(Rom) Am Montag zelebrierte Papst Franziskus die erste Messe seit der Wiederzulassung öffentlicher Gottesdienste in Italien – und das versus Deum. Es sollte zugleich die letzte sein, die wegen der Corona-Krise über die Medien übertragen wurde.
Da sich der Vatikan Anfang März hermetisch einigelte, zelebrierte auch Papst Franziskus in den vergangenen zehn Wochen ohne Volk. An den morgendlichen Zelebrationen in Santa Marta nahmen nur mehr zwei, drei Priester, eine Ordensfrau und ein Organist teil. Im Gegenzug wurde die morgendliche Messe des Papstes in Direktübertragung über verschiedene Kanäle in die Welt hinausgetragen. Die Messe am vergangenen Montagmorgen war die letzte, die übertragen wurde, da seit demselben Tag in Italien die öffentlichen Gottesdienste wieder erlaubt sind.
Unter allen Maßnahmen, die wegen des Coronavirus von kirchlicher Seite getroffen wurden, waren jene von Papst Franziskus die radikalsten. In seinem Bistum Rom ließ er mit 8. März alle Gottesdienste aussetzen und am 12. März alle Kirchen und Kapellen schließen. Kein Bistum weltweit ist so weit gegangen. Nach nur 24 Stunden und einem drohenden Aufstand der Priester wurde zurückgerudert. Zumindest die Pfarrkirchen wurden wieder geöffnet, alle anderen Kirchen und Kapellen blieben gesperrt. Das Bistum des Papstes blieb auf dem radikalsten Weg. Die entsprechenden Dekrete waren von Kardinalvikar Angelo De Donatis unterzeichnet, der im Auftrag des Papstes das Bistum leitet. Der Kardinalvikar ist formal ein Weihbischof, der die Funktion eines Generalvikars ausübt. Seit 1558 ist damit die Kardinalswürde verbunden. De Donatis gab zu verstehen, daß der Auftrag direkt von Franziskus gekommen war. Anderes wäre auch gar nicht denkbar. Kein Generalvikar würde einen so einschneidenden und historisch beispiellosen Schritt im Alleingang wagen.
Der Abschluß der Direktübertragungen erfolgte nicht aus Santa Marta, sondern aus dem Petersdom, nämlich aus der Sebastianskapelle. Sie befindet sich im nördlichen Seitenschiff vor der Sakramentskapelle. Unter dem Altar dieser Kapelle, die dem frühchristlichen Märtyrer geweiht ist, befindet sich seit 2011 das Grab von Johannes Paul II. Die Überführung der sterblichen Überreste aus den Vatikanischen Grotten, der ersten Grablege, fand zur Seligsprechung statt. Drei Jahre später, am 27. April 2014, erfolgte die Heiligsprechung.
Am Sebastianialtar über dem Grab des polnischen Papstes, der die Kirche von 1978 bis 2005 regierte, zelebrierte Papst Franziskus die letzte der morgendlichen Messen, die übertragen wurde. Anlaß war der 100. Geburtstag von Johannes Paul II., der am 18. Mai 1920 im kleinpolnischen Wadowice geboren wurde. Dabei zelebrierte Franziskus versus Deum. Eine Zelebrationsrichtung, die seinem Hofliturgiker Andrea Grillo die Zornesröte ins Gesicht treibt.
Papst Franziskus zelebrierte bereits in der Vergangenheit am Sebastiansaltar und jeweils versus Deum als Alternative zu der in der kirchlichen Tradition selbstverständlichen Zelebrationsrichtung ad orientem, in Richtung auf die aufgehende Sonne, dem wiederkehrenden Christus entgegen, der von Osten kommen wird.
Erstmals wurde am Montag die Zelebration allerdings von den Medien übertragen, weshalb der seit der großen Liturgiereform von 1969/70 ungewohnten Zelebrationsrichtung besondere Sichtbarkeit verschafft wurde. Fotos der Zelebration wurden auch von den internationalen Presseagenturen wie AFP verbreitet.
Es heißt, der Papst habe deshalb „mit dem Rücken“ zum Volk zelebriert, wie seit einem halben Jahrhundert die eigentliche Zelebrationsrichtung diskreditiert wird, weil er sich an die vorgefundenen Gegebenheiten gehalten habe. Im Klartext: In der Kapelle des heiligen Sebastian gibt es keinen „Volksaltar“. Eine weitere unzutreffende Behauptung, denn in der Vergangenheit wurde vielfach unter Beweis gestellt, wie schnell ein tragbarer Altar an jedem Ort aufgebaut werden kann. Papst Benedikt XVI. hatte einen solchen aus der Sixtinischen Kapelle entfernen lassen, an dem Johannes Paul II. gewöhnlich zelebrierte. Für die Dankmesse mit den Kardinälen, seine erste Messe als Papst am Tag nach der Erwählung, ließ Franziskus ihn wieder in die Sixtinische Kapelle zurückbringen. In der Zwischenzeit wurde er allerdings wieder entfernt.
Die für Franziskus ungewohnte Zelebrationsrichtung konnte keine Reverenz an Johannes Paul II. sein, der, wie der Volksaltar in der Sixtinischen Kapelle zeigte, zweifelsohne die Zelebration versus populum bevorzugte.
Wurde liturgischen Gesten von Benedikt XVI. ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt, weil man wußte, wie ernst ihm die liturgische Frage ist, gilt das für Franziskus nicht. Die Medien ziehen eilends darüber hinweg. Wohl aus dem genau gegenteiligen Grund seines Vorgängers.
Nicht wirklich einzuordnende Gesten sind ein Wesensmerkmal des derzeitigen Pontifikats.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
„Am Sebastianialtar über dem Grab des polnischen Papstes, der die Kirche von 1978 bis 2005 regierte, zelebrierte Papst Franziskus die letzte der morgendlichen Messen, die übertragen wurde. Anlaß war der 100. Geburtstag von Johannes Paul II., der am 18. Mai 1920 im kleinpolnischen Wadowice geboren wurde. Dabei zelebrierte Franziskus versus Deum. Eine Zelebrationsrichtung, die seinem Hofliturgiker Andrea Grillo die Zornesröte ins Gesicht treibt.“
Eigentlich dürfte die Zelebrationsrichtung am Grab eines Papstes dessen Symphatien für die französische Revolution von 1789 offenkundig sind völlig egal sein.
Per Mariam ad Christum.