
Von einer Katholikin.
An Mariä Namen am 12. September traf an ihrem Zielpunkt Pellevoisin eine ganz besondere Marienwallfahrt ein: M. de Marie. Die 107tägige Kutschenwallfahrt mit der Statue der Notre-Dame de France war Anfang Juni von Lourdes bzw. La Salette aufgebrochen und verband fünf Erscheinungsorte der Jungfrau Maria auf der Landkarte zu einem großen M.
Nach dem zeichenhaften Brand von Notre-Dame-de-Paris und angesichts der Prüfungen dieser Zeit war M de Marie in missionarischem Geist zur spirituellen Wiedererweckung Frankreichs unterwegs. Man besann sich auf die außerordentlich tiefe „Liebesgeschichte zwischen Maria und Frankreich“ und rief auf dem Pilgerweg die fünf Erscheinungsorte des 19. Jahrhunderts und die damit verbundenen Botschaften der Muttergottes ins Bewußtsein: die Kapelle der Wundertätigen Medaille in der Rue du Bac zu Paris (1830), La Salette (1846), Lourdes (1858), Pontmain (1871) und Pellevoisin (1876).
Im Pilgergebet heißt es:
(…) Wir wollen dir auch danken für dein Mutterherz, deine unbedingte Liebe, dein Eintreten bei deinem barmherzigen Sohn für jeden und für unser Land, für alle Gnaden, die du ohne Unterlaß ausgießt über alle die, die deinen Beistand erflehen.
O Maria, unsere Mutter, wir wollen die Botschaften hören, die du uns an diesen Erscheinungsorten hinterlassen hast, deine Hand ergreifen und dich uns lehren lassen, uns Jesus, deinem Sohn, zuzuwenden, wir wollen unser Taufgelübde erneuern und um Verzeihung bitten für all unseren Undank (…).
Mit der heiligen Jeanne d’Arc, der heiligen Theresia vom Kinde Jesu, dem heiligen Ludwig, der heiligen Bernadette, der heiligen Catherine Labouré, der heiligen Geneviève, dem heiligen Irenäus, der heiligen Odilie und dem heiligen Erzengel Michael, o Maria, unsere Mutter, erhöre uns gnädig.
Gebete, Anbetung, heilige Messen, Prozessionen, Konferenzen, Begegnungen – die Wallfahrt entwickelte eine große spirituelle Strahlkraft und wurde für Pilger und auch viele Zuschauer auf dem Weg zu einer Quelle der Freude und Hoffnung in der Zeit der Krise.
Ein Höhepunkt war der mehrtägige Halt in Paris, wo die Prozession durch die Straßen der Hauptstadt in die Rue du Bac zur Kapelle der Médaille Miraculeuse zog.

Der Pariser Erzbischof Msgr. Michel Aupetit zelebrierte zum Abschluß in Sacré-Cœur de Montmartre die Messe am Hochfest Mariä Himmelfahrt. Dabei weihte er Paris den Herzen Jesu und Mariens, so wie am 15. August 1638 König Ludwig XIII. Frankreich der Jungfrau Maria geweiht hatte, woran die Kirche in Frankreich am 15. August erinnert.
Herr Jesus,
(…) wir wollen uns Deinem Heiligen Herzen weihen, dem die Liebe Gottes entströmt, vereint mit dem schmerzensreichen und unbefleckten Herzen Deiner Mutter, der allerseligsten Jungfrau Maria.
(…) In dieser Zeit der Epidemie und der Unsicherheit, die die Einsamsten und Schwächsten bedroht, in dieser Zeit des Kampfes für die Achtung vor dem Leben und für die Würde der Familie, bitten wir Dich um Glaubensmut und die Kraft der Nächstenliebe, damit wir inmitten dieser Welt Zeugnis ablegen von Deiner Liebe, die das Böse besiegt.
Ein wunderschönes Video hält dieses Ereignis in Paris fest. Wer nur sieht, mit welcher Freude die Menschen ihre Liebe und Verehrung für die Gottesmutter sichtbar werden ließen und teilten, wünscht sich solche katholischen Bilder in Deutschland, wo die Königin des Himmels stattdessen von Maria 2.0 vom Sockel geholt wird und Gebete zum unbefleckten Herzen Mariens oder Marienweihen ganzer Bistümer bei gewissen Theologen und Laien Unmut hervorrufen.
Sicher, auch in Frankreich gibt es eine Gruppe sich katholisch nennender Frauen, die mit Forderungen nach dem Frauenpriestertum provozieren, aber wir sind dort jenseits von der deutschen innerkirchlichen Zerstörung durch spalterische Frauenbewegungen und den Ungeist synodaler Foren.
Aber auch das sich weiter entchristlichende Frankreich, das prozentual noch weniger praktizierenden Katholiken zählt als Deutschland, bedarf der Evangelisierung. Die älteste Tochter der Kirche steht noch dazu unter den dunklen Schatten einer strengen antiklerikal motivierten Laizität, die seit dem entsprechenden Gesetz von 1905 alles Religiöse aus dem öffentlichen Raum und Leben ins rein Private verbannt hat. Viele historische Kirchen in kommunaler Hand läßt der Staat langsam verfallen. Kirchenschändungen und Zerstörungen sind außerdem trauriger Alltag. Die katholische Seele Frankreichs ist zutiefst verwundet. Daß – vielleicht auch gerade deswegen – viele Menschen ihren katholischen Glauben leben und zeigen wollen oder darin Heilung suchen, zeigt die Anteilnahme an der Wallfahrt mit „Notre-Dame de France“, die breite Unterstützung durch den französischen Episkopat gefunden hat.
Bei der Weihe an die Herzen Jesu und Mariens in Paris trugen die Menschen 1000 weiße Rosen als Symbol für Frankreichs Verbindung mit dem Himmel, die „Alliance entre la France et le ciel“, die sich auch im Ring der Nationalheiligen Jeanne d’Arc ausdrückt, der als Gravur die Namen Jesu und Mariens trägt („une alliance“ ist auch das französische Wort für Ehering.) Und dieser Ring begleitete die Prozession mit der Marienstatue in Paris. Frankreich feiert in diesem Jahr eben auch die Kanonisierung der Jeanne d’Arc und die Weihe der Basilika Sacré-Coeur vor hundert Jahren. Angesichts so vieler Koinzidenzen sprach Erzbischof Aupetit von der Hand Gottes, die darin lesbar sei:
„Wir glauben weder an Koinzidenzen noch an den Zufall: Wir glauben an die Vorsehung Gottes, der auf krummen Linien gerade schreibt.“

Mit ihrer Marienwallfahrt haben französische Katholiken eine tiefgläubige Antwort gegeben auf die Fragen, die der heilige Papst Johannes Paul II. im Jahre 1980, vor genau 40 Jahren, in seiner berühmten Homilie beim Frankreichbesuch den französischen Katholiken mitgegeben hatte:
Frankreich, älteste Tochter der Kirche, hältst du treu dein Taufversprechen?
Frankreich, Tochter der Kirche und Lehrerin der Völker, bist du (…) treu verbunden der Ewigen Weisheit?
Im Weihegebet antwortete darauf auch Erzbischof Aupetit und bat die Gottesmutter um ihre Hilfe:
Auf die Fürsprache Mariens, Mutter der Barmherzigkeit, und als Antwort auf die Anfrage des heiligen Papstes Johannes Paul II. vor 40 Jahren bitten wir dich, (…) Frankreich zu stärken, damit es die Treue zum Bund mit der Ewigen Weisheit wiederfinden möge (…).
Bild: M. de Marie/Youtube (Screenshots)