
(Hong Kong) „Mitten in Tibet, in Gegenden abseits der großen Verkehrswege, die häufig nur zu Fuß erreichbar sind, haben die tibetischen Katholiken ihren Glauben bewahrt, obwohl sie seit mehr als 50 Jahren keine Priester mehr haben.“ Der Vatikanist Marco Tosatti befaßt sich in einem Artikel mit dem Schicksal der vergessenen katholischen Gemeinschaft auf dem „Dach der Welt“. Tibet, aus europäischer Sicht ein Land der Geheimnisse und unerfüllten Sehnsüchte, ist vor allem wegen des Himalaya mit den höchsten Berggipfeln der Welt und dem geheimnisvoll anmutenden lamaistischen Buddhismus bekannt. Doch Tibet hat auch eine christliche Geschichte, die genauso alt ist wie die buddhistische.
Der Buddhismus gelangte im 6. Jahrhundert nach Tibet und begann sich dort in den folgenden Jahrhunderten auszubreiten. Das Christentum kam zur selben Zeit, vor 1500 Jahren, erstmals in das unwirtliche Hochland, wie der Religionshistoriker Philip Jenkins bestätigt. Es war die Kirche des Ostens der nestorianischen Christen, die schon damals das Evangelium bis nach China brachte. 780 schrieb Timotheus, der Katholikos der Kirche des Ostens, wie
„der Heilige Geist in diesen Tagen einen Metropoliten für die Türken gesalbt hat und wir die Weihe eines weiteren für die Tibeter vorbereiten“.
Die Türken siedelten damals nur in Zentralasien, die heutige Türkei hatten sie noch gar nicht erreicht.
Katholische Dörfer im Himalaya – Geheimkatholiken wie in Japan
Durch politische Umbrüche wurde die Pflanze der christlichen Mission in den vergangenen fünfzehnhundert Jahren in China und auch in Tibet immer wieder ausgerissen. Die isolierte Situation der heutigen tibetischen Katholiken erinnert an die japanischen Katholiken, die fast 300 Jahre vom 16. bis 19. Jahrhundert völlig verborgen im Untergrund und ohne Priester überlebten.
Bekannt wurde die Existenz der verborgenen tibetischen Katholiken jüngst durch den französischen Reiseschriftsteller Constantin de Slizewicz, der seit einigen Jahren in der Volksrepublik China lebt. In Les peuples oubliés du Tibet (Die vergessenen Völker Tibets) berichtet er über das mitten im Himalaya gelegene Dorf Baihanluo. Es ist nur zu Fuß oder im Sattel eines Tragtieres über Saumpfade zu erreichen. In Baihanluo steht mitten in Tibet eine Kirche. Sie ist aus Holz gebaut und stammt aus dem späten 19. Jahrhundert. Errichtet wurde sie von katholischen Missionaren der Société des Missions étrangères de Paris (MEP). Der Gesellschaft des Pariser Missionsseminars, so ihr deutscher Name, ein im 17. Jahrhundert entstandener Missionsorden, war die Evangelisierung Tibets anvertraut worden. Die französischen Indochina-Missionare folgten dem Verlauf der Täler bis hinauf ins Hochland von Tibet und gründeten dort „persische Missionen“, wie man Missionsniederlassungen in besonders gefährlicher und wilder Gegend nannte.
1949 begann die Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas, der bald darauf der chinesische Einmarsch in Tibet folgte. Wie bereits mehrfach in der Geschichte Chinas und Tibets wurden von den neuen Machthabern alle ausländischen Missionare vertrieben oder ermordet. Die einheimischen Christen hatten sich zu unterwerfen und in der Regel ihrem Glauben abzuschwören, wenn sie am Leben bleiben wollten. Die Kommunisten handelten nicht anders.
Die stille Hoffnung, daß eines Tages wieder Priester kommen werden

„Die Kirchen wurden geschlossen oder in Magazine oder Schulen umgewandelt. Die Christen hatten kein Recht, religiöse Gegenstände mit sich zu führen. Ihnen drohte die Verhaftung“, schreibt de Slizewicz. Die Christen wurden verfolgt. Wer eine führende Rolle unter den Christen hatte, wurde in Konzentrationslagern, den sogenannten Laogai, interniert und mußte Zwangsarbeit leisten.
Besonders isolierte und weit weg von den politischen Zentren liegende Zonen entgingen der Verfolgungswelle. Einige entlegene Dörfer konnten sich sogar die eigenen Kirchen bewahren. Priester haben die Katholiken allerdings keine mehr. Diesbezüglich leisteten die Kommunisten mit ihrer Jagd ganze Arbeit. Seit einem halben Jahrhundert harren die Katholiken priesterlos aus. Sie versammeln sich in ihren Kirchen zum Gebet, wie es ihnen von den französischen Missionaren gelehrt wurde und erzählen von der Zeit, als sie noch Priester hatten.
Trotz der schweren Verfolgung hat der katholische Glauben in der ländlichen Bevölkerung im Untergrund überlebt. Und trotz des radikalen Bruchs, den das kommunistische Regime den Katholiken vor 50 Jahren aufzwang, indem es ihnen alle Priester nahm, „fühlen sich die Tibeter von Gott angezogen“, wie de Slizewicz berichtet. „Sie haben ihr Leben dem Glauben gewidmet. Diese zum katholischen Glauben konvertierten Tibeter tun es nicht als halbe Sache. In fast 50 Jahren ohne Priester und Sakramente haben sie nicht ein Wort von dem vergessen, was sie die Missionare im vorigen Jahrhundert gelehrt haben.“ Und sie hoffen, daß eines Tages wieder Priester zu ihnen kommen werden.
Sie pflegen die Gräber der Missionare – In der Weihnachtskrippe stehen Yak und Maultier

In den abgeschiedenen Dörfern pflegen sie mit Hingabe die Gräber der ersten französischen Missionare, sie haben nie aufgehört zu beten, sie feiern Ostern und Weihnachten, Geburt, Tod und Auferstehung von Jesus Christus. Statt Ochs und Esel stellen sie einen Yak und ein weibliches Maultier in die Weihnachtskrippe. Sie haben selbst das Latein nicht vergessen und beten das Vaterunser in der Kirchensprache Roms.
In Baihanluo, das auf einem Felsvorsprung mitten im höchsten Gebirge der Welt liegt, fand de Slizewicz unter der 400–500 Personen zählenden katholischen Dorfgemeinschaft eine lebendige Erinnerung an Bruder Zacharias, ein Katechet und Laienmissionar aus dem Volk der Lahu, die im Bergland von Yunnan leben und eine sinotibetische Sprache sprechen. Zacharias war Mitte 40, als die Kommunisten an die Macht gelangten. Wegen der Christenverfolgung flüchtete er nach Nationalchina, damals Formosa, heute Taiwan. Als er in Pension ging, wollte er zurückkehren und seinen Auftrag als Katechet in seiner Heimat wiederaufnehmen. Ihn verschlug es dabei bis zu den verborgenen Katholiken Tibets, unter denen er lehrte und vor zehn Jahren im hohen Alter von hundert Jahren gestorben ist. „Zacharias gab in allen Kirchen der Umgebung Weihwasser aus Lourdes ins Wasser“, erzählten die Bewohner. Lourdes und die Marienerscheinungen waren ihnen durchaus bekannt. „Wenn jemand erkrankte, gab man ihm einen Tropfen davon und drei Tage später war er wieder gesund“.
Neben den verborgenen Katholikendörfern gibt es in Tibet auch eine lebendige Untergrundkirche

In den abgelegenen Kirchen befinden sich noch von der Feuchtigkeit mitgenommene Bücher, die von den französischen Missionaren zurückgelassen wurden. Darunter sind auch Gebetsbücher in tibetischer Sprache, die Ende des 19. Jahrhunderts in Hong Kong gedruckt wurden. Gegenüber der Außenwelt sind die Bergkatholiken mißtrauisch. Selbst mit der romtreuen chinesischen Untergrundkirche in den erschlosseneren Gebieten Tibets haben sie keinen Kontakt.
Als Deng Xiaoping, Maos Nachfolger an der Staats- und Parteispitze, Öffnungen gewährte, konnten in manchen Orten die zuvor zerstörten Kirchen wiederaufgebaut werden, so in Zhongding, einem leichter zugänglichen Tal Tibets. Dort liegt neben der Kirche Annet Génestier begraben, ein französischer Missionar aus Puy de Dome, der 1937 in Zhongding gestorben ist. Die Katholiken bewahren seine Pfeife auf als Andenken an seine beschwerlichen Missionsreisen durch Tibet. Heute wirkt dort der 39 Jahre alte chinesische Priester Franziskus Han Sheng. Wegen der staatlichen Bevormundung, die alle Katholiken in die regimehörige Patriotische Vereinigung zwingen will, gibt es in Tibet neben den verborgenen Katholikendörfern auch eine lebendige romtreue Untergrundkirche. Wegen der chinesischen Besetzung Tibets spiele die regimenahe katholische Vereinigung keine Rolle im Hochland.
Franziskus Hang Sheng sagt, daß es in Tibet mehr als 10.000 Katholiken gibt. Es fehle vor allem an Priestern und auch Mitteln. Er betreut 16 Kirchen in der Gegend, zelebriert die Heilige Messe, spendet die Sakramente und stärkt die Gläubigen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Insider/Robert Hutchinson/China Daily News (Screenshots)
Das ist ein ganz wichtiger Bericht. Überlasse man Tibet nicht den chinesischen Kommunisten und dem dalai Lama, sondern denke man auch an die Katholiken dieses Landes.
Dieser Bericht von den Christen in Tibet erfüllt uns mit christlicher Freude. Hier zeigt sich wie Gott
wirkt und handelt. Man fühlt sich in die Frühzeit des Christentums zurück versetzt. Von tiefgläubi-
gen Missionaren wurde hier das Samenkorn des Glaubens gelegt. Drangsale, Verfolgung und Be-
drängnis haben sie durchlebt. Ein Glaubenszeugnis der besonderen Art ist, die Tatsache, dass
im fernen Tibet vom Konzil noch nicht beeinflusst, das Vaterunser in der Kirchensprache Latein
gebetet wird. Welch ein Glaube !
Martin Kamphuis war 7 1/2 Jahre lang tibetisch-buddhistischer Mönch und wurde Christ:
Buddhismus und Christentum (Martin Kamphuis)
https://youtu.be/log6EOdDTzE
Buddhismus und Christentum zwei Wege zum gleichen Ziel? (Eine Predigt von Martin Kamphuis)
https://youtu.be/4uj6STB9Fys
—
Ich war Buddhist – von David Tenzing -
(Kurzes Zeugnis eines tibetischen Hohenpriesters, der Christ wurde)
http://www.xn--lichtarbeit-verfhrung-oic.de/bericht24.html
Von Buddhismus und Mystik zu Christus – von Xaver -
(Zeugnis eines Katholiken, der Zen-Meditation praktiziert und schließlich zu Jesus Christus findet)
http://www.xn--lichtarbeit-verfhrung-oic.de/bericht151.html
@Leo Laemmlein
Danke vielmals für die Infos & Links !
Ich möchte Ihre Link-Angaben und Infos noch ergänzen mit einem Literaturhinweis auf das Buch des italienischen Ehepaares Trimondi, die jahrelang die lamaistischen Lehren Tibets und die politisch-magischen Hintergründe des Dalai-Lama am eigen Leib erlebt hatten (da tun sich Abgründe auf !): Victor und Victoria Trimondi, „Im Schatten des Dalai Lama“, Patmos Verlag: http://www.trimondi.de/front.html
Wichtig ist hierbei vor allem die Zeremonie des ‚Kalachakra‘, die ja an vielen Orten der Welt vom Dalai Lama und seinem Anhang durchgeführt wurden und werden: http://www.trimondi.de/Kalachakra/deba.03.htm – Alles andere als eine „friedliche“ Weltreligion. Es geht um Vereinnahmung der Menschheit durch magische Rituale und Zauberei. Mein Schutz ist der bedingungslose Glaube in Jesus Christus, die Eucharistie und alle Sakramente (Firmung, Beichte usw.).
Richtig. Deswegen ist das auch in Berufskatholikenkreisen und bei bestimmten Richtungen Hochjubeln des Dalai Lama widerlich.
Danke, Jeanne d’Arc, für die Links. Ich habe in dem Buch von Trimondi herumgelesen (auf Englisch ist es komplett online). Gemessen an dem, was da aufgedeckt wird, ist der Vortrag von Kamphuis fast zu milde. Unfasslich, dass der Dalai Lama ein geehrter Gast auf Kirchentagen und ein Freund von Päpsten ist und seine Schriften in christlichen Verlagen verlegt und in christlichen Buchhandlungen angeboten werden.