(Rom) „Es ist eine schwierige Zeit für den Vatikan wie für die ganze Welt“, wird ein hochrangiger Vatikanbeamter von AFP zur Finanzlage des Kirchenstaates zitiert. Die finanzielle Lage sei aber „nicht alarmierend“.
Die Römische Kurie als Zentralverwaltung des Heiligen Stuhls verzeichnet 2020 ein Finanzloch von 90 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Jahr davor belief sich das Defizit auf elf Millionen.
Die Finanzen setzen sich aus verschiedenen, gesondert verwalteten Teilen zusammen. Ein Bereich davon betrifft das Governatorat des Staates der Vatikanstadt, dem auch die Vatikanischen Museen unterstehen, die die Haupteinnahmequelle des Vatikans sind. Andere Teile sind die Vatikanbank IOR, der Peterspfennig, Pensionsfonds und Stiftungen. Der Vatikan beschäftigt rund 5.000 Mitarbeiter, die ein regelmäßiges Gehalt beziehen.
Der Finanzhaushalt 2021 der Kurie wurde am Dienstag vom Wirtschaftsrat unter dem Vorsitz von Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, genehmigt. Dieses zwanzigköpfige Gremium tagte wegen der Corona-Maßnahmen mittels Videokonferenz.
Im vergangenen Jahr mußte der Heilige Stuhl auf seine Finanzreserven zurückgreifen. Es galt einen Rückgang der Einnahmen in der Größenordnung von 20–25 Prozent auszugleichen. Auch für das Jahr 2021 rechnen die Vatikan-Verantwortlichen mit einem solchen Verlust.
Der Peterspfennig, die weltweit einmal jährlich durchgeführte Kollekte für den Papst, verzeichnete einen Rückgang von rund 25 Prozent. Gleiches gilt für Großspenden von Diözesen und Institutionen.
Die Wiedereröffnung der Vatikanischen Museen am vergangenen 1. Februar ist für den Vatikan eine gute Nachricht. 2019 registrierten die Museen fast sieben Millionen Besucher. Im Heiligen Jahr 1950 hatten erstmals mehr als eine Million Menschen die seit 1771 öffentlich zugänglichen Museen besucht. Ab 2000 setzte eine rapide Zunahme ein: Im Heiligen Jahr 2000 waren es erstmals mehr als drei Millionen, 2007 vier Millionen, 2011 fünf Millionen und 2016 erstmals mehr als sechs Millionen Besucher. Nach Rekordjahren, in denen sich die Vatikanischen Museen hinter dem Louvre und dem Chinesischen Nationalmuseum in Peking auf Platz drei der meistbesuchten Museen der Welt vorschoben, folgte 2020 das schlechteste Jahr mit einem Besucherrückgang von 85 Prozent, was zu einem Defizit von 100 Millionen Euro führte.
Das Governatorat des Vatikanstaates mußte seinen üblichen Finanztransfer an die Kurie von 30 Millionen Euro halbieren. Im Gegenzug hatte die Vatikanbank IOR zum Ausgleich ihre Zuwendung von 12 auf 32 Millionen Euro fast zu verdreifachen.
Wegen der Corona-Krise erhöhte Papst Franziskus die Ausgaben für die humanitäre Hilfe, besonders die Beiträge für die mit Rom unierten Ostkirchen, die unter Konflikten und Verfolgung leiden.
Insgesamt sei der Handlungsspielraum für den Vatikan aber eng, weil „er nicht wie ein Staat Steuern erheben kann“, erklärte der spanische Jesuit Juan Antonio Guerrero Alves, der seit Januar 2020 Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariats ist. Zudem sei der Vatikan „kein Unternehmen, er strebt keinen Profit an“, betonte der Wirtschaftspräfekt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons