsitzender. 

Die Patrio­ti­sche Ver­ei­ni­gung gilt nach wie vor als schis­ma­tisch. Sie wur­de Ende der 50er Jah­re von der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Chi­nas als Abspal­tung von der römisch-katho­li­schen Kir­che geschaffen.

Prak­ti­scher­wei­se für das Regime war die Zere­mo­nie unter Ver­weis auf die Coro­na-Pan­de­mie nicht frei zugäng­lich. Dafür zeig­te das Regime star­ke Prä­senz. Es waren zahl­rei­che rang­ho­he Schis­ma­ti­ker nach Qing­dao gekom­men, um sich in der von Fran­zis­kus de fac­to gewähr­ten neu­en „Ein­heit“ der Kir­che zu zeigen.

Nun weiß man in Rom, wie sich das Regime die Umset­zung des Geheim­ab­kom­mens vor­stellt, und Fran­zis­kus scheint damit ein­ver­stan­den. Chi­nas Unter­grund­kir­che gab sich nie irgend­wel­chen Illu­sio­nen hin.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Asia­News

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