Roms Offensive gegen die traditionelle Messe – am Beispiel Tennessee

Gehorsam versus Einheit


Traditionelle lateinische Messe im Novus Ordo in Tennessee
Traditionelle lateinische Messe im Novus Ordo in Tennessee

In den ver­gan­ge­nen Tagen wur­de in der Diö­ze­se Knox­ville im Staat Ten­nes­see (USA) die dau­er­haf­te Abschaf­fung der Meß­or­te des über­lie­fer­ten Ritus ange­kün­digt. Die Ope­ra­ti­on wird unter dem Schlag­wort einer not­wen­di­gen „Ein­heit“ vorangetrieben.

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Zwei Ereig­nis­se, ein kla­res Muster, was zur Fol­ge hat, daß Info­va­ti­ca­na von Ten­nes­see als „Pilot­pro­jekt“ für eine neue römi­sche Stra­te­gie spricht. Das Ziel: Die voll­stän­di­ge „lit­ur­gi­sche Ein­heit“ – ein Euphe­mis­mus für die Eli­mi­nie­rung des tra­di­tio­nel­len Ritus.

Keine lokale Entscheidung: Anweisung aus Rom

David Car­ter, Pfar­rer der Basi­li­ka von St. Peter und St. Paul in Chat­ta­noo­ga, ließ in sei­ner Pre­digt am 12. Okto­ber kei­nen Zwei­fel: Die Umset­zung von Tra­di­tio­nis cus­to­des in Knox­ville sei kei­ne frei­wil­li­ge Ent­schei­dung des Orts­bi­schofs Msgr. Mark Beck­man, son­dern das Ergeb­nis einer direk­ten Wei­sung des römi­schen Dik­aste­ri­ums für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung. Nach einem Jahr der Kon­sul­ta­tio­nen habe Bischof Beck­man den Befehl aus Rom erhal­ten, Tra­di­tio­nis cus­to­des in sei­ner Diö­ze­se voll­stän­dig umzusetzen.

Die­se Vor­ge­hens­wei­se macht Knox­ville zum Test­fall: Alle Zele­bra­tio­nen der Hei­li­gen Mes­se im über­lie­fer­ten Ritus sol­len ver­schwin­den und durch die „refor­mier­te Form“ nach dem Mis­sa­le Edi­ti­on typi­ca von 2002 ersetzt wer­den. Zum Ver­ständ­nis: Die Edi­tio typi­ca 2002 des Mis­sa­le Roma­num bezieht sich auf die offi­zi­el­le latei­ni­sche Fas­sung des Novus Ordo Mis­sae. Sie bil­det die Grund­la­ge für die Über­set­zun­gen in die Volkssprachen. 

Im Klar­text ord­ne­te Rom an, daß die Meß­or­te des über­lie­fer­ten Ritus auf die­sen zu ver­zich­ten und ihn durch die Zele­bra­ti­on des Novus Ordo nach der Edi­tio typi­ca von 2002 zu erset­zen haben: wei­ter­hin in latei­ni­scher Spra­che mit Zele­bra­ti­on ad ori­en­tem, Gre­go­ria­nik und äuße­rer Fei­er­lich­keit, aber eben der neue Bug­nini-Ritus von Paul VI. aus dem Jahr 1969. 

Verlust als Gewinn verkauft

In sei­ner Pre­digt ver­si­cher­te Pfar­rer Car­ter mehr­fach, daß es sich bei der Maß­nah­me nicht um einen Ver­lust hand­le: „Wir ver­lie­ren die Mes­se nicht – wir gewin­nen Ein­heit“, so sei­ne Wor­te zur Recht­fer­ti­gung des römi­schen Eingriffs.

Die Peter-und-Paul-Basi­li­ka von Chat­ta­noo­ga in Ten­nes­see war bis­her ein Meß­ort im über­lie­fer­ten Ritus

Die Gläu­bi­gen erle­ben die Ent­schei­dung aber als das, was sie ist: eine Zwangs­maß­nah­me, die den über­lie­fer­ten Ritus, der in Chat­ta­noo­ga seit Jah­ren durch das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum von Bene­dikt XVI. gedei­hen konn­te, radi­kal abschnei­det. Die viel­be­schwo­re­ne „Ein­heit“ wird von ihnen nicht als Reich­tum, son­dern als erzwun­ge­ne Uni­for­mi­tät empfunden.

Ermahnungen zum Gehorsam

Der Ton der Pre­digt war deut­lich: Pfar­rer Car­ter warn­te vor Spal­tung, zog einen Ver­gleich mit der pro­te­stan­ti­schen Rebel­li­on und mit einem Ver­weis auf die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. (FSSPX) – alles dien­te dem Appell zu bedin­gungs­lo­sem Gehorsam.

Der Pfar­rer stell­te den empör­ten Gläu­bi­gen die Fra­ge: „Willst du katho­lisch oder pro­te­stan­tisch sein?“ Wer am über­lie­fer­ten Ritus fest­hal­te, ris­kie­re, so der Pfar­rer, sich von der Kir­che zu tren­nen. Per­sön­li­che lit­ur­gi­sche Vor­lie­ben dürf­ten nicht „über der Ein­heit mit dem Papst“ ste­hen – so die Bot­schaft. Der Prie­ster beton­te in Rich­tung der Gläu­bi­gen: „Wir sind nicht Her­ren der Lit­ur­gie, son­dern ihre Die­ner“. Aller­dings ver­gaß er hin­zu­zu­fü­gen, daß dies auch für den Kle­rus gilt – auch für den Papst.

Das Ziel: Ein Ritus für alle

Die Maß­nah­me in Knox­ville wird als Anfang einer grö­ße­ren Bewe­gung ver­stan­den: Die welt­wei­te Ver­ein­heit­li­chung der Lit­ur­gie durch Eli­mi­nie­rung des Vetus Ordo. Was in Ten­nes­see funk­tio­niert, könn­te bald welt­weit Schu­le machen – unter dem Deck­man­tel von „Ein­heit“, „Erneue­rung“ und „Gehor­sam“, so die Befürchtung.

Bischof Beck­man, von Papst Fran­zis­kus 2024 ernannt, agiert dabei mehr als Voll­strecker Roms denn als Hir­te der Orts­kir­che. Das Expe­ri­ment Ten­nes­see hat inter­na­tio­na­le Signal­wir­kung – mit mög­li­chen Kon­se­quen­zen für alle Diö­ze­sen, in denen die tra­di­tio­nel­le Mes­se noch erlaubt ist.

Rom setzt auf Macht statt auf Versöhnung

Was hier geschieht, scheint nicht ein­fach ein lit­ur­gi­scher Kurs­wech­sel. Es ist ein stra­te­gi­scher Bruch mit der orga­ni­schen Ent­wick­lung der Lit­ur­gie, wie sie unter Bene­dikt XVI. mit Sum­morum Pon­ti­fi­cum erlaubt und sogar gewünscht war. Der über­lie­fer­te Ritus wur­de damals als „nie­mals abge­schafft“ bezeich­net – nun wird den­noch ver­sucht, ihn fak­tisch abzuschaffen.

Das Argu­ment der „Ein­heit“ über­zeugt nicht – es klingt in ihren Ohren wie eine rhe­to­ri­sche Nebel­ker­ze, die eine kir­chen­po­li­ti­sche Säu­be­rung recht­fer­ti­gen soll. Denn was ist das für eine Ein­heit, die durch Ver­bot, Ein­schrän­kung und mora­li­schen Druck erzeugt wird?

Vie­le Gläu­bi­ge sehen sich nicht als Rebel­len, son­dern als treue Katho­li­ken, die an der Lit­ur­gie der Jahr­hun­der­te fest­hal­ten wol­len, wie sie durch die Jahr­hun­der­te gewach­sen ist. Sie fra­gen sich irri­tiert, war­um man sie seit Jahr­zehn­ten wie eine Bedro­hung behandelt.

Die Bot­schaft aus Rom an Ten­nes­see ist klar: Die Mes­se aller Zei­ten hat in der heu­ti­gen Kir­che kei­nen Platz mehr – selbst dort nicht, wo sie mit gro­ßer Frucht gefei­ert wird. Wer dar­an fest­hält, wird mit Spal­tungs­ver­dacht, Iso­la­ti­on oder Aus­schluß konfrontiert.

Einheit oder Gleichschaltung?

Der Fall Knox­ville wirft grund­sätz­li­che Fra­gen auf: Was bedeu­tet lit­ur­gi­sche Ein­heit – Viel­falt in der Wahr­heit oder Gleich­schal­tung im Gehor­sam? Geht es wirk­lich um geist­li­che Ein­heit – oder um Zen­tra­lis­mus und Kontrolle?

In Ten­nes­see wur­de nicht ein oft beschwo­re­ner pasto­ra­ler Kom­pro­miß gefun­den, son­dern ein Exem­pel sta­tu­iert. Für vie­le Gläu­bi­ge ist das nicht der Weg der Ein­heit, son­dern ein schmerz­li­cher Bruch. Der Preis die­ser neu­en „Ein­heit“ ist der Ver­lust von Ver­trau­en, Iden­ti­tät und spi­ri­tu­el­ler Heimat.

Gläu­bi­ge in Ten­nes­see erle­ben „Ein­heit“ als Waf­fe, die in der lit­ur­gi­schen Fra­ge gegen sie gerich­tet wird.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: stspeterandpaulbasilica.com//Wikicommons (Screen­shot)

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