Gleich vorweg eine Frage: Haben Sie in den Mainstream-Medien, beispielsweise in den Abendnachrichten, schon davon gehört oder gelesen, daß Großbritanniens neue Labour-Regierung jenes Gesetz außer Kraft gesetzt hat, das die Meinungsfreiheit an den Universitäten schützen soll? Keir Starmer, der neue Premierminister der Labour-Partei, erhielt bei den Parlamentswahlen zwar nur 34 Prozent der Stimmen, kann den Inselstaat aber mit absoluter Mandatsmehrheit regieren. Einen Tag nach den Unterhauswahlen am 4. Juli wurde Starmer vom britischen König zum Premierminister ernannt. Am Parlament vorbei blockierte er Ende Juli den Higher Education (Freedom of Speech) Act, noch bevor dieser in Kraft treten konnte.
Die neue Bildungsministerin Bridget Phillipson (Labour) erklärte Ende Juli kurzerhand auf der Internetseite ihres Ministeriums, daß das von der konservativen Vorgängerregierung verabschiedete Gesetz zum Schutz der Meinungsfreiheit, das Studenten und Dozenten vor woker Repression schützen soll, nicht wie geplant am 1. August in Kraft treten werde. Und so war es dann auch. Die Regierung, so Phillipson, prüfe vielmehr die gänzliche Aufhebung des Gesetzes.
Linke Studentenorganisationen, die sich in den vergangenen Jahren besonders aktiv hervortaten, um ihnen nicht genehme Stimmen an den Universitäten mundtot zu machen, feierten die Entscheidung der Labour-Regierung. Auch einige jüdische Organisationen applaudierten, da sie der Meinung sind, das Gesetz der Konservativen zum Schutz der Meinungsfreiheit könnte es auch Holocaust-Leugnern ermöglichen, ihre Ideen unter Studenten zu verbreiten. Wie kurz gedacht. Meinungsfreiheit ist ein gefährdetes Gut, das uneingeschränkt gelten muß. Die Grenzen sind klar gezogen: Aufrufe zu Straftaten werden von Amts wegen verfolgt. Gegen persönliche Beleidigungen oder Ehrabschneidungen können Betroffene Anzeige erstatten.
Wer zusätzliche ideologische Grenzen einzieht, öffnet eine Büchse der Pandora. Einmal begonnen, werden die Einschränkungen immer umfangreicher und damit die Meinungsfreiheit immer kleiner. Die woke Linke versucht nicht nur die Deutungshoheit zu behaupten, sondern ein Monopol zu installieren. Genau dagegen hatten die Tories das Gesetz zum Schutz der Meinungsfreiheit erlassen, und sie taten das explizit für die Universitäten, wo die politische Linke besonders radikal wütet.
Wenn ein Redner spricht, dessen Meinung man nicht teilt, kann man ihn ignorieren oder an der Veranstaltung teilnehmen und sich bei der Diskussion zu Wort melden. Die Linke bevorzugte allerdings schon Ende der 60er Jahre den radikalen, gewaltsamen Weg. Ihre Anhänger brüllten Redner nieder, sprengten ungewollte Veranstaltungen, behinderten den Zutritt zu den Vortragssälen oder besetzten diese einfach. Das sind Formen der Gewalt. So waren die ganzen 70er Jahre geprägt. Danach wurde es ruhiger. Doch das ist schon wieder Schnee von gestern. Die Namen und Symbole der linken Gruppen und Organisationen haben sich geändert, der Geist ist jedoch derselbe. Wie konnten sie den Zusammenbruch des realen Sozialismus 1989/90 überleben? Die Antwort ist ebenso tragisch wie einfach. Das Großkapital und deren liberales Vorfeld haben die am Boden zerstörte Linke wieder auf die Beine gestellt und sie zu ihrem Stiefelknecht gemacht. Das ist das große Tabu der 90er Jahre, über das kaum einmal gesprochen wird. Ein Prozeß, der ohne Zustimmung aus den USA undenkbar gewesen wäre, begünstigt durch das dort ganz andere Parteiensystem.
Das Gesetz zum Schutz der Meinungsfreiheit war nicht zuletzt von Universitätsdozenten an die Konservative Partei herangetragen worden, weil manche an den Hochschulen einen Alptraum erleben und das allgemeine Meinungsklima immer mehr unter dem Druck einer linken Einheitsmeinung zu ersticken droht.
Phillipson betonte zwar, daß die neue Labour-Regierung die Meinungsfreiheit und die akademische Freiheit verteidige, doch das Gesetz zum Schutz der Meinungsfreiheit der Tories sei „nicht zweckmäßig“ und berge die „Gefahr unsere Weltklasse-Universitäten ernsthaft zu belasten“. Dies begründete die Labour-Ministerin nicht anders als jene linken Organisationen, die der Außerkraftsetzung lautstark applaudieren, also genau jene, die maßgeblich dazu beitragen, die Meinungsfreiheit an den Universitäten abzuschnüren.
Phillipson erklärte, daß das Tory-Gesetz, sollte es in Kraft treten, die Universitäten darin einschränken würde, Holocaust-Leugner wie David Irving, Impfgegner wie Andrew Wakefield und Rechtsextreme wie Tommy Robinson auszuschließen. Diese könnten dann ihre „Haßreden“, so die Ministerin, an den Universitäten verbreiten. Deshalb habe sie „schnell angeordnet“, das Gesetz noch vor seinem Inkrafttreten zu blockieren.
Die linke Ministerin scheint noch nie davon gehört zu haben, daß Meinungsfreiheit eben gerade bedeutet, Meinungen ertragen zu müssen, die einem nicht genehm sind. Wer dieses Recht mißbraucht, dem drohen ohnehin das Strafrecht und möglicherweise auch das Zivilrecht.
Wer so argumentiert wie Phillipson, will die Meinungsfreiheit einschränken, und das geschieht nie gegen die eigene Meinung, sondern immer gegen die Meinung anderer. Das bewiesen linke Studentengruppen, die gegen das Gesetz agitierten, indem sie behaupten, es wolle ihnen ihre Meinung verbieten. In der Tat sollte es, so die Intention, linke Gruppen daran hindern, anderen die Meinung zu verbieten. Bei einer Demonstration gegen das Gesetz wurde ein Transparent gezeigt, auf dem behauptet wurde, Meinungsfreiheit bedeute eine Repression der Universitäten.
Die Methode ist altbekannt: Stückweise wird versucht die Meinung der Gegenseite auszugrenzen. Damit sichert man für sich selbst einen immer größeren Anteil am kleiner werdenden Spektrum der geduldeten Meinungen. Auf diese Weise konnte es dazu kommen, daß heute in der Bundesrepublik Deutschland Meinungen als „extremistisch“ verunglimpft und ausgegrenzt werden, die noch in den 80er Jahren die offizielle Linie von CDU und CSU waren. Zudem geschieht gleiches nicht auch umgekehrt für Meinungen der politischen Linken, womit die Stoßrichtung unzweideutig feststeht.
Saranya Thambirajah von der National Union of Students feiert die Labour-Entscheidung, denn man habe schon gefürchtet, daß das Gesetz zum Schutz der Meinungsfreiheit die Universitäten „weiter spaltet“. Wer vom linken Meinungskanon abweicht, der „spaltet“. Die Regierung habe „eine klare Botschaft ausgesandt“, so die Studentenvertreterin, „daß sie weder mit der Meinungsfreiheit noch mit der Aufstachlung zum Haß Politik machen wird“. So kann man die Dinge verdrehen. Genau das aber ist Meinungsfreiheit und muß ertragen werden. Das kann aber nur dann funktionieren, wenn eine Gegenmeinung entgegengehalten und die Verdrehung aufgedeckt werden kann. Genau das aber will die woke Linke unterbinden. Sie will ihr Narrativ als Monopol durchsetzen. Widerrede wird nicht geduldet, sondern muß mit Verboten, mit Gesetzen, mit Hilfe der Staatsmacht ausgemerzt werden. Der Staat soll es im Namen der Linken tun, damit man sich die Hände nicht schmutzig machen muß und aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols eine weit höhere und flächendeckende Effizienz erreicht. Der Staat wird als Diener einer politischen Richtung mißbraucht.
Labour hat den Dozenten und Studenten an den Hochschulen den erhofften Schutz entrissen, noch bevor dieser wirken konnte. Zu immer mehr Themen rufen linke Organisationen zum Totalangriff. Das bedeutet Diskreditierung, Ausgrenzung, soziale Ächtung und findet oft nur ein Ende, wenn es zu Entlassungen kommt. Wer zur Transgender-Ideologie kritische Anmerkungen wagt, ist auch in Oxford nicht mehr geschützt. Eine christliche Position zu Homo- und Gender-Fragen ist wie der Gang zu den Löwen in der römischen Arena. In Schottland kommt man dafür schon ins Gefängnis. Andersdenkende werden regelrecht eliminiert, sprich mundtot gemacht und bestraft. Das Instrumentarium dafür ist der Aktivismus radikaler Studentengruppen gegen Dozenten, oft unterstützt durch sympathisierende Dozentenkollegen und schließlich eine Hochschulleitung, die sich bereitwillig dem linken Meinungsdiktat beugt.
Ob internationale Politik, ob Klima-Ideologie, ob Cancel Culture, ob Corona-Kritik, ob Genderismus, der studentische Mob, der allein seine Meinung gelten lassen will, ist schnell zur Stelle. Gerät ein Dozent erst einmal ins Visier, gibt es oft keinen Halt mehr, bis der „Gegner“ nicht von der Universität vertrieben wurde. Die Universitäten hätten ausreichend Mittel in der Hand, um selbst für Ordnung an ihren Einrichtungen zu sorgen. Doch das geschieht nicht. Zu stark ist der linke Einfluß in den Universitätsgremien.
Gavin Williamson, der konservative Bildungsminister, der das Gesetz 2021 einbrachte, sagte nun:
„In den vergangenen 30 Jahren haben wir erlebt, wie die Möglichkeiten von Studenten und Dozenten, sich an den Universitäten frei zu äußern, immer mehr eingeschränkt wurden. Das Gesetz zur freien Meinungsäußerung sollte den immer stärker werdenden Einschränkungen der Meinungsfreiheit entgegenwirken. Es ist zutiefst beunruhigend, daß die Labour-Regierung nicht erkennt, daß die freie Meinungsäußerung etwas ist, für das es sich zu kämpfen lohnt und das es verdient, verteidigt zu werden.“
Ähnlich äußerte sich die konservative Abgeordnete Claire Coutinho, die bis Juli Energieministerin der Tory-Regierung war, in einem Gastkommentar im Daily Telegraph:
„Die Labour-Partei hat uns bei jedem Schritt [zur Einführung des Gesetzes zum Schutz der Meinungsfreiheit] bekämpft. Sie sorgten sich mehr um die Arbeitsbelastung der Universitätsverwaltung als um die Bedürfnisse der Studenten und Akademiker, deren Redefreiheit beschnitten worden war: deren Vorlesungen gestrichen wurden, denen die Studienplätze entzogen wurden und deren Karrieren im schlimmsten Fall ruiniert wurden. Aus welchem Grund? Weil sie Meinungen vertraten, die weder haßerfüllt noch illegal, sondern einfach nur umstritten waren. Dies sollte uns nicht überraschen. Die Welt, die sich die radikale Linke wünscht, ist eine, in der keine Debatte erlaubt ist.“
Die Daily Mail kommentierte:
„Weit davon entfernt, die Meinungsfreiheit zu befürworten, deutet diese deprimierende Entscheidung darauf hin, daß die Labour-Partei zufrieden ist, wenn alle Stimmen, die ihr mißfallen, gnadenlos zum Schweigen gebracht werden.“
Der Daily Telegraph schrieb:
„In den vergangenen Jahren haben wir zu viele Beispiele von Akademikern gesehen, die verfolgt wurden, weil sie Ansichten äußerten, die der linken Orthodoxie widersprachen. Ein bemerkenswertes Beispiel ist der Rücktritt von Kathleen Stock als Philosophieprofessorin an der Universität von Sussex nach einer ‚Hexenjagd‘ wegen ihrer Ansichten zu Transgender-Fragen. Solche Vorfälle stehen in direktem Widerspruch zum Zweck der Universität als Raum der freien Forschung; Akademiker müssen in die Lage versetzt werden, schwierige Fragen stellen zu können und bei ihrer Suche nach der Wahrheit zu unbequemen Schlußfolgerungen zu gelangen. Der klare rechtliche Schutz, den das Gesetz bietet, hätte ihnen die Sicherheit gegeben, dies zu tun. Es ist zutiefst bedauerlich, daß Phillipson sich entschieden hat, diesen Schutz zu schwächen und die Kontrolle über unsere Universitäten den linken ‚Kulturkriegern‘ zu überlassen.“
In die gleiche Kerbe schlug die Times:
„Intellektueller Fortschritt erfordert die Artikulation von Ansichten und Ideen, die für die Verfechter der jeweils vorherrschenden Meinung unbequem, ja sogar beleidigend sind. Wenn solche Ansichten falsch sind, können sie widerlegt werden. Wenn sie jedoch legitim sind und in gutem Glauben vorgetragen werden, sollten sie der Anfang einer Debatte sein, nicht das Ende. Dieser Grundsatz ist vor allem dort wichtig, wo es am schwierigsten ist, nämlich bei hochemotionalen Diskussionen über Themen wie geschlechtsspezifische Rechte, Klimapolitik oder öffentliche Gesundheit. Andernfalls würde das menschliche Wissen zum Stillstand kommen.“
Die Times bezeichnete die von Labour angedachte Aufhebung des Gesetzes als „Fehler“. Ein „noch größerer Fehler“ wäre es, auf Ministerebene zu entscheiden, das Gesetz einfach zu beseitigen, ohne das Parlament zu konsultieren. „Das sollte keine Entscheidung der Regierung sein. Wenn Bildungsministerin Bridget Phillipson wirklich der Meinung ist, daß dieses Gesetz unnötig ist, sollte sie ihre Argumente den Parlamentariern und der Öffentlichkeit darlegen.“
Laut einer Studie des King’s College London haben 43 Prozent der britischen Studenten Angst, ihre Meinung an der Universität zu äußern.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
Man wagt ja schon längst nicht mehr zu sagen, was man wirklich denkt. In Deutschland ist jede andere als eine linke Meinung rechtsradikal, rassistisch, homophob oder eine Verschwörungstheorie. In den Kindergärten und Schulen werden schon die Jüngsten entsprechend indoktriniert und man hat zu kämpfen, das Schlimmste von den Kindern abzuwenden.
Ich denke oft, Gott gibt uns durch diese schreckliche Zeit, in der es für Katholiken immer schwieriger wird, den Glauben nicht nur zu bekennen sondern danach wirklich zu leben, um vollkommenes Vertrauen und vorbehaltlose Hingabe an Gott zu lernen, denn denen, die Gott lieben, gereicht doch alles zum Besten.