Nach Monaten der Arbeit hinter Gerüsten und verschlossenen Türen nähert sich ein symbolträchtiger Schritt seinem Abschluß: Die päpstliche Wohnung im dritten Stock des Apostolischen Palastes ist nach umfassenden Arbeiten wieder bewohnbar. Wie verläßliche Kreise im Vatikan gegenüber der römischen Tageszeitung Il Tempo bestätigten, plant Papst Leo XIV., Anfang Januar in die historische Residenz der Päpste zurückzukehren – jenen Ort, der seit dem 28. Februar 2013, dem letzten Tag des Pontifikats Benedikts XVI., verwaist blieb.
Der lange Schatten von Santa Marta
Daß der Apostolische Palast in dieser Zeit nicht bewohnt wurde, ist auf eine in der Kirchengeschichte beispiellose Entscheidung Jorge Mario Bergoglios zurückzuführen, der im März 2013 mit dem Namen Franziskus zum Papst gewählt wurde. Kaum gewählt, lehnte er die traditionellen Gemächer ab und bezog das vatikanische Gästehaus Santa Marta – ursprünglich von Johannes Paul II. in den neunziger Jahren als funktionale Unterkunft für die Kardinäle während ihrer Rom-Aufenthalte und während eines Konklaves vorgesehen.
In der öffentlichen Darstellung wurde diese Entscheidung jahrelang als Ausdruck eines asketischen Papstverständnisses präsentiert. Doch die nüchternen Fakten erzählen eine andere Geschichte. Archivunterlagen und Haushaltspositionen zeigen, daß im Laufe der Jahre der gesamte zweite Stock von Santa Marta für den päpstlichen Gebrauch umgebaut wurde. Dabei handelt es sich um einen weitläufigen Komplex von mehreren hundert Quadratmetern, mit eigener Kapelle, repräsentativen Räumen und einer eigenen, voll ausgestatteten Küche. Einschließlich Sicherheit, Personal und laufender Instandhaltung belastete dieses Arrangement den vatikanischen Haushalt monatlich mit einer Summe von rund zweihunderttausend Euro – zusätzlich. Gleichzeitig verfiel die ungenutzte päpstliche Wohnung im Apostolischen Palast zunehmend.
Ein Zustand, der fassungslos macht
Als nach der Wahl von Leo XIV. die Siegel des seit 2013 geschlossenen Appartements gebrochen wurden, bot sich dem neuen Pontifex ein Bild der Verwahrlosung, das Beobachter im Vatikan sprachlos machte. Die Küche – erst wenige Jahre vor dem Amtsverzicht Benedikts XVI. erneuert – war vollständig ausgebaut. Zwölf Jahre ohne Wartung haben deutliche Spuren hinterlassen: Feuchtigkeitsschäden, die fast unbewohnbaren kleinen Dienstwohnungen („soffittoni“) über den päpstlichen Räumen, die Benedikts persönlichen Sekretären gedient hatten.
Leo XIV., der im Gegensatz zu seinem Vorgänger nie erwog, in Santa Marta zu wohnen, und seit seiner Wahl im Mai das ehemalige Kardinalsappartement im Palazzo del Sant’Uffizio nutzt, ordnete sofort eine vollständige Sanierung an. Der Auftrag erwies sich jedoch als arbeitsintensiver als erwartet. Tägliche Audienzen mit Staatsoberhäuptern, Diplomaten und Kurialen in der nahegelegenen päpstlichen Privatbibliothek führten regelmäßig zu Arbeitsunterbrechungen. Zudem sollen zusätzliche kleine Wohnungen für eine Gemeinschaft von Augustinerpatres entstehen, die der Papst – so heißt es aus gut informierten Kreisen – dauerhaft in seiner Nähe wissen möchte.
Nun aber, sieben Monate nach dem Konklave, stehen die Arbeiten vor dem Abschluß. Anfang Januar, so heißt es, sollen die Räume bezugsfertig sein. Damit wird auch wieder ein Bild zurückkehren, das seit fast dreizehn Jahren aus dem nächtlichen Rom verschwunden war: die erleuchteten Fenster des päpstlichen Stockwerks über dem Petersplatz – ein sichtbares Zeichen, daß der Apostolische Palast wieder das ist, was es über Jahrhunderte war: der Wohn- und Amtssitz des Nachfolgers Petri.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL

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