
Papst Franziskus nahm auf dem Rückflug von Belgien nach Rom zur Abtreibung Stellung, die er ohne Wenn und Aber als Mord bezeichnete. Zugleich gab er bekannt, das Seligsprechungsverfahren für Balduin, bis 1993 König der Belgier, voranzutreiben. Balduin hatte sich 1990 gegen die Legalisierung der Abtreibung gestellt und die Unterzeichnung des Gesetzes verweigert.
Belgiens geschäftsführender Ministerpräsident, der flämische Liberale Alexander De Croo, erklärte darauf, den Apostolischen Nuntius sprechen zu wollen. Der Termin sei bereits fixiert. In einer Sitzung des belgischen Bundesparlaments sagte De Croo:
„Meine Botschaft wird klar sein. Was geschehen ist, ist inakzeptabel.“
De Croo ließ offen, ob der Nuntius offiziell in das Amt des Ministerpräsidenten zitiert wird, was formal nur das Außenministerium tun könnte, oder ob es sich um eine Einladung zu einem weniger formellen Gespräch handelt.
Belgiens Regierung ist seit den Parlamentswahlen von Juni 2024 nur mehr geschäftsführend im Amt. Die Koalition aus Linken und Liberalen hatte bei dem Urnengang die Mehrheit der Wählerunterstützung verloren, hätte aber rechnerisch noch knapp eine Parlamentsmehrheit. Seit mehrere Koalitionspartner der sogenannten „Vivaldi-Koalition“, die aus ganzen sieben Parteien besteht, erklärten, keine Neuauflage dieser Koalition anzustreben, ist De Croo nur mehr ein Regierungschef auf Abruf.
Bereits während des Papstbesuches war es zu Spannungen gekommen. Obwohl bei dem Treffen mit den Behördenvertretern protokollarisch nur eine Ansprache des Königs vorgesehen war, ergriff auch De Croo das Wort für „Grußworte“ und nützte diese zu scharfen Worten gegen die Kirche und deren Umgang mit dem sexuellen Mißbrauchsskandal.
Nach den Papstworten zur Abtreibung will De Croo nun Nuntius Franco Coppola, den diplomatischen Vertreter des Papstes in Belgien, sehen, offensichtlich, um gegen die Kritik an der belgischen Abtreibungspraxis zu protestieren. Franziskus hatte seine Kritik nicht nur auf dem Rückflug geäußert, wenn auch dort besonders deutlich, sondern schon während seines Belgien-Aufenthaltes. Sie zog sich in kleineren und größeren Signalen durch den ganzen Besuch. Nach einem Treffen in der Basilika auf dem Koekelberg begab sich Franziskus in die Königsgruft unter der Basilika, wo zahlreiche Angehörige des belgischen Königshauses bestattet sind. Dort stand der Papst lange vor dem Grab König Balduins. Anschließend lobte er den amtierenden König Philipp, Balduins Neffen, und rühmte den Mut Balduins wegen der Weigerung 1990, das Gesetz, mit dem die Tötung ungeborener Kinder erlaubt wurde, zu unterzeichnen. Um den Verfassungskonflikt zu lösen, der von linker Seite sofort mit der Forderung nach Abschaffung der Monarchie beantwortet wurde, trat Balduin für drei Tage zurück, in denen das Abtreibungsgesetz ohne seine Zustimmung in Kraft gesetzt wurde. Damit machte sich der katholische König nicht persönlich schuldig und konnte die Monarchie für sein Haus retten.
Die persönliche Haltung Balduins verdient Bewunderung. Allerdings muß auch gesagt werden, daß damit durch einen Verfassungstrick die Tötung ungeborener Kinder dennoch legalisiert wurde. Unter dem Strich wurde für das Lebensrecht nichts erreicht. Die Feinde des Lebensrechts konnten sich durchsetzen. 1990 war der Christdemokrat Wilfried Martens belgischer Ministerpräsident. Er stand einer Fünfer-Koalition aus flämischen und wallonischen Christdemokraten und Sozialisten und der eher linksnationalen flämischen Volksunie vor. Belgien erlebt in der Abtreibungsfrage jenes Versagen der Christdemokraten, wie dies auch in anderen europäischen Ländern der Fall ist, auch im deutschen Sprachraum.
Martens Nachfolger De Croo erträgt im Jahr 2024 nicht einmal mehr Kritik am legalisierten Massenmord an unschuldigen Kindern. Das ist Teil des großen Tabuisierungsversuchs, mit dem die Abtreibungsbefürworter jede Diskussion über das große Töten unterdrücken möchten.
Warum bemühte sich Franziskus bei seinem Belgien-Besuch so deutlich um das Lebensrecht, ein Thema, das er am Beginn seines Pontifikats ausdrücklich als weniger wichtig zurückstufte? Belgien war in der Geschichte eine der katholischsten Gegenden Europas. Aktuelle diskutiert die belgische Politik die weitere Liberalisierung der Abtreibung, die derzeit bis zur 12. Schwangerschaftswoche erlaubt ist. Lebensfeindliche Kräfte wollen die Abtreibung aber bis zur 18. Schwangerschaftswoche ausweiten. Zudem wurde 2002 die Euthanasie legalisiert und 2014 auch auf Kinder ausgeweitet.
Bei der Sonntagsmesse, der Franziskus im Brüsseler König-Balduin-Stadion beiwohnte, kündigte er öffentlich an, die Seligsprechung Balduins in die Wege leiten zu wollen. Wörtlich sagte Franziskus, daß er diese in der Hoffnung tue, daß „sein Beispiel als Mann des Glaubens die Regierenden erleuchten wird“. Zudem forderte er die eher zögerlichen belgischen Bischöfe auf, sich für die Seligsprechung einzusetzen.
Abtreibungsärzte nannte Franziskus dann auf dem Rückflug „Auftragskiller“ und „Mörder“. Zudem lobte er Balduin, den er als „mutig“ bezeichnete, weil er:
„im Angesicht eines Todesgesetzes nicht unterschrieben hat und zurückgetreten ist. Das erfordert Mut. Dazu braucht es Politiker, die Hosen anhaben. Um das zu tun, braucht es Mut!“
Alexander De Croo, einer der Young Global Leaders des Weltwirtschaftsforums, gehört offensichtlich nicht zu den Politikern, wie sie Franziskus am vergangenen Sonntag skizzierte. De Croos linksliberale Partei gehört auf EU-Ebene zu den Renew-Liberalen, einer Gruppierung, die zusammen mit Emmanuel Macron in der Abtreibungsfrage eine radikale Lebensfeindschaft vertritt. Bei den Parlamentswahlen 2003 erreichte De Croos VLD mit 15,4 Prozent noch Platz eins. Im vergangenen Juni erzielte sie mit 5,5 Prozent nur noch den neunten Platz.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
Das ist ja schon eine beinahe 180-Grad Kehrtwendung, wenn man bedenkt, daß der Hausherr von Santa Martha eine Italienerin namens Emma Bonino vor Jahren als eine „Große Italiens“ bezeichnet hatte. Diese Frau wirkte an mehr als 10.000 Kindermorden mit und machte Propaganda für Abtreibung.