Die große Spaltung in der katholischen Kirche

Traditionalisten und Progressisten – Wer wird den Sieg davontragen?


Plinio Corrêa de Oliveira (1908–1995)
Plinio Corrêa de Oliveira (1908–1995)

Von Pli­nio Cor­rêa de Oliveira*

Anzei­ge

Ich glau­be, es ist ange­bracht, mit der Beant­wor­tung einer grund­le­gen­den Fra­ge ein­zu­lei­ten – einer Fra­ge, die sich zu Beginn jedes Stu­di­en­kur­ses stellt. Die Fra­ge lau­tet: Wel­chen kon­kre­ten Stel­len­wert haben die The­men, die wir hier behan­deln wer­den, im Gesamt­zu­sam­men­hang der moder­nen Pro­ble­me, mit denen ihr euch heu­te – in eurer Lebens­si­tua­ti­on und in eurem jun­gen Alter – aus­ein­an­der­set­zen müßt? Wel­che Bezie­hung haben die­se The­men zur heu­ti­gen Welt, mit der ihr in stän­di­gem Kon­takt steht?

Es scheint mir, daß die For­mu­lie­rung die­ser Fra­ge eine ziem­lich aus­führ­li­che und gründ­li­che Ant­wort ver­langt, damit sie in ange­mes­se­ner Wei­se geklärt wer­den kann. Sind die wesent­li­chen Punk­te die­ses The­mas ein­mal rich­tig gestellt und ver­stan­den, wird es euch leicht­fal­len zu erken­nen, daß es in der heu­ti­gen Welt kein wich­ti­ge­res The­ma gibt als jenes, mit dem wir uns in die­sen Tagen beschäf­ti­gen werden.

Was ist der Kern aller Pro­ble­me, die heut­zu­ta­ge unter­sucht wer­den? Man kann fest­stel­len, daß gegen­wär­tig eine gro­ße Unord­nung herrscht: ein Kampf von Nati­on gegen Nati­on, ein erbit­ter­ter Klas­sen­kampf, ein Rin­gen zwi­schen unter­schied­li­chen wirt­schaft­li­chen und kul­tu­rel­len Inter­es­sen usw. In jeder Hin­sicht ist der Kon­flikt das prä­gen­de Merk­mal der heu­ti­gen Welt. Wenn ihr eine Zei­tung auf­schlagt – sei es aus den Ver­ei­nig­ten Staa­ten, Argen­ti­ni­en, Boli­vi­en, Chi­le oder anders­wo –, so seht ihr vor allem eines: Kon­fron­ta­ti­on und Streit.

Was ist die tiefere Ursache dieses Kampfes?

Offen­sicht­lich liegt ihr Ursprung in Inter­es­sens­kon­flik­ten. Doch jen­seits der Inter­es­sens­kon­flik­te gibt es Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten in den Ideen. Denn Inter­es­sens­ge­gen­sät­ze hat es unter den Men­schen immer gege­ben; wenn sie jedoch die­sel­ben Über­zeu­gun­gen tei­len, gelingt es ihnen meist, Wege zu fin­den, um die­se Gegen­sät­ze zu lösen. Wenn aber neben den Inter­es­sens­kon­flik­ten auch noch Unei­nig­keit in den Ideen herrscht, dann ist der Kon­flikt total.

In einem sol­chen Fall – selbst wenn kein offe­ner Krieg herrscht – kann die Situa­ti­on nicht als Frie­den bezeich­net wer­den. Und genau das ist der Zustand der gegen­wär­ti­gen Welt.

Nun lehrt uns die Geschich­te – und ins­be­son­de­re hat uns Papst Leo XIII. dies gelehrt –, daß es eine Zeit gab, in der zwar kein abso­lu­ter und voll­kom­me­ner Frie­de herrsch­te, in der aber doch in den grund­le­gen­den Fra­gen weit­ge­hen­de Über­ein­stim­mung unter den Men­schen bestand. Zumin­dest in Euro­pa herrsch­te ein grund­le­gen­der Kon­sens, ein tie­fes gegen­sei­ti­ges Ver­ständ­nis, auch wenn es hin und wie­der zu Krie­gen kam.

Die­se Epo­che war das gol­de­ne Zeit­al­ter des Mit­tel­al­ters. Leo XIII. erklär­te in einer sei­ner Enzy­kli­ken, daß sie den Höhe­punkt der christ­li­chen Zivi­li­sa­ti­on darstellte.

Betrach­tet man den Ver­lauf der Geschich­te genau, so stellt sich eine nahe­lie­gen­de Fra­ge: Wenn im 13. Jahr­hun­dert – wie Leo XIII., ein gro­ßer Papst mit außer­ge­wöhn­li­cher Intel­li­genz, weit­hin bekannt für sei­ne Bil­dung und Gelehr­sam­keit und einer der bedeu­tend­sten Intel­lek­tu­el­len sei­ner Zeit, fest­stell­te – die christ­li­che Zivi­li­sa­ti­on ihren Höhe­punkt erreich­te, war­um ver­fiel sie dann? War­um ent­wickel­te sie sich nicht wei­ter? War­um schritt sie nicht zu noch grö­ße­rer Ord­nung, Ein­tracht und Frie­den fort, son­dern gelang­te statt­des­sen in den Zustand extre­mer Aus­ein­an­der­set­zung, den wir heu­te erleben?

Auf die­se Fra­ge gibt es eine Ant­wort, die ihr im all­ge­mei­nen bereits kennt: Es kam zu einem Ver­fall der Kir­che; es kam zu einem Nie­der­gang der christ­li­chen Zivi­li­sa­ti­on; und infol­ge die­ses reli­giö­sen Ver­falls setz­te ein all­mäh­li­cher kul­tu­rel­ler und gesell­schaft­li­cher Nie­der­gang ein. Aus die­sem Grund befin­den wir uns heu­te in der gegen­wär­ti­gen Situation.

Was ich hier dar­le­ge, läßt sich aus histo­ri­scher Sicht leicht durch doku­men­tier­te Bele­ge nach­wei­sen. Es stimmt zwar, daß sich die Welt nach dem Mit­tel­al­ter in man­cher Hin­sicht wei­ter­ent­wickelt hat; eben­so wahr ist es aber, daß mit zuneh­men­der Ent­wick­lung auch die Pro­ble­me immer schwer­wie­gen­der wur­den – und daß die­ser Fort­schritt ober­fläch­lich war, wie bei einem kran­ken Jugendlichen.

Ein Jugend­li­cher kann schwer krank sein und den­noch wei­ter wach­sen. Wäh­rend er wächst, wächst die Krank­heit mit ihm. Wird die­se Krank­heit nicht recht­zei­tig geheilt, stirbt er… grö­ßer als vor­her, aber krän­ker denn je.

Genau das ist mit der moder­nen Gesell­schaft gesche­hen: Sie ist immer krän­ker gewor­den und gleich­zei­tig immer wohl­ha­ben­der, mäch­ti­ger, tech­ni­scher, bes­ser orga­ni­siert… bis sie in den Zusam­men­bruch gera­ten ist, den wir heu­te beob­ach­ten. All dies läßt sich durch eine histo­ri­sche Dar­stel­lung leicht bele­gen, wie ihr in den Stu­di­en­ta­gen hier in Ampa­ro selbst fest­stel­len werdet.

Das Pro­blem histo­ri­scher Bewei­se besteht jedoch dar­in, daß sie viel Zeit erfor­dern: Man muß zahl­rei­che Ereig­nis­se unter­su­chen und sorg­fäl­tig ana­ly­sie­ren. Das braucht selbst­ver­ständ­lich Zeit.

Ich zie­he es daher vor, die­sel­be Aus­sa­ge – näm­lich daß die Ursa­che der heu­ti­gen Kri­se eine reli­giö­se ist und daß die Welt ihre Pro­ble­me nur lösen kann, wenn sie sich die­ser reli­giö­sen Kri­se stellt – auf theo­re­ti­schem Wege zu bewei­sen. Auch die­se theo­re­ti­sche Beweis­füh­rung stützt sich auf eine soli­de histo­ri­sche Grund­la­ge, hat aber den Vor­teil, kür­zer zu sein und schnel­ler zu einer kla­ren Schluß­fol­ge­rung zu führen.

Die­ser Beweis gilt für Katho­li­ken. Und da ich hier zu einem katho­li­schen, apo­sto­li­schen und römi­schen Publi­kum spre­che, das die Wahr­heit der katho­li­schen Kir­che aner­kennt, kann ich auf die­ser Grund­la­ge auf­bau­en und die ent­spre­chen­de Argu­men­ta­ti­on entwickeln.

Ich begin­ne also mit fol­gen­der Fra­ge: War­um gibt es die Zehn Gebo­te Got­tes, die Grund­ele­men­te der katho­li­schen und christ­li­chen Moral? War­um hat Gott dem Men­schen bestimm­te Hand­lun­gen ver­bo­ten, wie sie in den Zehn Gebo­ten genannt sind? Und war­um hat Er dem Men­schen das gro­ße posi­ti­ve und ver­pflich­ten­de Gebot des ersten Gebots gege­ben: „Du sollst den Herrn, dei­nen Gott, lie­ben mit gan­zem Her­zen, mit gan­zer Seele…“?

Der hei­li­ge Tho­mas von Aquin erklärt das auf mei­ster­haf­te Wei­se: Gott ist der Schöp­fer des Uni­ver­sums. Als sol­cher ist Er auch der Schöp­fer der Natur; und als Schöp­fer der Natur ist Er der Urhe­ber der Geset­ze, die sie regie­ren. Die gesam­te Natur wird durch Geset­ze bestimmt, die Gott im sel­ben Augen­blick fest­ge­legt hat, in dem Er das Uni­ver­sum erschuf.

Es gibt die Natur der leb­lo­sen Din­ge; die Natur der leben­di­gen Wesen ohne gei­sti­ge See­le; und die Natur der Lebe­we­sen mit gei­sti­ger See­le. Das Zusam­men­spiel die­ser drei Ord­nun­gen von Wesen bil­det das Uni­ver­sum, und jede von ihnen wird durch eige­ne Geset­ze gere­gelt. Man­che Geset­ze sind all­ge­mein­gül­tig und betref­fen alle Geschöp­fe – beleb­te und unbe­leb­te, ver­nunft­be­gab­te und unver­nünf­ti­ge –, ande­re sind spe­zi­fisch für das ver­nunft­be­gab­te Wesen.

Die­se Geset­ze ent­spre­chen der Natur jedes Wesens. Und da sie der Natur des Men­schen ent­spre­chen, hat Gott sie in den Zehn Gebo­ten zusam­men­ge­faßt, damit der Mensch sie erkennt: damit er die grund­le­gen­den Geset­ze kennt, die er befol­gen muß, um in der Ord­nung zu leben, Gott zu ver­herr­li­chen und alle Gaben aus dem Uni­ver­sum zu emp­fan­gen, die der Schöp­fer ihm durch den rech­ten Gebrauch der geschaf­fe­nen Din­ge zuge­dacht hat.

Wenn wir uns also fra­gen, war­um der Mensch Gott über alles lie­ben soll, lau­tet die Ant­wort: Weil es sich aus dem Wesen Got­tes und dem Wesen des Men­schen ergibt. Gott ist ein unend­li­ches, voll­kom­me­nes Wesen – Urbild, Quel­le und Wesen aller Hei­lig­keit. Der Mensch, nach Sei­nem Eben­bild erschaf­fen, ist dazu beru­fen, die­sen voll­kom­me­nen Gott anzu­be­ten und Ihm ähn­lich zu werden.

Des­halb wird ihm gebo­ten, Gott zu lie­ben: Indem er Ihn liebt, wird er Ihm ähn­li­cher; indem er Ihm ähn­li­cher wird, erfüllt er Sei­nen Wil­len. Es liegt in der Natur der Din­ge, daß der Mensch Gott lie­ben soll.

War­um soll der Mensch den hei­li­gen Namen Got­tes nicht miß­brau­chen? Der Name Got­tes steht für die gött­li­che Per­son, so wie auch unse­re Namen unse­re Per­son reprä­sen­tie­ren. Nie­mand ist zufrie­den, wenn sein Name belei­di­gend gebraucht wird – denn eine Belei­di­gung des Namens bedeu­tet eine Belei­di­gung der Person.

Genau­so begeht der­je­ni­ge eine Sün­de gegen die Natur Got­tes, der Sei­nen Namen miß­braucht oder lästert – denn Gott hat Anspruch auf unse­re Verehrung.

So lie­ßen sich alle ande­ren Gebo­te durch­ge­hen, um zu zei­gen, daß jedes von ihnen nur ein Aus­druck des natür­li­chen Geset­zes unter einem bestimm­ten Aspekt ist.

Bei­spiel: War­um darf ein Mensch kei­nen ande­ren töten? Weil jeder Mensch von Natur aus Herr über sich selbst ist, aber nicht Herr über das Leben des ande­ren. Jeman­dem das Leben zu neh­men, bedeu­tet eine beson­ders schwe­re Form des Dieb­stahls: Es wider­spricht der mensch­li­chen Natur, von einem ande­ren getö­tet zu werden.

„Du sollst nicht steh­len“ und „Du sollst nicht begeh­ren, was dei­nem Näch­sten gehört“ – war­um? Weil der Mensch ein Recht auf Eigen­tum hat. Es liegt in sei­ner Natur, Herr über sich selbst zu sein. Wenn er arbei­tet und durch sei­ne Arbeit etwas schafft, ist er Eigen­tü­mer die­ses Gutes. Eigen­tum ist also eine Fol­ge der mensch­li­chen Natur. Wer die Frucht der Arbeit eines ande­ren stiehlt, ver­letzt die­se Natur.

Kurz gesagt: Wer die Zehn Gebo­te ana­ly­siert, erkennt, daß sie den voll­kom­men­sten und erha­ben­sten Kodex der natür­li­chen Ord­nung dar­stel­len, den Gott geschaf­fen hat.

Stellt euch nun ein Land vor, in dem alle Men­schen die Zehn Gebo­te befol­gen: Es liegt auf der Hand, daß ein sol­ches Land ein voll­kom­me­nes Land wäre.

Ich grei­fe hier auf ein Argu­ment des hei­li­gen Augu­sti­nus zurück, des gro­ßen Bischofs von Hip­po und Kir­chen­leh­rers: Stellt euch eine Schu­le vor, in der der Direk­tor und die Leh­rer die Zehn Gebo­te voll­kom­men befol­gen – und eben­so alle Schüler.

In einer sol­chen Schu­le wäre der Unter­richt am besten mög­lich. Der Direk­tor und die Leh­rer wür­den sich bemü­hen, den besten Unter­richt zu geben, um das Gehalt zu recht­fer­ti­gen, das sie von den Eltern erhal­ten. Die Schü­ler ihrer­seits wür­den nach besten Kräf­ten lernen.

Wenn Leh­rer und Schü­ler sehr intel­li­gent sind, wird es eine her­vor­ra­gen­de Schu­le sein; wenn sie mit­tel­mä­ßig sind, wird es trotz­dem kei­ne mit­tel­mä­ßi­ge, son­dern eine gute Schu­le sein: Denn wenn selbst die Mit­tel­mä­ßi­gen ihr Bestes geben, ist das Ergeb­nis gut.

Des­halb ist das Wich­tig­ste in einer Schu­le nicht das Gebäu­de, nicht das Unter­richts­ma­te­ri­al und nicht die Kli­ma­an­la­ge für hei­ße Tage: Ent­schei­dend ist, daß Direk­tor, Leh­rer und Schü­ler prak­ti­zie­ren­de Katho­li­ken sind. Wenn sie es sind, fügt sich alles ande­re. Wenn sie es nicht sind, pro­fi­tiert nie­mand – und das Ergeb­nis ist ein Desaster.

Das­sel­be gilt auch in ande­ren Berei­chen: in der Land­wirt­schaft, in der Vieh­zucht, in Unter­neh­men… Wenn Eigen­tü­mer und Arbei­ter gute Katho­li­ken sind, bringt das Land die besten Früch­te her­vor. Wenn nicht, tre­ten frü­her oder spä­ter Kon­flik­te, Spal­tun­gen, Streiks, Kri­sen und Miß­ver­ständ­nis­se auf – bis zum Zusammenbruch.

Ich habe nicht viel Zeit, aber ihr könnt das Gedan­ken­ex­pe­ri­ment selbst machen: Stellt euch ein Land vor, in dem alle Men­schen katho­lisch sind – ganz gleich, ob es sich um eine Mon­ar­chie wie unter dem hei­li­gen Lud­wig im 13. Jahr­hun­dert han­delt oder um eine Repu­blik wie Ecua­dor zur Zeit Gar­cía Morenos.

Wenn das Staats­ober­haupt ein wah­rer Katho­lik ist – wie es der hei­li­ge Lud­wig war, wie es Gar­cía Moreno war – und auch das Volk wirk­lich katho­lisch ist, dann wird die­ses Land auf­blü­hen. Ist es das nicht, wird es verfallen.

Die Begrün­dung ist ein­fach: Der wah­re Katho­lik kennt die Grund­ge­set­ze der Natur – die Zehn Gebo­te. Wer sie nicht kennt, kann sie nicht befol­gen. Und wer sie nicht befolgt, fällt ins Verderben.

Jemand könn­te ein­wen­den: „Aber auch die Pro­te­stan­ten ken­nen die Zehn Gebo­te. Wie erklärt sich dann, daß es auch in pro­te­stan­ti­schen Län­dern so vie­le Kri­sen gibt?“

Die Ant­wort ist ein­fach: Sie inter­pre­tie­ren sie falsch. Zum Bei­spiel erlau­ben sie die Ehe­schei­dung. Das neun­te Gebot ver­bie­tet es, die Frau eines ande­ren zu begeh­ren – die Pro­te­stan­ten legen es so aus, daß sie die Schei­dung erlau­ben, die es einem erlaubt, die Frau oder den Mann eines ande­ren zu hei­ra­ten. Auf die­se Wei­se wird die Fami­lie zerstört.

Es reicht also nicht aus, die Zehn Gebo­te zu ken­nen: Man muß sie rich­tig ken­nen. Und um sie rich­tig zu ken­nen, braucht es eine unfehl­ba­re Auto­ri­tät, die sie kor­rekt aus­legt und lehrt.

Die­se Auto­ri­tät exi­stiert, prak­tisch und wirk­sam, nur in der katho­li­schen, apo­sto­li­schen und römi­schen Kirche.

Dar­aus ergibt sich eine Kon­se­quenz: Die Zehn Gebo­te Got­tes wären für die Mensch­heit nutz­los, wenn es die katho­li­sche, apo­sto­li­sche und römi­sche Kir­che nicht gäbe. Nur in ihren Hän­den sind die­se Gebo­te wirk­lich wirksam.

Neh­men wir zum Bei­spiel die grie­chisch-schis­ma­ti­schen Chri­sten. Sie erken­nen – wie die Katho­li­ken – die Unfehl­bar­keit an, jedoch nicht die Unfehl­bar­keit des Pap­stes: nur die Unfehl­bar­keit aller Bischö­fe der Welt, wenn sie gemein­sam ver­sam­melt sind. Doch wie soll­te man jedes Jahr eine Gene­ral­ver­samm­lung aller Bischö­fe der Welt ein­be­ru­fen? Das ist unmöglich.

Das Ergeb­nis ist, daß die Aus­übung der Unfehl­bar­keit nach ihrem System so schwie­rig ist, daß sie seit ihrer Tren­nung von Rom nie­mals ein unfehl­ba­res Kon­zil abge­hal­ten haben. Ihre eige­ne Geschich­te zeigt die Unprak­ti­ka­bi­li­tät der Struk­tur, die sie sich selbst gege­ben haben.

Die Kir­che hin­ge­gen hat zahl­rei­che Kon­zi­li­en mit bedeu­ten­den Ergeb­nis­sen abgehalten.

Hier also der Gedan­ken­gang, den ich darlege:

  • Die natür­li­che Ord­nung ist die Vor­aus­set­zung jeder ande­ren Ordnung;
  • Die natür­li­che Ord­nung erkennt man in den Geboten;
  • Die Gebo­te erkennt man nur, wenn sie rich­tig aus­ge­legt werden;
  • Eine rich­ti­ge Aus­le­gung setzt die Unfehl­bar­keit voraus;
  • Eine prak­tisch wirk­sa­me Unfehl­bar­keit gibt es nur in der Hei­li­gen Katho­li­schen, Apo­sto­li­schen und Römi­schen Kir­che – unfehl­bar in der Ver­samm­lung der Bischö­fe mit dem Papst, aber auch im Papst selbst, der die Mis­si­on hat, unfehl­bar zu leh­ren und die Men­schen zur Erkennt­nis der Zehn Gebo­te zu führen.

Aber – ist damit schon alles gesagt? Reicht es, die Zehn Gebo­te zu ken­nen, um sie zu befolgen?

In Wirk­lich­keit nicht.

Es ist ein­fach, die Gebo­te zu lesen und ihre Erha­ben­heit anzu­er­ken­nen, ja, man kann sogar den Wunsch haben, sie in die Tat umzu­set­zen. Doch in dem Moment, wo man sie kon­kret leben muß, begin­nen die Schwierigkeiten.

Wir alle wis­sen, wie schwer es ist, die Gebo­te zu befol­gen – es ist kompliziert!

Wie also kann ein Mensch die Kraft fin­den, sie zu befolgen?

Heu­te ist unter den „Kin­dern der Fin­ster­nis“ die Vor­stel­lung weit ver­brei­tet, daß die katho­li­sche Moral so streng und schwie­rig sei, daß es dem Men­schen unmög­lich sei, sie zu erfüllen.

Was ant­wor­tet die Kir­che auf die­sen Einwand?

Neh­men wir das Bei­spiel der Rein­heit, der Keusch­heit. Es stimmt: Die Keusch­heit ist eine sehr schwer zu leben­de Tugend – nur ein Dumm­kopf wür­de das Gegen­teil behaupten.

Wie kann man dann vom Men­schen ver­lan­gen, keusch zu leben?

Die Kir­che gibt dar­auf eine wun­der­ba­re Antwort:

  • Erstens: Gott kann dem Men­schen nichts Unmög­li­ches befehlen.
  • Zwei­tens: Aus sich selbst her­aus ist der Mensch unfä­hig, die Zehn Gebo­te dau­er­haft und voll­kom­men zu erfül­len. So tugend­haft er auch sein mag, mit sei­nen natür­li­chen Kräf­ten allein kann er sie nicht immer befolgen.

Da Gott jedoch die Befol­gung der Gebo­te befiehlt, folgt dar­aus, daß Er dem Men­schen auch die Kraft dazu ver­leiht: eine über­na­tür­li­che Kraft, von Gott selbst geschaf­fen, die über die mensch­li­che Natur hin­aus­geht – und es dem Men­schen zum Bei­spiel ermög­licht, keusch und rein zu leben.

Daher ist – nach katho­li­scher Leh­re – der keu­sche Mann oder die keu­sche Frau ein Wun­der. Ein häu­fi­ges Wun­der, das jedem zuteil­wer­den kann, der die Gna­de Got­tes annimmt – aber den­noch ein Wun­der. Denn es ist unmög­lich, dau­er­haft und voll­kom­men keusch zu leben ohne die Gna­de Gottes.

Die­se Gna­de bie­tet Gott allen Men­schen an. Man muß sie nur erbit­ten – und wer sie auf­rich­tig erbit­tet, der emp­fängt sie. Mit die­ser Gna­de kann jeder Mensch guten Wil­lens, der Opfer­be­reit­schaft zeigt und sei­nen Ent­schlüs­sen treu bleibt, keusch leben.

Die Erfah­rung bestä­tigt dies: Dort, wo es kei­ne katho­li­sche Kir­che gibt, exi­stiert bei­spiels­wei­se auch kein prie­ster­li­cher Zöli­bat. Bei den Pro­te­stan­ten gibt es ihn nicht; bei den grie­chisch-schis­ma­ti­schen Chri­sten war eine der ersten Maß­nah­men nach der Tren­nung von Rom die Abschaf­fung des Zöli­bats für Priester.

In der katho­li­schen Kir­che hin­ge­gen gibt es den Zöli­bat. Und es gab Zei­ten, in denen er wirk­sam und echt gelebt wur­de – als die gro­ße Mehr­heit, wenn nicht sogar alle Prie­ster, tat­säch­lich in Keusch­heit leb­ten. Das­sel­be galt für die Ordens­schwe­stern – und für vie­le, vie­le Lai­en, die eben­falls keusch leb­ten: Tau­sen­de von ihnen.

Nicht, weil der Mensch aus eige­ner Kraft dazu fähig wäre, son­dern weil die über­na­tür­li­che Gna­de, vom Him­mel her­ab­ge­sandt, ihm die­se Mög­lich­keit gab – das außer­ge­wöhn­lich­ste Werk im gan­zen Universum.

Das größ­te Wun­der ist nicht ein Wol­ken­krat­zer oder ein Atom­kraft­werk, son­dern ein Mann oder eine Frau, die die Zehn Gebo­te Got­tes befol­gen. Das ist ein gewal­ti­ges Geschenk, ein Mei­ster­werk Gottes.

Und die­ses Mei­ster­werk – der Mensch, der nach den Gebo­ten lebt – ist die Vor­aus­set­zung für jede Zivilisation.

Was ist Zivilisation?

Ich wer­de hier kei­ne tech­ni­sche Defi­ni­ti­on geben, son­dern nur sagen: Der „Zivi­li­sier­te“ ist das Gegen­teil des „Bar­ba­ren“. Alles, was den Bar­ba­ren aus­zeich­net, steht im Gegen­satz zum Zivilisierten.

Wenn die Bar­ba­rei der tief­ste Zustand mensch­li­cher Ernied­ri­gung ist, dann ist die Zivi­li­sa­ti­on natur­ge­mäß der Zustand höch­ster mensch­li­cher Erhe­bung und Herrlichkeit.

Und wer ist der zivi­li­sier­te Mensch schlechthin?

Der Gip­fel der Zivi­li­sa­ti­on ist: ein guter Katho­lik zu sein. Wer das ist, besitzt die mora­li­schen Tugen­den, die dem Bar­ba­ren feh­len, Tugen­den, die zum Chri­sten­tum gehö­ren. Durch sie ent­fal­tet er das Beste sei­ner natür­li­chen Gaben und erreicht den Zustand des voll­kom­men Zivilisierten.

Jemand könn­te ein­wen­den, es habe Völ­ker mit gro­ßer Zivi­li­sa­ti­on gege­ben, die nicht katho­lisch waren – etwa die Griechen.

Es stimmt, daß die Grie­chen in man­cher Hin­sicht hoch­zi­vi­li­siert waren. Aber sie hat­ten auch Aspek­te, die rei­ne Bar­ba­rei waren.

Ein Bei­spiel: die Skla­ve­rei. In der grie­chi­schen und römi­schen Gesell­schaft bestand der Groß­teil der Bevöl­ke­rung aus Skla­ven, die als Eigen­tum ihrer Her­ren gal­ten – bis zu dem Punkt, daß man sie unge­straft töten oder fol­tern durf­te, wie Tie­re. Das war erlaubt!

Kann man ein Volk, das präch­ti­ge Gebäu­de errich­te­te, aber den Men­schen so behan­del­te, „zivi­li­siert“ nennen?

Man kann also sagen, daß das anti­ke Grie­chen­land eine Mischung aus Zivi­li­sa­ti­on und Bar­ba­rei war. Das­sel­be gilt für alle anti­ken Kul­tu­ren, in denen man ent­setz­li­che Ele­men­te findet.

Blei­ben wir bei den Grie­chen: Die Göt­ter ihrer klas­si­schen Mytho­lo­gie waren ele­gant, lite­ra­risch, bild­haue­risch schön, geeig­net für künst­le­ri­sche Dar­stel­lun­gen – aber sie waren nicht der ein­zi­ge Gegen­stand der grie­chi­schen Reli­gi­on. Es gab auch ande­re Kul­te, dar­un­ter – so unan­ge­nehm es ist, das aus­zu­spre­chen, aber es ist wahr – phal­li­sche Kulte.

Was war ein phal­li­scher Kult? Es war der offi­zi­ell aner­kann­te Kult des männ­li­chen Sexu­al­or­gans. Man errich­te­te rie­si­ge Sta­tu­en die­ses Organs und orga­ni­sier­te öffent­li­che Pro­zes­sio­nen zu sei­nen Ehren – sogar in Athen.

Hät­ten das Bar­ba­ren getan, hät­te man es für nor­mal gehal­ten, weil sie Bar­ba­ren waren. Aber es waren die gro­ßen Grie­chen, die das taten!

Und was müß­ten wir erst alles über die Römer erzählen?

Kurz­um: Es war kei­ne voll­stän­di­ge Zivi­li­sa­ti­on. Hät­ten sie den wah­ren katho­li­schen Glau­ben beses­sen, hät­ten sie eine voll­kom­me­ne Zivi­li­sa­ti­on her­vor­ge­bracht. Ihre Kunst wäre noch erha­be­ner gewe­sen, und vie­le ent­setz­li­che Aspek­te ihrer gesell­schaft­li­chen, poli­ti­schen und mora­li­schen Struk­tu­ren wären grund­le­gend anders gewesen.

Dar­aus folgt: Je mehr die Mensch­heit Jesus Chri­stus kennt und Sei­ner Kir­che gehorcht, desto mehr fin­det sie zu Zivi­li­sa­ti­on, Ord­nung, Herr­lich­keit und Frie­den. Je mehr sie sich von Ihm ent­fernt, desto mehr glei­tet sie in die Auf­lö­sung und schließ­lich in den Unter­gang ab.

Wenn das wahr ist – und das ist die gro­ße grund­le­gen­de Wahr­heit, auf der die Gesell­schaft für Tra­di­ti­on, Fami­lie, Pri­vat­ei­gen­tum beruht –, dann ist alles, was die TFP sagt, leicht zu bewei­sen. Wenn es hin­ge­gen nicht wahr wäre, könn­te fast nichts von dem, was sie behaup­tet, als bewie­sen gelten.

Wenn die­se fun­da­men­ta­le Wahr­heit echt ist, ergibt sich dar­aus: Die Ursa­che der heu­ti­gen Kri­se ist eine religiöse.

Wenn die Men­schen zur wah­ren Reli­gi­on zurück­keh­ren, wird sich alles nach und nach ord­nen. Wenn aber jene, die sich ent­fernt haben, sich nicht bekeh­ren, wird nichts gut aus­ge­hen. Man kann Geset­ze erlas­sen, Vor­schrif­ten auf­stel­len, Struk­tu­ren schaf­fen wie die UNO… aber man wird nur Kata­stro­phen erle­ben: Kon­flik­te, Miß­ver­ständ­nis­se, Betrug, Barbarei.

Der Beweis dafür ist der deut­li­che Trend der moder­nen Welt zur Barbarei.

Eine der ein­fluß­reich­sten phi­lo­so­phi­schen Strö­mun­gen unse­rer Zeit ist der Struk­tu­ra­lis­mus. Einer ihrer füh­ren­den Ver­tre­ter ist der bekann­te Anthro­po­lo­ge Clau­de Lévi-Strauss.

Er behaup­tet in sei­nen Büchern, das „Gol­de­ne Zeit­al­ter“ der Mensch­heit sei das Paläo­li­thi­kum gewe­sen – also der Beginn der Vor­ge­schich­te, nicht ein­mal das Neo­li­thi­kum! Laut ihm müs­sen wir zum Paläo­li­thi­kum zurückkehren.

Das ist der Wider­spruch der Moder­ne: ein „Fort­schritt“, der die Rück­kehr zur Bar­ba­rei predigt.

Die moder­ne Welt bringt Bar­ba­rei her­vor, weil ihre Wur­zeln selbst bar­ba­risch sind: Unglau­ben und Gottlosigkeit.

In einer nor­ma­len Zeit könn­te ich mei­ne Aus­füh­run­gen hier been­den und ein­fach sagen: „Laßt uns gute Katho­li­ken sein.“

Aber in der heu­ti­gen Zeit reicht das nicht. Sofort stellt sich eine wei­te­re Fra­ge: Was bedeu­tet es über­haupt, ein guter Katho­lik zu sein?

Heu­te sehen wir die katho­li­sche Kir­che in min­de­stens zwei gro­ße Strö­mun­gen gespal­ten: die pro­gres­si­sti­sche und die tra­di­tio­na­li­sti­sche. Die Auf­fas­sun­gen die­ser bei­den Rich­tun­gen ste­hen sich dia­me­tral gegen­über. Sie wider­spre­chen sich vollständig.

Es ist unmög­lich, daß bei­de recht haben – denn zwei ein­an­der wider­spre­chen­de Posi­tio­nen kön­nen nicht gleich­zei­tig wahr sein.

Ent­we­der die eine hat recht – oder kei­ne von beiden.

Ich stel­le daher die Fra­ge: Wel­che die­ser bei­den Strö­mun­gen hat recht inner­halb der katho­li­schen Kir­che? Und: Wel­chen Ein­fluß hat die­se Spal­tung der Kir­che auf die heu­ti­ge Welt?

Um das zu beant­wor­ten, müs­sen wir zunächst klä­ren: Was ist Pro­gres­sis­mus – aus Sicht der Pro­gres­si­sten selbst?

Ich möch­te hier kei­ne Defi­ni­ti­on als Tra­di­tio­na­list geben – man könn­te mir Vor­ein­ge­nom­men­heit vorwerfen.

Die Pro­gres­si­sten bezeich­nen sich selbst so, weil sie sagen: Die Mensch­heit ist stän­dig im Wan­del – also muß auch die Reli­gi­on sich die­sem Wan­del anpas­sen. Die Reli­gi­on muß sich stets ver­än­dern, die Denk­wei­se der Welt über­neh­men und sie wider­spie­geln, um sie anzie­hen zu können.

Das ist das genaue Gegen­teil des­sen, was ein Tra­di­tio­na­list denkt.

Für den Tra­di­tio­na­li­sten gilt: Wenn die Reli­gi­on die Wahr­heit lehrt – und die Wahr­heit ist eine und unver­än­der­lich –, dann darf sich die katho­li­sche Leh­re nie­mals ändern.

Wenn das gött­li­che Gesetz sagt: „Du sollst nicht töten“, dann muß das bis zum Ende der Welt ver­bo­ten blei­ben. Denn es ist ein gött­li­ches Gebot, das die Natur wider­spie­gelt – und das, was in der Natur grund­le­gend ist, kann nie­mals ver­än­dert werden.

Durch eine leben­di­ge Über­lie­fe­rung müs­sen Gegen­wart und Zukunft in Kon­ti­nui­tät mit der Ver­gan­gen­heit blei­ben – zumin­dest in den grund­le­gen­den Din­gen (nicht in den neben­säch­li­chen). Das nen­nen wir Tradition.

Wir sind also Tra­di­tio­na­li­sten, weil wir glau­ben, daß es unver­än­der­li­che Wahr­hei­ten und Prin­zi­pi­en gibt – so wie es Ele­men­te der Natur gibt, die sich nie verändern.

Unser Herr Jesus Chri­stus hat­te recht, als Er sag­te: „Him­mel und Erde wer­den ver­ge­hen, aber mei­ne Wor­te wer­den nicht ver­ge­hen“ – und als Er erklär­te, daß Er nicht gekom­men sei, um das Gesetz auf­zu­he­ben, nicht ein­mal das klein­ste Teil davon, son­dern um es zu erfüllen.

Er war also ein Tra­di­tio­na­list: Er bewahr­te die Tra­di­ti­on und voll­ende­te sie durch Sei­ne Lehre.

Die Pro­gres­si­sten hin­ge­gen wol­len, daß sich alles ändert.

Am Ursprung die­ses Gegen­sat­zes steht ein unter­schied­li­ches Ver­ständ­nis der Sen­dung der Kirche:

  • Für uns Tra­di­tio­na­li­sten ist die Kir­che das feste Maß, an dem sich die Welt zu ori­en­tie­ren hat;
  • Für die Pro­gres­si­sten ist die Welt das wan­del­ba­re Maß, an das sich die Kir­che anpas­sen muß.

Dar­in liegt der tota­le Konflikt.

Aber wo steht Gott in diesem Ganzen?

Gott, der Ewi­ge und Unver­än­der­li­che, der Mensch gewor­den ist, der zu Mose gespro­chen hat, der die Zehn Gebo­te gege­ben hat, der in Jesus Chri­stus Mensch wur­de und uns die Leh­re des Evan­ge­li­ums hin­ter­ließ – kann die­ser Gott etwa vom Men­schen „aktua­li­siert“ werden?

Hat der Mensch das Recht, die Fähig­keit oder die Macht, nach Belie­ben zu kor­ri­gie­ren, was Gott fest­ge­legt hat?

Jeder ver­steht, daß eine Reli­gi­on, die den Men­schen über Gott stellt – ihm also erlaubt, Gott zu kor­ri­gie­ren –, kei­ne Reli­gi­on ist, son­dern eine Anti-Reli­gi­on: das genaue Gegen­teil des­sen, was Reli­gi­on bedeutet.

Das ist so offen­sicht­lich, daß es kei­ner wei­te­ren Beweis­füh­rung bedarf.

Gehen wir weiter.

Wenn das alles so ist, dann ist der gro­ße Kampf unse­rer Zeit nicht nur – und ich sage: nicht ein­mal in erster Linie – der zwi­schen Katho­li­ken und Kom­mu­ni­sten oder ande­ren Nicht-Katholiken.

Man muß inner­halb der Kir­che selbst gegen die fal­schen Brü­der kämp­fen, gegen die fal­schen Katho­li­ken, um sie aus der Kir­che zu ent­fer­nen – damit die Kir­che selbst sie tadelt und, wenn sie sich nicht bekeh­ren, end­gül­tig ausschließt.

Die­se inne­re Rei­ni­gung der Kir­che ist der Aus­gangs­punkt für alles ande­re. Eine in wei­ten Tei­len abge­irr­te Kir­che kann der Welt kei­nen wah­ren Weg wei­sen. Wer selbst in die Irre gegan­gen ist, kann nie­man­den auf den rech­ten Weg führen.

Im Evan­ge­li­um fin­den wir das Gleich­nis vom Blin­den, der einen ande­ren Blin­den führt: Bei­de stür­zen in die Grube.

Genau­so ist es mit den Pro­gres­si­sten, die ande­re Pro­gres­si­sten anfüh­ren: Blin­de, die Gott kor­ri­gie­ren wol­len, anstatt sich von Ihm füh­ren zu las­sen – und so stür­zen sie in den Abgrund.

Daher müs­sen wir ihnen das Recht abspre­chen, sich katho­lisch zu nen­nen – und der Welt zei­gen, daß die wah­ren Katho­li­ken die­je­ni­gen sind, die die Tra­di­ti­on bewah­ren – unter ihnen die Mit­glie­der der TFP.

Das wah­re Zen­trum des heu­ti­gen Kamp­fes – die­ses gigan­ti­schen Kamp­fes zwi­schen Wahr­heit und Irr­tum, zwi­schen Gut und Böse, der über­all tobt – liegt im Her­zen der Hei­li­gen Katho­li­schen, Apo­sto­li­schen und Römi­schen Kir­che: der Kon­flikt zwi­schen Tra­di­tio­na­li­sten und Progressisten.

Das bedeu­tet nicht, daß sich die TFP nur auf den Kampf gegen die Pro­gres­si­sten beschränkt.

Ihr wißt gut, wie sehr die TFP auch gegen Kom­mu­ni­sten kämpft, gegen die Ver­fech­ter der Schei­dung und ande­re Geg­ner. Doch unser Haupt­feind, also jene, die uns am mei­sten has­sen und die wir vor­ran­gig besie­gen müs­sen, sind die Progressisten.

Ohne Zwei­fel sind wir ihr Haupt­ziel. Und das wis­sen wir aus direk­ter Erfah­rung – wir haben es am eige­nen Leib gespürt.

Die TFP ist wie eine klei­ne Trom­pe­te – aber eine mäch­ti­ge. Ihre (der Pro­gres­si­sten) Trom­pe­te ist rie­sig – aber gibt kaum einen Ton von sich.

Neh­men wir also unse­re Trom­pe­te, und bla­sen wir sie mit aller Kraft – zu Ehren der Aller­hei­lig­sten Jung­frau Maria –, damit ihr, die Jugend­li­chen, lernt, wie man das tut, damit ihr es tun wollt und es mit gan­zer Lie­be tut, sodaß unse­re Trom­pe­te den herr­li­chen Klang hat, den sie haben muß.

Des­halb gibt es die­se Studienwoche.

Möge die Hei­lig­ste Jung­frau Maria, zu deren Ehren die­se Woche abge­hal­ten wird, euch seg­nen und euch reich­lich Frucht dar­aus zie­hen lassen.

*Pli­nio Cor­rêa de Oli­vei­ra (1908–1995) war ein gro­ßer katho­li­scher Den­ker und Gegen­re­vo­lu­tio­när des 20. Jahr­hun­derts, er lehr­te zunächst Kul­tur­ge­schich­te an der Rechts­wis­sen­schaft­li­chen Fakul­tät der Uni­ver­si­tät Sao Pau­lo und wur­de dann Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Zeit­ge­schich­te an der Phi­lo­so­phi­schen Fakul­tät Sao Ben­to und an der Päpst­li­chen Katho­li­schen Uni­ver­si­tät von Sao Pau­lo. Sein Leben wid­me­te der bra­si­lia­ni­sche Phi­lo­soph, Histo­ri­ker und Poli­ti­ker der Ver­tei­di­gung der katho­li­schen Kir­che und der katho­li­schen Sozi­al­leh­re. Kon­kret bedeu­te­te das für ihn, den Kampf gegen die anti­christ­li­chen Ideo­lo­gien Mar­xis­mus und Natio­nal­so­zia­lis­mus auf­zu­neh­men. Wäh­rend letz­te­re mit dem Jahr 1945 ver­schwand, blieb der Mar­xis­mus in sei­ner Hei­mat Bra­si­li­en und welt­weit eine Bedro­hung, der er sich ent­ge­gen­stell­te. Sein Haupt­werk ist „Revo­lu­ti­on und Gegen­re­vo­lu­ti­on“. Pli­nio Cor­rêa de Oli­vei­ra grün­de­te die Gesell­schaft für Tra­di­ti­on, Fami­lie und Pri­vat­ei­gen­tum (TFP), die heu­te in ver­schie­de­nen Län­dern aktiv ist, dar­un­ter in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und in Öster­reich.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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