
Während archäologischer Untersuchungen auf dem Monte San Paolino im Gebiet von Sutera auf Sizilien (Provinz Caltanissetta), wurde ein byzantinischer Leuchter aus Bronze entdeckt – ein sogenanntes Polycandelon. Das Objekt ist vollständig erhalten und weist vier Halterungen für Öllampen mit einem Durchmesser von etwa 15 Zentimetern auf.
Die Ausgrabungen werden von Gruppi Archeologici d’Italia unter der wissenschaftlichen Leitung des Amtes für Denkmalpflege von Caltanissetta und der Region Sizilien durchgeführt.
Der Fund besteht aus einem ringförmigen Kranz, der über vier strahlenförmig verlaufende Streben mit einem kleineren zentralen Kern verbunden ist. Kreuzförmige Elemente trennen die drei äußeren Halterungen voneinander. Ursprünglich war der Leuchter an Ketten aufgehängt – ein Detail, das seine Funktion und seinen kulturellen Kontext verdeutlicht.
Die Archäologen gehen davon aus, daß das Polycandelon absichtlich versteckt wurde, vermutlich in einer Zeit großer Gefahr – wie etwa während der muslimischen Invasion im 9. Jahrhundert. Im Jahr 860 kam es in Sutera zu einem Aufstand gegen die islamische Herrschaft, die jedoch mit großer Härte niedergeschlagen wurde. Die Forscher rechnen damit, daß es sich nicht um den einzigen wertvollen Gegenstand handelt, der unter den damaligen Umständen versteckt wurde.
Die Grabungsergebnisse zeigen, dass der Leuchter sorgfältig in einer eigens in den Felsen der Festung von Sutera gehauenen Vertiefung verborgen wurde – einer Festung, die heute fast vollständig verschwunden ist. Das Versteck war mit einem Mörtelverschluß versiegelt.
Das Polycandelon ist ein Beleuchtungselement aus der spätantiken und byzantinischen Zeit – in der Regel eine durchbrochene Metallscheibe (aus Kupfer oder Bronze), die an Ketten aufgehängt war. Es wurde dafür konzipiert, mehrere Öllampen geleichzeitig zu tragen und heilige oder häusliche Räume mit stärkerem Licht zu erhellen. Museumsexemplare zeigen durchbrochene Scheiben, Strahlenverbindungen zwischen Kern und Kranz, Halterungsöffnungen sowie christliche Symbole wie Kreuze oder die Zeichen Alpha und Omega.
Sizilien hatte vor der islamischen Invasion zum Byzantinischen Reich gehört. Die Christen der Insel folgten dem ostkirchlichen Ritus. Von Byzanz aus wurden immer neue Versuche unternommen, die Insel zu befreien. Der letzte Versuch geschah 1038 bis 1040 unter dem Kommando des fähigen byzantinischen General Georgios Maniakes, der die Ostküste mit Syrakus, Catania und Messian befreien konnte. Bis Sutera im Landesinneren schaffte er es aber nicht.
Zugleich war dieser letzte byzantinische Versuch auch das erste militärische Auftreten der Normannen auf der Insel. An der Seite der Byzantiner kämpften erstmals Normannen unter dem Kommando von Wilhelm Eisenarm, ebenso Langobarden aus Süditalien und süditalienische Adelige.
Maniakes Unternehmen scheiterte an internen Konflikten. Deutlich erfolgreicher war Roger I., ein jüngerer Halbbruder von Wilhelm Eisenarm, der 21 Jahre später, 1061, mit seinen Normannen ganz Sizilien dauerhaft befreien konnte.
Die byzantinische Zeit auf Sizilien dauerte von 535, als die die Herrschaft der germanischen Vandalen über die Insel beendeten, bis zum Jahr 965. 827 begann die islamische Eroberung. Doch erst 965 fiel Rometta, die letzte byzantinisch-christliche Festung auf Sizilien.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL