Erneut tränte in der mexikanischen Erzdiözese Morelia eine Mariendarstellung. Am 2. Juni hatte die Statue Unserer Lieben Frau von Guadalupe in einem Privathaus erstmals geweint (Katholisches.info berichtete: Fordern Bluttränen einer Marienstatue Rom heraus?). Nun folgte ein zweites Ereignis.
Das Bildnis der Jungfrau von Guadalupe im Stadtteil Obrera in der Stadt Morelia weinte am 13. Juni erneut, aber diesmal keine Bluttränen, sondern „kristallklare Tränen“, wie Gläubige berichten, die das Ereignis miterlebt haben.
Laut den Zeugenberichten ereignete sich das Phänomen unvermittelt um 13 Uhr und wurde in einem kurzen Video festgehalten.
Seitdem Miguel Ángel Melchor Raya, in dessen Haus die Statue steht, am 2. Juni die Nachricht von der „tränenden Madonna“ bekanntmachte, strömen immer mehr Gläubige und Schaulustige nach Obrera. Er verweist auch auf erste Gebetserhörungen durch die Guadalupana, wie die Mexikaner Unsere Liebe Frau von Guadalupe nennen, die ihm von Menschen berichtet werden.
In den Tagen zwischen den beiden Phänomenen waren von der Erzdiözese Morelia beauftragte Experten in sein Haus gekommen, um Proben der Flüssigkeit zu nehmen, die am 2. Juni an der Statue festgestellt wurden. Das Haus von Miguel Ángel Melchor Raya, der beteuert, sich nicht erklären zu können, warum der Himmel seine Marienstatue für eine solche Manifestation ausgewählt haben könnte, steht für alle offen, ob einfache Menschen oder Experten, die die Echtheit des Ereignisses überprüfen wollen.
Diese scheint eine Herausforderung für die jüngst erlassenen neuen römischen Normen für übernatürliche Phänomene zu sein, weshalb ein erhöhtes Interesse an der Entwicklung in Morelia besteht, die im Digitalzeitalter ganz öffentlich stattfindet – im Gegensatz zu einer Reihe von angeblichen Botschaften der vergangenen Jahre, deren Provenienz völlig undurchsichtig ist.
Der Blog Secretum meum mihi kommentierte die Ereignisse mit einem sarkastischen Seitenhieb: Es verstehe sich von selbst, daß man skeptisch sei, allerdings weniger in bezug auf das Phänomen von Morelia, sondern mehr in bezug auf die möglichen Reaktionen der Behörden.
Der Seitenhieb richtet sich gegen die neuen römischen Normen, die von Kardinal Victor Manuel Fernández, dem Präfekten des Glaubensdikasteriums unterzeichnet und von Papst Franziskus gebilligt wurden. Sie sehen in einer ganze Reihe von Abstufungen die Ablehnung einer Übernatürlichkeit vor, aber keine, mit der die Übernatürlichkeit anerkannt wird. Kritiker stellen seither die Frage, ob für Santa Marta die Möglichkeit einer übernatürlichen Provenienz eines Phänomens nicht mehr existiert, also Rom selbst diese Möglichkeit ausschließt, wie es Kirchenfeinde mit viel Spott und Polemik seit 250 Jahren tun.
In Morelia wurden jedenfalls zwei neue Videos veröffentlicht. In diesen erklärt Pfarrer José de Jesús Alcázar, genannt Don Chuy, von der Pfarrei zur heiligsten Dreifaltigkeit, in der sich das Haus von Miguel Ángel Melchor Raya befindet, das erste Phänomen vom 2. Juni. Der Pfarrer gibt auch ein erstes Untersuchungsergebnis bekannt, laut dem es sich bei den an der Statue entnommenen Proben tatsächlich um Menschenblut, um „nicht kontaminiertes Blut“ eines Menschen, handelt.
Das Presseamt der Erzdiözese Morelia betonte gleich darauf, daß es sich dabei um eine Erklärung des Pfarrers handle. Die Diözese sei von dem Video vorab nicht informiert worden. Das Erzbistum behalte sich eine Stellungnahme zu einem späteren Zeitpunkt vor, sobald weitere Untersuchungsergebnisse vorliegen werden.
Beginnt ein wenig zuträgliches, da Verwirrung stiftendes und von anderen Orten bekanntes Katz-und-Maus-Spiel innerhalb der Kirche? Weiß die Rechte nicht, was die Linke tut?
Der Umstand, daß Pfarrer Alcázar die Gläubigen nicht entmutigte, nach Obrera zu kommen, um das Haus von Miguel Ángel Melchor Raya aufzusuchen – vielmehr scheint der Pfarrer recht begeistert von den Ereignissen –, könnte zu der distanzierten Reaktion der Erzdiözese beigetragen haben.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Facebook (Screenshot)