
(New York) Die Feststellung des Todes wurde mit der Möglichkeit der Organtransplantation revolutioniert. Da lebenswichtige Organe nicht Toten entnommen werden können, wurde mit Einführung von Transplantationsgesetzen die Feststellung des Todes geändert. Tod ist aber nicht gleich Tod. Der aufsehenerregende Fall eines Jungen in den USA, über den in diesen Tagen alle Medien berichteten, verlangt laut Lebensrechtsbewegung ein Überdenken der „Hirntod“-Definition, die zugunsten der Organtransplantationen eingeführt wurde, aber immer umstritten war.
Der getürkte Tod
Bis dahin galt zur Feststellung des Todes der Herzstillstand und der Faktor Zeit. Seit der erfolgreichen Entwicklung der Transplantationstechnik gilt aber nicht mehr der Herztod, er würde beispielsweise die Entnahme des Herzens absurd machen, sondern der sogenannte „Hirntod“.

Von Medizinern, Ethikern und Theologen wird seither gewarnt, daß das darin enthaltende Wort „Tod“ irreführend sei. Wäre der betreffende Mensch tatsächlich tot, wäre die Entnahme vitaler Organe sinnlos. Der Tote muß also in Wirklichkeit noch leben. Die Entnahme lebenswichtiger Organe ist an einem Lebenden jedoch verboten, da sie absichtlich den Tod herbeiführen würde. Die Feststellung des Todes wurde demnach in verschiedenen Ländern durch eine Gesetzesänderung zur Organbeschaffung für Transplantationen „vordatiert“. Die Entnahme der Organe erfolgt also noch am lebenden Körper. Mit der Entnahme ist allerdings der Tod garantiert. Führt der Drang nach Organen dazu, verdeckt den Tod von Patienten, meist Unfallopfern, herbeizuführen? Ja, sagen eine Reihe von Wissenschaftlern.
Im Namen der Rettung anderer Menschen, die auf lebenswichtige Organe warten, wurde eine zweifelhafte, interessengeleitete Definition von Tod eingeführt. Bei den Interessen handelt es aber nicht um jene der betroffenen Patienten, sondern der Transplantationsmedizin. Kritiker machen geltend, daß der „Hirntod“ ein wissenschaftlich nicht belegbarer Begriff ist. Vor allem bedeute er nicht wirklich den Tod. Die in das Transplantationsrecht eingeführte neue Definition von Tod nütze niemals dem Patienten, sondern immer nur anderen. Der bekannte Philosoph Josef Seifert sagte 2009:
„Das Argument der guten Konsequenzen kann niemals den Tod anderer rechtfertigen“.
Die öffentliche Meinung wurde im Sinne genereller Nützlichkeitserwägungen und Lobbyinteressen gelenkt. Die Debatte über den tatsächlichen Todeszeitpunkt wurde weitgehend ausgeklammert oder einem Fachpublikum überlassen, das unter Ausschluß der Öffentlichkeit diskutieren durfte, während der Gesetzgeber bereits die Rahmenbedingungen änderte.
In der Bundesrepublik Deutschland löste man die Angelegenheit zweideutig wie in der Abtreibungsfrage. Die Abtreibung wurde nicht legalisiert, vielmehr ihre Rechtswidrigkeit sogar bestätigt, aber zugleich straffrei gestellt. In der Praxis bedeutet es also dasselbe, als hätte der Staat die Tötung ungeborener Kinder legalisiert. Der „deutsche“ Weg klingt aber besser, vor allem moralischer. Mit der Einführung des Transplantationsgesetzes wurde in der Bundesrepublik einfach auf die Definition von Tod verzichtet. Die aber ist der springende Punkt bei der ganzen Sache. In der Praxis hält man sich aber an die umstrittene Hirntod-Definition. Die eigentlichen Streitpunkte werden durch praktizierten Utilitarismus umgangen.
Konkret verlangt das Transplantationsrecht, daß der Tod des Spenders „nach dem aktuellen Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaften festgestellt wurde und ein irreversibler Totalausfall von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm vorliegt“.
„Kannibalismus“ und Widerspruchsrecht mit Tücken
Genau diese behauptete „Wissenschaftlichkeit“ wird aber von Wissenschaftlern bestritten. Durch die angebliche „Hirntod“-Definition werde der hippokratische Eid „tödlich verletzt“, so Prof. Seifert. Manche Wissenschaftler behaupten sogar, daß gezielt zur Organentnahme die falsche Behandlung von Schädel-Hirn-Traumata praktiziert werde, weil diese Patienten bereits als Organlager betrachtet werden.
Prof. Cicero Coimbra, Neurologe an der Universität von Sao Paulo in Brasilien, sagte 2009 auf der internationalen Tagung „Zeichen des Lebens – ist der ‚Hirntod‘ noch Leben?“ in Rom, daß „der immer angewandte Apnoetest – Aussetzung der künstlichen Beatmung – in 50 Prozent der Fälle zum Tod führt, der erst mittels des Tests festgestellt werden sollte“. Demnach wird zur Organgewinnung eine verdeckte Euthanasie betrieben.

Wer sich unter den Ärzten der Transplantationsmaschinerie in den Weg stellt, muß mit beruflichen Problemen rechnen, wie Teilnehmer aus eigener Erfahrung berichteten.
Der US-amerikanische Neonatologe Prof. Paul Byrne von der Universität Toledo in Ohio, Direktor des St. Charles Mercy Hospital in Oregon (Ohio) spricht von „Kannibalismus“ der Mediziner, die hilflose Menschen der Sklaverei aussetzen, indem sie mittels „Hirntod“-Erklärung sie rechtlos und durch Medikamente willenlos machen zum Zwecke, sie lebendig zur Organentnahme ausschlachten zu können.
Um ein solches Ausschlachten zu verhindern, wurde auf ein Recht auf Verweigerung der Organentnahme gedrängt. Da sich zu wenige Organspender meldeten, die sich Organe entnehmen lassen, obwohl die meisten wahrscheinlich nicht über die Hirntod-Definition aufgeklärt werden, haben einzelne Staaten das Transplantationsrecht umformuliert. Dazu gehört Italien, wo der Gesetzgeber 1999 die Organe aller Sterbenden zum Wohl der Allgemeinheit enteignete. Nicht wer für die Organentnahme ist, sondern wer gegen die Organentnahme ist, muß sich registrieren lassen. Die Öffentlichkeit wurde über den schwerwiegenden Eingriff kaum informiert. Dahinter steckt die Absicht, Widerspruch möglichst zu verhindern. Viele Italiener wissen auch 20 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes nicht, daß ihre Organe ausgeschlachtet werden können, wenn sie nicht rechtzeitig ausdrücklich von der Widerspruchsregelung Gebrauch machen.
Etliche europäische Länder haben im Prinzip gleichlautende Gesetze. In Frankreich erklärte die sozialistische Mehrheit von Staatspräsident Hollande in einer ihrer letzten Handlungen alle Franzosen zu Organspendern – „nach dem Tod“, wie es heißt, was aber in Wirklichkeit nicht zutrifft. Deutsche Medien ließen die Propagandamaschinerie anlaufen, um der Einführung desselben Gesetzes auch in Deutschland das Wort zu reden. Die Tageszeitung Die Welt fragte suggestiv: „Wieso muß man Menschen zu altruistischem Handeln zwingen?“ Das Ziel: Wer nicht seine Organe spendet, sei ein Egoist. Die eigentliche Frage, ob Menschen, denen Organe entnommen werden können, tatsächlich tot sind oder noch leben, wird ausgeklammert.
„Neutrale Aufklärung“ als Propaganda
In der Bundesrepublik ist man bisher einen anderen Weg gegangen. Die Entscheidung ist nach wie vor freiwillig. Zur Organentnahme bedarf es der ausdrücklichen Zustimmung oder der Verweigerung, damit auch Angehörige nicht eventuell nachträglich anders entscheiden können. Grundsätzlich gilt aber auch für die Bundesrepublik: Der Gesetzgeber will die Bereitschaft zur Organentnahme fördern. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schreibt auf ihrer Internetseite:
„Mit diesem Gesetz soll die Organspendebereitschaft gefördert werden“.

Für die nötige Förderung sorgen steuergeldfinanzierte Einrichtungen wie die genannte Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, aber auch die Aufklärung Organspende des Bundesverbandes der Medizinstudierenden. Die Initiative, die wie ein verlängerter Arm der erwähnten Bundeszentrale wirkt, behauptet zwar „eine sachgerechte, unabhängige und neutrale Informationsvermittlung über den Themenkomplex Organspende und Hirntod“ im Sinne von „Aufklärungsarbeit“ zu betreiben, doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Zum Thema Hirntod wird ebenso einseitig wie suggestiv behauptet: „Der Hirntod ist naturwissenschaftlich-medizinisch gleichbedeutend mit dem Tode des Menschen“ und „Der Hirntod ist das sicherste Todeszeichen!“
Mit anderen Worten, die Aufklärung Organspende – Eine Initiative von Studierenden ist weder „neutral“ noch „sachgerecht“ und „unabhängig“ wirkt an der Initiative wohl eher kaum etwas. Sie macht vielmehr den Eindruck eines Propagandainstruments, um im staatlichen Auftrag die „Organspendebereitschaft“ zu fördern.
36 Prozent der Bundesdeutschen sollen laut aktuellem Stand über einen Organspendeausweis verfügen. Wie viele davon sich für und wie viele gegen eine Organentnahme am lebenden Objekt ausgesprochen haben, ist nicht bekannt. Damit wird das gigantische Potential deutlich, das Italien, Frankreich, Österreich und andere Länder durch ihre Gesetzeslage haben. Ob und in welchem Ausmaß ein Organtransfer beispielsweise von Italien nach Deutschland stattfindet, wäre eine eigene Untersuchung wert.
Papst Benedikt XVI. mahnte im November 2008, daß Organe nur ex cadavere entnommen werden dürften, also von wirklich Toten. Das Prinzip der „Vorsicht“ habe Vorrang vor dem Wunsch, möglichst viele Organe zu entnehmen. Verba volant. Nun könnte ein konkreter Fall aber alles umkippen.
Vom Hirntod zum Leben – Der Fall Trenton McKinley
Der aufsehenerregende Fall aus den USA wurde in den vergangenen Tagen von fast allen Medien berichtet.

Ein 13jähriger Junge erwachte aus dem Koma, nachdem seine Eltern auf ärztliche Empfehlung bereits die Zustimmung zur Organentnahme erteilt hatten.
Der unglaubliche Vorfall ereignete sich im US-Staat Alabama. Trenton McKinley, so der Name des Jungen, war seit einem Unfall, bei dem er sich schwerste Kopfverletzungen zugezogen hatte, im Koma. Die Ärzte erklärten ihn zum hoffnungslosen Fall und diagnostizierten den Hirntod. Damit waren die Voraussetzungen für die Organentnahme gegeben, die den Eltern nahegelegt wurde, deren Zustimmung erforderlich war.
Die Eltern hatten sich von den Ärzten überzeugen lassen, daß ihr Sohn tot sei, und er als Organspender noch „Gutes“ tun könne.
Doch dann geschah das völlig Unerwartete. Es muß für das Hirntod-Syndrom untypische Reflexe gezeigt haben, weshalb die künstliche Beatmung abgestellt wurde. Darauf begann Trenton selbständig zu atmen und kam zu Bewußtsein.
Die Ärzte können sich nicht erklären, was vor ihren Augen geschah.
Trenton selbst sagt heute dazu:
„Die Tatsache, daß ich wieder hier bin, hat nur eine Erklärung: Gott. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Sogar die Ärzte haben das gesagt.“
Der Fall Trenton McKinley wurde auch im deutschen Sprachraum von allen wichtigen Medien als Sensation gemeldet. Die sich daraus ergebenden Fragen zum geltenden Transplantationsrecht und der umstrittenen Hirntod-Definition wurden bisher aber nicht gestellt. Der Fall des 13jährigen Jungen verlangt jedoch ein Überdenken einer Position, die den selbstbehaupteten Kriterien für „Hirntod“ („nach dem aktuellen Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaften festgestellt und ein irreversibler Totalausfall von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm) nicht standhält.
Dennoch sprach sich der 121. Deutsche Ärztetag vor wenigen Tagen für die Einführung der sogenannten Widerspruchslösung aus. Danach soll jeder künstlich beatmete Patient, bei dem der sogenannte Hirntod diagnostiziert wurde, automatisch als Organspender gelten, wenn er vorher einer Entnahme von Organen nicht ausdrücklich widersprochen hat. Der in Erfurt tagende Ärztetag forderte den Deutschen Bundestag auf, das Transplantationsgesetz (TPG) entsprechend zu ändern.
Der zeitgleich zum Ärztetag an die Öffentlichkeit gelangte Fall McKinley sollte die Bundesärztekammer zu einem Umdenken veranlassen.
Werden Bundesärztekammer, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und Aufklärung Organspende – Eine Initiative von Studierenden ihre Position überdenken? Trenton McKinley kann ihnen etwas erzählen über den Hirntod als angeblich „sicherstes Todeszeichen“.
Text: Giuseppe Nardi/Johannes Thiel
Bild: Corrispondenza Romana/LifeSiteNews