Richter mit ideologischen Scheuklappen

Die Tötung ungeborener Kinder wird mit Zähnen und Klauen verteidigt

Mensch von Anfang an. Ein Richter in Kentucky versucht dem Obersten Gerichtshof und der Wissenschaft zu trotzen, damit weiterhin ungeborene Kinder getötet werden können.
Mensch von Anfang an. Ein Richter in Kentucky versucht dem Obersten Gerichtshof und der Wissenschaft zu trotzen, damit weiterhin ungeborene Kinder getötet werden können.

(New York) Ein Rich­ter im Staat Ken­tucky lehnt den Beginn des Men­schen­le­bens ab der Emp­fäng­nis als „christ­li­chen und katho­li­schen Glau­ben“ ab, um die Tötung unge­bo­re­ner Kin­der recht­fer­ti­gen zu kön­nen. Die Ent­schei­dung ist eine direk­te Reak­ti­on auf das jüng­ste Urteil des Ober­sten Gerichts­hofs gegen die Abtreibung.

Die Höchst­rich­ter der USA kipp­ten am 24. Juni das unsäg­li­che Urteil Roe gegen Wade von 1973, auf des­sen Grund­la­ge fast 50 Jah­re lang die mil­lio­nen­fa­che Tötung unge­bo­re­ner Kin­der durch­ge­führt wurde.

Die Fein­de des Lebens rotie­ren seit­her. Das Urteil ist der mas­siv­ste Schlag gegen die Abtrei­bungs­lob­by. Die 50 Staa­ten der USA kön­nen nun die Abtrei­bungs­fra­ge selbst regeln. In einer gan­zen Rei­he von Staa­ten gibt es bereits lebens­freund­li­che Geset­ze, deren Inkraft­tre­ten bis­her durch das Urteil Roe gegen Wade blockiert war.

Rich­ter Mitch Per­ry vom Jef­fer­son Coun­ty Cir­cuit Court in Ken­tucky trotzt dem Ober­sten Gerichts­hof und der Wis­sen­schaft. Er lie­fer­te das Bei­spiel, zu wel­chen Scheu­klap­pen eine Ideo­lo­gie führt. Die Tötung unschul­di­ger unge­bo­re­ner Kin­der, das grau­sam­ste Ver­bre­chen unse­rer Zeit, wird von der Abtrei­bungs­lob­by und ihren will­fäh­ri­gen Hel­fern mit Zäh­nen und Klau­en verteidigt.

Mitch Per­ry blockier­te erneut das Inkraft­tre­ten zwei­er Staats­ge­set­ze zum Schutz des Lebens, die Abtrei­bungs­ver­bo­te ent­hal­ten. Bei­de Geset­ze wur­den 2019 vom Par­la­ment des Staa­tes Ken­tucky beschlos­sen. Ein Gesetz sieht ein Abtrei­bungs­ver­bot ab der sech­sten Schwan­ger­schafts­wo­che vor, ab dem Augen­blick, da der Herz­schlag des Kin­des nach­weis­bar ist. Das Gesetz wur­de so for­mu­liert, daß es auto­ma­tisch in Kraft tritt, sobald das Urteil Roe gegen Wade vom Ober­sten Gerichts­hof der USA gekippt wird. Das ist am 24. Juni gesche­hen und ver­setz­te die Abtrei­bungs­lob­by des Staa­tes in hel­le Aufregung.

Zwei Abtrei­bungs­kli­ni­ken und ein Abtrei­ber, dem eine der Tötungs­an­stal­ten gehört, brach­ten Ver­fas­sungs­be­schwer­de und Eil­an­trä­ge ein, mit einer einst­wei­li­gen Ver­fü­gung die bei­den in Kraft getre­te­nen Staats­ge­set­ze zu blockie­ren, bis die Fra­ge der Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit durch die Gerich­te ent­schie­den ist.

Indem Rich­ter Per­ry den Eil­an­trä­gen ent­sprach, ermög­licht er einst­wei­len nicht, daß eine bestimm­te Eis­sor­te ver­kauft, son­dern die Tötung unge­bo­re­ner Kin­der fort­ge­setzt wer­den kann. Das ist auf offen­sicht­li­che Wei­se sittenwidrig. 

„Die frag­li­chen Geset­ze über­neh­men die Auf­fas­sung eini­ger, aber nicht aller reli­giö­sen Tra­di­tio­nen, daß das Leben im Moment der Emp­fäng­nis beginnt“, schreibt Rich­ter Mitch Per­ry in einer am Frei­tag ver­öf­fent­lich­ten Stellungnahme.

Der Beginn des Men­schen­le­bens wird vom tötungs­af­fi­nen Rich­ter zum reli­giö­sen Glau­bens­satz von „Chri­sten und Katho­li­ken“ degra­diert, um damit die Hin­rich­tung wei­te­rer unge­bo­re­ner Kin­der, denn jede Abtrei­bung bedeu­tet den siche­ren Tod des Kin­des, recht­fer­ti­gen zu können.

Die Argu­men­ta­ti­on ist will­kür­lich und sub­jek­tiv und ver­sucht einen per­fi­den Zir­kel­schluß. Mitch Per­ry behaup­tet, daß die Tat­sa­che, daß der Mensch nicht irgend­wann zum Men­schen wird, son­dern Mensch ab der Emp­fäng­nis ist, nur eine „christ­li­che und katho­li­sche“ Über­zeu­gung sei. Dar­aus fol­gert er, daß der Staat aber nicht irgend­ein reli­giö­ses Bekennt­nis bevor­zu­gen dür­fe, son­dern „neu­tral“ sein müs­se. Die Tötung eines Men­schen ist aber nie „neu­tral“. Rich­ter Per­ry läster­te sogar etwas von einer angeb­lich „theo­kra­ti­schen Poli­tik“, wür­de das Lebens­recht respek­tiert wer­den. Der Rich­ter fol­gert schließ­lich, daß eine „erheb­li­che Wahr­schein­lich­keit“ gege­ben sei, daß das Abtrei­bungs­ver­bot gegen die in der Ver­fas­sung des Staa­tes Ken­tucky garan­tier­ten Rech­te „auf Pri­vat­sphä­re, glei­chen Schutz und Reli­gi­ons­frei­heit ver­sto­ße“. So wenig gilt ein Men­schen­le­ben selbst einem Rich­ter. Um eine sol­che Posi­ti­on durch­hal­ten zu kön­nen, muß das Kind aus­ge­blen­det wer­den, wie es die Abtrei­bungs­lob­by kon­se­quent tut. Das Kind, um das es geht, exi­stiert ein­fach nicht. Es wird ver­schwie­gen, geleug­net, igno­riert. Es wird sogar zum Haß­ob­jekt, zu einem Feindbild.

Per­ry behaup­tet mit dem „reli­giö­sen“ Trick („das Par­la­ment ist nicht befugt, die Dok­trin eines Glau­bens bevor­zugt her­aus­zu­grei­fen und zu bil­li­gen“) die Neu­tra­li­tät des Staa­tes zu wah­ren, setzt aber in Wirk­lich­keit die Abtrei­bung­ideo­lo­gie durch. Auf die­se Wei­se umgeht er vor allem die Fra­ge nach dem, was die Wis­sen­schaft dazu sagt.

Der knall­har­te Ego­is­mus ist Trumpf, obwohl es in der Abtrei­bungs­fra­ge um Leben oder Tod geht.

Erz­bi­schof Joseph F. Nau­mann von Kan­sas City, Vor­sit­zen­der des Pro-Life-Komi­tees der Ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz rief nach dem Per­ry-Urteil in Erin­ne­rung, daß die Leh­re der katho­li­schen Kir­che durch die Wis­sen­schaft gestützt wird.

„Dies war schon immer klar, und … die moder­ne Gene­tik bie­tet eine kla­re Bestä­ti­gung. Es hat sich gezeigt, daß vom ersten Augen­blick an das Pro­gramm des­sen, was die­ses Lebe­we­sen sein wird, fest­steht: eine Per­son, die­se indi­vi­du­el­le Per­son mit ihren cha­rak­te­ri­sti­schen Aspek­ten, die bereits fest­ste­hen. Bereits mit der Befruch­tung beginnt das Aben­teu­er eines mensch­li­chen Lebens, und jede sei­ner Fähig­kei­ten braucht Zeit, um ihren Platz zu fin­den und han­deln zu können.“

So unter­liegt ein Mensch von der Emp­fäng­nis bis zum Tod zwar einem stän­di­gen Ent­wick­lungs- und Alte­rungs­pro­zeß, aber er ist immer der­sel­be ein­zig­ar­ti­ge Mensch, den es in der gan­zen Mensch­heits­ge­schich­te kein zwei­tes Mal gibt.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Info­Ca­to­li­ca

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