Ja, ich bin Katholikin und ich liebe den eucharistischen Herrn. Es erfüllt mich mit Schmerz, was sich derzeit in der oberschwäbischen Stadt Ravensburg abspielt.
Ich habe auf dieser Seite über den öffentlichen Widerruf der Ravensburger Erklärung zur Interkommunion berichtet. Als Katholiken könnten wir nun freudig meinen, endlich sei einmal dem Ausverkauf des Allerheiligsten Einhalt geboten worden und ein Bischof habe endlich einmal klargemacht, dass die Eucharistie nicht zur Disposition gestellt werden darf. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass Bischof Fürst kein „Überzeugungstäter“ war, als er Pfarrer Riedle korrigierte und erst nach einem Jahr zum Widerruf veranlasste, ist leider hoch. Vom Papst hat er jedenfalls gelernt, wie man auf besorgte Briefe von Katholiken nicht reagiert.
Nun also dieser öffentliche Widerruf. Und der öffentliche Aufschrei. Der „veröffentlichte“ Aufschrei.
Nicht nur die lokale Presse fokussiert sich in ihrer Berichterstattung auf die Empörung, die Enttäuschung, die Verärgerung der Menschen. Auch von der Stuttgarter Zeitung und SWR-Aktuell echot es Bedauern.
In Ravensburg spricht man gar von einer „überwältigende(n) Mehrheit“ , die die Ravensburger Erklärung wolle, und belegt das, ungeachtet des Fehlens jedweder Testvalidität, mit einer selbstgestrickten „0nlineumfrage“ der Schwäbischen Zeitung. Sicher, denn einem Katholiken verbietet sich die Teilnahme an einer „Abstimmung“ über Anerkennung oder Ablehnung der objektiven Wahrheit des Herrn. Seriöser Journalismus sieht anders aus.
Hier wird Politik gemacht. Die Politik in Gestalt des Oberbürgermeisters reagierte verärgert in unheiliger Allianz mit den Kirchenvertretern beider Konfessionen. Der Oberbürgermeister fordert eine Änderung des Kirchenrechts und im selben Atemzug gleich noch das Frauenpriestertum und die Abschaffung des Zölibats.
Qui tacet consentire videtur. Wer schweigt, scheint zuzustimmen. Der katholische Pfarrer, der von einem „geistlichen Bedürfnis“ nach der Interkommunion gesprochen hatte, schweigt.
Das Ganze hat groteske Züge angenommen. Ein Bischof, dem sein liberaler Ruf vorauseilt und der kurz zuvor noch in einem Schreiben die pastoralen Mitarbeiter der Diözese dazu aufgefordert hat, für die Möglichkeit zum Kommunionempfang durch protestantische Ehepartner im Rahmen einer Gewissensentscheidung zu werben (auch darüber habe ich berichtet), findet sich plötzlich in der Rolle des Opfers der Geister, die er selbst rief. Der Liberale, der u.a. auch den Frauendiakonat fordert, steht plötzlich als Bremser des ökumenischen Aufbruchs am Pranger und muss den „Rückschritt“ verantworten. Der evangelische Pfarrer kritisiert ihn öffentlich mit scharfen Worten und hält die Ravensburger Erklärung für rechtsgültig und nicht offiziell widerrufen. Soweit sind wir gekommen. Der katholische Bischof hat nichts mehr zu sagen. Das Auftrumpfen des evangelischen Lokalpfarrers erinnert mich an die Erklärung der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) auf die Orientierungshilfe der Deutschen Bischofskonferenz. Die EKD fordert die Zulassung von Katholiken zum evangelischen Abendmahl, bezeichnet Dogmen als abstrakte Regeln und stellt den Opferbegriff infrage.
In Ravensburg zeigt sich im kleinen, worauf sich Katholiken, allen voran die deutschen, einstellen müssen: die kontinuierliche Protestantisierung der katholischen Kirche. Der Papst und die deutschen Bischofskonferenz haben die Agenda vorgegeben.
Es bleibt das ungute Gefühl, dass es irgendwann heißen wird, Bischof Fürst habe so handeln müssen, weil die Zeit noch (sic!) nicht reif war für die Interkommunion. Dann wäre er auch wieder ein Opfer gewesen, ein Opfer des überholten Kirchenrechts.
Text: Eine Katholikin
Bild: Schwäbische Zeitung (Screenshot)