Wäre Augustus Pugin mit der Neuen Messe auch katholisch geworden?

Die Bedeutung der Tradition


Sankt Augustinus in Ramsgate
Sankt Augustinus in Ramsgate

Der Eng­län­der Augu­stus Wel­by Northmo­re Pugin (1812–1852), Sohn eines nach Eng­land aus­ge­wan­der­ten fran­zö­si­schen Archi­tek­ten Welsch­schwei­zer Her­kunft, war ein berühm­ter Archi­tekt. Von ihm stam­men die Kapel­le eines Col­lege in Cam­bridge, zahl­rei­che Kir­chen, Schu­len, Klö­ster und auch welt­li­che Zweck­bau­ten. Sein bekann­te­stes Werk ist jedoch einer der berühm­te­sten Tür­me der Welt, der Eliza­beth Tower mit der Glocke Big Ben in Lon­don. Zu den vie­len Details von West­min­ster Palace, die auf Pugin zurück­ge­hen, zählt auch der Königs­thron, auf dem Charles III. im ver­gan­ge­nen Novem­ber sei­ne erste Thron­re­de hielt, mit der all­jähr­lich das neue Sit­zungs­jahr des Par­la­ments eröff­net wird.

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Pugin arbei­te­te damals mit dem Archi­tek­ten Charles Bar­ry zusam­men, der den Auf­trag für den Neu­bau des Par­la­ments­ge­bäu­des für das Ver­ei­nig­te König­reich erhal­ten hat­te, nach­dem die­ses 1834 durch ein Feu­er zer­stört wor­den war. Pugin gilt als füh­ren­der Ver­tre­ter der Neu­go­tik. Er bekämpf­te den Klas­si­zis­mus als „heid­nisch“, dem er den goti­schen Stil als Aus­druck des Chri­sten­tums entgegensetzte.

Pugin, der Angli­ka­ner war, kon­ver­tier­te 1834 zur katho­li­schen Kir­che. Aus­schlag­ge­bend für sei­ne Ent­schei­dung war sei­ne Bewun­de­rung für die katho­li­sche Lit­ur­gie. Dazu schrieb Pugin:

Augu­stus Pugin (1812–1852)

„Wer eine so erha­be­ne Art zu beten und Gott zu ver­eh­ren hat, muß in der Wahr­heit sein, in der Wahr­heit der gött­lich­sten Art, an Gott und sei­nen Sohn Jesus Chri­stus zu glau­ben.“ Hier eini­ge sei­ner Wor­te: „(…) ich habe der unwi­der­steh­li­chen Kraft der Wahr­heit nicht lan­ge widerstanden.“

Es war das tie­fe und kon­sti­tu­ti­ve Band, das zwi­schen der Lex oran­di (der Regel des Betens) und der Lex cre­den­di (der Regel des Glau­bens) besteht, das ihn ergrif­fen hat. Eine Ver­bin­dung, die kon­sti­tu­tiv ist und die wir nie­mals ver­ges­sen dür­fen. Pugin schrieb auch:

„Ich lern­te die Wahr­heit der katho­li­schen Kir­che in den Kryp­ten der alten Kir­chen und Kathe­dra­len Euro­pas ken­nen. Einst hat­te ich die Wahr­heit in der moder­nen angli­ka­ni­schen Kir­che gesucht, und nun ent­deck­te ich, daß sie von dem Augen­blick an, als sie sich vom Zen­trum der katho­li­schen Ein­heit trenn­te, wenig Wahr­heit und kein Leben hat­te. Wer von der katho­li­schen Kir­che getrennt ist, ist von Chri­stus getrennt und eine vom Wein­stock abge­schnit­te­ne Rebe, die dazu ver­dammt ist, zu verdorren.“

Sein Grab fand Pugin 1852 in der von ihm ent­wor­fe­nen und auch finan­zier­ten St.-Augustinus-Kirche in Rams­gate (Kent), die er auf sei­nem Pri­vat­grund errichtete.

Der hei­li­ge Augu­sti­nus von Can­ter­bu­ry war von Papst Gre­gor dem Gro­ßen 597 zur Mis­sio­nie­rung der Sach­sen und Angeln nach Eng­land ent­sandt wor­den. Er ließ in Can­ter­bu­ry sei­ne Bischofs­kir­che errich­ten und wur­de nach sei­nem Tod eben­dort bestat­tet. Das Grab wur­de zu einem der bedeu­tend­sten Wall­fahrts­or­te Eng­lands, wes­halb es König Hein­rich VIII. nach sei­nem Bruch mit Rom 1536 zer­stö­ren ließ. 

Zu Ehren die­ses „Apo­stels von Eng­land“ erbau­te Pugin die Augu­sti­nus­kir­che in Rams­gate, wo der Hei­li­ge am Beginn sei­ner Mis­si­ons­rei­se an Land gegan­gen war. Es war weit­um die erste katho­li­sche Kir­che seit der Refor­ma­ti­on. Pugin errich­te­te sie geostet, weil der Prie­ster, wie er selbst aus­führ­te, wäh­rend der Hei­li­gen Mes­se dem Son­nen­auf­gang zuge­wandt ist als Sym­bol der Ankunft des Herrn Jesus Chri­stus als Licht der Welt.

Pug­ins Wunsch ent­spre­chend wur­den 1856 vom Erz­bi­schof von Southwark Bene­dik­ti­ner an die Kir­che beru­fen und für sie ein Klo­ster errich­tet. 1880 ging der Gesamt­be­sitz, gemäß Pug­ins Ver­fü­gung, an das Erz­bis­tum über.

Die Bene­dik­ti­ner ver­lie­ßen 2011 aller­dings wegen Beru­fungs­man­gels den Ort wie­der. Zum 200. Geburts­tag Pug­ins erhob aber 2012 der Erz­bi­schof von Southwark die Augu­sti­nus­kir­che von Rams­gate, fast 500 Jah­re nach der Zer­stö­rung sei­nes Gra­bes, zum Hei­lig­tum des hei­li­gen Augu­sti­nus von Can­ter­bu­ry. Die Ora­to­ria­ner von Oxford über­ga­ben dafür eine Reli­quie des Hei­li­gen, von denen eini­ge erhal­ten geblie­ben sind, weil sie bereits vor den Zer­stö­run­gen durch Hein­rich VIII. in ande­ren Kir­chen auf­be­wahrt wurden.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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