
(Rom) Der Rotstift zwingt den Vatikan nach einem defizitären Corona-Jahr zu Sparmaßnahmen. Das bringt Änderungen auch beim Osservatore Romano, der Tageszeitung des Heiligen Stuhls.
Der Osservatore Romano, was soviel heißt wie Römischer Beobachter, ist so alt wie der aus der Nationalbewegung hervorgegangene geeinte italienische Staat. Am 1. Juli 1861 erschien seine erste Ausgabe. Zu den Gründern der Zeitung gehörte Marcantonio Pacelli, der Großvater des späteren Papstes Pius XII. Pacelli war von 1851 bis zum gewaltsamen Ende des Kirchenstaates 1870 dessen stellvertretender Innenminister. In dieser Funktion sah er die Notwendigkeit einer eigenen Tageszeitung, um den kirchenfeindlichen Strömungen entgegenzuwirken, die sich in Italien mit Hilfe ausländischer Kräfte, vor allem aus Frankreich und Großbritannien, ausbreiteten. Papst Pius IX. adelte den Juristen als Marchese di Acquapendente, später auch noch als Marchese di Sant’Angelo in Vado.
Zu ihrem 160. Erscheinungsjubiläum trifft die Zeitung nun Sparmaßnahmen. Vor wenigen Tagen gab der Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariats bekannt, daß die Corona-Maßnahmen dem Vatikan 2020 ein Defizit von 53 Millionen Euro einbrachten (siehe dazu auch Peterspfennig um 37 Prozent eingebrochen).
Mit dem 1. Juli wurde im Internet für alle italienischen Ausgaben des Osservatore Romano ein Abonnement eingeführt. Bis zum 30. September kann ein Vorzugsabonnement um 20 Euro erworben werden, anschließend wird es teurer. In einer Übergangsfrist bis zum 15. Juli sind die Seiten noch zugänglich, dann wird die Bezahlschranke vorgeschaltet, wie der seit 2018 amtierende Chefredakteur Andrea Monda mitteilt. Der Zugang wird nur mehr durch Abschluß eines Abonnements möglich sein.
Die Zeitung erscheint aktuell in acht Sprachen, darunter auch auf deutsch, und in verschiedenen Tages‑, Wochen- und Monatsausgaben. Hauptausgabe ist die italienische, die aus der Tageszeitung (Montag bis Samstag), einer Wochenausgabe und einer Sonntagszeitung besteht.

Schon seit einigen Jahren gibt es innerhalb der Kommunikationsverantwortlichen des Heiligen Stuhls unterschiedliche Meinungen zur Zukunft der Vatikanmedien. Dazu gehören Bestrebungen, den Osservatore Romano zu reduzieren. Die seit 1971 herausgegebene deutsche Ausgabe sollte nur mehr als digitale Wochenausgabe erscheinen, was aber abgewendet werden konnte. Im Abonnement sind seit 2014 eine gedruckte und eine digitale Ausgabe enthalten. Die 1980 gegründete polnische Ausgabe erscheint hingegen nur als digitale Monatsausgabe. Zu den Plänen, die bisher nicht durchgesetzt werden konnten, zählt die Idee, die gedruckte italienische Tageszeitungs-Ausgabe einzustellen und nur mehr als Internet-Zeitung herauszugeben.
Promotor dieser Sparmaßnahmen war Msgr. Dario Edoardo Viganò, der erste von Franziskus ernannte Präfekt des Kommunikationsdikasteriums (das damals noch Kommunikationssekretariat hieß) und nicht zu verwechseln mit Erzbischof Carlo Maria Viganò, dem ehemaligen Apostolischen Nuntius in den USA. Präfekt Viganò wollte die „Zeitung des Papstes“ wegen des Digitalzeitalters lieber heute als morgen zusperren. Er scheiterte jedoch, weil andere einen besseren Zugang zu Papst Franziskus hatten, und an sich selber. 2017 stürzte Viganò, weil er einen Brief von Benedikt XVI. manipuliert hatte, weshalb er seinen Posten räumen mußte. Papst Franziskus ließ ihn allerdings nicht fallen, sondern ernannte ihn zum formal ranghöchsten Berater desselben Dikasteriums. Seit dem Abgang von Dario Edoardo Viganò war der Fortbestand des Osservatore Romano vorerst gesichert.
Das Kommunikationssekretariat, von dem die Zeitung abhängt, verfügt für das Jahr 2021 über einen Haushalt von 43 Millionen Euro. Doch inzwischen brauen sich neue Wolken zusammen. Am vergangenen 24. Mai besuchte Papst Franziskus dieses Dikasterium, wo er vom amtierenden Präfekten Paolo Ruffini und Mitarbeitern begrüßt wurde. Bei dieser Gelegenheit äußerte das Kirchenoberhaupt Bedenken, daß die Reichweite der vatikanischen Medien im Vergleich zu den finanziellen Mitteln, die sie erhalten, zu wünschen übrig lasse. Dabei nannte Franziskus ausdrücklich Radio Vatikan und den Osservatore Romano.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Osservatore Romano/VaticanMedia (Screenshots)
Die Bezahlschranke soll Geld einbringen? Vielleicht wird sie nur zeigen, wie wenige diese Zeitung lesen wollen.
Ich denke nicht, dass nur Corona-Maßnahmen dem Vatikan 2020 ein Defizit von 53 Millionen Euro (siehe dazu auch Peterspfennig um 37 Prozent eingebrochen) einbrachten.
Die Menschen stimmen mit den Füßen ab, vielleicht stimmen sie auch mit den Spenden ab.