
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sitzt fest im Sattel, scheint aber keine gute Hand mit ihren Kulturministern zu haben. Auf Ministerebene gab es in ihrem Kabinett, das seit dem 22. Oktober 2022 im Amt ist, bisher nur einen Wechsel: Am 6. September 2024 mußte Kulturminister Gennaro Sangiuliano zurücktreten und wurde durch Alessandro Giuli ersetzt. Beide gehören keiner der drei Koalitionsparteien (Fratelli d’Italia, Lega und Forza Italia) an, beide sind parteilos. Das Dilemma Melonis, bereits zweimal im Kulturbereich in ihrer Personalentscheidung danebengegriffen zu haben, offenbart, daß Italiens Regierungschefin diesen Bereich vernachlässigt. Das aber ist ein strukturelles Problem der europäischen Rechten.
Es handelt sich meist nicht nur um eine Nachlässigkeit, sondern um ein echtes Defizit. Das Defizit besteht darin, zwar meist zu wissen, wogegen man ist, aber selbst keine klaren kulturellen und weltanschaulichen Koordinaten zu haben, um konstruktive Wege zu beschreiten, die eine grundsätzliche Verbesserung möglich machen. Das führte bereits zur Implosion der Christdemokratie, deren Vertreter nicht bereit oder nicht willens waren, der kulturellen Hegemonie der Linken entgegenzutreten. Das Ergebnis: Rechte Regierungen bleiben nur ein Einschub, eine Klammererscheinung. Sie bremsen zwar für einige Jahre die linken Fehlentwicklungen aus, können aber keinen positiven Gegentrend erzeugen, weshalb es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Linke im Zuge einer Pendelbewegung an die Macht zurückkehrt und revanchesüchtig ihren Kurs mit doppelter Geschwindigkeit fortsetzt.
Ein konkretes Beispiel: Wie viele rechte Regierungen gab es bisher, die jenseits kleiner, manchmal nicht unerheblicher, aber keineswegs substantieller Maßnahmen den grausamsten Zivilisationsbruch der christlichen Zeitrechnung, die Tötung ungeborener Kinder, abgestellt haben? Warum geschieht das nicht, obwohl darin eine selbstmörderische Barbarei zu Tage tritt, die zudem Ursprung des demographischen Niedergangs und Türöffner der Massenmigration ist? Weil auch erhebliche Teile der Rechten in zentralen gesellschaftspolitischen Fragen links ticken oder zumindest links angekränkelt sind. Die Themenführerschaft liegt seit Jahrzehnten bei der Linken, die immer militant und unerbittlich genau weiß, was sie will. Die linke Deutungshoheit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den meisten anderen Medien, an den Schulen und Universitäten geht nicht spurlos vorüber. Die Rechte ihrerseits weiß nur bedingt, was sie will. Sie kümmert sich wenig um weltanschauliche Fragen, sondern möchte meist und vor allem nur von der destruktiven ständigen Unruhe der Linken verschont bleiben. So bleiben die Umerziehungsmechanismen der Linken, die sie strukturell im öffentlichen Raum etabliert hat, meist unbeachtet, geschweige denn wird diesen, dort wo sie steuergeldfinanziert sind, der Hahn abgedreht.
Es hat schon seinen Grund, warum die Linke, die den Kulturbereich als überaus bedeutsam erkennt, sich so sehr auf den früheren Kulturminister des Kabinetts Meloni eingeschossen hatte – und am Ende erfolgreich war. Minister Gennaro Sangiuliano stolperte über sich selbst. Der verheiratete Mann hatte sich mit einer anderen Frau eingelassen. Als er ihr den Gefallen irgendeines Pöstchens in seinem Ministerium nicht erfüllen wollte, ließ sie die Liebschaft mit großem Radau auffliegen und machte Sangiulianos Vernichtung zu ihrer persönlichen Show – darin begeistert unterstützt vom linken Mainstream.

Nach Sangiulianos Abtritt tätigte Meloni jedoch einen offensichtlichen Fehlgriff, indem sie den paganen Homo-Journalisten Alessandro Giuli zum Nachfolger ernannte. Als einer der ersten erhob der Historiker Prof. Roberto de Mattei seine warnende Stimme. De Mattei zeigte die Sympathien des Neo-Ministers für den Berufsrevolutionär und Generalsekretär (Vorsitzenden) der Kommunistischen Partei Italiens Antonio Gramsci (1891–1937) auf, dem Giuli sein erst im Mai erschienenes jüngstes Buch: „Gramsci è vivo“ („Gramsci lebt“, Verlag Rizzoli, Mailand), widmete. Und natürlich geht es darin um die Durchsetzung einer linken kulturellen Hegemonie heute.
De Mattei arbeitete zudem heraus, daß Giuli auch Sympathien für „schwefelhaltige“ Figuren des neopaganen Okkultismus wie Leone Caetani (1869–1935, Islamwissenschaftler) und Boris de Rachewiltz (eigentlich Luciano Baratti, 1926–1997, Ägyptologe) hegt, die sich beide dem Spiritismus, sprich der Theurgie (Geisterbeschwörungen), verschrieben hatten.
Kaum im Amt, ernannte der homosexuelle Giuli am 14. Oktober mit Francesco Spano einen linken Politiker und Homo-Aktivisten zu seinem Kabinettschef. Spano war bis zu seiner Ernennung Generalsekretär des MAXXI, des 2010 eröffneten staatlichen Museums der Künste des XXI. Jahrhunderts in Rom. Der Stiftung des steuergeldfinanzierten Museums stand bis zum 6. September, bis zu seiner Ernennung zum Minister, Alessandro Giuli als Präsident vor.
2017 war Spano in einen Homo-Skandal verwickelt. Damals wurde Italien von den Linksdemokraten (PD) unter Ministerpräsident Paolo Gentiloni regiert, der seit 2019 als Kommissar für Wirtschaft und Währung der EU-Kommission von Ursula von der Leyen angehört. Die Regierung Gentiloni hatte den linksdemokratischen Gesinnungsgenossen Francesco Spano 2007 gerade zum Direktor des Nationales Amtes zur Bekämpfung von Rassendiskriminierung UNAR ernannt. Die investigativen Journalisten Le Iene deckten auf, daß Spano als UNAR-Direktor Gelder in der Höhe von 55.000 Euro der Vereinigung Anddos, einem „Freizeit- und Erholungsverein von Homo-Zirkeln“, kurzum einem italienweiten Verband von Schwulenclubs, zuschob. Die Tageszeitung La Verità faßte vor wenigen Tagen die Problematik wie folgt zusammen: „Erstens war Spano selbst Mitglied von Anddos. Er hat es mehrmals geleugnet, aber der Mitgliedsausweis mit seinem Namen hat alle Zweifel beseitigt. Zweitens der schäbigste Teil: Le Iene zeigten, daß in den in Anddos zusammengeschlossenen Clubs Sexabende stattfanden, sogar bezahlte.“ Der Schwulen-Club-Dachverband nennt sich heute Arco.
Es war Giorgia Meloni, die damals im Parlament eine dringende Anfrage an die Regierung Gentiloni stellte, in der sie die sofortige Auflösung von UNAR und den Rücktritt Spanos forderte. Meloni schrieb auf Facebook:
„Wir fordern, daß UNAR, das selbsternannte Nationale Büro zur Bekämpfung von Rassendiskriminierung im Amt des Präsidenten des Ministerrats, noch heute geschlossen wird. Italien braucht kein ‚Büro‘, das mit der einen Hand eine Schwulenvereinigung finanziert, in deren Kreisen angeblich bezahlter Sex vollzogen wird, und mit der anderen Briefe an Parlamentarier schreibt, um deren Gedanken zu zensieren. Kein einziger Euro mehr von den Steuern der Italiener darf für die Gehälter von Gestalten wie UNAR-Direktor Spano verschwendet werden, die in einem offensichtlichen Interessenkonflikt Zehntausende von Euro öffentlicher Gelder an Verbände verteilen, deren Mitglieder sie sind. Die Fratelli d’Italia werden heute eine dringende Anfrage an die Regierung richten, in der sie die sofortige Schließung der UNAR und den Rücktritt ihres Direktors Spano fordern.“
UNAR existiert noch immer, auch unter Meloni, aber Spano mußte damals zurücktreten. Doch sieben Jahre später ist er dank Giuli nicht nur wieder zurück, sondern gehört nun sogar dem Regierungsteam von Giorgia Meloni an und spielt eine viel wichtigere Rolle als zuvor.
Eine von der Lebensrechts- und Familienbewegung Pro Vita e Famiglia gestartete Petition konnte sofort tausende Unterschriften gegen die Ernennung Spanos sammeln, die den politischen Grundsätzen der Regierung widerspricht. Pro Vita nennt die Ernennung von Spano „eine politische Unanständigkeit, die den Pakt zwischen der Regierungsmehrheit und den Wählern verrät, die nicht Fratelli d’Italia gewählt haben, um zu sehen, wie ein Funktionär der Linksdemokraten, der als UNAR-Direktor in einen Homo-Skandal verwickelt war, in eine Schlüsselrolle zurückkehrt.“
Die Nuova Bussola Quotidiana schrieb am 15. Oktober, daß Spano 2006 seine erste politische Berufung erhielt, als er als Vertreter der von linken Christdemokraten gegründeten, sozialdemokratisch orientierten Partei Margherita von der damaligen Ministerin für Jugendpolitik Giovanna Melandri, seiner späteren „Patin“, als „Experte für religiöse Integration“ berufen wurde. Melandri nahm ihn nach vielen Koorperationen mit in das MAXXI, als sie dort Stiftungspräsidentin wurde, also jenen Posten innehatte, auf dem ihr 2022 dann Giuli folgte. Spano gehörte zu den Gründern der Linksdemokraten und unterstützte Walter Veltroni, als dieser 2007 Parteivorsitzender werden wollte.
Giuli rechtfertigte sich, daß er „die guten und loyalen Leute, die mit mir gearbeitet haben“, mitnehme. Beider Homosexualität spielt bei der ganzen Sache natürlich rein gar keine Rolle. Spano soll nun für Giuli den Verwaltungsapparat des Kulturministeriums leiten, eines Ministeriums, das die Linksdemokraten unbedingt zurückgewinnen wollten. Das ist ihnen nun gelungen.
Die Nuova Bussola Quotidiana hatte bereits am 10. Oktober geschrieben:
„Es ist eine Mehrheit, die Mitte-rechts-Mehrheit, der dieses umgekehrte Beutesystem offensichtlich gefällt und die in der Giuli-Affäre ihre objektive Unfähigkeit widerspiegelt, eine Gegenkultur zum herrschenden Denken zu sein, dem sie hinterherläuft, indem sie dessen Paradigmen nachahmt. Und deshalb paßt jemand wie Spano ins Bild: Er kommt aus der katholischen Welt, von der politischen Linken und steht der Schwulenbewegung nahe, er ist ein Ausdruck der LGBT-Lobby, die es versteht, ihre Männer an die wichtigen Stellen zu setzen, auch wenn andere das Sagen haben sollten. Der neue Minister hat die Rolle des trojanischen Pferdes gut einstudiert.“
Das Problem ist eindeutig nicht Spano, sondern Giuli, der sich als Kulturminister mit einer obskuren Agenda entpuppt, wie aus seiner abstrusen Antrittsrede vor den Kulturausschüssen von Abgeordnetenhaus und Senat hervorgeht. Die von Giuli beschworene „vierte epochale Revolution in der Geschichte, die eine Ontologie im Einklang mit der permanenten Revolution der globalen Infosphäre umreißt“, bedeutet vorerst drei große Ausstellungen, die er angekündigt hat: eine über den homosexuellen marxistischen Schriftsteller Pier Paolo Pasolini, eine über den im Selbstmord geendeten, ebenfalls homosexuellen japanischen Schriftsteller Yukio Mishima und eine über den Theoretiker des italienischen Kommunismus Antonio Gramsci, der heute sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite zu einer seltsamen Modeerscheinung geworden ist. Drei Ausstellungen, ein Programm. Das offizielle von der Regierung Meloni geförderte Kulturmodell reimt sich auf Homosexualität und Sozialismus.
Das Problem ist eine Rechte, die bestimmten Kreisen entgegenkommen will und der der Kulturbereich so unwichtig erscheint, daß sie genau diesen überlassen will.
Angesichts der zahlreichen Kritik, die Giuli in den vergangenen Wochen entgegennehmen mußte, zuckt er nur herablassend mit den Schultern und sagt, er sei nicht an einer „Konfrontation mit denen interessiert, deren Vorurteile auf religiösem Fanatismus beruhen“. Auch hierin entpuppt sich Italiens neuer Kulturminister seiner Diktion nach als Linker.
Sagen wir es deutlicher: Der neuernannte Kulturminister sieht seinen Feind in denen, die an eine menschengemäße Ordnung glauben und die eine christliche Weltanschauung vertreten. Und dieser Minister gehört einer Rechtsregierung an. Es läuft auf der rechten Seite noch immer etwas gehörig schief.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
Den Konservativen fehlt eine eigene Richtung, wusste schon Hayek. Es ist ein Verdienst von katholisches.info, da anders zu ticken.