Blinde Gewalt in Syrien

Appell der drei Patriarchen und des Papstes


Die drei christlichen Patriarchen Syriens wandten sich mit einer gemeinsamen Erklärung gegen das Morden der neuen Machthaber
Die drei christlichen Patriarchen Syriens wandten sich mit einer gemeinsamen Erklärung gegen das Morden der neuen Machthaber

In Syri­en fin­det durch den neu­en, von der EU unter­stütz­ten isla­mi­sti­schen Macht­ha­ber eine grau­sa­me „Säu­be­rung“ statt. Die Gewalt rich­tet sich vor allem gegen reli­giö­se Min­der­hei­ten, gegen Ala­wi­ten, Chri­sten und Dru­sen. Die Bil­der, die die Welt errei­chen, zei­gen grau­sam­ste Bar­ba­rei. Auch in den mehr­heit­lich von Ala­wi­ten und Chri­sten bewohn­ten Küsten­pro­vin­zen sind Kil­ler­kom­man­dos unter­wegs. Sie töten Män­ner, Frau­en, Kin­der, jun­ge und alte. Bis­her war aus den Macht­zen­tren der EU oder von den Regie­run­gen in Ber­lin oder Paris kei­ne Kri­tik zu hören. Papst Fran­zis­kus sprach das The­ma beim gest­ri­gen Ange­lus an.

Die eth­ni­sche und reli­giö­se Land­kar­te weist ganz unter­schied­li­che Gebie­te auf. Neun der zwölf syri­schen Pro­vin­zen sind mehr­heit­lich von Sun­ni­ten bewohnt, drei aber von reli­giö­sen Min­der­hei­ten. Zudem sind die nord­öst­li­chen Gebie­te von Kur­den besie­delt, die reli­gi­ös zum Groß­teil Sun­ni­ten sind, dafür aber kei­ne Ara­ber wie der Rest der syri­schen Bevölkerung.

In den bei­den Küsten­pro­vin­zen Lata­kia und Tar­tus leben auf einem Gebiet von rund 4200 qkm gut zwei Mil­lio­nen Men­schen. Davon sind 70 Pro­zent Ala­wi­ten, fast 15 Pro­zent Chri­sten und fünf Pro­zent Dru­sen. Die neu­en Macht­ha­ber in Syri­en sind sun­ni­ti­sche Mili­zen, die zum Teil dem Isla­mi­schen Staat (IS) nahe­ste­hen. Beson­ders für die Ala­wi­ten herrscht unter sun­ni­ti­schen Isla­mi­sten tie­fe Ver­ach­tung. Die Ala­wi­ten gel­ten in den Augen der Sun­ni­ten als Schii­ten. Dabei fällt auf, daß die Ala­wi­ten sich histo­risch in den Gebie­ten kon­zen­trie­ren, die im Hoch­mit­tel­al­ter Teil der Kreuz­fah­rer­staa­ten waren. Es gibt daher die The­se von christ­li­chen Ele­men­ten im Alawitentum.

Seit einem Jahr­hun­dert ist der Nahe Osten der Spiel­ball aus­län­di­scher Mäch­te, vor allem der angel­säch­si­schen, sekun­där auch der rus­si­schen bzw. sowje­ti­schen. Lon­don und Washing­ton waren bis­her gna­den­los bereit, die Chri­sten und ande­re reli­giö­se Min­der­hei­ten für ihre geo­po­li­ti­schen Inter­es­sen, ins­be­son­de­re aber auch die Unter­stüt­zung des von ihnen geschaf­fe­nen Staa­tes Isra­el zu opfern, bzw. deren Dezi­mie­rung und Aus­lö­schung als Kol­la­te­ral­scha­den hin­zu­neh­men. Ent­spre­chend ist der Anteil der Chri­sten in die­sem Jahr­hun­dert im Nahen Osten mas­siv geschrumpft. Syri­en war eines der letz­ten Gebie­te, in denen die Chri­sten weit­ge­hend sorg­los und aner­kannt leben konn­ten. Das hat sich mit der Macht­über­nah­me durch isla­mi­sti­sche Kräf­te geändert.

Von 1920 bis 1936 gab es unter fran­zö­si­scher Ober­ho­heit über das Völ­ker­bund­man­dats­ge­biet Syri­en einen Ala­wi­ten­staat, der aus den bei­den Küsten­pro­vin­zen bestand. Vor dem Hin­ter­grund der isla­mi­sti­schen Herr­schaft wird die Wie­der­grün­dung die­ses Staa­tes angeregt.

Wäh­rend die west­li­chen Staats­kanz­lei­en zu den grau­sa­men Mas­sa­kern der sun­ni­ti­schen Isla­mi­sten in Syri­en schwei­gen, öff­ne­te Ruß­land Ala­wi­ten, Chri­sten und Dru­sen die Tore zu sei­nem Mari­ne­stütz­punkt in Tar­tus und gewähr­te ihnen Zuflucht, und Papst Fran­zis­kus sprach in sei­ner Bot­schaft zum gest­ri­gen Ange­lus das Pro­blem an. Die Bot­schaft wur­de wegen des pre­kä­ren Gesund­heits­zu­stan­des von Fran­zis­kus nur schrift­lich über­mit­telt und vom vati­ka­ni­schen Pres­se­amt veröffentlicht:

„Ins­be­son­de­re habe ich mit Besorg­nis Infor­ma­tio­nen über das Wie­der­auf­flam­men der Gewalt in eini­gen Gebie­ten Syri­ens erhal­ten: Ich hof­fe, daß sie end­gül­tig auf­hö­ren wird, mit vol­lem Respekt für alle eth­ni­schen und reli­giö­sen Tei­le der Gesell­schaft, beson­ders für die Zivilbevölkerung.“

Am Tag zuvor hat­ten die christ­li­chen Patri­ar­chen in Syri­en eine gemein­sa­me Erklä­rung auf der Face­book-Sei­te des Syrisch-Ortho­do­xen Patri­ar­chats von Antio­chi­en und dem gesam­ten Osten veröffentlicht:

Gemein­sa­me Erklä­rung der Patri­ar­chen in Syrien

Damas­kus, 8. März 2025

In den ver­gan­ge­nen Tagen hat Syri­en eine gefähr­li­che Eska­la­ti­on von Gewalt, Bru­ta­li­tät und Mor­den erlebt, die zu Angrif­fen auf unschul­di­ge Zivi­li­sten, ein­schließ­lich Frau­en und Kin­der, geführt haben. In Häu­ser wur­de ein­ge­drun­gen, ihre Unver­sehrt­heit miß­ach­tet und Eigen­tum geplün­dert – Sze­nen, die das uner­meß­li­che Leid des syri­schen Vol­kes deut­lich widerspiegeln.

Die christ­li­chen Kir­chen ver­ur­tei­len nach­drück­lich jede Hand­lung, die den zivi­len Frie­den bedroht, und ver­ur­tei­len die Mas­sa­ker an unschul­di­gen Zivi­li­sten und for­dern ein sofor­ti­ges Ende die­ser schreck­li­chen Taten, die in kla­rem Wider­spruch zu allen mensch­li­chen und mora­li­schen Wer­ten stehen.

Die Kir­chen rufen auch dazu auf, rasch die Vor­aus­set­zun­gen für eine natio­na­le Ver­söh­nung des syri­schen Vol­kes zu schaf­fen. Sie rufen dazu auf, sich um die Schaf­fung eines Umfelds zu bemü­hen, das den Über­gang zu einem Staat erleich­tert, der alle sei­ne Bür­ger respek­tiert und die Grund­la­gen für eine Gesell­schaft schafft, die auf gleich­be­rech­tig­ter Bür­ger­schaft und ech­ter Part­ner­schaft basiert, frei von der Logik der Rache und der Aus­gren­zung. Gleich­zei­tig bekräf­ti­gen sie die Ein­heit des syri­schen Ter­ri­to­ri­ums und wei­sen jeden Ver­such zurück, es zu spalten.

Die Kir­chen rufen alle betrof­fe­nen Par­tei­en in Syri­en auf, ihre Ver­ant­wor­tung wahr­zu­neh­men, die Gewalt zu been­den und fried­li­che Lösun­gen zu suchen, die die Men­schen­wür­de wah­ren und die natio­na­le Ein­heit bewahren.

Wir beten, daß Gott Syri­en und sein Volk beschützt und daß im gan­zen Land Frie­den herrscht.

Johan­nes X.
Grie­chisch-ortho­do­xer Patri­arch von Antio­chi­en und dem Gan­zen Osten

Igna­ti­us Ephräm II.
Syri­scher Patri­arch von Antio­chi­en und des Gan­zen Ostens und Ober­haupt der Syrisch-Ortho­do­xen Weltkirche

Joseph I.
Mel­ki­ti­scher grie­chisch-katho­li­scher Patri­arch von Antio­chi­en und dem Gan­zen Orient

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Face­book (Screen­shot)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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1 Kommentar

  1. Das wird lei­der und wie ich befürch­te auch bald in Euro­pa stattfinden.
    die Regie­run­gen las­sen die­se Chri­sten­has­ser zu Mil­lio­nen in das Land.
    Na was glaubt ihr, was dar­aus ent­ste­hen wird?
    Eine fried­li­che Koexi­stenz mit­ein­an­der? Nein. Die Zahl die­ser Chri­sten­has­ser ist seit 2015 mas­siv in die Höhe gegangen.
    Die­se mes­ser­schwin­gen­den Erobe­rer war­ten nur noch auf ein Zei­chen der Olig­ar­chen, wann sie zuschla­gen können.
    Das ist kein Witz, noch Ver­schwö­rungs­theo­rie son­dern alles ist geplant.
    Alles ande­re , was man uns vor Augen führt wie Trump oder sonst­was ist nur Ablenkung.
    Der Papst selbst pran­gert es nicht rich­tig an geschwei­ge, dass er sagt, das er das verurteilt.

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