
Von Fabio Fuiano*
Am vergangenen 10. September wurde die Welt tief erschüttert durch die Ermordung des Aktivisten Charlie Kirk (1993–2025), der mutmaßlich durch eine Kugel des 22jährigen Tyler Robinson während einer Debatte an der Utah Valley University in Orem getötet wurde.
Kirk war ein brillanter junger Mann, der sich seit seinem 18. Lebensjahr durch geschickte Nutzung sozialer Medien aus dem Nichts einen landesweiten Ruf aufgebaut hatte. Er wurde zu einer der einflußreichsten Persönlichkeiten der USA, ohne je ein politisches Amt bekleidet zu haben. Sein Einfluß auf die Jugend war so stark, daß Donald Trump – nach eigener Aussage – ohne Kirks Beitrag nicht Präsident der Vereinigten Staaten geworden wäre. Sein Hauptbetätigungsfeld war die Verbreitung von Ideen an amerikanischen Universitäten und Schulen, durch Veranstaltungen, Reden und Debatten, organisiert von der von ihm 2012 gegründeten Bewegung Turning Point USA. Getötet wurde er genau unter dem Zelt, das er bei seinen Debatten regelmäßig mit der provokativen Aufschrift „Prove me wrong“ („Beweise mir das Gegenteil“, oder: „Beweise mir, daß ich falsch liege“) aufstellte, um seine Gegner herauszufordern.
Charlie Kirk war evangelikaler Christ, wenngleich er sich – wahrscheinlich unter dem Einfluß seiner Frau Erika Frantzve – dem katholischen Glauben näherte. In einer seiner letzten Sendungen kritisierte er, trotz einiger Vorbehalte, die evangelikale Sichtweise auf die allerseligste Jungfrau Maria und bezeichnete sie als „die Lösung für den toxischen Feminismus in den USA“. Immer wieder bekannte er öffentlich seine Liebe zu Christus – so sehr, daß er die Organisation Turning Point Faith gründete, um christliche Werte in der amerikanischen Politik zu fördern. Bischof Robert Barron, mit dem er sich erneut treffen wollte, wäre er nicht ermordet worden, bezeichnete ihn als „leidenschaftlichen Christen“. Für Kirk war der Glaube auch der Schlüssel zum Geheimnis des Leidens:
„Das Kreuz ist Gottes Antwort auf das Böse … Die Frage sollte daher nicht lauten: ‚Warum existiert das Böse?‘, sondern: ‚Was hat Gott dagegen unternommen?‘“
Auch in moralischen Grundsatzfragen hatte Kirk eine klare Haltung: In den sozialen Medien finden sich zahllose Aufnahmen hitziger Diskussionen über Abtreibung, Gender-Ideologie und die Woke-Kultur. Kirk betonte wiederholt, daß ein Menschenleben mit der Empfängnis beginnt und daß die Familie das Fundament der Gesellschaft ist. Er präsentierte diese Argumente nicht als bloße Meinungen, sondern als offenkundige Wahrheiten, selbst gegenüber ideologisch gegensätzlichen Gesprächspartnern.
In den Tagen nach seinem Tod gab es zahlreiche Reaktionen von links wie von rechts: Während die einen den Mord verharmlosten oder gar legitimierten, nannten die anderen Charlie Kirk einen Märtyrer der Meinungsfreiheit und der Demokratie. Letzteres verdient jedoch eine genauere Betrachtung.
Streng genommen setzt Martyrium nicht nur den leiblichen Tod voraus, sondern auch:
- daß dieser Tod aus Haß gegen die christliche Wahrheit zugefügt wird, und
- daß er willentlich angenommen wird.
Nun mag jemand sagen, Charlie habe seinen Tod nicht im vollen Sinne willentlich erlitten, da er ihn – abgesehen von einer allgemeinen Gefährdung durch seine Tätigkeit und der zunehmenden Gewaltbereitschaft seiner Gegner – nicht konkret vorhersehen konnte. Dennoch kann man in einem weiteren Sinn von Martyrium sprechen, wenn auch nicht aufgrund seiner eigenen Intention, so doch aufgrund der Absicht des Mörders. Es gibt nachvollziehbare Hinweise, die diese Vermutung stützen:
- Die nicht abgefeuerten Patronen des Täters waren laut dem Gouverneur von Utah, Spencer Cox, mit Antifa- und Transgender-Parolen beschriftet – ein klarer Ausdruck der ideologischen Gesinnung des Täters.
- Kurz vor dem Mord hatte ein Zuschauer Kirk gefragt, wie viele transsexuelle Amerikaner in den vergangenen zehn Jahren Amokläufe begangen hätten. Kaum hatte Kirk geantwortet: „Zu viele“, sackte er bereits zusammen und verblutete durch die Verletzung der Halsvene. Später stellte sich heraus, daß der Täter mit einem transsexuellen Mann zusammenlebte.
Unabhängig von weiteren noch aufkommenden Details wurde Kirk nicht aus bloßem Haß auf Meinungsfreiheit getötet, sondern aus Haß auf den durch die christliche Gesellschaftsordnung verkörperten Glauben – wenn auch nicht ausdrücklich auf den Glauben selbst. Wer ihn nun auf der politischen Rechten als „Märtyrer der Meinungsfreiheit“ bezeichnet, nimmt eine unzulässige Verkürzung vor, die ihm Unrecht tut, weil seiner Ermordung eine Bedeutung zugeschrieben wird, die dem Wesen eines echten Martyriums nicht gerecht wird.
Diese Fehlinterpretation entspringt einem leider weitverbreiteten Irrtum, nämlich dem des Liberalismus – einem Denken, das die Kirche wiederholt verurteilt hat, besonders in der Enzyklika Mirari vos (1832) von Papst Gregor XVI. Aus diesem Irrtum entsteht die sogenannte „Meinungsfreiheit“, die Wahrheit und Irrtum denselben Anspruch auf Ausdruck zuspricht – was letztlich dazu führt, daß die Wahrheit zunehmend verdrängt wird. Wenn am Ende sogar ein Mensch getötet wird, dann deshalb, weil der Irrtum sich an die Stelle der Wahrheit setzt und es für „legitim“ hält, sich gegen die Wahrheit zu verteidigen – weil er sie fälschlicherweise für den Irrtum hält. So entsteht eine Atmosphäre, in der die Wahrheit zensiert wird – und in der man sich schließlich nicht einmal mehr traut, sie offen auszusprechen.
Ein Blick auf die Argumente mancher linker Stimmen genügt: Selbst jene, die den Mord verurteilen, empfinden Kirks Ansichten zu Abtreibung und Familie als so unzumutbar, daß sie sie nicht einmal im Rahmen der Meinungsfreiheit dulden wollen.

Monsignore Henri Delassus (1836–1921) erklärt in seinem Hauptwerk „Le Problème de l’heure présente“ („Das Problem der gegenwärtigen Stunde“) den Geist der Revolution:
„Während die Perversen mit Kühnheit ihre politischen, sozialen und religiösen Irrtümer zur Schau stellen und unerschrocken vertreten – jene Irrtümer, die uns in den Abgrund führen –, werden die Guten von Ängsten bewegt, die sich auf die eine Angst zusammenfassen lassen: für das gehalten zu werden, was sie sind. Wie oft hat man erlebt, daß diese Angst so weit ging, daß sie dazu führte, genau das zu sagen und zu tun, was der Gegner hören oder durchsetzen wollte!“
Besonders stark wirke die Revolution durch den Einfluß auf die Jugend, durch jene, die sie unterrichten oder ihr nahestehen:
„Dies trägt in großem Maße zur Verderbnis der Gedanken in der christlichen Gesellschaft bei. Die Eindrücke der frühen Lebensjahre verschwinden nur schwer, und der Mensch bewahrt meist bis ins Erwachsenenalter die Vorurteile, die sich zuerst seiner Intelligenz bemächtigt haben.“
Es sind vor allem Worte, die Fehler in die Massen einschleusen:
„Durch sie entstehen Meinungsströmungen, Denk- und Verhaltensweisen, die bald diesen, bald jenen erfassen und schließlich die moralische Atmosphäre bilden, die alle umgibt, die Luft, die alle atmen. Zeitungen und Bücher, Romane und Flugblätter, wissenschaftliche Veröffentlichungen, Gespräche und Beispiele – sie verderben die Gedanken immer weiter und machen daraus ein Gift, dem selbst die stärksten Charaktere kaum standhalten.“
So verbreitet die Revolution eine geistige Dunkelheit, selbst in den entferntesten Bereichen der Gesellschaft, und durchdringt sie so sehr mit falschen Ideen,
„daß sich heutzutage alle Irrtümer beinahe von selbst ausbreiten.“
Diese Ideen sind so verankert im geistigen Klima, daß sie eingeatmet, sofort übernommen, vertreten und umgesetzt werden – von einer Vielzahl von Menschen, die man nicht Freimaurer nennen kann, da sie nicht eingeschrieben, nicht initiiert oder keinem Eid verpflichtet sind, aber doch den Ideen der Freimaurerei anhängen:
„Sie verbreiten sie durch ihre Schriften, ihre Reden, ihr Verhalten, durch ihren Einfluß auf die öffentliche Meinung, das Familienleben, das Bildungswesen, die Unterhaltung, die Gesetzgebung und die internationalen Beziehungen – kurz: auf alles. Und so tragen sie mächtig zum Fortschritt des freimaurerischen Werkes bei, das auf die Zerstörung der Gesellschaft abzielt.“
Charlie Kirk gehörte zu den wenigen, die den Mut hatten, diese Atmosphäre offen herauszufordern – und zwar vor einer großen Zahl junger Menschen. Er bekannte sich zur Wahrheit, und zwar gegen jene revolutionären Irrtümer, die nicht bloß Meinungen sind – und die letztlich das Herz seines Mörders so sehr vergifteten, daß er zur wahnsinnigen Tat schritt.
*Fabio Fuiano hat an der Universität Roma Tre einen Master in Bioingenieurwesen erworben. Derzeit ist er Doktorand in Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen an der gleichen Universität. Er ist Vorsitzender der universitären Pro-Life-Bewegung „Universitari per la Vita“.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana/Youtube (Screenshot)
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