Christus vincit – Rede von Prof. de Mattei zur Vorstellung des neuen Buches von Msgr. Athanasius Schneider

„Heute sind wir die Stimme der Tradition, die den Papst um Gehör bittet“


Professor de Mattei im Palazzo Cesi, neben ihm Msgr. Athanasius Schneider, dessen jüngstes Gesprächsbuch vorgestellt wurde.
Professor de Mattei im Palazzo Cesi, neben ihm Msgr. Athanasius Schneider, dessen jüngstes Gesprächsbuch vorgestellt wurde.

Am 14. Okto­ber fand im Palaz­zo Cesi in Rom, nur weni­ge Schrit­te vom Vati­kan ent­fernt, wo der­zeit von vie­len Katho­li­ken mit Sor­ge ver­folg­te Ama­zo­nas­syn­ode tagt, die Vor­stel­lung des neu­en Buches von Msgr. Atha­na­si­us Schnei­der „Chri­stus vin­cit: Christ’s Tri­umph Over the Dark­ness of the Age“ statt. Her­aus­ge­ge­ben wur­de es vom US-ame­ri­ka­ni­schen Ver­lag Ange­li­co Press. Es han­delt sich um ein aus­führ­li­ches Gesprächs­buch zwi­schen der Jour­na­li­stin Dia­ne Mon­tagna und dem Weih­bi­schof von Ast­a­na. Der füh­ren­de katho­li­sche Intel­lek­tu­el­le, der Histo­ri­ker Prof. Rober­to de Mat­tei, hielt bei die­ser Gele­gen­heit eine Rede, die voll­stän­dig in deut­scher Über­set­zung ver­öf­fent­licht wird.

Anzei­ge

Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke und Prof. Rober­to de Mat­tei, Prä­si­dent der Lepan­to-Stif­tung, stell­ten das Buch in Anwe­sen­heit der Autoren vor. Die Prä­sen­ta­ti­on wur­de von Pater Gerald E. Mur­ray, Kir­chen­recht­ler des Erz­bis­tums New York, mode­riert. Im Saal waren zahl­rei­che Prie­ster und Per­sön­lich­kei­ten wie die Kar­di­nä­le Fran­cis Arin­ze und Ger­hard Mül­ler anwesend. 

Christus Vincit – Christus siegt auch über die Finsternis unserer Zeit

Von Rober­to de Mattei*

Es ist mir eine gro­ße Ehre, an der Sei­te von Kar­di­nal Bur­ke und Msgr. Schnei­der, an der Prä­sen­ta­ti­on die­ses Gesprächs­bu­ches von Dia­ne Mon­tagna mit Msgr. Atha­na­si­us Schnei­der mit dem Titel Chri­stus Vin­cit: Christ’s Tri­umph Over the Dark­ness of the Age, teil­zu­neh­men.

Chri­stus siegt auch in dunk­ler Zeit wie der unseren.

Das Gespräch mit Msgr. Schnei­der ist sehr schön und ich gra­tu­lie­re nicht nur dem Bischof, son­dern auch der Jour­na­li­stin, die mit ihren Fra­gen alle Aspek­te der aktu­el­len reli­giö­sen Debat­te ange­spro­chen hat. Ich möch­te Ihnen nicht das Ver­gnü­gen vor­weg­neh­men, das Buch zu lesen, indem ich erzäh­le, was es zu lesen gibt. Ich den­ke, daß der beste Weg, es zu vor­zu­stel­len, dar­in besteht, es in den histo­ri­schen Kon­text zu stel­len, in dem es geschrie­ben und ver­öf­fent­licht wur­de, wäh­rend gera­de eine Syn­ode statt­fin­det, die sich für die Kir­che als eines der dra­ma­tisch­sten Ereig­nis­se der ver­gan­ge­nen Jahr­hun­der­ten zeigt.

Kar­di­nal Bur­ke und Msgr. Schnei­der haben einen Auf­ruf gemacht zu Gebet und Fasten, damit die Ama­zo­nas­syn­ode die im Instru­men­tum labo­ris ent­hal­te­nen Irr­tü­mer und Häre­si­en nicht bil­ligt. Dafür dan­ken wir ihnen. Sie gehör­ten zu den weni­gen Hir­ten der Kir­che, die das Schwei­gen gebro­chen haben, in das der Wel­tepi­sko­pat ange­sichts der gegen­wär­ti­gen Kri­se gesun­ken ist. Damit haben sie ihren Auf­trag als Nach­fol­ger der Apo­stel ent­spro­chen. Der hei­li­ge Augu­sti­nus sagt, daß die­je­ni­gen, die sich nicht öffent­lich zu dem beken­nen, was sie glau­ben, nur zur Hälf­te treu sind: 

„Non enim per­fec­te credunt, qui quod credunt loqui nolunt“. 

Es ver­rät die Wahr­heit nicht nur, wer sie auf­gibt, um sich die Häre­sie zu eigen zu machen, son­dern auch, wer sie nicht öffent­lich bekennt, wenn es not­wen­dig ist. Den schwei­gen­den Hir­ten in Zei­ten der Fin­ster­nis wie jener, in der wir leben, rufen wir die Wor­te des Pro­phe­ten Jesa­ja (6,5) in Erinnerung: 

„Vae mihi, quia tacui.“ 

„Wehe mir, weil ich geschwie­gen habe.“

Erz­bi­schof Schnei­der hat von der Gött­li­chen Vor­se­hung durch sei­ne Eltern den Namen Atha­na­si­us erhal­ten, und Atha­na­si­us ist ein Name, der für ihn sicher ein Vor­bild ist.

Das neue Gesprächsbuch von Msgr. Schneider
Das neue Gesprächs­buch von Msgr. Schneider

Der hei­li­ge Atha­na­si­us war der unbe­zwing­ba­re Ver­tei­di­ger des katho­li­schen Glau­bens gegen Aria­ner und Semia­ria­ner in der schreck­li­chen reli­giö­sen Kri­se des 4. Jahr­hun­derts. Als  im Mai 325 in der Stadt Nicäa das erste Öku­me­ni­sche Kon­zil der Kir­che eröff­net wur­de, das von Kai­ser Kon­stan­tin ein­be­ru­fen wur­de, waren unter den 300 Kon­zils­vä­tern vie­le Irr­tü­mer und Häre­si­en in Umlauf über die Per­so­nen der hei­lig­sten Drei­fal­tig­keit Der gro­ße Kon­zils­hi­sto­ri­ker, Carl Joseph von Hefe­le, erklärt, daß die recht­gläu­bi­gen Bischö­fe in Nicäa eine Min­der­heit waren, die zusam­men mit Atha­na­si­us und sei­nen Freun­den die Rech­te, bes­ser gesagt, die äußer­ste Rech­te bil­de­ten. Ari­us und sei­ne Par­tei­gän­ger bil­de­ten die Lin­ke, wäh­rend die lin­ke Mit­te von Euse­bi­us von Niko­me­dia und die rech­te Mit­te von Euse­bi­us von Cäsarea besetzt war.

Unter die­sen Posi­tio­nen gab es nur eine wah­re Posi­ti­on, nur eine katho­li­sche Posi­ti­on, die des hei­li­gen Atha­na­si­us. Atha­na­si­us, dem der hei­li­ge Hila­ri­us den größ­ten Ein­fluß auf das Sym­bo­lum von Nicäa zuschreibt, war damals weder Bischof noch Prie­ster noch berühm­ter Theo­lo­ge, son­dern erst ein jun­ger Dia­kon von kaum mehr als 25 Jah­ren. Er war Mit­ar­bei­ter von Alex­an­der, dem Bischof von Alex­an­dria. Atha­na­si­us beschränk­te sich nicht auf das Beten, son­dern orga­ni­sier­te hin­ter den Kulis­sen den Wider­stand der Bischö­fe gegen den Aria­nis­mus. Dank ihm fand das Nicä­ni­sche Glau­bens­be­kennt­nis sei­ne For­mu­lie­rung und bil­de­te ein unein­nehm­ba­res Boll­werk gegen den Aria­nis­mus. Das ist ein Beweis für das Wir­ken des Hei­li­gen Gei­stes in der Kirche.

Die katho­li­sche Kir­che ist ein geheim­nis­vol­ler Orga­nis­mus. Es ist wich­tig, daß wir uns anstren­gen, um sei­ne Phy­sio­lo­gie zu ver­ste­hen. Heu­te beken­nen sich die Mas­sen­me­di­en fast alle zur säku­la­ri­sti­schen Ideo­lo­gie und ver­ste­hen die über­na­tür­li­che Natur der Kir­che nicht. Die ver­schie­de­nen theo­lo­gi­schen Posi­tio­nen wer­den auf poli­ti­sche Posi­tio­nen redu­ziert und die Poli­tik wie­der­um auf den Zusam­men­prall wirt­schaft­li­cher Interessen.

Die Kir­che hat einen sicht­ba­ren Kör­per, sie ist eine Gesell­schaft, die von leben­den Men­schen gebil­det wird und mit Rechts­struk­tur aus­ge­stat­tet ist . Die­se Gesell­schaft ver­eint alle, die die Tau­fe emp­fan­gen haben, den von Jesus Chri­stus gelehr­ten Glau­ben beken­nen, an den Sakra­men­ten teil­neh­men und der Auto­ri­tät gehor­chen, die Jesus selbst kon­sti­tu­iert hat. Die Kir­che ist aber kei­ne Gesell­schaft wie ande­re. Ihre Struk­tur ist weder mit der eines Unter­neh­mens noch mit der eines poli­ti­schen Regimes, sei es demo­kra­tisch oder dik­ta­to­risch, ver­gleich­bar. Die katho­li­sche Kir­che ist ein mysti­scher Leib, des­sen Haupt Chri­stus ist, des­sen Glie­der die Gläu­bi­gen sind und des­sen See­le der Hei­li­ge Geist ist. Leo XIII. (Satis Cogni­tum) und Pius XII. (Mysti­ci Cor­po­ris), aber auch Bene­dikt XVI. (Ange­lus vom 31. Mai 2009) haben den Hei­li­gen Geist als „See­le der Kir­che“ bezeich­net. Es gibt eine Gegen­wart des Hei­li­gen Gei­stes in jeder See­le, die sich im Stand der Gna­de befin­det, aber es gibt auch eine uner­schüt­ter­li­che Gegen­wart im gan­zen Leib der Kir­che als Geist der Wahr­heit und der Weis­heit bis zum Ende der Zeiten.

Das mensch­li­che und sicht­ba­re Ele­ment der Kir­che zu leug­nen, bedeu­tet, in den Pro­te­stan­tis­mus zu fal­len, aber sei­nen gött­li­chen und unsicht­ba­ren Aspekt zu leug­nen, bedeu­tet, die Kir­che mit irgend­ei­ner mensch­li­chen Gesell­schaft gleich­zu­set­zen. Eines die­ser bei­den Ele­men­te, das Mensch­li­che oder das Gött­li­che, aus der Kir­che zu ent­fer­nen, bedeu­tet, sie zu zerstören.

Wer die Wir­kung des Hei­li­gen Gei­stes auf die Kir­che igno­riert, wird nie­mals in der Lage sein, ihre Wirk­lich­keit zu ver­ste­hen. Wir hören zum Bei­spiel oft, daß die Päp­ste vom Hei­li­gen Geist unter­stützt wer­den, und das ist wahr. Aber alle Chri­sten wer­den auf unter­schied­li­che Wei­se vom Hei­li­gen Geist unter­stützt. Mit der Tau­fe emp­fan­gen sie die Gabe des Hei­li­gen Gei­stes, der der Geist Chri­sti ist.

Der Hei­li­ge Geist unter­stützt nicht nur die Füh­rer der Kir­che, son­dern jeden Getauf­ten. Der Letz­te der Ama­zo­nas-Indio, der die Tau­fe emp­fängt, ist in die Kir­che Chri­sti ein­ge­glie­dert und wird vom Hei­li­gen Geist unter­stützt. Aus die­sem Grund kön­nen wir jene nicht ver­ste­hen, die wie Msgr. Erwin Kräut­ler, eme­ri­tier­ter Bischof von Xin­gu in Bra­si­li­en, sich rühmt, nie einen Indio getauft zu haben.

Das Sakra­ment der Fir­mung ver­voll­komm­net die Tau­fe und macht aus dem Chri­sten einen ech­ten Miles Chri­sti (Sol­dat Chri­sti), wie man frü­her sag­te: Ein Sohn der strei­ten­den Kir­che, der mutig gegen das Fleisch, den Teu­fel und den Geist der Welt kämpft. Mit Tau­fe und Fir­mung erhält der Christ auch ein über­na­tür­li­ches Licht, das Theo­lo­gen Sen­sus com­mu­nis vel catholicus oder Sen­sus fidei  nen­nen, d.h., die Fähig­keit, noch vor der theo­lo­gi­schen Begrün­dung durch über­na­tür­li­chen Instinkt an den Wahr­hei­ten des Glau­bens fest­zu­hal­ten. Der hei­li­ge Tho­mas lehrt, daß die Welt­kir­che vom Hei­li­gen Geist regiert wird, der, wie Jesus Chri­stus ver­hei­ßen hat, „sie die gan­ze Wahr­heit leh­ren wird“ (Joh 16,13). Die über­na­tür­li­che Fähig­keit, die der Gläu­bi­ge besitzt, in die geof­fen­bar­te Wahr­heit ein­zu­drin­gen und in sei­nem Leben anzu­wen­den, kommt vom Hei­li­gen Geist.

2014 ver­öf­fent­lich­te die Inter­na­tio­na­le Theo­lo­gi­sche Kom­mis­si­on unter dem Vor­sitz von Kar­di­nal Ger­hard Lud­wig Mül­ler, dem dama­li­gen Prä­fek­ten der Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re, eine Stu­die mit dem Titel Der Sen­sus fidei im Leben der Kir­che, in der erklärt wird, daß der Sen­sus fidei kein reflek­tier­tes Wis­sen über die Glau­bens­ge­heim­nis­se ist, wie das theo­lo­gi­sche, son­dern eine spon­ta­ne Intui­ti­on, mit der der Gläu­bi­ge am wah­ren Glau­ben fest­hält oder ablehnt, was die­sem wider­spricht. Der Glau­be der Gläu­bi­gen erfährt wie die Leh­re der Hir­ten den Ein­fluß des Hei­li­gen Gei­stes, und die Gläu­bi­gen tra­gen durch den christ­li­chen Sinn und das Glau­bens­be­kennt­nis dazu bei, die christ­li­che Wahr­heit dar­zu­le­gen, zu bekun­den und zu bezeugen.

Jeder getauf­te Gläu­bi­ge ver­fügt über den Sen­sus fidei , und die­ser Sen­sus fidei hat eine ratio­na­le Grund­la­ge, weil das Glau­bens­be­kennt­nis von Natur aus ein Akt der ver­stan­des­mä­ßi­gen Fähig­keit ist. Heu­te ist der wah­re Glau­bens­be­griff ver­lo­ren­ge­gan­gen, weil er auf eine Erfah­rung der Gefüh­le redu­ziert ist und man ver­ges­sen hat, daß es sich um einen Akt der Ver­nunft han­delt, der die Wahr­heit zum Gegen­stand hat. Der Fide­is­mus wur­de von der Kir­che ver­ur­teilt, die im Ersten Vati­ka­ni­schen Kon­zil den Ein­klang zwi­schen Glau­ben und Ver­nunft als Dog­ma defi­nier­te (Denz‑H, Nr. 3017).

Alles, was irra­tio­nal und wider­sprüch­lich erscheint, wider­spricht dem wah­ren Glau­ben. Daher gilt: Wenn der Sen­sus fidei einen Kon­trast zwi­schen Äuße­run­gen kirch­li­cher Auto­ri­tä­ten und der Tra­di­ti­on der Kir­che aus­macht, muß der Gläu­bi­ge auf den guten Ein­satz der Logik zurück­grei­fen, die durch die Gna­de erleuch­tet wird. In die­sen Fäl­len muß der Gläu­bi­ge jede Zwei­deu­tig­keit und Ver­fäl­schung der Wahr­heit ableh­nen und sich dabei auf die unver­än­der­li­che Tra­di­ti­on der Kir­che stüt­zen, die dem Lehr­amt nicht widerspricht.

Die Theo­lo­gi­sche Kom­mis­si­on des Vati­kans hat bekräf­tigt, daß „ein­zel­ne Gläu­bi­ge die Zustim­mung zu einer Leh­re ihrer recht­mä­ßi­gen Hir­ten ver­wei­gern kön­nen, wenn sie in die­ser Leh­re die Stim­me Chri­sti, des Guten Hir­ten, nicht erken­nen“. Aus die­sem Grund kann der Sen­sus fidei die Gläu­bi­gen in eini­gen Fäl­len dazu drän­gen, ihre Zustim­mung zu eini­gen kirch­li­chen Doku­men­ten zu ver­wei­gern und sich gegen­über den ober­sten Auto­ri­tä­ten einer Situa­ti­on des Wider­stands oder des offen­sicht­li­chen Unge­hor­sams aus­set­zen. Der Unge­hor­sam ist nur schein­bar, weil in die­sen Fäl­len des legi­ti­men Wider­stands gilt das Prin­zip des Evan­ge­li­ums, nach dem man Gott und nicht den Men­schen gehor­chen muß (Apg 5, 29).

Ange­sichts eines Vor­schlags, der dem Glau­ben oder der Moral wider­spricht, haben wir die mora­li­sche Pflicht, unse­rem Gewis­sen zu fol­gen, das sich ihm wider­setzt, weil, wie der hei­li­ge Kar­di­nal New­man sagt, „das Gewis­sen der ursprüng­li­che Stell­ver­tre­ter Chri­sti ist“.

Heut­zu­ta­ge wer­den jene, die sich ihrem Gewis­sen fol­gend Wor­ten oder Taten der kirch­li­chen Auto­ri­tät wider­set­zen, die von der Tra­di­ti­on der Kir­che abwei­chen, manch­mal beschul­digt, „Fein­de des Pap­stes“ oder sogar „schis­ma­tisch“ zu sein. Aber die Wor­te müs­sen abge­wo­gen wer­den. Für einen Katho­li­ken ist die schwer­wie­gend­ste Schuld die Ableh­nung der Leh­re Chri­sti oder die Tren­nung von der Kir­che Chri­sti. Im ersten Fall ist man ein Häre­ti­ker, im zwei­ten Fall ein Schismatiker.

Wir sind kei­ne Ket­zer, weil uns die Häre­sie abstößt: Wir glau­ben an die Leh­re Chri­sti, wie sie immer und über­all gelehrt wurde.

Wir sind kei­ne Schis­ma­ti­ker, weil das Schis­ma uns abstößt: Wir glau­ben fest an das Papst­tum, das heu­te von Papst Fran­zis­kus ver­tre­ten wird und des­sen höch­ste Auto­ri­tät wir aner­ken­nen. Aber wenn Papst Fran­zis­kus oder irgend­ein ande­rer Papst Wor­te aus­spricht oder Taten setzt, die von der Leh­re und den Gebräu­chen der Kir­che abzu­wei­chen schei­nen, dann haben wir das Recht, uns von die­sen Wor­ten und Taten zu distan­zie­ren. Das ist kei­ne Tren­nung im recht­li­chen Sinn, son­dern eine mora­li­sche Tren­nung, nicht von Petrus­amt, das der Kir­che dient, son­dern vom schlech­ten Dienst, den die­je­ni­gen, die die­ses Petrus­amt aus­üben, der Kir­che leisten.

Wir erken­nen den Pri­mat der päpst­li­chen Juris­dik­ti­on über alle Bischö­fe der Welt an, aber wir lei­den, wenn wir sehen, daß der Papst im Namen der Syn­oda­li­tät die For­de­run­gen von Bischofs­kon­fe­ren­zen unter­stützt, die den Anspruch erhe­ben, ihm einen häre­ti­schen oder häre­ti­sie­ren­den syn­oda­len Weg zu weisen.

Wir erken­nen das höch­ste Cha­ris­ma an, das die Kir­che dem Papst zuschreibt, das der Unfehl­bar­keit, und wir möch­ten, daß der Papst es in sei­ner gan­zen Wei­te aus­übt, um Wahr­hei­ten zu defi­nie­ren und Irr­tü­mer zu ver­ur­tei­len. Aber wir lei­den, wenn der Papst auf die­ses Cha­ris­ma ver­zich­tet, um sich in Inter­views, Brie­fen und sogar Tele­fo­na­ten auf extra­va­gan­te Wei­se zu äußern.

Wir knien vor dem Papst nie­der, weil wir in ihm den Stell­ver­tre­ter Chri­sti erken­nen, aber wir lei­den, wenn er nicht vor dem Aller­hei­lig­sten kniet, das Chri­stus selbst in Leib, Blut, See­le und Gott­heit ist.

Wir lei­den nicht nur, wir sind auch empört, wenn wir heid­ni­sche Zere­mo­nien sehen, die in Gegen­wart des Hei­li­gen Vaters in den Vati­ka­ni­schen Gär­ten statt­fin­den. Es ist die­sel­ne Empö­rung, die wir emp­fan­den, als wir den Peters­dom ent­weiht sahen, durch die Bil­der, die am 8. Dezem­ber 2015 auf sei­ne Fas­sa­de pro­ji­ziert wurden.

Sie wer­fen uns vor, Fein­de von Papst Fran­zis­kus zu sein, aber die­se Anschul­di­gung ist unsin­nig. Wir sind weder Fein­de noch Freun­de von Papst Fran­zis­kus, aber wir wol­len Freun­de der Wahr­heit und des Guten, Fein­de des Irr­tums und des Bösen, Freun­de der Freun­de der Kir­che und Fein­de der Fein­de der Kir­che sein.

Sie wer­fen uns vor, die Ein­heit der Kir­che bre­chen zu wol­len, aber ohne Wahr­heit kann es kei­ne Ein­heit geben. Die Kir­che ist eine, weil sie ein­zig­ar­tig ist nach dem Eben­bild Chri­sti, das gestern, heu­te und Ewig­keit gleich ist. Im gleich muß die Natur der Kir­che bis zum Ende der Welt gleich blei­ben, denn der hei­li­ge Pau­lus sagt: „Es gibt nur einen Herrn, einen Glau­ben, eine Tau­fe, einen Gott und einen Vater aller“ (Eph 4,5–6).

Ich spre­che als Laie im Namen vie­ler Lai­en. Die Lai­en sind nicht befugt, irgend­wem die Leh­re der Kir­che zu leh­ren, weil sie nicht der leh­ren­den Kir­che ange­hö­ren. Aber sie haben das Recht und die Pflicht, die sie laut Kir­chen­recht haben, den Glau­ben, den sie mit ihrer Tau­fe emp­fan­gen haben, zu bewah­ren, wei­ter­zu­ge­ben und zu verteidigen.

Als ein­fa­cher Laie, gei­stig ver­bun­den mit den Nach­fol­gern der hier anwe­sen­den Apo­stel, glau­be ich sagen zu kön­nen: Heu­te sind wir die Stim­me der Tra­di­ti­on, die den Papst um Gehör bit­tet. Eine Stim­me, unse­re Stim­me, die eine Leh­re wei­ter­gibt, die von weit­her dringt und den Papst um nicht weni­ger Auf­merk­sam­keit bit­tet, wie er sie der soge­nann­ten „Weis­heit der Ahnen“ der indi­ge­nen Völ­ker schenkt. Auch wir sind das Echo der Weis­heit der Ahnen, einer alten Weis­heit, die auf Jesus Chri­stus, die fleisch­ge­wor­de­ne Weis­heit, zurückgeht.

Eine Weis­heit, schreibt der hei­li­ge Alo­is Maria Gri­g­nion von Mont­fort in sei­nem erleuch­te­ten Buch L’a­mour de la sages­se eter­nel­le (Die Lie­be der ewi­gen Weis­heit) das mit fol­gen­den Wor­ten zusam­men­ge­faßt wird: Ver­bum caro fac­tum est:

„Das Wort wur­de Fleisch, die ewi­ge Weis­heit ist fleisch­ge­wor­den, Gott ist Mensch gewor­den, ohne auf­zu­hö­ren, Gott zu sein. Die­ser Mensch-Gott heißt Jesus Chri­stus, das heißt Erlöser.“ 

Wie aktu­ell sind die­se Wor­te des gro­ßen fran­zö­si­schen Heiligen!

Wir schau­en mit gro­ßer Dank­bar­keit auf jene Män­ner der Kir­che wie Kar­di­nal Bur­ke und Msgr. Schnei­der, die mit ihrer Stim­me Zeu­gen die­ser fleisch­ge­wor­de­nen Weis­heit sind. Immer wenn sie die Stil­le durch­bre­chen, wächst unse­re Dank­bar­keit für sie und unse­re über­na­tür­li­che Hoff­nung, daß ande­re Kar­di­nä­le und ande­re Bischö­fe sich ihnen bald anschlie­ßen. Und das Gesprächs­buch mit Msgr. Schnei­der ist eine wert­vol­le Hil­fe, um die Hoff­nung auf­recht­zu­er­hal­ten, aber auch in die­sen schwie­ri­gen Stun­den das Gleich­ge­wicht zu halten.

Bischof Schnei­der zitiert in sei­nem Buch einen schö­nen Satz des hei­li­gen Hila­ri­us, dem Atha­na­si­us des Westens: 

„Die Beson­der­heit der Kir­che besteht dar­in, daß sie tri­um­phiert, wenn sie eine Nie­der­la­ge erlebt, daß sie bes­ser ver­stan­den wird, wenn sie ange­grif­fen wird, daß sie wie­der­auf­steht, wenn ihre untreu­en Glie­der sie im Stich lassen.“ 

Und wir könn­ten hin­zu­fü­gen, daß sie gewinnt, wenn ihre treu­en Glie­der für sie kämpfen.

Vie­len Dank, Kar­di­nal Bur­ke, vie­len Dank, Msgr. Schnei­der, und dan­ke auch an Dia­ne Mon­tagna, die mit die­sem Buch Msgr. Schnei­der eine Stim­me gege­ben hat.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017.

Bücher von Prof. Rober­to de Mat­tei in deut­scher Spra­che kön­nen Sie bei unse­rer Part­ner­buch­hand­lung beziehen.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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3 Kommentare

  1. Man betrach­te das dem Bei­trag vor­an­ge­stell­te Foto mit Msgr. Atha­na­si­us Schnei­der und Prof. Rober­to de Mat­tei – und fin­det bei bei­den bestä­tigt, was Fied­rich Schil­ler aus­spre­chen lässt: „Es ist der Geist, der sich den Kör­per baut.“ (Wal­len­steins Tod). Und der wich­tig­ste Teil des mensch­li­chen Kör­per ist nun mal sein Ange­sicht, sein Ant­litz – Spie­gel des Gei­stes, Spie­gel der Seele.

    Das Cover­bild zu Msgr. Schnei­ders Buch könn­te pas­sen­der nicht gewählt wor­den sein.

  2. „Und der wich­tig­ste Teil des mensch­li­chen Kör­pers ist nun mal sein Ange­sicht, sein Ant­litz – Spie­gel des Gei­stes, Spie­gel der Seele.“

    Durch die Augen schaut man einem Men­schen auf den Grund sei­ner Seele.

    Bei einer Tau­fe sag­te die Mut­ter des zu tau­fen­den Kin­des zum Pater: „Herr Pater, tau­fen kön­nen Sie mein Kind. Aber eines sage ich Ihnen gleich: An die Auf­er­ste­hung glau­be ich nicht.“

    Der Pater: „Schau­en Sie Ihrem Kind mal eine Wei­le ganz tief in die Augen.“

    Die Mut­ter tat es und sag­te nach einer Wei­le nur „Ja“.

    (Das Ja zum Glau­ben an die Auferstehung.)

    Ein Mensch ist dazu geschaf­fen und beru­fen, mit Chri­stus auf­zu­er­ste­hen. Der Weg dahin ist die Tau­fe auf den Tod Chri­sti: Die Kreuzesnachfolge.

    Das ist unser Glaube.

    • Vergelt’s Gott für Ihren wei­ter­füh­ren­den Gedan­ken – sowohl in die Tie­fe der See­le als auch in die Höhe, empor zu Gott.

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