
Im Tagesbulletin des Presseamtes des Heiligen Stuhls erschien gestern eine bemerkenswerte Notiz des Dikasteriums für die Evangelisierung, das von Kardinal Luis Antonio Tagle geleitet wird. Darin wird klargestellt, daß es im bevorstehenden Heiligen Jahr 2025 nur vier Heilige Pforten geben wird und sich alle vier in Rom befinden werden.
Jede der vier Patriarchalbasiliken oder Papstbasiliken in Rom verfügt über eine Heilige Pforte, auch Porta Domini, „Tür des Herrn“, genannt. Diese sind zugemauert und werden nur alle 25 Jahre für ein Heiliges Jahr geöffnet. Das nächste Heilige Jahr beginnt am kommenden 24. Dezember. Das geschieht um 16:30 Uhr mit einer feierlichen Zeremonie, bei der Papst Franziskus die Heilige Pforte des Petersdoms öffnen wird.
Mit Blick auf dieses Heilige Jahr gingen im Vatikan mehrere Anfragen von bedeutenden internationalen Heiligtümern ein, die um Erlaubnis ersuchten, daß auch sie eine Heilige Pforte einrichten dürfen. Im außerordentlichen Heiligen Jahr der Barmherzigkeit 2016 hatte Papst Franziskus dazu eingeladen, weltweit in möglichst vielen Kirchen Heilige Pforten einzurichten. So gab es auch im deutschen Sprachraum Dutzende von Heiligen Pforten, in der Regel an allen Domkirchen, aber auch bedeutenden Wallfahrtskirchen und auch in ausgewählten Pfarreien. An allen konnte der Jubiläumsablaß gewonnen werden. Die Gewinnung des Jubiläumsablasses ist auch im bevorstehenden Heiligen Jahr nicht nur an den vier Papstbasiliken in Rom, sondern weltweit möglich. Das Durchschreiten einer Heiligen Pforte wird aber nur in Rom möglich sein. Die Kirchen, deren Besuch zur Gewinnung des Ablasses befähigt, werden von jenem Bischof für seine Diözese bestimmt. In der Regel handelt es sich dabei um die Bischofskirche, doch können noch weitere Kirchen hinzugefügt werden.
Die Regelung von 2016 sorgte nun offenbar für einige Verwirrung, denn für das ordentliche Heilige Jahr 2025 sieht es anders aus. Wie Rom gestern, 146 Tage vor Beginn des Heiligen Jahres, klarstellte, wird es nur die vier historischen Heiligen Pforten an den päpstlichen Basiliken geben. In der gestrigen Erklärung heißt es:
„In dieser Hinsicht wird es als notwendig erachtet, trotz der sensiblen Berücksichtigung der pastoralen und andächtigen Beweggründe, die zu diesem lobenswerten Anliegen geführt haben mögen, an die präzisen Angaben in der Bulle Spes non confundit, der Indiktion des Jubiläums 2025, zu erinnern, die als Heilige Pforte die des Petersdoms und der drei anderen päpstlichen Basiliken, nämlich des Lateranpalastes, der Basilika St. Maria und der Basilika St. Paul vor den Mauern, bezeichnet, mit Ausnahme des vom Papst geäußerten Wunsches, persönlich eine Heilige Pforte in einem Gefängnis öffnen zu wollen.“
Im Petersdom ist die Heilige Pforte die letzte Tür ganz rechts im Atrium der Basilika. Sie ist der Ort, den die Gläubigen durchschreiten müssen, um das Heil zu erlangen. Sie ist eine Vorwegnahme der Porta caeli, der Himmelspforte, die zum ewigen Leben in der Glückseligkeit der Anschauung Gottes führt. Die Heilige Pforte symbolisiert einen Akt der Reinigung durch die Gewinnung des Jubiläumsablasses, mit dem die Sündenstrafen getilgt werden. Es ist ein Akt der Vorbereitung, um im Moment des Todes direkt oder zumindest schneller in das Himmelreich gelangen zu können. Die Reinigung von Sündenschuld ist die Voraussetzung, um in den Stand der Gnade zu gelangen, der allein den Zugang zum ewigen Leben ermöglicht. Sie erfolgt im Bußsakrament durch die Beichte. Die Sünde verlangt aber oft auch Wiedergutmachung, weshalb mit ihr Sündenstrafen verbunden sind. Da nichts Unreines in das Himmelreich eingehen kann, bedarf es zuvor der Läuterung. Diese Läuterung muß, selbst wenn ein Mensch nach seinem Tod beim Partikulargericht gerettet ist, im Fegefeuer abgebüßt werden, ehe der Einlaß in den Himmel gewährt wird. Der zu den Heiligen Jahren gewährte Jubiläumsablaß befreit von diesen Sündenstrafen und geht auf alttestamentliche Vorbilder zurück.

Am 24. Dezember wird Papst Franziskus mit einer feierlichen Zeremonie die Heilige Pforte des Petersdoms öffnen. Er wird vor der zugemauerten Pforte beten und sollte dabei auch niederknien. Ob es dazu kommen wird, wird man sehen. Eindrücklich sind die Bilder in Erinnerung, als der bereits durch Krankheit schwer gezeichnete Johannes Paul II. zur Eröffnung des Heiligen Jahres 2000 an jenem 25. Dezember unter Mühen niederkniete.
Dann wird Franziskus mit einem Hammer dreimal auf die Mauer schlagen und die Worte sprechen: „Gib, o Gott, daß Deine Kirche mit Freude den günstigen Augenblick erlebt, in dem Du gewünscht hast, diese Tür für Deine Gläubigen zu öffnen, damit sie eintreten und ihre Gebete zu Dir erheben können, damit sie, nachdem sie die Vergebung, den Ablaß und den vollständigen Erlaß der Sünden erlangt haben, ein Leben nach dem Evangelium führen.“
Die Ursprünge des Heiligen Jahres oder Jubeljahres gehen auf eine alte israelitische Tradition zurück, nach der alle fünfzig Jahre ein Jahr des Landfriedens mit der Rückgabe beschlagnahmter Ländereien und der Befreiung von Sklaven begangen wurde; zu Beginn des Festes wurde ein Widderhorn, hebräisch Jobel, geblasen. Das erste Jubeljahr der heiligen Kirche wurde im Jahr 1220 gefeiert, damals als Pilgerfahrt zum Grab des heiligen Thomas Becket. Der Erzbischof von Canterbury und Lordkanzler von England war wegen seiner Treue zur Kirche in seiner Kathedrale von Gefolgsleuten des englischen Königs Heinrich II. erschlagen worden. Beckets Grab wurde zu einem Wallfahrtsort, der jenem in Santiago de Compostela nicht nachstand. Die Einführung regelmäßiger Heiliger Jahre ist auch in einem Zusammenhang mit dem Untergang der Kreuzfahrerstaaten im Nahen Osten zu sehen. Deren Ende erschwerte den Zugang zu den heiligen Stätten im Heiligen Land erheblich. So wurde die Pilgerfahrt zu den Apostelgräbern in Rom zu einer erreichbaren, da weniger gefährlichen und weniger teuren Alternative.
Im Jahr 1300 verkündete Papst Bonifatius VIII. daher das erste ordentliche Heilige Jahr der Kirchengeschichte, indem er der wachsenden Schar von Pilgern, welche mit ihren Anliegen die Apostelgräber aufsuchten, einen besonderen Ablaß gewährte. Das Heilige Jahr, so sein Wille, sollte sich alle hundert Jahre wiederholen. Wegen zahlreicher Bitten, daß diese Zeitspanne viel zu lang sei und jedes Lebensalter überschreite, also für viele Menschen unerreichbar bleibt, wurde die Häufigkeit schnell auf 50 Jahre, dann auf 33 Jahre und schließlich seit 1475 auf 25 Jahre reduziert.
Die erste Heilige Pforte, um die Gewinnung des Jubiläumsablasses auch durch einen physischen Akt zu vollziehen, wurde 1423 von Papst Martin V. in der römischen Bischofskirche San Giovanni in Laterano eröffnet. Mit Martin V. konnte das Abendländische Schisma überwunden werden, jene schreckliche Zeit, in der es zwei, zeitweise sogar drei konkurrierende Päpste gab. Solche Pforten wurden dann in allen vier Patriarchalbasiliken eingerichtet.
Bis 1975 waren die vier Heiligen Pforten auf beiden Seiten zugemauert. Papst Paul VI. bestimmte dann, daß nur mehr die Innenseite zugemauert wird, während die Außenseite ständig sichtbar bleibt.
Der Jubiläumsablaß ist ein vollkommener Ablaß. Um ihn zu gewinnen, müssen die Gläubigen eine gültige Beichte ablegen, wobei die Beichtväter im Heiligen Jahr besondere Vollmachten erhalten, auch von Sünden und Kirchenstrafen loszusprechen, deren Lossprechung ansonsten den Bischöfen oder dem Papst vorbehalten sind. Sie müssen dann die Heilige Kommunion empfangen und eine der Heiligen Pforten durchschreiten.
Die Heiligen Pforten in den anderen drei Papstbasiliken werden von Franziskus in den Tagen nach dem 24. Dezember geöffnet werden, jene in San Giovanni in Laterano am 29. Dezember, jene in Santa Maria Maggiore am 1. Januar und schließlich jene in San Paolo fuori le mura am 5. Januar. Vor dem Konzil wurden alle Heiligen Pforten zeitgleich geöffnet: im Petersdom durch den Papst, in den anderen drei Basiliken durch Päpstliche Delegaten.
Zu den genauen Bestimmungen zur Gewinnung des Jubiläumsablasses siehe die Verkündigungsbulle Spes non confundit.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Avvenire/Wikicommons (Screenshot)