Das Geheimnis der Bestimmung Roms

Das christliche Rom, das den Jahrhunderten trotzt und zur Ewigkeit aufsteigt


Die Bestimmung Roms, weil Sitz des Stellvertreters Christi auf Erden, ist klar festgeschrieben
Die Bestimmung Roms, weil Sitz des Stellvertreters Christi auf Erden, ist klar festgeschrieben

Von Rober­to de Mattei*

Im ersten Hei­li­gen Jahr, das 1300 von Boni­fa­ti­us VIII. aus­ge­ru­fen wur­de, woll­te der Papst durch die Ver­kün­di­gung des ersten gro­ßen Ablas­ses die Ple­ni­tu­do pote­sta­tis der Kir­che und den Glau­ben der christ­li­chen Welt an den ein­zi­gen Stell­ver­tre­ter Chri­sti zum Aus­druck bringen.

Das von Papst Fran­zis­kus aus­ge­ru­fe­ne Hei­li­ge Jahr 2025 ist eine Gele­gen­heit, die­sen Glau­ben zu erneu­ern und dabei an die Sen­dung Roms zu erin­nern, einer Jubi­lä­ums­stadt par excel­lence, weil sich in ihr der Sitz des uni­ver­sa­len Hir­ten der Kir­che befin­det. Des­halb ist das Schick­sal Roms auch das Schick­sal der Kirche,

Wir möch­ten die­se Wahr­heit mit den Wor­ten von Kar­di­nal Euge­nio Pacel­li, dem spä­te­ren Papst Pius XII., in Erin­ne­rung rufen, die er am 22. Febru­ar 1936 in der Sala Bor­ro­mi­ni in der Chie­sa Nuo­va (San­ta Maria in Val­li­cel­la) zum The­ma „Die hei­li­ge Bestim­mung Roms“ hielt. Hören wir ihm zu:

„Rom ist ein Wort des Geheim­nis­ses, so wie das Schick­sal Roms, der ewi­gen Stadt, ein Geheim­nis ist, nicht so sehr für die Jahr­hun­der­te der Ver­gan­gen­heit, derer die sich rühmt, son­dern für die, die sie in der Zukunft erwar­ten. Es ist eine Stadt, die ihren Fuß tief in die heid­ni­schen Schlacken des Tibers und die hei­li­gen Win­dun­gen der Kata­kom­ben taucht und ihr Haupt bis zu den Ster­nen erhebt und zwi­schen ihnen ver­birgt, um es vor dem Thron Got­tes zu verneigen.

Wenn, wie ihr größ­ter Histo­ri­ker schrieb, der Schlei­er poe­ti­scher Fabeln ihre Ursprün­ge bedeckt, ver­zeiht man dem Alter­tum, daß es die Anfän­ge der Stadt erha­be­ner gestal­ten woll­te, indem es mensch­li­che Din­ge mit gött­li­chen ver­misch­te. Aber die Vor­se­hung, die die Welt regiert und die Men­schen und Natio­nen ernied­rigt und erhöht, indem sie die Rei­che von einem Volk zu einem ande­ren Volk und von einem Blut zum ande­ren wech­selt, hat das Volk und die Stadt Rom für eine Bestim­mung hin­ge­ord­net und vor­be­rei­tet, die die natür­li­che Klug­heit über­steigt, und, im Ver­bor­ge­nen wir­kend, lenkt sie die unbe­wuß­ten Absich­ten der mensch­li­chen Kämp­fe und Sie­ge dar­auf (Dan­te, Conv., IV, 5).“

„Es sind zwei Wel­ten, die mit­ein­an­der in Kon­flikt ste­hen, die Welt der Fin­ster­nis und die Welt des über­na­tür­li­chen Lichts: Aber die Welt des Lichts befin­det sich in den Kata­kom­ben, die Welt der Fin­ster­nis in den Thea­tern und Tem­peln des Jupi­ter: Die Fin­ster­nis der christ­li­chen Nischen ist Licht, die präch­ti­gen Säu­len­hal­len der Hei­lig­tü­mer von Venus und Vesta sind Fin­ster­nis. An die­sen ehr­wür­di­gen Orten, in die­ser durch unblu­ti­ges Prie­ster­tum, durch Fröm­mig­keit und Jung­fräu­lich­keit, durch Blut und Opfer gehei­lig­ten Fin­ster­nis, schaf­fen und for­men und bau­en der Rat und die Hand Got­tes das neue Rom, das Rom des Petrus, des Fischers aus Gali­läa, des neu­en Hir­ten der Völ­ker und Kai­sers der See­len, dem Pau­lus, der Apo­stel der Hei­den, ein Gefähr­te sein wird, wenn auch nicht gleich­be­rech­tigt, so daß bei­de als neue Kon­suln der christ­li­chen Repu­blik ange­ru­fen wer­den kön­nen. Die­ses Rom ist das Geheim­nis Got­tes, es ist die höch­ste Bestim­mung des Tibers, des­sen Was­ser der neue Jor­dan sein wird, (…) (…) Ja, aus den Tie­fen der Unter­drückung, in die das heid­ni­sche Rom gestürzt war, ging das Rom Chri­sti umso schö­ner her­vor; Psal­men sin­gend und tri­um­phie­rend hin­ter dem Labarum Kon­stan­tins, schön durch den Pur­pur sei­ner Mär­ty­rer, schön durch die Inful sei­ner Päp­ste, schön durch die Lili­en sei­ner Jung­frau­en und die Lor­bee­ren sei­ner Gläu­bi­gen, schön durch die Strah­len und die Son­ne eines Sie­ges, der noch strah­len­der ist als die welt­li­chen Tri­um­phe von Cäsar und Augu­stus. So liegt die hei­lig­ste Bestim­mung Roms im Glau­ben Chri­sti ver­bor­gen, einem Glau­ben, der der Sieg über jedes alte und neue Hei­den­tum ist.“

„Im Rom Chri­sti seht ihr das neue Jeru­sa­lem: ‚Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Beru­fung auch eine gemein­sa­me Hoff­nung gege­ben ist, ein Herr, ein Glau­be, eine Tau­fe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist‘ (Ephe­ser 4,4–6). Ihr seht ein neu­es Volk von Gott gewon­nen, das unter der Füh­rung eines im Glau­ben und in der Moral unfehl­ba­ren Hir­ten und Mei­sters durch die Jahr­hun­der­te zu den hei­li­gen und unblu­ti­gen Tri­um­phen über die Hei­den vor­an­schrei­tet, mit dem Ban­ner des Kreu­zes und mit den Hym­nen jenes Glau­bens, den Rom dem Welt­all verkündet.“

„Die Bestim­mung Roms in der gött­li­chen Erwäh­lung einer Stadt unter allen als Sitz des Hir­ten der einen Her­de Chri­sti ist die Bestim­mung der mensch­li­chen Ein­heit, die der Erlö­ser am Vor­abend sei­nes Lei­dens und sei­nes Tri­umphs nicht nur für die Apo­stel, son­dern auch für die­je­ni­gen beschwo­ren hat, die durch ihr Wort an ihn glau­ben wür­den; und des­halb bete­te er zum Vater: ‚Alle sol­len eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sol­len auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, daß du mich gesandt hast‘ (Joh 17,21).“

„Wenn aber Rom die gemein­sa­me Mut­ter der Gläu­bi­gen ist, so ist sie dies durch den römi­schen Papst, den Stell­ver­tre­ter Chri­sti und Nach­fol­ger des Apo­stel­für­sten, dem Chri­stus die Hir­ten­schaft über die Scha­fe und Läm­mer sei­ner welt­wei­ten Her­de anver­traut hat. Und es ist schön und lieb­lich, dar­an zu den­ken, daß das vati­ka­ni­sche Haus des gemein­sa­men Vaters das gemein­sa­me Haus aller Kin­der der Kir­che ist, die von allen vier Win­den her andäch­tig ihren Blick und ihre Zunei­gung auf den wei­ßen Ober­hir­ten von Rom rich­ten. Wenn Rom dort ist, wo immer sich ein Gläu­bi­ger Roms auf­hält, so erhebt sich auf dem Hügel des Vati­kans über dem Grab Petri sein erha­be­ner Gip­fel und strahlt sein Licht bis in die fern­sten Enden der Welt aus.“

„Auf den Stell­ver­tre­ter Chri­sti hin ist die Bestim­mung Roms aus­ge­rich­tet; in ihm ist sie fest­ge­legt und auf ein Ziel aus­ge­rich­tet, das nicht von die­ser Welt ist. Kei­ne Stadt über­trifft oder wird die Bestim­mung Roms über­tref­fen. Jeru­sa­lem und sein Volk sind nicht mehr die Stadt und das Volk Got­tes: Rom ist das neue Zion, und römisch ist jedes Volk, das nach dem römi­schen Glau­ben lebt. Die Welt kennt bevöl­ker­te und aus­ge­dehn­te­re Städ­te und die Leu­te sind stolz dar­auf; die Geschich­te der Natio­nen kann­te wei­se Städ­te; aber die Stadt Got­tes, die Stadt der fleisch­ge­wor­de­nen Weis­heit, die Stadt eines Lehr­am­tes der Wahr­heit und der Hei­lig­keit, das den Men­schen so erhebt, daß es ihn auf dem Altar zum Him­mel erhebt, ist kei­ne ande­re als Rom, von Chri­stus erwählt ‚zur hei­li­gen Stät­te, wo der Nach­fol­ger des gro­ßen Petrus sitzt‘ (Inf., II, 23–24)“.

„Römisch ist jedes Volk, das nach dem römi­schen Glau­ben lebt“, sagt Pius XII.; römisch ist, so könn­te man hin­zu­fü­gen, jeder Katho­lik, der nach dem römi­schen Glau­ben lebt und der vor allem den Papst liebt und ihm die­nen will, denn ihm ist es zu ver­dan­ken, daß die römi­sche Kir­che die uni­ver­sa­le Mut­ter der Gläu­bi­gen ist. Und da das Gedenk­jahr des hun­dert­sten Todes­ta­ges von Gia­co­mo Puc­ci­ni soeben zu Ende gegan­gen ist, soll­ten wir uns auch an die Wor­te des Dich­ters Horaz erin­nern, die Puc­ci­ni in sei­ner berühm­ten Hym­ne an Rom ver­tont hat:
Son­ne, die du frei und fröh­lich auf­gehst, auf unse­rem Hügel zäh­me dei­ne Pfer­de; du wirst nichts auf der Welt sehen, das grö­ßer ist als Rom!“

Aber nicht das heid­ni­sche Rom, son­dern das christ­li­che Rom, das den Jahr­hun­der­ten trotzt und zur Ewig­keit aufsteigt.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017, und Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil. Eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te, 2. erw. Aus­ga­be, Bobin­gen 2011.

Bücher von Prof. Rober­to de Mat­tei in deut­scher Über­set­zung und die Bücher von Mar­tin Mose­bach kön­nen Sie bei unse­rer Part­ner­buch­hand­lung beziehen.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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