80 Prozent der Anglikaner spalten sich von Canterbury ab

Erste Frau als Primas der Church von England führt zum Schisma


Die Globale Anglikanische Zukunftskonferenz (GAFCON), die 80 Prozent der Anglikaner weltweit vertritt, spaltet sich von Canterbury ab.
Die Globale Anglikanische Zukunftskonferenz (GAFCON), die 80 Prozent der Anglikaner weltweit vertritt, spaltet sich von Canterbury ab.

Am 16. Okto­ber 2025 hat die Glo­bal Angli­can Future Con­fe­rence (GAFCON) die end­gül­ti­ge Tren­nung von der angli­ka­ni­schen Mut­ter­kir­che in Can­ter­bu­ry erklärt. Der Schritt mar­kiert den wohl tief­sten Ein­schnitt in der Geschich­te der angli­ka­ni­schen Welt­ge­mein­schaft seit ihrer Ent­ste­hung im 16. Jahr­hun­dert. Der Bruch wird von GAFCON jedoch nicht als Abspal­tung, son­dern als Wie­der­her­stel­lung der ursprüng­li­chen Iden­ti­tät verstanden.

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Unmit­tel­ba­rer Anlaß für den end­gül­ti­gen Bruch war die Wahl von Sarah Mull­al­ly zur ersten Frau als Erz­bi­schof von Can­ter­bu­ry – ein Schritt, der von GAFCON als Aus­druck einer fort­schrei­ten­den Abkehr von der ursprüng­li­chen Leh­re gedeu­tet wird.

Die GAFCON ist ein Zusam­men­schluß kon­ser­va­ti­ver angli­ka­ni­scher Kir­chen­pro­vin­zen, Diö­ze­sen, Gemein­den und Ein­zel­per­so­nen. Gegrün­det wur­de GAFCON im Jahr 2008 in Jeru­sa­lem, als Reak­ti­on auf die zuneh­men­de Akzep­tanz der Homo­se­xua­li­tät und kon­kret der Wei­he von Homo-Bischö­fen in den USA (die erste Wei­he betraf Gene Robin­son 2003). 

Ver­tre­ten ist die GAFCON vor allem im soge­nann­ten „glo­ba­len Süden“. Wich­ti­ge Mit­glieds­kir­chen sind die Angli­can Church of Nige­ria, wel­che die größ­te angli­ka­ni­sche Kir­che welt­weit ist, eben­so die Angli­can Church of Ugan­da, Angli­can Church of Kenya, Angli­can Church of Rwan­da, Angli­can Church of South Sudan und wei­te­re angli­ka­ni­sche Kir­chen Afri­kas, aber auch die Angli­can Church in North Ame­ri­ca (ACNA), die kon­ser­va­ti­ve Abspal­tung der Epis­co­pal Church in den USA, und auch die Angli­can Church of Chi­le, eine kon­ser­va­ti­ve Abspal­tung in Lateinamerika.

In Sum­me reprä­sen­tiert die GAFCON rund 80 Pro­zent der etwa 85 Mil­lio­nen Angli­ka­ner weltweit. 

GAFCON gehört aber nicht zur anglo-katho­li­schen Rich­tung in der Angli­ka­ni­schen Welt­ge­mein­schaft, die den hoch­kirch­li­chen Cha­rak­ter vor allem in der Lit­ur­gie pflegt, der katho­li­schen Kir­che zuneigt und sich in den angli­ka­ni­schen Per­so­nal­or­di­na­ria­ten teils Rom ange­schlos­sen hat. Die GAFCON hin­ge­gen ist stär­ker evan­ge­li­kal geprägt. Mit der anglo-katho­li­schen Rich­tung betont aller­dings auch die GAFCON die apo­sto­li­sche Suk­zes­si­on, die von den Gemein­schaf­ten der Refor­ma­ti­on ver­wor­fen wurde. 

Die katho­li­sche Kir­che erkennt aller­dings kei­ne Suk­zes­si­on der Angli­ka­ner an.

In einem Schrei­ben des GAF­CON-Vor­sit­zen­den, Erz­bi­schof Lau­rent Mban­da (Ruan­da), wird die bis­he­ri­ge Struk­tur der angli­ka­ni­schen Gemein­schaft für geschei­tert erklärt. Die soge­nann­ten „Instru­men­te der Gemein­schaft“ – der Erz­bi­schof von Can­ter­bu­ry, die Lam­beth-Kon­fe­renz, das Angli­ka­ni­sche Kon­sul­ta­tiv­or­gan (ACC) und die Ver­samm­lung der Pri­ma­ten – hät­ten es ver­säumt, Leh­re und Ord­nung der angli­ka­ni­schen Tra­di­ti­on zu bewah­ren. Vor allem das Fest­hal­ten an einem „revi­sio­ni­sti­schen Kurs“, der die Auto­ri­tät der Hei­li­gen Schrift rela­ti­vie­re, wird scharf kritisiert.

GAFCON bean­sprucht nun, die legi­ti­me Fort­set­zung der angli­ka­ni­schen Gemein­schaft zu sein – nun unter dem Namen Glo­ba­le Angli­ka­ni­sche Gemein­schaft (Glo­bal Angli­can Com­mu­ni­on). Grund­la­ge die­ser Neu­ord­nung ist die soge­nann­te Jeru­sa­le­mer Erklä­rung von 2008, die die Hei­li­ge Schrift als ein­zi­ges ver­bind­li­ches Fun­da­ment des Glau­bens (sola scrip­tu­ra) postu­liert und sich aus­drück­lich auf das Refor­ma­ti­ons-Bekennt­nis der angli­ka­ni­schen Tra­di­ti­on stützt, ins­be­son­de­re auf die 39 Arti­kel von 1571.

Zukünf­tig wird GAFCON kei­ne Ver­bin­dun­gen mehr zur Kir­che von Eng­land und der Angli­ka­ni­schen Welt­ge­mein­schaft unter­hal­ten – weder insti­tu­tio­nell noch finan­zi­ell. Alle ange­schlos­se­nen Pro­vin­zen wer­den dazu auf­ge­for­dert, ihre Ver­fas­sun­gen ent­spre­chend zu ändern und jeg­li­che Bezug­nah­me auf den Bischofs­sitz von Can­ter­bu­ry zu strei­chen. Statt­des­sen soll ein neu­er Rat der Pri­ma­ten gebil­det wer­den, der einen Vor­sit­zen­den wählt – aller­dings nicht als hier­ar­chi­sches Ober­haupt, son­dern als Pri­mus inter pares.

Ein näch­ster Mei­len­stein wird die Bischofs­kon­fe­renz G26 im März 2026 in Abu­ja (Nige­ria) sein, bei der die neu struk­tu­rier­te Gemein­schaft offi­zi­ell wei­ter aus­ge­baut wer­den soll.

Wel­che Rol­le König Charles III. – als for­mel­ler „Ober­ster Gou­ver­neur“ der Kir­che von Eng­land – in die­ser Situa­ti­on ein­neh­men wird, bleibt offen. Sei­ne Funk­tio­nen sind größ­ten­teils sym­bo­li­scher Natur, die geist­li­che Lei­tung liegt bei der Kir­che selbst. Den­noch hat der Mon­arch bei der Ernen­nung von Bischö­fen ein gewis­ses Mit­spra­che­recht und schwört bei der Krö­nung, die angli­ka­ni­sche Kir­che zu schützen.

Die GAFCON bean­sprucht jeden­falls, nicht ein Teil, son­dern das wah­re Gan­ze der angli­ka­ni­schen Kir­che zu sein.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: gaf​con​.org (Screen­shot)

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