Von Wolfram Schrems*
Schonungslos aufrichtig verfaßte Autobiographien, die von moralischen Anfechtungen, Sünde, Gnade und Bekehrung handeln und zum richtigen Handeln aufrufen, sind wertvolle Lektüre. Eine solche Lebensbeschreibung gelangte vor kurzem in die Hände des Rezensenten. Das Thema mag sehr speziell anmuten und als solches nicht jeden betreffen, der allgemeine Anwendungsnutzen ist jedoch breit. Daher in angemessener Ausführlichkeit:
Die aus Deutschland stammende Autorin, eine aufgrund ihrer Bekehrung von einem homosexuellen Lebensstil sich so nennende „sexuelle Dissidentin“ (6), entschied sich aufgrund der realen Bedrohungslage unter Pseudonym zu schreiben. Das sagt vieles über die Situation aus, in der wir leben. Umso überraschender und erfreulicher ist es daher, daß ein völlig säkularer Verlag (wenn auch sozusagen nur als self-publisher) das inhaltlich katholische Buch herausgebracht hat.
Ein Leben in Widersprüchen – paradigmatisch für unsere Zeit (und überhaupt für diese Weltzeit)
Die Autorin erzählt ihre Geschichte seit frühen Kindheitstagen. Aufgrund der Therapeutischen Begleitung zur Heilung der Seele, die sie in rezenter Zeit in Anspruch genommen hat, kann sie offen sprechen und Verdrängtes wieder hervorholen (252).
Sie erzählt vom erlebten Mangel an Mutterliebe, von ihrer guten Beziehung zu ihrem Vater und einer frühen Liebe zu einem Schulkollegen. Sie beginnt sich ab einem bestimmten Zeitpunkt mehr als Bub zu fühlen, was von den Eltern noch verstärkt wird. Existenzängste entstehen, als Ehestreitigkeiten der Eltern ausbrechen.
Letzteres ist eine Erfahrung vieler, viel zu vieler Kinder und Jugendlicher, die nach 1968 groß geworden sind.
Die Autorin erzählt, daß sie damals aufgrund dieser Erfahrungen für sich selbst eine Entscheidung gegen Ehe und Familie traf.
Besagter Schulfreund bricht am Anfang der Pubertät den Kontakt ab, was einen Schock auslöst. Die Autorin legt sich auf innere Unabhängigkeit und auf emotionale Bindung nur mehr an das weibliche Geschlecht fest (48).
Obwohl sie seit der frühen Kindheit um Gott weiß und „mehr über Jesus oder ein Leben mit ihm erfahren“ möchte (53), traut sie sich nicht, ihre Tante, eine tiefgläubige ehemalige Ordensfrau, näher dazu zu befragen, und verbaut sich selbst den Weg zum „Schatz im Acker“ (Mt 13,44):
„Die aus heutiger Sicht falsche Zurückhaltung meinerseits, mit meiner Tante über meine Sehnsucht nach Jesus zu reden, machte es mir in der Folgezeit fast unmöglich, diesem innigen Wunsch nachzugehen, und so ließ ich leider davon ab. Anstatt ‚den Schatz in mir‘ zu suchen und zu bergen, vergrub ich ihn immer tiefer, bis er so verschüttet war, dass selbst die Erinnerung daran im Laufe der Jahre verblasste“ (53).
Im Alter von sechzehn Jahren lernt sie einen zwei Jahre älteren Burschen kennen. Obwohl ihr Gewissen dagegen ist, willigt sie in den Geschlechtsverkehr ein, der „schmerzhaft“ und „animalisch“ wird. Es war eine „Erniedrigung“ und „Ernüchterung“. Höchstwahrscheinlich ist auch diese Erfahrung heutzutage allzu weit verbreitet. Die Autorin zur folgenden Verstrickung ins Böse:
„Da ein Übel immer auch weitere Übel nach sich zieht, wenn es nicht bereut wird, so folgte, dass ich auch meine, sich zu Recht sorgende Mutter anlog, nachdem ich von meinem Beischlaf-Abenteuer zurückgekommen war und ihre sorgenvollen Fragen mit Lügen beschwichtigen wollte“ (71).
In diesem seelischen Aufruhr wird ihr das schauerliche Wesen der Sünde und die Weisheit des göttlichen Schöpfungsplans deutlich. Sie bittet Gott um Vergebung, dennoch kommt es zu keiner nachhaltigen Umkehr.
Obwohl sie einen jungen Mann kennenlernt, den sie sympathisch und anziehend findet, bleibt sie bei ihrem – mittlerweile im Umfeld bekannt gegebenen – Lesbentum, um nicht „mein Gesicht [zu] verlieren und meine Entscheidung als Lebenslüge [zu] enttarnen“ (76).
Was den Leser angesichts der Ausführungen der Autorin irritieren mag, ist ihre Aussage, daß sie im jungen Erwachsenenalter, trotz der verbissenen Suche nach einer lesbischen Partnerin im Frauenfußball und in einschlägigen Lokalen, immer noch ein Glaubensleben hatte, wie auch immer oberflächlich, und sonntags zur Messe ging, dort auch ministrierte (!). Aber auch dieser Widerspruch wird wohl ein Signet unserer Zeit sein (verwandt mit dem Orwellschen „Doppeldenk“).
Allerdings muß man feststellen, daß dieser innerliche Widerspruch bereits eine frühe Erfahrung des christlichen Lebens ist (Röm 7,14ff). Nur hat der solcherart Ringende heute aufgrund der Apostasie der Kirchenführer weniger Hilfen, sich zum Guten und Wahren durchzuringen.
Lust und Arbeit als Flucht vor dem Gewissen
Es beginnt der eigentlich lesbische Lebensstil mit einer Partnerin, danach mit einer weiteren, und noch einer, usw., auch zeitlich überlappend. Für den Leser wird sehr bald klar, daß dieser Lebensstil promiskuitiv ist, sukzessiv und simultan. Es kommen im Laufe des Berichts viele Namen vor. Das ist alles sehr quälend zu lesen.
Beruflich wendet sich die Autorin der Arbeit als Softwareentwicklerin und IT-Servicetechnikerin zu. Das Gewissen bleibt lästig:
„Alles schien prima zu laufen: Beruf, Beziehung und die vielen Ehrenämter im Verein und Fußballverband. Mein Terminkalender war randvoll, und wenn irgendwo eine Lücke war, wurde ich innerlich unruhig und trachtete bald danach, sie mit einer Aktivität zu füllen. Ich wusste, dass die Stille mein größter Feind war! Um keinen Preis wollte ich zulassen, über mein Leben auch nur eine einzige Sekunde in Ruhe nachdenken zu müssen“ (86).
Dennoch spürt sie in kurzen Momenten deutlich, daß nur bei Jesus „Frieden, Erfüllung und Glück“ zu finden sind. Dem setzt sie weiteres Fluchtverhalten entgegen und erkrankt häufig (88). Ihr Herz wird „kalt und blind“ (91). Körperliche und seelische Alarmsignale häufen sich.
Die äußerste Finsternis, Zusammenbruch und schrittweise Bekehrung
Gespenstisch sind die Ausführungen der Autorin zu einer kurz angedachten „Geschlechtsumwandlung“ (145ff). Tief im Inneren wußte sie, daß das eine ekelerregende Monstrosität (147) und eine Lüge ist (darum ist aber die Verwendung der Ausdrücke „fundamentale Anpassungen“, 148, und „geschlechtsangleichende Operation“, 153, durch die Autorin eigentlich inkonsequent und unverständlich).
Dennoch spielt sie mit dem Gedanken an eine solche „Umwandlung“ und gerät in äußerste Finsternis:
„Als ich nämlich konkret darüber nachsann, das mir von meinem Schöpfergott in seiner Weisheit und Liebe zugewiesene weibliche Geschlecht durch eine Operation zu ‚ändern‘, war es so, als ob jemand in meiner Seele das Licht ausschalten würde, und zwar für immer und ewig. Niemals zuvor und niemals danach habe ich mich so weit entfernt und im wahrsten Sinne des Wortes so von Gott getrennt gefühlt!“ (148)
Die in diesem Zusammenhang erfolgten Ausführungen sind das Dunkelste, das sich in diesem Buch findet.
Im August 2004 erfolgt ein schwerer Zusammenbruch, Selbstmordgedanken kommen hoch. Ein in der Not formuliertes Gebet wird erhört: Gleichsam in derselben Stunde erscheinen zwei Mitglieder der Legio Mariae an ihrer Wohnungstüre. Daraus wird ein intensiver Kontakt.
Wahrheit des Glaubens – Versagen vieler Kirchenmänner
Die Autorin verbringt Tage der Stille in einem österreichischen Kloster. Etwas später legt sie eine Lebensbeichte ab. Der Beichtpriester ist offenbar ein sehr guter Seelsorger.
Das schon in der Kindheit vorhandene Wissen um Gott und die frühe Beziehung zu Jesus Christus haben sich als wahr erwiesen. Nach der formellen Reversion in die Kirche muß sie aber feststellen, daß die Bischöfe und ihre Bürokratien in Bezug auf die Homosexualität verantwortungslos herumlavieren, sie sogar rechtfertigen und die „Ehe für alle“ als politische Maßnahme fordern. Sie ist hier deutlich:
„Als den Hirten von Gott anvertrautes Mitglied der Herde wünsche ich mir von den Verantwortlichen Sicherheit im Glaubenswissen, Standfestigkeit, Ehrlichkeit und Mut zum Klartext, um mich daran festzuhalten und orientieren zu können. Ich würde mich freuen, wenn die Hirten der Katholischen Kirche die Wahrheit beim Namen nennen würden!“ (199)
Die Autorin beklagt auch den Druck der LGBT-Lobby und die Kriminalisierung von sogenannten Konversionstherapien.
Sie erzählt von ihrer Arbeit für eine kirchliche Organisation in Wien, von der Ineffizienz der dortigen Abläufe und von ihrem Zerwürfnis mit dem Vorgesetzten. Auch das Klosterleben hat sie ernsthaft erwogen. Die Versuche als Kandidatin bewähren sich jedoch nicht.
Noch eine Katastrophe und der Weg zur Heilung
Dramatisch ist die Schilderung ihrer Entführung auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostela im Jahr 2011 durch einen Bauern, der sie zunächst freundlicherweise mit dem Auto mitnimmt und dann mit vorgehaltenem Messer zum Geschlechtsverkehr zwingt. Sie hätte den Angreifer vielleicht mit einem herumstehenden Vorschlaghammer töten können, tut es aber nicht. Sie ist dem Angreifer zu Willen. Aufgrund ihrer Aussagen wird er ausgeforscht und zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt.
Man ist erstaunt zu lesen, daß die Autorin dieses traumatische Erlebnis mit Hilfe der einfühlsamen Polizeibeamten nicht nur gut überwunden (237), sondern nach eigenem Bekunden gleichsam als Hilfe zur Integration von Leiblichkeit und Sexualität genutzt hat (241f).
Die Autorin berichtet auch von der Einnahme der „Pille danach“ im Anschluß an die Vergewaltigung. Es sei ihr „leider“ egal gewesen, daß diese Pille nidationshemmend und frühabtreibend wirkt (237). Von daher ist es dann aber unangebracht, dieses Präparat als „Medizin“ (ebd.) zu bezeichnen.
Danach berichtet die Autorin im vorletzten Kapitel von „Aufräumarbeiten“, von der Überwindung der homosexuellen Neigungen und vom umfassenden Vergeben. All das bringt tiefen Frieden im Gewissen.
Im Schlußkapitel beschreibt die Autorin das Beenden ihrer Erwartungshaltung gegenüber ihrer Mutter und die Erkenntnis, daß nur Gott uns letztlich erfüllen kann. Dennoch ist seine Führung „nicht immer für mich leicht begreifbar“ (261). Natürlich nicht, denn wir leben immer noch im Glauben, nicht im Schauen (2 Kor 5,7).
Die Autorin bekundet ihren Plan, künftig homosexuell empfindenden Menschen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Auswertung und Kritik
Das Buch liest sich flüssig und interessant. Die Botschaft ist in wirren Zeiten erfreulich eindeutig.
Nicht immer scheint dem Rezensenten die Chronologie ganz nachvollziehbar, was aber kein gröberes Problem darstellt. Der Umfang ist genau richtig, das Buch gibt der Geschichte und ihren Problemen angemessen Raum und die Reflexion ist ausführlich. Hätte das Buch eventuell umfangreicher angelegt gewesen sein sollen (243), war es gut, es bei diesem Umfang belassen zu haben. Die Botschaft ist auch so klar.
Drei kritische Punkte zu den schon erwähnten muß man bei aller Sympathie benennen: Sigmund Freud in einer Reihe mit Andrei Sacharow, Alexander Solschenizyn und Václav Havel als „Dissidenten“ zu benennen (6), ist nicht angebracht, vor allem, weil es dann heißt, daß „die Wahrheit am Ende nicht mit der Mehrheit“ gewesen sei. Hier wird implizit nahegelegt, daß Freuds Ideologie etwas mit „Wahrheit“ zu tun hätte. Allzu plakativ ist zweitens auch die Distanzierung, niemanden „bekehren“ zu wollen (10). Es wird dann zwar genauer erklärt, wie das gemeint ist, aber ein katholischer Autor sollte gar nicht solche – heute leider omnipräsenten – Formulierungen verwenden. Schließlich ist auch der Rückgriff auf den Kirchenhasser Voltaire und dessen bekanntes Zitat zur Meinungsfreiheit kontraindiziert (ebd.).
Resümee
Was man als Grundaussagen des Buches herausziehen kann, ist ein mehrfaches: Erstens ist die Erfahrung sexueller oder sonstiger Sinnenlust nicht gleichbedeutend mit Freude, genausowenig wie eine erfolgreiche Karriere schon Sinnerfahrung bedeutet. Zweitens gibt es zwar Umstände, die beim Kind später zur Homosexualität disponieren. Wie die Autorin aber darlegt, bedarf es eines willentlichen Aktes, damit diese auch realisiert wird. Ein Homo-Gen gibt es nicht (251), die Desorientierung liegt auch an einer – mehr oder weniger – bewußten Entscheidung. Drittens kann – und soll – diese Entscheidung revidiert werden. Eine Hilfe dazu können geeignete Therapeuten sein, die die geistliche Dimension der Heilung berücksichtigen (248). Schließlich ist, viertens, das Gewissen immer lästig am Werk: „Wider besseres Wissen und Gewissen“ zu handeln (91), ist schlimm und die Gewissensbisse schlagen sich oft in physischen und psychischen Krankheiten nieder. Und fünftens und letztens sind auch Menschen, die durchaus ein Wissen, ja sogar ein gleichsam spürbares, innerlich erfahrenes Wissen um die Realität Gottes und die Heilsbedeutung Jesu Christi haben, nicht automatisch bereit, die Konsequenzen in der Lebensführung daraus zu ziehen – oder erst nach gröberen Katastrophen.
Diese Lehren sind für alle Leser relevant. Insofern ist das Buch, wie eingangs gesagt, nicht so spezifisch, wie der Titel vermuten läßt.
Der Rezensent hofft, daß es große Verbreitung bei Suchenden und Glaubenden, und vor allem bei Seelsorgern und Bischöfen findet.
- Teresa Frei, Frauen lieben – Eine lesbische Suche nach Gott, myMorawa von Morawa Lesezirkel, Wien 2019, 261 S.
*Wolfram Schrems, Wien, Mag. theol., Mag. phil., kirchlich gesendeter Katechist, Pro-Lifer
Bild: MiL
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Besonders wichtig erscheinen mir die Erfahrungen aus der Kindheit der Autorin, weil Fachleute sagen, daß diese mentalen Defekte „erworben“ werden.
Vieles ist unlogisch: Mutter sorgt sich, aber mangelnde Mutterliebe, dann offensichtlich unerfüllte Erwartungshaltung gegenüber der Mutter und trotzdem nur emotionale Bindung an das weibl. Geschlecht. Guter Kontakt zum Vater, der sie bestärkt, sich mehr wie ein Bub zu fühlen. Ist das gut? Was ist eine tiefgläubige ehemalige Ordensfrau?
Mein Beichtvater sagt dazu: Es gibt gute und schlechte Väter/Mütter und gute und schlechte Hirten/Seelsorger, aber Gott ist mit Seiner Liebe uns immer näher als diese alle.
Ein sehr wichtiges Problem unserer Zeit vielfach auch in „katholischen Kreisen“(hier genannt als trotzdem sonntägliche Kirchgängerin und Ministrantin) wird aber beleuchtet: Die Menschen leben sehr entfernt von Gott und glauben sich „katholisch“ und ich kann jeden verstehen, der ob solcher „Katholiken“ sagt: niemals katholisch.
Wehe dem, der als junger wirklich katholischer Mensch auf solch eine „katholische Familie“ hereinfällt und einen von denen gutgläubig heiratet. Mein Beispiel: Mann Ministrant, Bruder Oberministrant, Vater Kirchenvorstand, Mutter Hausfrau, Pfarrer oft zum Abendessen. Ergebnis: Mann verlässt mit zweiter „Freundin“ (20 Jahre jünger) Ehefrau und 2 Kinder, kauft mit dem Erbe der Ehefrau und gemeinsamen Ersparnissen Eigentumswohnung für „Freundin“, diese auch „katholisch“, beide werden gekündigt und arbeiten seit 33 Jahren nie wieder, sind aber weiter sehr „katholisch“. Mann lebt einfach in sehr heruntergekommenem Haus vom Erbe seiner Mutter, „Freundin“ von ihm, Kontakt zu den Kindern wird abgelehnt. Bruder macht Karriere, lehnt jeden Kontakt zu den Nichten ab, ist geachtetes Gemeindemitglied. Vater des Mannes verstirbt früh, Mutter des Mannes lehnt jeden weiteren Kontakt zu Enkelkindern ab. Mann stirbt, seine „Freundin“ betreibt mit dreister Inbrunst den Betrug an den das Grundstück erbenden Kindern, „katholischer“ Bruder und Onkel der Kinder, setzt sich nicht für diese ein.
Hier war die Lebenslüge einer ganzen Familie Vermögen schaffen um jeden Preis und eine katholische Fassade, Kinder und deren Unterhalt passten nicht in das Bild und wurden ignoriert.
Ich kenne auch etliche Lebenslügen im evangelischen Bereich. Singles mit 6–7 Lebenspartnerschaften, niemals Verantwortung übernommen, keine Kinder, alles oberflächlich, keine Freunde, keinen Tag Ruhe, das ist unerträglich, dann Fernsehen, viele Fernreisen, kaum zu Hause. Mutter macht es vor: wohnt mit über 90 Jahren 600 km vom einzigen Kind entfernt, hat auch keine Freunde, lässt sich von Nachbarn (ohne jegliche Kaffe-Einladung oder Blumenstrauss) bedienen, verreist mehrfach im Jahr mit Diakonie oder Caritas, nie in der Kirche gewesen, macht es vor.
Je älter die Menschen werden, desto weniger sind sie bereit, ihr ganzes Leben als falsch anzusehen und umzukehren. Ehemals katholisch erzogene Kinder haben es hier etwas einfacher, ihnen wurde mit der Vorbereitung auf die Beichte eine kritische Selbstreflektion anerzogen, die, auch wenn sie jahrzehnte lang nicht mehr gelebt wird, es ihnen doch ermöglicht, leichter Selbstkritik zu üben, Sünden als solche zu erkennen und, wenn der Leidensdruck, sich von Gott abgewandt zu haben, zu groß wird, Gott wieder zu suchen und sich nicht weiter von den Animateuren dieser Welt die Zeit stehlen zu lassen.