Wahl eines Großmeisters des Malteserordens kam nicht zustande

Ein Statthalter wird den Orden ein Jahr lang führen


Fra Marco Luzzago wurde am Samstag zum Statthalter des Großmeisters gewählt.
Fra Marco Luzzago wurde am Samstag zum Statthalter des Großmeisters gewählt. Im April war der Großmeister des Ordens verstorben.

(Rom) Der Gro­ße Staats­rat des Sou­ve­rä­nen Rit­ter- und Hos­pi­tal­or­dens vom hei­li­gen Johan­nes von Jeru­sa­lem, von Rho­dos und von Mal­ta wähl­te am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de Fra Mar­co Luz­za­go zum Statt­hal­ter des Groß­mei­sters. Die Wahl des 81. Groß­mei­sters und Für­sten des Ordens kam hin­ge­gen nicht zustande.

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Mit dem Tod des 80. Groß­mei­sters Fra Gia­co­mo Dal­la Tor­re del Tem­pio di San­gui­net­to am ver­gan­ge­nen 29. April wur­de die Wahl eines neu­en Groß­mei­sters not­wen­dig. Das Wahl­kol­le­gi­um, das sich am 7. Novem­ber im Groß­mei­ster­pa­last in Rom ver­sam­mel­te, konn­te sich aber auf kei­nen Nach­fol­ger eini­gen. Gemäß der Ordens­ver­fas­sung wur­de daher für die Dau­er eines Jah­res ein Statt­hal­ter des Groß­mei­sters gewählt. Eine „brei­te Mehr­heit“, wie es in einer Pres­se­er­klä­rung des Ordens heißt, fand dabei der aus Bre­scia stam­men­de Fra Mar­co Luz­za­go, ein Ver­wand­ter von Papst Paul VI. Der neue Statt­hal­ter wur­de 1950 in ein lom­bar­di­sche Adels­fa­mi­lie gebo­ren und stu­dier­te zunächst Medi­zin, bevor er die Ver­wal­tung des Fami­li­en­be­sit­zes über­nahm. 1975 wur­de er im Groß­prio­rat Lom­bar­dei und Vene­dig in den Mal­te­ser­or­den auf­ge­nom­men. 2003 leg­te er die fei­er­li­chen Gelüb­de ab und wur­de als Pro­feß­rit­ter Ange­hö­ri­ger des Ersten Stan­des. Ab 2010 ver­wal­te­te er für den Orden eine Kom­men­de in den Mar­ken und wur­de 2011 Ordens­kom­tur im Groß­prio­rat Rom.

In sei­ner kur­zen Anspra­che nach erfolg­ter Wahl bekann­te sich der neue Statt­hal­ter zu den Reform­plä­nen, mit denen die Ordens­ver­fas­sung und das Ordens­recht „aktua­li­siert“ wer­den sol­len. In offi­zi­el­len kirch­li­chen Medi­en wur­de betont, daß die Wahl­ver­samm­lung unter strik­ter Ein­hal­tung der Coro­na-Maß­nah­men statt­fand. Nicht erwähnt wur­de, daß im Vor­feld meh­re­re Mit­glie­der des Gro­ßen Staats­ra­tes wegen der Coro­na-Restrik­tio­nen um eine Ver­schie­bung ersucht hat­ten, da nicht allen Wäh­lern die Teil­nah­me mög­lich war. In die­sem Sin­ne wur­de von den bri­ti­schen Wäh­lern sogar der Hei­li­ge Stuhl um Hil­fe ange­ru­fen, der jedoch nicht dar­auf reagier­te. Von den 56 Wäh­lern waren daher nur 44 in Rom anwe­send, dar­un­ter elf Wähl­ba­re. Die Abwe­sen­heit der Bri­ten blieb auch in jenen Medi­en wie dem Avve­ni­re, der Tages­zei­tung der ita­lie­ni­schen Bischö­fe, uner­wähnt, die es bes­ser wußten.

Die Vor­gän­ge zei­gen, daß der 2016 aus­ge­bro­che­ne Kon­flikt zwi­schen der „bri­ti­schen“ und der „deut­schen“ Frak­ti­on im Orden, der 2017 im Sturz des 79. Groß­mei­sters Fra Matthew Fest­ing gip­fel­te, kei­nes­wegs über­wun­den ist. Sie zei­gen auch, daß die „deut­sche“ Frak­ti­on, mit Papst Fran­zis­kus im Rücken, die Fäden in der Hand hält. Auch das Reform­be­kennt­nis von Fra Luz­za­go ist in die­sem Kon­text zu lesen.

Am Sonn­tag nach­mit­tag wur­de der neue Statt­hal­ter in der ordens­ei­ge­nen Kir­che auf dem Aven­tin in Anwe­sen­heit des Gro­ßen Staats­ra­tes und des Päpst­li­chen Son­der­de­le­ga­ten, des ernann­ten Kar­di­nals Sil­va­no Maria Toma­si, ange­lobt. Mit Toma­si ersetz­te Papst Fran­zis­kus den bis­he­ri­gen Son­der­de­le­ga­ten Ange­lo Kar­di­nal Becciu, der im Sep­tem­ber in Ungna­de gefal­len ist.

Anschlie­ßend wur­den die Prio­ra­te und Asso­zia­tio­nen des Ordens sowie die 110 Staa­ten, mit denen der Sou­ve­rä­ne Mal­te­ser­or­den diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen unter­hält, über die Wahl des Statt­hal­ters informiert.

Der Statt­hal­ter des Groß­mei­sters ver­fügt über alle Rech­te und Pflich­ten eines Groß­mei­sters, bleibt aber nur für ein Jahr im Amt, wäh­rend der Groß­mei­ster auf Lebens­zeit gewählt ist. In zwölf Mona­ten wird sich der Gro­ße Staats­rat erneut ver­sam­meln, um den 81. Groß­mei­ster und Für­sten des Ordens zu wählen. 

Der Mal­te­ser­or­den wur­de 1048 in Jeru­sa­lem als Hos­pi­tal­or­den gegrün­det und im Rah­men des Ersten Kreuz­zu­ges in einen Rit­ter­or­den umge­wan­delt. Die Groß­mei­ster wer­den seit 1100 gezählt.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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