Der Fall San Rafael – Bischof Taussig vom Papst empfangen

Zwang zur Handkommunion


Eduardo Taussig, Bischof von San Rafael. Was sagte ihm gestern Papst Franziskus wegen der Schließung des Priesterseminars?
Eduardo Taussig, Bischof von San Rafael. Was sagte ihm gestern Papst Franziskus wegen der Schließung des Priesterseminars?

(Rom) Gestern wur­de von Papst Fran­zis­kus Armin Laschet, der Mini­ster­prä­si­dent von Nord­rhein-West­fa­len, in Audi­enz emp­fan­gen, der CDU-Bun­des­vor­sit­zen­der und Nach­fol­ger von Ange­la Mer­kel als Bun­des­kanz­ler wer­den möch­te. Am Diens­tag hat­te Fran­zis­kus kei­ne Zeit, den US-Außen­mi­ni­ster Mike Pom­peo zu emp­fan­gen. Emp­fan­gen wur­den vom Papst nach Laschet auch Kar­di­nal Marc Ouel­let, der Prä­fekt der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on, und Msgr. Edu­ar­do María Tau­s­sig, Bischof von San Rafa­el in Argen­ti­ni­en. Dort herrscht ein offe­ner Auf­stand gegen den Bischof, der sein eige­nes Prie­ster­se­mi­nar auflöste.

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Msgr. Tau­s­sig, dem Jor­ge Mario Kar­di­nal Berg­o­glio 2004 die Bischofs­wei­he spen­de­te, sorgt mit sei­nen Ent­schei­dun­gen seit Juni für Schlagzeilen.

Schon in der Ver­gan­gen­heit hat­te der Bischof die Auf­merk­sam­keit von Beob­ach­tern auf sich gezo­gen. Als 2014 Radi­kal­fe­mi­ni­sten und Homo-Akti­vi­sten zum berüch­tig­ten „Natio­na­len Frau­en­tref­fen“ auf­rie­fen, fiel er beherz­ten Gläu­bi­gen in den Rücken. Die­se schütz­ten die Bischofs­kir­chen von La Pla­ta und Sal­ta unter Ein­satz ihres Leben, da es in den Jah­ren zuvor bei den „Frau­en­tref­fen“ regel­mä­ßig zu gewalt­tä­ti­gen Angrif­fen auf die ört­li­che Bischofs­kir­che gekom­men war.

2017 trenn­te sich Msgr. Tau­s­sig grund­los vom dama­li­gen Regens sei­nes Prie­ster­se­mi­nars. Der spa­ni­sche Kolum­nist Fran­cis­co José Fernán­dez de la Cigo­ña, ein exzel­len­ter Ken­ner der kirch­li­chen Situa­ti­on in der spa­nisch­spra­chi­gen Welt, schrieb damals, über den ent­las­se­nen Regens nur Gutes, ja Exzel­len­tes zu hören. Fernán­dez de la Cigo­ña wur­de noch deutlicher:

„Er [Bischof Tau­s­sig] ver­fügt über ein sehr gutes Semi­nar, aber er will kein gutes Semi­nar. Oder er denkt, ein gutes Semi­nar könn­te sei­ner bischöf­li­chen Kar­rie­re schaden.“

Gläu­bi­ge sei­nes Bis­tums beklag­ten damals, daß der Bischof „gute Prie­ster“, die die kirch­li­che Leh­re ver­kün­di­gen und ver­tei­di­gen, bestra­fe. Anto­nio Felix Gau­na schrieb Ende 2017, daß er das glei­che Ver­hal­ten beim ein­sti­gen Erz­bi­schof Jor­ge Mario Berg­o­glio in Bue­nos Aires erlebt habe. Die „Rache“ gegen glau­bens­treue jun­ge Prie­ster sei uner­bitt­lich gewe­sen, wenn sie sich pro­gres­si­ven Posi­tio­nen nicht anpaß­ten. Erz­bi­schof Berg­o­glio habe sie nicht in die ent­le­gen­sten Win­kel, son­dern in die „gefähr­lich­sten“ Ecken sei­nes Bis­tums ver­bannt, wo die Kri­mi­na­li­tät herrsch­te und Ver­bre­chen gegen Leib und Leben an der Tages­ord­nung waren. Bischof Tau­s­sig ver­hal­te sich „ganz auf der Linie Bergoglios“.

Vati­ka­ni­sches Tages­bul­le­tin des 1. Okto­ber 2020

Wegen der „will­kür­li­chen und dik­ta­to­ri­schen“ (Fernán­dez de la Cigo­ña) Amts­füh­rung von Bischof Tau­s­sig kam es 2020 zum Auf­stand. Das Faß zum Über­lau­fen brach­te eine Anord­nung des Bischofs. Tau­s­sig hat­te am 13. Juni 2020 unter dem Vor­wand des Coro­na­vi­rus sei­nem Bis­tum, ein­schließ­lich der Semi­na­ri­sten, die Hand­kom­mu­ni­on auf­ge­zwun­gen. Er unter­sag­te den Prie­stern die Spen­dung der Mundkommunion.

Am 27. Juni wur­de Don Ale­jan­dro Miquel Ciar­roc­chi, der Regens des Prie­ster­se­mi­nars, kur­zer­hand vom Bischof ent­las­sen, weil er das Recht der Semi­na­ri­sten auf die Mund­kom­mu­ni­on ver­tei­digt hat­te. Glei­ches tat der Bischof mit Don Fer­nan­do Mar­ti­nez, einem ande­ren exzel­len­ten Prie­ster­aus­bild­ner des Seminars.

Tau­s­sig über­nahm selbst die Auf­ga­be des Regens. Am 28. Juni zele­brier­te er die Mes­se im Prie­ster­se­mi­nar und droh­te den Semi­na­ri­sten: Wer nicht die Hand­kom­mu­ni­on emp­fan­ge, gel­te als „ver­däch­tig“ und sein Ver­bleib im Semi­nar wer­de geprüft.

Zeu­gen berich­te­ten, daß sich die irri­tier­ten Semi­na­ri­sten wider­wil­lig füg­ten, weil sie wuß­ten, andern­falls eini­ge Stun­den spä­ter aus dem Semi­nar zu flie­gen. „Meh­re­re hat­ten Trä­nen in den Augen, als sie zur Kom­mu­ni­on gingen.“

Msgr. Tau­s­sig galt ursprüng­lich als „kon­ser­va­tiv“ und gehör­te nicht zum Berg­o­glio-Kreis im argen­ti­ni­schen Epi­sko­pat. Beob­ach­ter sehen sei­nen Schwenk als „Dank“ dafür, daß er von der „Miser­i­cor­di­na“ von Papst Fran­zis­kus ver­schont und im Amt belas­sen wur­de. Fran­zis­kus hat­te nach sei­ner Wahl zum Papst gezielt gegen sei­ne ein­sti­gen „Geg­ner“ ein­ge­grif­fen. Tau­s­sig tue daher „alles, um dem Papst zu gefal­len“, wie es in einem am 29. Juni von Cigüeña de la Tor­re ver­öf­fent­lich­ten Schrei­ben aus San Rafa­el heißt.

Die vor den Kopf gesto­ße­nen Gläu­bi­gen orga­ni­sier­ten Gebets­vi­gi­li­en vor der bischöf­li­chen Resi­denz. Dabei ver­brei­te­ten sie einen offe­nen Brief an Bischof Tau­s­sig, in dem sie gegen den Zwang zur Hand­kom­mu­ni­on pro­te­stier­ten und schrie­ben, daß der Gehor­sam der Gläu­bi­gen „nicht blind“ sei.

Als Bischof Tau­s­sig am 5. Juli, wie ein Video doku­men­tiert, einem alten, geh­be­hin­der­ten Mann die Mund­kom­mu­ni­on ver­wei­ger­te, gewann der Kon­flikt wei­ter an Schär­fe. Fernán­dez de la Cigo­ña nann­te ihn einen „elen­den“ und „bemit­lei­dens­wer­ten Bischof“.

Der Kon­flikt kon­zen­trier­te sich ver­stärkt um das Prie­ster­se­mi­nar, da der Bischof dort­hin über­sie­delt war. Gläu­bi­ge bete­ten nun vor dem Semi­nar den Rosen­kranz, san­gen und protestierten.

Bischof Tau­s­sig rück­te von sei­ner Posi­ti­on aber nicht ab, son­dern ver­tei­dig­te die­se „auf nie­der­träch­ti­ge“ Wei­se, wie Fernán­dez de la Cigo­ña kom­men­tier­te und dazu ein Bild von Papst Bene­dikt XVI. ver­öf­fent­lich­te, der bei päpst­li­chen Zere­mo­nien aus­schließ­lich die Mund­kom­mu­ni­on wie­der­ein­ge­führt hatte.

Ende Juli löste Msgr. Tau­s­sig das gesam­te Prie­ster­se­mi­nar, „eines der besten in Argen­ti­ni­en“, auf, weil er den von ihm erhoff­ten Erfolg nicht erzielt hat­te, die Semi­na­ri­sten von sei­ner Posi­ti­on zu über­zeu­gen. Fernán­dez de la Cigo­ña sprach von einem „dum­men und ver­zwei­fel­ten“ Ver­such, sein Gesicht vor Papst Fran­zis­kus zu wahren.

Bischof Tau­s­sig hat­te sei­nen radi­ka­len Schritt, der irra­tio­na­len Radi­kal­maß­nah­men von Regie­run­gen in der Coro­na-Kri­se nicht unähn­lich ist, näm­lich damit begrün­det, daß sei­ne Semi­na­ri­sten „ster­ben“ könn­ten, wenn sie die Mund­kom­mu­ni­on empfangen.

Und weil er die­sen medi­zi­ni­schen Unsinn ernst nahm, „töte­te er sicher­heits­hal­ber prä­ven­tiv das gan­ze Semi­nar“, so Fernán­dez de la Cigo­ña sar­ka­stisch. Daß der Coro­na­wahn selt­sa­me Blü­ten trei­be, sei bekannt, so der inzwi­schen 80-jäh­ri­ge Jour­na­list, „doch das muß die höch­ste Stu­fe des Kre­t­i­nis­mus sein“.

Wäh­rend der von Papst Fran­zis­kus eme­ri­tier­te Erz­bi­schof von La Pla­ta, Msgr. Héc­tor Rubén Aguer, der vie­le Jah­re Berg­o­gli­os kon­ser­va­ti­ver Gegen­spie­ler im argen­ti­ni­schen Epi­sko­pat war, und Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò, der ehe­ma­li­ge Apo­sto­li­sche Nun­ti­us in den USA, die Maß­nah­me von Bischof Tau­s­sig scharf kri­ti­sier­ten, stell­te sich die Füh­rungs­spit­ze der Argen­ti­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz hin­ter den Bischof von San Rafael.

Kano­ni­sche Ver­war­nung für drei Prie­ster des Bis­tums San Rafael

Bischof Tau­s­sig ver­tei­dig­te in einem zwei­ten Moment die Schlie­ßung mit der Behaup­tung, die­se sei nicht von ihm, son­dern von der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on unter der Lei­tung des Papst­ver­trau­ten Kar­di­nal Benia­mi­no Stel­la ange­ord­net wor­den. Glaub­wür­dig klang es aber nicht.

Am 31. Juli ließ der „Dik­ta­tor­bi­schof“, so Fernán­dez de la Cigo­ña, drei Prie­stern sei­nes Bis­tums eine kano­ni­sche Ver­war­nung zustel­len. Sie hat­ten zwar nicht mehr die Mund­kom­mu­ni­on gespen­det, aber den Gläu­bi­gen ein wei­ßes Lei­nen­tuch in die Hand gege­ben, auf das die kon­se­krier­te Hostie gelegt und von dort zum Mund geführt wur­de. Die Tücher wur­den ein­ge­sam­melt, um sie den kir­chen­recht­li­chen Vor­schrif­ten gemäß zu behan­deln, da sich Par­ti­keln des Aller­hei­lig­sten dar­auf befin­den könnten.

Die US-ame­ri­ka­ni­sche Zeit­schrift The Wan­de­rer schrieb zu den Verwarnungen:

„All das beweist, daß er ein völ­lig ver­rück­ter Mann ist. Wenn der Hei­li­ge Stuhl in ande­ren Fäl­len so schnell ein­ge­grif­fen hat, ist es nicht ver­ständ­lich, war­um er nicht in San Rafa­el ein­greift und eine Per­son aus dem Amt ent­fernt, die nicht in der Lage ist, die Diö­ze­se zu leiten.“

Auch der Vati­ka­nist Mar­co Tosat­ti, der den Fall ver­folgt hat­te, for­der­te ein „schnel­les und ent­schie­de­nes Ein­grei­fen“ der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on auf Initia­ti­ve des Pap­stes. „Es ist notwendig.“

Gestern war es soweit.

Zuvor kam es Ende Sep­tem­ber aber noch zu einer uner­war­te­ten Initia­ti­ve. Abge­ord­ne­te von Men­do­za brach­ten im Staats­par­la­ment einen Beschluß­an­trag ein, daß das Prie­ster­se­mi­nar wegen sei­ner „gro­ßen Bedeu­tung für den Glau­ben und die Kul­tur“ wie­der geöff­net wer­den solle.

Vor die­sem Hin­ter­grund wur­de gestern Kar­di­nal­prä­fekt Ouel­let von Papst Fran­zis­kus in öffent­li­cher Audi­enz emp­fan­gen, anschlie­ßend auch Bischof Tau­s­sig. Es ist nicht bekannt, ob der Kar­di­nal anwe­send blieb, als Tau­s­sig zum Papst vor­ge­las­sen wur­de. Sicher ist, daß es auch zu einer län­ge­ren Begeg­nung zwi­schen Kar­di­nal Ouel­let und Bischof Tau­s­sig gekom­men ist.

Über den Inhalt der Gesprä­che und mög­li­che Ent­schei­dun­gen wur­de nichts bekannt.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Dia del Sur/Vatican.va/Stilum Curiae (Screen­shots)

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