(Rom) Papst Franziskus unterzeichnete ein Dekret zur Auflösung der Priesterbruderschaft der Heiligen Apostel. Der Bruderschaft wird nichts zu Lasten gelegt. Sie hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Ihr einziger Fehler scheint die Rechtgläubigkeit in einem liberalen Umfeld, das kaum etwas mehr zu verachten scheint, als glaubenstreue Priesterberufungen.
Die Fraternité des Saints Apôtres
Die Fraternité des Saints Apôtres, niederländisch Broederschap van de Heilige Apostelen, war im April 2013 vom damaligen Erzbischof von Mecheln-Brüssel und Primas von Belgien, Msgr. André-Joseph Léonard, kanonisch errichtet worden. Die Bruderschaft geht auf den französischen Priester Michel-Marie Zanotti-Sorkine zurück.
Erzbischof Léonard rief die glaubenstreue Gemeinschaft nach Belgien, damit sie bei der geistlichen Erneuerung seines Erzbistums mitwirkt. Er erlaubte der Bruderschaft die Priesterausbildung und übertrug ihr die Pfarreien Sainte-Catherine/Sint-Katelijnekerk, im Zentrum von Brüssel, und Saint-Joseph im früher flämischen, heute französischsprachigen Ucclé (Ukkel) im Süden von Brüssel.
Erzbischof Léonard, seit 2010 Erzbischof von Mecheln-Brüssel, der wegen seiner Glaubenstreue in- und außerhalb der Kirche stark angefeindet wurde, baute mit Hilfe der Priesterbruderschaft eine parallele Priesterausbildung außerhalb des diözesanen Priesterseminars auf. Einen solchen Weg waren bereits andere Bischöfe vor ihm gegangen.
Die Intuition von Erzbischof Léonard erwies sich als voller Erfolg. Die Bruderschaft konnte das erreichen, was die progressiven diözesanen Einrichtungen nicht mehr konnten: junge Männer zur „Schönheit der Berufung und des Dienstes als Diözesanpriester zu führen“. Die Bruderschaft ist eine Gemeinschaft von Weltpriestern, die aber ein ausgeprägtes Gemeinschaftsleben führen. Sie sieht darin die Antwort auf die Krise des Weltpriestertums in Westeuropa. Die ihr anvertrauten Pfarreien blühten im Gegensatz zu den Nachbarpfarreien wieder auf und wurden von zahlreichen jungen Menschen besucht.
Obwohl die Gemeinschaft erst drei Jahre alt war, zählte sie im Frühjahr 2016 sechs Priester, einen Diakon und 21 Seminaristen. Ein ganz außergewöhnlicher Erfolg, wenn man bedenkt, daß es im Erzbistum Brüssel im vergangenen Jahr keinen einzigen Neueintritt ins erzbischöfliche Priesterseminar gab.
Danneels Vergeltung
Zu den Papstmachern des derzeitigen Pontifikats gehört der progressive Kardinal Godfried Danneels, der vor Msgr. Léonard Erzbischof von Mecheln-Brüssel war. Papst Benedikt XVI. machte ihn sich zum Erzfeind, als er nicht Danneels Wunschkandidaten zum Nachfolger machte. Erzbischof Léonard stand deshalb im liberalen Erzbistum von Anfang an auf schwerem Posten. Dieser massive Widerstand machte die notwendige Reform des Priesterseminars vorerst unmöglich, weshalb er mit dem Aufbau eines zweiten Seminars Priesterberufungen fördern und einen neuen Klerus aufbauen wollte.
Doch sein Episkopat dauerte zu kurz. Mit dem Rücktritt von Benedikt XVI. und der Wahl von Franziskus schlug erneut die Stunde des längst emeritierten Danneels. Als persönlicher Freund des neuen Papstes konnte er zur Revanche schreiten. Papst Franziskus verweigerte Léonard die Kardinalswürde und machte stattdessen den seinerzeitigen Apostolischen Nuntius in Belgien zum Kardinal, der Danneels Wunschkandidaten unterstützt hatte und Léonard verhindern wollte. Ein doppelter Affront gegen Léonard.
Kaum hatte dieser sein 75. Lebensjahr vollendet, wurde er von Franziskus emeritiert, und Papst Bergoglio machte Danneels Wunschkandidaten, wenn auch mit fünfjähriger „Verspätung“ doch noch zum neuen Primas von Belgien. Nicht nur das: Den neuen Danneels-gefälligen Erzbischof Jozef De Kesel machte er auch sogleich zum Kardinal.
Selten wurde in diesem Pontifikat demonstrativer vorexerziert als in Brüssel wer in päpstlichen Gnaden steht und wer nicht, und was das bedeutet.
De Kesels Säuberungsaktion
Der neue Erzbischof De Kesel, mit dem auch Danneels wieder ins erzbischöfliche Palais einzog, begann systematisch auszutilgen, was Erzbischof Léonard zur Genesung einer am liberalen Boden liegenden Ortskirche geschaffen hatte. Dabei geht es nicht nur um Personen, sondern um einen weit grundsätzlicheren Richtungsstreit.
Eines der ersten Opfer der Säuberungsaktion wurde die Priesterbruderschaft der Heiligen Apostel. Im Juni 2016 warf De Kesel die Bruderschaft aus seinem Bistum hinaus. Und um sicher zu gehen, daß sie nicht in einem anderen belgischen Bistum Aufnahme findet, sorgte er gleich für einen Rauswurf aus ganz Belgien. Der Grund? Kaum zu glauben: zu viele und zu rechtgläubige Priesterberufungen.
Die offizielle Begründung war offenkundig bloß ein Vorwand: Der Rauswurf erfolge „aus Solidarität“ mit den französischen Bischöfen – mehrere Mitglieder der Bruderschaft, vor allem deren Oberer Zanotti-Sorkine, sind Franzosen –, denn dort gebe es auch einen Priestermangel. Den Seminaristen wurde die Möglichkeit angeboten, in das diözesane Priesterseminar zu wechseln oder Belgien zu verlassen, so als wäre die Ausbildung am Brüsseller Priesterseminar diesselbe wie bei der Priesterbruderschaft.
Doch genau darum ging es. Ein progressiver Episkopat will offenbar und wenn schon progressive Priester oder gar keine Priester. In einer der ersten öffentlichen Stellungnahmen als Primas von Belgien sprach sich De Kesel unter Verweis auf den herrschenden Priestermangel für die Abschaffung des Zölibats als Weihevoraussetzung aus.
Zwischen dem Rauswurf der Priesterbruderschaft und seinem Plädoyer für verheiratete Priester ist unschwer ein direkter Zusammenhang zu erkennen.
Die Sache verwundert nicht. De Kesel applaudierte 2017 „total“ dem Vorschlag, an jeder katholischen Schule einen islamischen Gebetsraum einzurichten.
Brüssel: entchristlicht und islamisiert
Die Tatsache, daß durch den Rauswurf auch zwei Brüsseler Pfarreien ohne Priester bleiben würden, belastete Erzbischof De Kesel offenbar nicht. Auch nicht die Tatsache, daß die Pfarreien nach der Übertragung an die Bruderschaft eine regelrechte Renaissance erlebten. Nach dem Rauswurf der Bruderschaft ordnete De Kesel den Abbruch der Katharinenkirche an, da sie wegen massiver Pfarrzusammenlegungen nicht mehr gebraucht werde. Ein Drittel der Kirchen wurde bereits geschlossen oder soll geschlossen werden.
Da die Bruderschaft nach diözesanem Recht errichtet worden war, konnte der neue Erzbischof De Kesel sie auch wieder auflösen. Das tat er ausgerechnet zum Peter- und-Paul-Tag 2016, dem Tag, an dem traditionell in den Bistümern die Neupriester geweiht werden. Die Hauptaufgabe der Bruderschaft ist die Förderung von Berufungen und die Priesterausbildung. Die Weihen der Bruderschaft hatte De Kesel jedoch ausgesetzt.
Brüssel ist heute die stark entchristlichte und massiv islamisierte Hauptstadt der Europäischen Union (EU). Dennoch leistet sich der amtierende Erzbischof den Luxus, jene Kräfte, die eine Erneuerung versprechen, aus seinem Erzbistum zu entfernen. Die Priesterbruderschaft der heiligen Apostel war nur eine Etappe seiner Säuberungsaktion gegen rechtgläubige Gruppen. Weitere sollten folgen.
Gläubige beschreiten den Rechtsweg
Die Angehörigen der beiden von der Priesterbruderschaft betreuten Brüsseler Pfarreien glaubten nicht einen Augenblick, daß ihr Erzbischof aus purer „Solidarität“ mit den französischen Bischöfen die Bruderschaft vor die Tür setzte. Im Bistum Namur studierten zur gleichen Zeit 80 Seminaristen, von denen nur 25 Belgier waren. Bisher wurden die anderen 55 Seminaristen aber nicht aus „Solidarität“ nach Hause geschickt. Auch nicht die zahlreichen afrikanischen oder polnischen Priester, die in Belgien wirken. Daher baten die Pfarrangehörigen De Kesel um eine Aussprache. Ohne Ergebnis.
Mehrere Laien beschritten darauf den Rechtsweg und wandten sich an Rom. Sie legten bei der Kleruskongregation Einspruch gegen das Auflösungsdekret De Kesels ein. Der Präfekt der Kleruskongregation war allerdings der erste Dikasterienleiter, den Papst Franziskus nach seiner Wahl austauschte. Dort sitzt seither Kardinal Beniamino Stella, zuvor Vatikandiplomat.
Im November 2016 lehnte die Kleruskongregation die Eingabe der Gläubigen „ohne jede Begründung“ ab.
Damit blieb nur mehr der Gang zur Apostolischen Signatur, an die sich jeder, ob Laie oder Kleriker, wenden kann, wenn er seine Rechte verletzt sieht. Präfekt der Signatur war der brillante Jurist, Kardinal Raymond Burke. Doch auch ihn hatte Papst Franziskus ausgetauscht. Um genau zu sein, hatte er ihn ähnlich unsanft aus dem Vatikan hinausgeworfen, wie De Kesel die Priesterbruderschaft aus Belgien. Seit Ende 2014 ist der ehemalige Außenminister des Vatikans, Msgr. Domenico Mamberti, Präfekt am Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur. Vormals ein Vatikandiplomat wie Stella.
Im Dezember 2016 brachten die Brüsseler Gläubigen ihre Sache vor die Signatur. Der Promotor Iustitiae gab ein positives Gutachten ab. Die Causa sollte, so die Mitteilung an die Einbringer, im Herbst 2017 einem Richterkollegium zur Behandlung vorgelegt werden. „Wir waren guter Dinge, das Recht eben doch Recht ist und bleibt.“
Doch dann kam es ganz anders.
„Eine üble Geschichte“
Am 25. November 2017 erhielten die Einbringer die lapidare Mitteilung, daß das Verfahren eingestellt wurde. Noch bevor das ordentliche Rechtsverfahren abgeschlossen war – oder vielleicht gerade deshalb – hatte Kardinal Stella, der Präfekt der Kleruskongregation, Papst Franziskus aufgesucht und diesem ein Dekret zur definitiven Auflösung der Priesterbruderschaft der Heiligen Apostel vorgelegt. Papst Franziskus unterzeichnete das Dekret und griff damit dem Verfahren vor. Der Einspruch gegen das Auflösungsdekret von Kardinal De Kesel war durch das Auflösungsdekret von Papst Franziskus obsolet geworden.
Unter Ausnützung der päpstlichen Vollmachten wurde der ordentliche Rechtsweg ohne jede erkennbare Notwendigkeit ad absurdum geführt. Die Vorgehensweise wird von den Betroffenen als Willkürakt verstanden. Er erinnert an die Vorgehensweise von Papst Franziskus gegen die Franziskaner der Immaculata. Gegen das Dekret der Ordenskongregation mit der Entmachtung der Ordensleitung, der Einsetzung eines Kommissars und dem Verbot, ohne Sondererlaubnis die heilige Messe in der überlieferten Form zu zelebrieren, hätten die Betroffenen Ordensangehörigen, darunter auch der Generalobere und Ordensgründer P. Stefano M. Manelli Einspruch vor der Apostolischen Signatur einlegen können. Papst Franziskus unterband jedoch selbstherrlich jede Rekursmöglichkeit. Die Betroffenen sind seither willkürlich der Entscheidung ausgeliefert.
Die katholische Internetzeitung Nuova Bussola Quotidiana kommentierte die päpstliche Entscheidung gegen die Priesterbruderschaft der Heiligen Apostel mit den Worten:
„Das von Papst Franziskus unterzeichnete Dekret scheint das Recht der Schwächsten in der Kirche zu verletzten. Eine Geschichte, die kein gutes Licht auf die Vorgehensweise an der Spitze der reformierten Römischen Kurie und des Papstes wirft. Eine üble Geschichte.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: fraternitedessaintsapotres.com
Wenn Ihnen nichts vorzuwerfen ist , kann der Papst diese Gemeinschaft nicht einfach auflösen. Die müssen Rechtsmittel einlegen und eine exakte Begründung verlangen. Durch Papst Franziskus sollten sie sich auch nicht einschüchtern lassen. Dieses Pontifikat geht vorüber.
Die blühende Gemeinschaft ‚La Fraternité de Jérusalem‘ hat die Belgische Hauptstadt mittlerweile auch schon verlassen. Das arme Belgien hat die Abwärtsspirale Danneels wieder erfasst.
Die immer geschmähte Seite der Monarchie hat in die Kirche Einzug gehalten.