
Die Militärregierung Myanmars, offiziell „Kommission für Sicherheit und Frieden“ genannt, will die katholischen Kathedrale zum Heiligsten Herzens Jesu in Taungoo (Taungngu), einer Stadt in der Region Bago, abreißen. Der Plan hat bei den Religionsgemeinschaften des Landes tiefe Bestürzung ausgelöst.
In Myanmar herrscht unter der regierenden Militärjunta ein Klima der zunehmenden Unterdrückung.
Die Abrißanordnung, die vor drei Tagen durch die Agentur UcaNews öffentlich gemacht und von einer lokalen Hilfsorganisation sowie von Kirchenvertretern bestätigt wurde, reiht sich ein in eine Serie von Einschüchterungen und Gewalttaten gegen religiöse Institutionen, die sich seit dem Staatsstreich im Februar 2021 verschärft haben.
Die Junta beruft sich auf die geplante Ausweitung archäologischer Ausgrabungen in der ehemaligen Hauptstadt der Taungoo-Dynastie, der Stadt Ketumati aus dem 16. Jahrhundert. Unter diesem Vorwand ordnete sie die Zerstörung und Beseitigung der katholischen Kathedrale und den Abriß von 16 buddhistischen Klöstern, eines Nonnenklosters und einer Pagode, die alle innerhalb der sogenannten „Kulturzone“ liegen.
Die Ursprünge der Kathedrale reichen tief in die Geschichte Taungoos zurück. Seit ihrer Gründung durch italienische Missionare des Päpstlichen Instituts für die auswärtigen Missionen (PIME), das seit 1869 in Birma aktiv ist, war sie über Generationen hinweg ein geistlicher Zufluchtsort für die katholische Gemeinde. Das Gelände wurde damals von der britischen Kolonialverwaltung zur Verfügung gestellt. Gläubige erinnern sich an Taufen, Hochzeiten und Gebete für Verstorbene innerhalb ihrer Mauern. Das heutige Kirchengebäude stammt aus dem Jahr 1987, nachdem die ursprüngliche Kirche im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und später neu errichtet worden war.
Ein Anwohner schilderte gegenüber AsiaNews den Schmerz der örtlichen Gemeinde:
„Als Katholiken sind wir sehr traurig. Wir können bestätigen, daß die Nachricht wahr ist und daß in den umliegenden Gebieten bereits mit ersten Abrissen begonnen wurde. Obwohl es Gerüchte über eine archäologische Stätte aus dem 16. Jahrhundert gibt, scheinen die religiösen Gemeinschaften das eigentliche Ziel zu sein.“
Für die katholische Minderheit in Myanmar ist der Schmerz tief verwurzelt. Jacinta, eine weitere Gläubige, bringt die Angst vieler auf den Punkt:
„Als katholische Minderheit in Myanmar trauen wir uns kaum, unsere Sorge öffentlich zu äußern. Doch in diesem Fall ist sogar die religiöse Mehrheit betroffen. Wir fragen uns, ob uns nach dem Abriß der Kathedrale wenigstens ein Ersatzgrundstück von den Behörden zugewiesen wird. Unter der Militärregierung erteilt das Ministerium für religiöse Angelegenheiten keinerlei Baugenehmigungen für religiöse Einrichtungen mehr. Wir befürchten, daß die Diözese die Kathedrale selbst im Falle eines verfügbaren Grundstücks nicht wiederaufbauen darf.“
Die Abrißanordnung für die Kathedrale von Taungoo ist kein Einzelfall. Seit dem Staatsstreich haben Militäraktionen bereits zur Vertreibung mehrerer Bischöfe aus ihren Diözesen geführt – etwa in Hakha (Chin-Staat), Bhamo (Kachin-Staat), Loikaw (Kayah-Staat) und Lashio (nördlicher Shan-Staat). Jetzt ist auch der Bischofssitz von Taungoo bedroht. Erst vor drei Monaten wurde die Kathedrale von Bhamo von Soldaten der Junta niedergebrannt – ein weiterer erschreckender Vorfall in einer Serie zunehmender Gewalt gegen Gläubige, die kaum internationale Aufmerksamkeit findet.
Laut unabhängigen Beobachtern wurden seit dem Putsch im Februar 2021 mehr als 300 religiöse Stätten im ganzen Land zerstört, darunter zahlreiche katholische. Die Exilregierung, das National Unity Government, wirft dem Junta-Führer Min Aung Hlaing eine gezielte Strategie zur Zerschlagung des religiösen und zivilen Widerstands vor.
Für die Katholiken von Taungoo wäre der Verlust der Kathedrale mehr als nur die Zerstörung eines Gebäudes. Er würde eine tiefe Wunde im Glaubensleben der Stadt hinterlassen und ist Ausdruck eines wachsenden Klimas der Angst, Vertreibung und Entrechtung, das religiöse Minderheiten im ganzen Land betrifft.
Myanmar wird seit 1962 vom Militär beherrscht. Die Militärregierung behindert seit über 60 Jahren die freie Entfaltung der katholischen Kirche. Ab 2011 kam es für einige Jahre zu Demokratisierungen, die mit 2021 mit einem erneuten Militärputsch endeten. Seither regiert wieder eine Militärjunta.
In der ersten Phase der Militärregierung, damals unter General Ne Win (1962–1988), wurde ein „Birmanischer Weg zum Sozialismus“ verfolgt. Das Militär regierte das Land durch die Birmanische Sozialistische Programmpartei (BSPP). Konkret bedeutete das eine Mischung aus Sozialismus, Nationalismus, Buddhismus und Isolationismus. Die Folge waren der wirtschaftliche Zusammenbruch, politische Repression und massive Menschenrechtsverletzungen.
Nach Massenprotesten folgte von 1988 bis 2011 mit dem Staatsrat für Frieden und Entwicklung die zweite Phase der Militärherrschaft. Im Zuge der weltpolitischen Entwicklung mit dem Zusammenbruch des Ostblocks wurden Sozialismus und idelogische Ausrichtung fallengelassen zugunsten eines pragmatischeren, autoritären Nationalismus.
Mit dem Militärputsch von 2021 folgte die dritte Phase der Militärregierung, nunmehr unter General Min Aung Hlaing. Die Ausrichtung ist seither wieder ideologischer, nunmehr mit dem Schwergewicht auf Nationalismus und Buddhismus. Ethnische und religiöse Minderheiten, darunter auch die katholische Kirche unterliegen nicht nur verschärfter Kontrolle, sondern offener Repression bis hin zur Verfolgung.
Etwa 1,3 Prozent der Bevölkerung von Myanmar sind Katholiken. Rund acht Prozent sind Christen. Sie bilden die zweitgrößte Religionsgemeinschaft nach dem Buddhismus, dem die überwältigende Mehrheit angehört, vor allem die Bamar, hauptsächlich dem Theravada-Buddhismus.
Das Christentum kam durch portugiesische Missionare im 16. Jahrhundert in das südostasiatische Land. Ihre ersten Zentren waren Bago und Ava. Der Bau der ersten festen katholischen Kirche ist für das Jahr 1599 in Syriam, nahe Yangon, belegt.
Die Baptisten kamen 1813 aus den USA nach Birma, die Anglikaner, Methodisten und andere protestantische Gruppen erst mit der britischen Kolonialherrschaft ab 1824. Das erklärt die starke baptistische Präsenz in dem Land. Sie werden verfolgt wie die Katholiken, da sie wie diese vor allem in ethnischen Minderheiten sehr stark sind. Minderheitenangehörige, die Christen sind, wie die Chin, Kachin, Karen, Naga und andere Völker, gelten dem buddhistisch-nationalistischen Regime als doppelt suspekt und sind Zielscheibe von Repression.
Internationale Beachtung finden nicht die verfolgten Christen, sondern die Rohingya, islamische Bengalen, die in das Land eingesickert, keine Staatsbürger sind und daher vom Regime als Illegale betrachtet und behandelt werden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: AsiaNews