
(Madrid) Am 4. Mai fanden Regionalwahlen in der Autonomen Gemeinschaft Madrid statt, deren Ergebnis weitgehend unbeachtet blieb, aber von Bedeutung ist. Für das fehlende Medieninteresse ist nicht nur die Corona-Dauerpanik verantwortlich. Vielmehr scheint den Redaktionen das Wahlergebnis gleich doppelt zu mißfallen. Die Wähler bescherten der politischen Linken eine schallende Niederlage und erteilten radikalen Corona-Maßnahmen eine Absage.
Die Ausgangslage
Die Autonome Gemeinschaft Madrid umfaßt die spanische Hauptstadt sowie die Provinz Madrid und zählt 6,7 Millionen Einwohner. Sie wurde 1983 errichtet und ist eine der 17 autonomen Regionen Spaniens mit eigenem Parlament und eigener Regierung. Seit 1995 wird die Autonome Gemeinschaft Madrid vom Partido Popular (PP) regiert, einer christdemokratischen Partei mit starken konservativen Strömungen. Seit 2015 regierte der PP die Gemeinschaft in einer Koalition mit den liberalen Ciudadanos, die vor fünfzehn Jahren als Abspaltung am linken Rand des PP entstanden sind.
Die spanische Zentralregierung unter dem Sozialisten Pedro Sanchez (PSOE) betreibt eine radikale Corona-Politik, der sich Isabel Díaz Ayuso (PP), die Präsidentin der Regionalregierung der Autonomen Gemeinschaft Madrid, verweigerte, weil sie dafür keine faktenbasierte Rechtfertigung sieht. Ihr liberaler Koalitionspartner Ciudadanos unterstützte hingegen eine harte Corona-Politik und näherte sich den Sozialisten an. Díaz Ayuso reagierte darauf mit einer Aufkündigung der Koalition und der Ausrufung von vorgezogenen Neuwahlen.
Am 4. Mai gingen die Bürger zu den Urnen. Die Wahl wurde auch zur Abstimmung über die Corona-Politik. Eine solche Konstellation gab es bisher in dieser Eindeutigkeit bei keinem Urnengang seit Beginn der Corona-Krise.
Die Entscheidung des Wahlvolkes fiel eindeutig aus. Die Ciudadanos wurden regelrecht pulverisiert. Sie stürzten von 20 Prozent auf 3,5 Prozent ab und flogen ganz aus dem Regionalparlament. Die Sozialisten büßten ein Drittel ihrer Stimmen ein und fielen von 37 auf 24 Sitze.
Zur großen Wahlsiegerin wurde Isabel Díaz Ayuso und ihr Partido Popular. Sie konnten den Stimmenanteil mehr als verdoppeln und verfügen nun statt der bisherigen 30 Sitze über 65 Mandate im Regionalparlament. Damit blieben sie nur knapp unter der absoluten Mehrheit. Bestätigt vom Wahlvolk wurde auch VOX, eine 2013 entstandene rechte Abspaltung vom PP, die auf EU-Ebene den Europäischen Konservativen und Reformern angehört. Trotz der Zunahme der Wahlbeteiligung um 12 Prozent und der Polarisierung zwischen PP und Ciudadanos wegen der Corona-Politik konnte VOX den Stimmenanteil von 8,8 auf 9,1 Prozent steigern und auch ein Mandat hinzugewinnen (nunmehr 12 Sitze).
„Die beste Nachricht für die Religionsfreiheit“
Das Wahlergebnis betrifft nicht nur die Corona-Politik, sondern auch die Religionsfreiheit. Podemos, die linksradikale, kirchenfeindliche Partei von Pablo Iglesias, hat ihren Zenit überschritten, während VOX die Verteidigung des christlichen Erbes, der verfolgten Christen und der Erziehungsfreiheit betont.
Ein Wahlsieg der politischen Linken im Bündnis mit den liberalen Ciudadanos hätte zu einem Angriff auf die christlichen Symbole im öffentlichen Raum geführt, ist sich María García, die Vorsitzende der Beobachtungsstelle für Religions- und Gewissensfreiheit (OLRC) der Autonomen Gemeinschaft Madrid, sicher. Die Beseitigung christlicher Symbole aus der Öffentlichkeit, des Religionsunterrichts und der Gleichstellung der Privatschulen, die weitgehend katholisch sind, ist ein erklärtes Ziel der radikalen Linken. Stattdessen legte Pablo Iglesias, der Gründer von Podemos und seitherige Parteivorsitzende, nach der Wahlniederlage sein Parteiamt nieder. „Iglesias Rücktritt in der Wahlnacht war die beste Nachricht für die Religionsfreiheit“, so María García. 2016 wurde Pablo Iglesias von Papst Franziskus empfangen, dessen Sympathien für die radikale Linke immer wieder für Verwunderung und Irritation sorgen.
Enrique López, Innen- und Justizminister der Regierung Díaz Ayuso, hatte eine Beobachtungsstelle für Opfer von Verbrechen errichtet und als Experten Vertreter der Beobachtungsstelle für Religions- und Gewissensfreiheit (OLRC) hinzugezogen. Damit wurde das Augenmerk auch auf die wachsende Zahl von Angriffen gegen religiöse Symbole gelenkt. Es besteht im Madrider PP eine Sensibilität für die Bedrohung der Gewissens- und der Religionsfreiheit durch die politische Linke, aber auch durch die vorherrschende Corona-Politik in der EU.
Isabel Díaz Ayuso wird die Autonome Gemeinschaft Madrid wahrscheinlich mit einer PP-Minderheitsregierung führen. PP und VOX trennt die Haltung zur EU. VOX betont die spanische Souveränität und lehnt die Auflösung der Nationalstaaten zugunsten eines EU-Staates ab. Da diese Frage auf regionaler Ebene nicht ausschlaggebend ist, wird mit einer externen Unterstützung der PP-Minderheitsregierung durch VOX gerechnet, wodurch die Partei unter der Führung der Architektin Rocío Monasterio San Martín zum Zünglein an der Waage und Korrektiv des PP wird.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons