„Kardinal hat nicht verurteilt zu werden, er ist ein treuer Sohn Chinas und der Kirche“

Eine Verteidigung der grauen Eminenz der chinesischen Untergrundkirche


Kardinal Filoni verteidigt Kardinal Zen (rechts im Bild), an dem das kommunistische Regime ein Exempel statuieren will, in einem offenen Brief.
Kardinal Filoni verteidigt Kardinal Zen (rechts im Bild), an dem das kommunistische Regime ein Exempel statuieren will, in einem offenen Brief.

(Rom) Fer­nan­do Kar­di­nal Filoni, der Groß­mei­ster des Ordens vom Hei­li­gen Grab zu Jeru­sa­lem und eme­ri­tier­te Prä­fekt der Kon­gre­ga­ti­on für die Evan­ge­li­sie­rung der Völ­ker, der acht Jah­re lang in Hong­kong gelebt hat, ver­öf­fent­lich­te gestern im Avve­ni­re, der Tages­zei­tung der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, sein Zeug­nis zur Ver­tei­di­gung von Kar­di­nal Joseph Zen, dem 90jährigen eme­ri­tier­ten Bischof von Hong­kong, gegen den das kom­mu­ni­sti­sche Regime ein Urteil fäl­len will. Kar­di­nal Filoni schreibt dar­in: „Chi­na und die Kir­che haben in ihm einen treu­en Sohn, für den man sich nicht schä­men muß. Er for­dert die Frei­heit, die jedes ech­te poli­ti­sche und zivi­le System ver­tei­di­gen sollte.“

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„Kar­di­nal Zen hat nicht ver­ur­teilt zu wer­den. Hong­kong, Chi­na und die Kir­che haben in ihm einen hin­ge­bungs­vol­len Sohn, des­sen man sich nicht schä­men muß. Dies ist ein Zeug­nis für die Wahrheit.“

Kar­di­nal Zen steht in Hong­kong zusam­men mit fünf Ver­tre­tern der Demo­kra­tie­be­we­gung vor Gericht, weil sie angeb­lich einen Hilfs­fonds, des­sen Treu­hän­der sie waren, nicht ord­nungs­ge­mäß regi­striert hät­ten. Eine Affä­re, die zum Sym­bol in einer Stadt gewor­den ist, in der mehr als tau­send Regime­kri­ti­ker unter einem Vor­wand im Gefäng­nis sit­zen oder vor Gericht ste­hen. Durch den Angriff auf Kar­di­nal Zen will das Regime auch die chi­ne­si­sche Unter­grund­kir­che tref­fen, deren graue Emi­nenz und wich­tig­ster Ver­tei­di­ger der ehe­ma­li­ge Bischof von Hong­kong ist.

„In einem Pro­zeß gilt: ‚Wer spre­chen kann, soll spre­chen‘. Auch Jesus ent­zog sich dem nicht in einem Urteil, das die Geschich­te und das Leben eines Man­nes prä­gen soll­te, der Bewun­de­rung und tie­fe reli­giö­se Ach­tung erreg­te: Johan­nes der Täu­fer. Auch Jesus bezahl­te für sein Zeug­nis für die Wahr­heit: ‚Was ist Wahr­heit?‘, frag­te ihn Pila­tus iro­nisch in einem dra­ma­ti­schen Pro­zeß, in dem der Naza­re­ner beschul­digt wur­de, die Sou­ve­rä­ni­tät Roms zu ver­let­zen, und kurz vor der Ver­ur­tei­lung zum Tode stand. In die­sen Tagen fin­det ein wei­te­rer Pro­zeß statt. In Hong­kong. Eine Stadt, die ich sehr geliebt habe, weil ich dort über acht Jah­re lang gelebt habe.

1992 war Filoni für meh­re­re Jah­re vom Hei­li­gen Stuhl nach Hong­kong ent­sandt wor­den, um ein Stu­di­en­zen­trum zu eröff­nen, das die Lage der Kir­che in Chi­na beob­ach­ten sollte.

„Dort traf ich Pater Joseph Zen Ze-kiu, er war der Pro­vin­zi­al der Sale­sia­ner gewe­sen. Ein Chi­ne­se aus einem Guß, sehr intel­li­gent, scharf­sin­nig, mit einem gewin­nen­den Lächeln. Sie sag­ten mir immer: ‚Er ist ein Mann aus Shang­hai!‘ All­mäh­lich ver­stand ich die Bedeu­tung. Er hat sei­ne Iden­ti­tät nie verleugnet.“

Kar­di­nal Filoni ver­gleicht ihn mit Per­sön­lich­kei­ten wie dem gro­ßen Intel­lek­tu­el­len der Ming-Dyna­stie Xu Guang­qi und dem Jesui­ten­bi­schof Aloy­si­us Jin Luxi­an, bei­de aus Shanghai.

Shang­hai war „eine Stadt der Mär­ty­rer zur Zeit der Beset­zung im Nazi-Stil durch die Japa­ner.“ Auch die Fami­lie von Kar­di­nal Zen wur­de ein Opfer die­ser Gewalt. Sie ver­lor alles und muß­te fliehen. 

„Der jun­ge Zen hat die­se Erfah­rung nie ver­ges­sen und dar­aus die Kon­se­quenz sei­nes Cha­rak­ters und sei­nes Lebens­stils gezo­gen, sowie eine gro­ße Lie­be für Frei­heit und Gerech­tig­keit. Shang­hai war hel­den­haft, und sei­ne Söh­ne gal­ten als Hel­den, die selbst für das kom­mu­ni­sti­sche Regime fast unan­tast­bar waren. Kar­di­nal Zen ist einer der letz­ten Epi­go­nen die­ser Fami­li­en. Hel­den soll­ten nie­mals gede­mü­tigt wer­den. Das war auch die Men­ta­li­tät des chi­ne­si­schen Estab­lish­ments, so wie sie im Westen für die Opfer unse­res eige­nen Nazi-Faschis­mus gilt.“

Filoni erin­nert an die Jah­re, in denen der jetzt ange­klag­te Kar­di­nal in Semi­na­ren auf dem chi­ne­si­schen Fest­land unter­rich­te­te und die Ein­la­dung von Bischof Jin Luxi­an annahm:

„Er nahm zum Woh­le der Mär­ty­rer-Kir­che an, die aus ihrem Mar­ty­ri­um auf­stand und den Über­le­bens­weg such­te. Das war Fle­xi­bi­li­tät, nicht Nach­ge­ben. Er blick­te nach vor­ne und urteil­te nicht über die Men­schen: Das war sei­ne Lebens­phi­lo­so­phie. ‚Über poli­ti­sche Syste­me‘, sag­te er, „kann geur­teilt wer­den, und über sie dach­te er klar, aber über Men­schen nicht; das Urteil ist Gott vor­be­hal­ten, der die Her­zen der Men­schen kennt. Sei­ne Ach­tung und sein Ein­satz für die Per­son waren immer der Grund­pfei­ler sei­ner mensch­li­chen und prie­ster­li­chen Visi­on, und so ist es auch heu­te noch, auch wenn er in die­sen Tagen in Hong­kong vor Gericht steht.“

Kar­di­nal Filoni unter­streicht die „mora­li­sche und ideel­le Inte­gri­tät“, die Johan­nes Paul II. ver­an­laß­te, ihn zum Bischof, und Bene­dikt XVI., ihn zum Kar­di­nal zu ernennen.

„Man­che hal­ten ihn für ein wenig kan­tig, und wer wäre das nicht ange­sichts der Unge­rech­tig­keit und der For­de­rung nach Frei­heit, die jedes authen­ti­sche poli­ti­sche und zivi­le System ver­tei­di­gen sollte?“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wikicommons/​MiL

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1 Kommentar

  1. „Was ihr dem gering­sten mei­ner Brü­der getan habt, habt ihr mir getan.“ Kar­di­nal Zen ist einer der Brüder. 

    Ich hof­fe, das jeder, der dies liest ein Gebet für Kar­di­nal Zen spricht. 

    An die­ser Stel­le sei ange­merkt, ein Gebet für jeman­den ande­ren hellt das eige­ne Wesen für den gan­zen Tag auf. Ich ver­mis­se hier auf die­ser Sei­te Gebets­auf­ru­fe in kon­kre­ter Sache.

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