(Mexiko-Stadt) Heute findet in der mexikanischen Hauptstadt die Inthronisierung des neuen Erzbischofs statt, der auch Primas von Mexiko ist. Doch die Gläubigen wissen kaum etwas vom Wechsel an der Spitze und erst recht sind sie nicht zur Zeremonie eingeladen.
Die Ernennung von Erzbischof Carlos Kardinal Aguiar Retes zum Nachfolger von Kardinal Norberto Rivera Carrera hatte sich bereits vor über einem Jahr abgezeichnet. Papst Franziskus erhob ihn am 19. November 2016 in den Kardinalsstand.
Da das Verhältnis zwischen Papst Franziskus und Kardinal Rivera bekanntermaßen angespannt war, kamen umgehend Spekulationen über seine Nachfolge auf.
Kardinal Rivera gehörte zu den dreizehn Kardinälen, die als Synodalen am Beginn der zweiten Bischofssynode über die Familie einen Beschwerdebrief an Papst Franziskus gerichtet hatten. Darin kritisierten sie die Synodenregie und den Eindruck vorgefertigter Ergebnisse. Franziskus beschuldigte die Synodalen einer „Hermeneutik der Verschwörung“. Die Kardinäle brachten mit ihrem Protest nicht nur die Synodenstrategie durcheinander, sondern enthüllten der Öffentlichkeit, daß der nach außen gebotene Synodenschein trog.
Auch der Tenor des Papst-Besuchs in Mexiko mißfiel Kardinal Rivera, der das Kirchenoberhaupt von den „Rändern“ aus wissen ließ, daß er „schlechte Ratgeber“ habe. Dem Kardinal war die Kritik des Papstes an den mexikanischen Bischöfen aufgestoßen. Zum Mittel der Schelte greift Franziskus auffallend gerne in jenen Ländern, deren Episkopat „konservativer“ ist.
Mit Msgr. Aguiar, bisher Erzbischof von Tlalnepantla, saß Jorge Mario Bergoglio hingegen im Lateinamerikanischen Bischofsrat, wo der Mexikaner fünfzehn Jahre lang eine führende Rolle spielte.
Am vergangenen 7. Dezember emeritierte Papst Franziskus Kardinal Rivera und machte Kardinal Aguiar zum neuen Erzbischof von Mexiko-Stadt.
Mexiko-Stadt, heute Bundeshauptstadt und Sitz des Primas, ist zwar erst die zweitälteste Diözese Mexikos, deren Gründung reicht aber fast bis zum Ursprung der kirchlichen Hierarchie im Land zurück. Die Errichtung erfolgte 1530, das war keine fünf Jahre nach Gründung des ältesten Bistums Tlaxcala (Puebla de los Angeles). Bereits 1546 wurde Mexiko-Stadt zum Erzbistum erhoben.
Die Amtseinführung eines neuen Bischofs ist in jeder Diözese ein besonderes Ereignis und Fest. Das gilt um so mehr für den Sitz des Primas. Doch in Mexiko-City wissen die Gläubigen kaum etwas davon und noch weniger sind die dazu eingeladen worden.
Am Samstag berichteten verschiedene mexikanischen Medien über die ungewöhnliche Situation. El Universal schrieb, daß „zwei religiöse Zeremonien geplant“ sind. „130 Bischöfe und der Apostolische Nuntius, Franco Coppola“ werden daran teilnehmen. Es werde zudem einen Empfang „für tausend Geladene auf der Plaza Mariana“ geben. „Möglicherweise wird Kardinal Norberto Rivera nicht daran teilnehmen.“ Ein Satz, der aufhorchen läßt. Zur Agape wurden verschiedene Politiker und Unternehmer eingeladen, darunter die Gouverneure verschiedener Bundesstaaten.
Ein weiterer Artikel von El Universal trägt den ungewöhnlichen Titel:
„Gläubige wissen nichts von einem neuen Kardinal“.
Drei Tage vor dem Wechsel an der Spitze des Erzbistums Mexiko-Stadt „wissen die Gläubigen nichts von diesem Ereignis und haben keine Ahnung, daß Carlos Aguiar Retes neuer Erzbischof-Primas von Mexiko sein wird.“
Die Zeitung befragte Gläubige in Stadtpfarreien. Viele Gläubige zeigten sich erstaunt, daß Kardinal Rivera emeritiert wurde. Erzbischof Aguiar war vielen kein Begriff. Von den Inthronisationsfeierlichkeiten wußten sie nichts. In manchen Pfarreien wurden in den vergangenen Tagen Plakate ausgehängt mit den Fotos des neuen und alten Erzbischofs. Darunter steht „Danke für 22 Jahre“ und „Willkommen“. Eine eher minimalistische Information.
Kardinal Aguiar wird um 10 Uhr Ortszeit in der Kathedrale von seinem Bistum Besitz ergreifen. Am Nachmittag findet eine weitere Zeremonie in der acht Kilometer entfernten Basilika von Guadalupe statt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Arquidiocesis Tlalnepantla/InfoVaticana (Screenshots)