In einer Woche mehr Interviews als Ratzinger in 24 Jahren

Der redselige neue Glaubenspräfekt


Der neuernannte Glaubenspräfekt steht nicht im Ruf eines großen Theologen. Als sein Hauptkapital gilt das Vertrauen von Papst Franziskus, dessen Ghostwriter er seit bald 20 Jahren ist. Dieses Manko scheint durch Gesprächigkeit wettgemacht werden zu sollen.
Der neuernannte Glaubenspräfekt steht nicht im Ruf eines großen Theologen. Als sein Hauptkapital gilt das Vertrauen von Papst Franziskus, dessen Ghostwriter er seit bald 20 Jahren ist. Dieses Manko scheint durch Gesprächigkeit wettgemacht werden zu sollen.

(Rom) Msgr. Vic­tor Manu­el Fernán­dez, ernann­ter Prä­fekt des römi­schen Glau­bens­dik­aste­ri­ums sowie ernann­ter Kar­di­nal – Amt und Wür­de wer­den ihm im Sep­tem­ber über­tra­gen – redet so viel, „daß er in einer Woche mehr Inter­views gege­ben hat als Ratz­in­ger in 24 Jah­ren“, so Matteo Mat­zuzzi, der Chef­re­dak­teur der ita­lie­ni­schen Tages­zei­tung Il Foglio.

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In sei­ner Kolum­ne „Spi­na di Bor­go“ („Bor­go-Sta­chel“, eine Anspie­lung auf den römi­schen Stadt­teil Bor­go, der in der Anti­ke den Ager Vati­ca­nus umfaß­te) schrieb Mat­zuzzi gestern:

„Der neue Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für die Glau­bens­leh­re, Mon­si­gno­re Víc­tor Manu­el Fernán­dez, der kurz vor dem Kar­di­na­lat steht, gibt ein Inter­view nach dem ande­ren. Jeden Tag ein oder zwei, für die Medi­en aus allen Tei­len der Welt. Und in allen recht­fer­tigt er sich, ver­sucht zu beru­hi­gen, zählt Ver­öf­fent­li­chun­gen und Lebens­läu­fe auf, ver­tei­digt den Papst und sagt, daß die­je­ni­gen, die ihn angrei­fen, in Wirk­lich­keit Fran­zis­kus angrei­fen. Er hat so viel gere­det, und zwar über alles, von der Seg­nung homo­se­xu­el­ler Paa­re – die für vie­le Inter­view­er das ent­schei­den­de Glau­bens­the­ma in die­sem drit­ten Jahr­tau­send gewor­den zu sein scheint, man könn­te fast sagen, eine fixe Idee – bis zu den Syn­oden, von den neu­en Her­aus­for­de­run­gen bis zur Bos­haf­tig­keit des Hei­li­gen Offi­zi­ums in einer ver­gan­ge­nen Epo­che und den „unmo­ra­li­schen“ Metho­den sei­ner Vor­gän­ger. Bischof Fernán­dez redet so viel, daß er in einer ein­zi­gen Woche mehr Inter­views gege­ben hat als Joseph Ratz­in­ger im Lau­fe sei­ner vier­und­zwan­zig­jäh­ri­gen Amts­zeit an der Spit­ze der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on. Das ist ein Zei­chen von Schwä­che, eben­so wie die unge­wöhn­li­che Ver­öf­fent­li­chung einer Liste (fast) aller Wer­ke des neu­en Prä­fek­ten durch das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt. Die Biblio­gra­phie des hei­li­gen Tho­mas hät­ten sie nicht ver­öf­fent­licht. Das wird für gewöhn­lich getan, wenn es dar­um geht, der Öffent­lich­keit den Ein­druck zu ver­mit­teln, daß der Red­ner kein Par­ve­nü, son­dern ein qua­li­fi­zier­ter Exper­te auf dem Gebiet ist.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Il Foglio (Screen­shot)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

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