In Ländern wie Spanien und Italien, wo die Mundkommunion auch im Novus Ordo noch weitverbreitet ist, wird dagegen zum Sturm geblasen. Anlaß sind die Corona-Maßnahmen der Bischöfe. In vielen Ländern wurde die Handkommunion den Gläubigen zwangsweise verordnet. Die weitgehende Uniformität der Richtlinien, die von den verschiedenen Bischofskonferenzen erlassen wurden, legen römische Generalrichtlinien nahe, obwohl solche nicht bekannt sind.
Die progressive spanische Internetseite Religion Digital feuerte am 1. Mai eine Breitseite gegen die Mundkommunion ab. Diese ist, was gerade im deutschen Sprachraum viele nicht mehr wissen, die offizielle Form des Kommunionempfangs, wie er in der Kirche in Geltung war und ist. Die Handkommunion in Nachahmung einer protestantischen Praxis kam erst in den späten 60er Jahren auf. Es waren die deutschen Bischöfe, die mit revolutionärer Arroganz die Zulassung Rom abtrotzte. Dennoch ist die Handkommunion auch heute nur eine von der Kirche geduldete Ausnahme. Im Zuge der Corona-Krise wollen einige sie, entgegen der gesamten kirchlichen Tradition, zur einzigen Form des Kommunionempfangs machen. Mit dem Verweis auf „hygienische“ Notwendigkeiten werden, wie bequem, alle theologischen und pastoralen Aspekte ausgeklammert. Das Coronavirus habe „alle Bereiche unseres Lebens“ verändert: „Auch unser Gebet hat sich verändert, zumindest das liturgische. Unsere Messe wird nun mehr denn je im Innersten gelebt“, schrieb Religion Digital. Und weiter:
„Vielleicht werden wir uns bewußt, daß die Eucharistie bei der Fußwaschung beginnt und um sie kreist, bei der Solidarität und dem Dienst an unseren Brüdern.“
Weder nach Pest und Malaria und auch nicht nach der Spanischen Grippe vor 100 Jahren oder der Asiatischen Grippe vor 50 Jahren, die alle weit mehr, sogar viel, viel mehr Todesopfer forderten, änderte sich etwas an der heiligen Liturgie, doch das Coronavirus, zu dessen Ursprung und Gefährlichkeit viel noch ungeklärt ist, so die apodiktische Verkündigung von Religion Digital, ändere nun alles, oder zumindest fast:
„Wir Gläubige wissen genau, daß wir von jetzt an einige unserer liturgischen Bräuche ändern müssen.“
Ohne öffentliche Messe werde die „geistige Kommunion“ empfangen und es wurde bereits angekündigt, daß bei Wiederzulassung der öffentlichen Gottesdienste die Handkommunion zu praktizieren sei.
„Einige konservative Kreise verteidigen diesen Brauch (der Mundkommunion) um jeden Preis.“
Die frühchristliche Praxis sei die Handkommunion gewesen. Erst in der Karolingerzeit sei sie durch die Mundkommunion ersetzt worden. Als Beleg wird die Empfehlung des heiligen Cyrillus, Bischof von Jerusalem, aus der Mitte des vierten Jahrhunderts angeführt, die Hände beim Kommunionempfang zu einem Thron zu formen. Der Schreiber des Religion-Digital-Artikels, Maciej Klein, was einen polnisch-deutschen Autor vermuten läßt, verweist auf den Jesuiten Klaus Schatz, der seinen Studenten, darunter auch Klein, an der Frankfurter Jesuitenhochschule Sankt Georgen beigebracht habe, daß die Mundkommunion nur deshalb eingeführt wurde, um halbheidnischen Germanen ein magisches Eucharistieverständnis auszutreiben.
Klein weiter:
„Heute wissen wir nicht, wann wir die Kommunion wieder empfangen werden können. Sicher ist, daß es auf die Hand sein wird, und zwar für alle auf die Hand. Wir können von dieser Krise zumindest profitieren, um die ‚Mundkommunion‘ hinter uns zu lassen, eine Praxis, die auf eine ziemlich archaische Weise entstanden ist. Bereiten wir den Thron unserer Hände für den Herrn, für den König… Und vergessen wir nicht, unsere Hände zu benutzen, um zu dienen, was das Wichtigste ist.“
Das Kuriose daran sei, so die Internetzeitung weiter, daß einige der zu ändernden Bräuche, obwohl seit Jahrhunderten in Verwendung, „gar nicht so ‚christlich‘ oder so heilig sind“. Dazu gehöre die Mundkommunion, die als einziges Beispiel für diese These angeführt wird.
Religion Digital, das wichtigste progressive Medium in der spanischsprachigen Welt, steht Papst Franziskus nahe. Der Chefredakteur, ein laisierter Priester, wurde vom Papst vor zwei Jahren mit großer Herzlichkeit in Santa Marta empfangen, obwohl die Nachrichtenseite zu verschiedenen Themen häretische Positionen verbreitet.
Der Angriff gegen die Mundkommunion erfolgte zielgenau, als in den meisten Ländern über Lockerungen diskutiert wurde oder die Wiederzulassung öffentlicher Gottesdienste unmittelbar bevorstand. Die Mundkommunion sei nur „ein Brauch, den wir (durch höhere Gewalt) aufgeben können“, so Klein.
Kurios ist in der Tat, daß die „Einführung der Mundkommunion“ den Deutschen (Germanen) angelastet wird. Jenen also, die seit einem halben Jahrhundert deren Beseitigung betreiben. Laut Religion Digital wurde die Mundkommunion eingeführt, um „ein magisches Verständnis der Eucharistie zu verhindern. Viele germanische Bauern haben die konsekrierte Hostie, als sie diese auf die Hand bekamen, versteckt und mit nach Hause genommen, um sie ihrer kranken Kuh oder einem anderen kranken Haustier zu geben“.
Was von diesem seltsamen Exkurs bleibt, ist die Tatsache, daß die Mundkommunion als „archaischer Brauch“ diskreditiert wird mit der Absicht, ihn unter dem Vorwand des Coronavirus (höhere Gewalt) für immer zu beseitigen. Der Angriff von Religion Digital wurde von einer progressiven Partnerseite in Italien übernommen und auch dort verbreitet. Neben der faktischen Umsetzung der zwangsweisen Handkommunion durch die Bischofskonferenzen tauchten auch Handzettel in Kirchen gegen die Mundkommunion auf. Es steckt einiges System hinter den Bemühungen, die sich nicht allein aus „der Not heraus“ erklären lassen.
Der Vatikanist Aldo Maria Valli leitete einen solchen Handzettel, der im Erzbistum Mailand auftauchte, an den bekannten Theologen und Liturgiker Don Nicola Bux weiter und bat ihn um eine Stellungnahme. Hier seine Reaktion:
Kommentar von Msgr. Nicola Bux
Wir werden unserem Herrn Jesus Christus über den Skandal bzw. das Hindernis Rechenschaft geben müssen, das so viele Kleriker den Gläubigen mit ihrer respektlosen und sogar sakrilegischen Haltung gegenüber dem Allerheiligsten Altarsakrament bereiten, ein Symptom der schweren Glaubenskrise, die wir durchmachen (Glaubenskrise = Nichtanerkennung der Gegenwart Gottes in der Liturgie, die wegen dieser Gegenwart als heilig bezeichnet wird).
Die Hauptursache ist natürlich die Säkularisierung, die laut Charles Peguy in erster Linie von Geistlichen ausgeht wegen ihrer übermäßigen Betonung des liturgischen Symbolismus, aber noch mehr, weil wegen der Glaubenskrise der Sinn für das Heilige verlorengegangen ist.
Teil dieser Krise ist die Reduzierung der Eucharistie auf eine Ausdrucksform menschlicher Solidarität. So wird auf dem Handzettel, der in einer Mailänder Pfarrkirche gefunden wurde, behauptet, daß „die Mundkommunion eine Gewohnheit ist, die aufgegeben werden muß“, weil sie weder „christlich“ noch heilig sei, und auch, weil sie auf ein primitives Christentum zurückgehe.
Die Häresie des Archäologismus kehrt also zurück, laut der man sich aus der Antike das nimmt, was einem paßt, und unbeachtet läßt, was einem nicht zusagt (zum Beispiel die gemeinsame Zelebrationsrichtung ad Deum von Priestern und Gläubigen, die apostolischen Ursprungs ist).
Von anderen wird die Abschaffung im Namen einer angeblich größeren Ansteckungsgefahr des Mundes als der Hand vertreten, dem aber nicht wenige Experten widersprechen.
Das „Brechen des Brotes“, von dem die Messe in der Apostelgeschichte ihren Namen hat, bedeutet aber nicht, daß das Abendmahl den Jüngern auf die Hand gegeben wurde, sondern, wie Johannes bezeugt (vgl. Joh 13, 26–27), von Jesus als „Bissen Brot, den ich eintauche“, dem Judas gegeben wurde. Diese Form ist unter den Orientalen und in der Ostkirche noch heute bei der Kommunionspendung üblich. Ein Bissen eingetauchtes Brot kann nicht auf die Hand gegeben werden, sondern nur in den Mund.
An anderer Stelle haben wir als Beleg den Codex Purpureus Rossanensis, ein illustriertes Evangeliar aus Rossano, aus dem fünften Jahrhundert angeführt, also lange vor der Karolingerzeit, und anhand diesem die nur wenige Jahrzehnte davor ergangene Einladung des heiligen Cyrillus, Bischof von Jerusalem (348–386), erklärt, die Hände zu einem Thron zu formen. Nicht um die Kommunion auf die Hand zu empfangen, wie fälschlich behauptet wird, sondern um die so geformte Hand direkt unter den Mund zu halten und damit beim Empfang des eucharistischen „Bissen“ zu verhindern, daß der kleinste Krümel verlorengeht [die Empfehlung des heiligen Cyrillus war eine Vorwegnahme der Patene].
Man beachte zu diesem Thema auch die Kommunion der Apostel in der byzantinischen Ikonographie, die wie alle orientalischen Zeugnisse nicht etwas ex post darstellen, oder die westlichen Zeugnisse wie jene des Beato Angelico, von Tintoretto und anderen.
Die Zuschreibung, die der Jesuit Schatz vornahm, indem er die Mundkommunion erst so spät datierte und mit dem Eindringen eines „magischen Eucharistieverständnisses“ unter den Gläubigen erklärte, ist offensichtlich ideologisch motiviert.
Der Autor des Handzettels kann nicht einfach ignorieren, daß heute nicht von der Mundkommunion die Gefahr einer Profanierung droht – vorausgesetzt, er unterscheidet das Heilige vom Profanen –, sondern von der Handkommunion. Weiß er nicht, daß es Gläubige gibt, die, sobald sie die konsekrierte Hostie auf die Hand bekommen, sie mitnehmen? Für welche Zwecke? Weiß er nicht, daß sogar die Verwendung für satanische Riten festgestellt wurde? Das behauptete magische Verständnis, dessen man die Mundkommunion beschuldigt, ist also nicht verschwunden, sondern tritt vielmehr im Zusammenhang mit der Handkommunion auf.
Zusammenfassend widerspricht sich der Verfasser des Handzettels: Nachdem er fälschlich behauptet, daß es die Praxis der Mundkommunion im frühen Christentum nicht gegeben habe, behauptet er dann, daß diese „Praxis auf archaische Weise entstanden ist“ und beharrt darauf, die Eucharistie auf einen Dienst an den Brüdern zu reduzieren. In Wahrheit will der Autor nicht anerkennen, daß Christus das Sakrament eingesetzt hat, damit wir ein Leib mit ihm werden, gerade durch die Kommunion mit seinem Leib und Blut. Nur so werden wir seine Glieder und, soweit es auch andere tun, erkennen uns als Brüder. Das sind die agàpe (Griechisch) und die caritas (Latein) der Christen, die wahren Namen der Solidarität. Es besteht keine Notwendigkeit für ein Hohes Komitee für die menschliche Brüderlichkeit, denn diese folgt nur aus der Anerkennung des einzigen Herrn Jesus Christus, von dessen Leib und Blut sich durch christliche Initiation jene nähren, die sich bekehren und getauft sind. So versteht man auch das berühmte Axiom: „Die Eucharistie vollzieht die Kirche“, und folglich kann die Kirche die Eucharistie vollziehen (vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Ecclesia de Eucharistia, Nr. 26).
Daher ist es trotz der Glaubenskrise der unbändige Sinn für das Heilige – den das Wort mit seiner Menschwerdung nicht aus dem Herzen des Menschen gelöscht, sondern vielmehr verstärkt hat –, der viele Priester und Gläubige drängt, es nicht zu akzeptieren, die Kommunion mit profanen Einweghandschuhen zu spenden bzw. zu empfangen. Der Glaube ist notwendig, um den Leib und das Blut Christi wahrhaftig und wirklich zu erkennen, die substantialiter unter den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig sind – Erscheinungen, die der heilige Thomas von Aquin mit dem aristotelischen Begriff „Akzidentien“ bezeichnet –, sodaß der Zelebrant, wenn ein eucharistisches Teilchen zu Boden fällt, es nicht mehr für die Kommunion verwendet, sondern in eine Gefäß mit Wasser legt, wo es sich auflöst und die Realpräsenz endet.
Wenn es bei der gegenwärtigen Ansteckungsgefahr als unzureichend angesehen werden sollte, die Hände vor der Messe und nach dem Offertorium zu waschen, vielleicht unter Zusatz von Reinigungsmittel, könnte man auf die vom Bischof in der im überlieferten Römischen Ritus zelebrierten Messe verwendeten Chirotheken zurückgreifen, die mit Kreuzen geschmückten Handschuhe aus kostbarem Stoff. Er benutzt sie während der Messe, nimmt sie aber ab, um das Offertorium, die Weihe und die Kommunion zu vollziehen. Es ist also das genaue Gegenteil von dem, was jetzt praktiziert wird: Alles, was benötigt wird (Meßbuch, Mikrofon usw.), wird mit bloßen Händen berührt, aber zur Kommunion werden die Handschuhe angezogen. Das ist paradox! Es sind vor allem die heiligen Opfergaben, die der Zelebrant mit bloßen Händen berühren, und diese stattdessen für den Rest der Feier durch die Chirothek schützen sollte. Nicht nur die Bischöfe benutzten Chiroteken, auch die Priester von Kollegiatskapiteln hatten sie unter ihren Insignien. Warum also nicht erneut die Verwendung dieser liturgischen Handschuhe durch Priester, nicht nur durch Bischöfe, zumindest in dieser außergewöhnlichen Zeit vorschlagen?
Wer kann verstehen, warum diese Priester, die so ökumenisch mit den Orthodoxen des Ostens sind, die unnachgiebig die Kommunion mit einem Löffel in den Mund spenden, plötzlich ganz und gar nicht mehr tolerant sind und mit ihren lateinischen Gläubigen (den römischen und den ambrosianischen) arrogant und unflexibel umgehen, die kniend die Mundkommunion empfangen oder ein kleines Leinentuch auf die Hand legen wollen, um die Eucharistie von dort direkt in den Mund zu führen. Sind nicht genau das die Bestimmungen der Kirche?
So bleibt zum Schluß nur, diese Bestimmungen mit Mut gegenüber jenen Priestern und Bischöfen zu bekräftigen, ganz im Sinne der Worte von Johannes Paul II.
„Wer Gott fürchtet, hat keine Angst vor Menschen.“
Nicola Bux
Text: Giuseppe Nardi
Bild: NBQ