Frankreichs Abgeordnete dürfen keine religiösen Symbole mehr tragen


Christenfeindlichkeit Macrons linke Präsidentenmehrheit verbietet Parlamentsabgeordneten religiöse Symbole zu tragen.
Macrons linke Präsidentenmehrheit verbietet Parlamentsabgeordneten religiöse Symbole zu zeigen.

(Paris) Die Chri­sten­feind­lich­keit, die sich die sozia­li­sti­sche Regie­rung von Staats­prä­si­dent Fran­çois Hol­lan­de (2012–2017) auf die Fah­ne geschrie­ben hat­te, wird auch unter Staats­prä­si­dent Emma­nu­el Macron wei­ter­ge­tra­gen. Den Abge­ord­ne­ten der Natio­nal­ver­samm­lung, der ersten Kam­mer des Fran­zö­si­schen Par­la­ments, wur­de ver­bo­ten, „reli­giö­se Sym­bo­le“ zu zeigen.

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Was bis­her vor allem aus dem waha­bi­ti­schen Wüsten­kö­nig­reich Sau­di-Ara­bi­en bekannt war, daß bei­spiels­wei­se aus­län­di­sche Flug­ho­stes­sen ihre Hals­ket­ten mit Kreuz­an­hän­ger able­gen müs­sen, gilt nun auch mit­ten in Euro­pa. Und zwar nicht irgend­wo, son­dern für Frank­reichs Parlamentsabgeordnete.

Der lai­zi­sti­sche Durch­marsch Hol­lan­des wird von Macron fort­ge­setzt. In der Tat gehör­ten bei­de bis Som­mer 2016 der­sel­ben Sozia­li­sti­schen Par­tei (PS) an. Damals war Macron noch Mini­ster unter Hol­lan­de. Da teilt man auch gemein­sa­me Über­zeu­gun­gen.

Sogar das Obser­va­toire de la laï­ci­té (Beob­ach­tungs­stel­le zur Lai­zi­tät), der Grals­hü­ter einer strik­ten Tren­nung von Staat und Kir­che, zeigt sich irri­tiert über das Ver­bot reli­giö­ser Sym­bo­le im Pari­ser Palais Bour­bon, in dem die Natio­nal­ver­samm­lung tagt.

Christenfeindlichkeit des grünen Macron-Vertrauten

Großorient von Frankreich: Einladung für de Rugy
Groß­ori­ent von Frank­reich: Ein­la­dung für de Rugy

Vor­sit­zen­der der Natio­nal­ver­samm­lung ist Fran­çois de Rugy. Das lang­jäh­ri­ge Mit­glied der Grü­nen, die in Frank­reich nie wirk­lich eine Rol­le spiel­ten, wech­sel­te im Früh­jahr 2017 zu Macrons-Retor­ten­par­tei La Répu­bli­que en mar­che (LREM). Der neue Staats­prä­si­dent mach­te Rugy im Juni 2017, nach gewon­ne­ner Par­la­ments­wahl, zum Vor­sit­zen­den des Unter­hau­ses. Der „rote“ Ade­li­ge wur­de im ver­gan­ge­nen Dezem­ber vom Groß­ori­ent von Frank­reich ein­ge­la­den, wo er sin­ni­ger­wei­se über „Vertrauensfrage(n)“ referierte.

Zwi­schen den poli­ti­schen Posi­tio­nen Rugys und jenen des Groß­ori­ents herrscht Über­ein­stim­mung vom Öko­lo­gis­mus bis zu den „Homo-Rech­te“. Rugy mach­te nie ein Hehl dar­aus, Abtrei­bung und künst­li­che Befruch­tung für „Etap­pen der Eman­zi­pa­ti­on der Indi­vi­du­en“ zu hal­ten. Er gehört zu den Ver­fech­tern der Can­na­bis-Frei­ga­be, der Lega­li­sie­rung der Eutha­na­sie und der Frei­ga­be der „Leih­mut­ter­schaft“. Wer auf die­se Wei­se die Kul­tur des Todes för­dert und moder­nen Men­schen­han­del salon­fä­hig machen will, hat für reli­giö­se Sym­bo­le nichts übrig.

Abbé Pierre würde heute Zutritt zum Parlament verwehrt

Abbé Pierre als Abgeordneter
Abbé Pierre als Abgeordneter

Der katho­li­sche Prie­ster und Kapu­zi­ner Abbé Pierre (1912–2007), Grün­der der Emma­us-Bewe­gung, war laut  mehr als 30 Jah­re lang in Umfra­gen der belieb­te­ste Fran­zo­se. Er hat­te an der Resi­stance teil­ge­nom­men und gehör­te 1945 als Abge­ord­ne­ter der Christ­de­mo­kra­ten der ver­fas­sungs­ge­ben­den Ver­samm­lung und anschlie­ßend bis 1951 der Natio­nal­ver­samm­lung an.

Sechs Jah­re lang nahm er als Prie­ster klar erkenn­bar und meist mit einem gro­ßen Brust­kreuz an den Par­la­ments­sit­zun­gen teil. Abge­se­hen davon, daß Prie­ster heu­te kirch­li­cher­seits nicht mehr für poli­ti­sche Ämter kan­di­die­ren dür­fen, wür­de man heu­te Abbé Pierre den Zutritt zum Palais Bour­bon verweigern.

Der Handstreich des Bureau

Das Bureau der Natio­nal­ver­samm­lung erließ am ver­gan­ge­nen 24. Janu­ar eine neue Bestim­mung, die der Geschäfts­ord­nung bei­gefügt wur­de. Der ordent­li­che Weg wäre eine Ände­rung der Geschäfts­ord­nung gewe­sen. Dazu bedarf es aber eines Geset­zes, und Geset­ze wer­den auf ihre Ver­fas­sungs­kon­for­mi­tät über­prüft. Durch einen klei­nen Geschäfts­ord­nungs­trick wur­de die­se Über­prü­fung umgangen.

Die neue Bestim­mung sieht vor, daß die Klei­dung der Abge­ord­ne­ten „kein Vor­wand für das Bekun­den per­sön­li­cher Mei­nun­gen“ sein darf. Im Detail wird ein Ver­bot aus­ge­spro­chen, „sicht­ba­re reli­giö­se Zei­chen, eine Uni­form, ein Logo, kom­mer­zi­el­le Wer­bung oder Slo­gans poli­ti­scher Natur“ zu tra­gen oder zu zei­gen. Die Abge­ord­ne­ten, so die Neu­re­ge­lung, haben ihre Posi­tio­nen nur „münd­lich“ vorzutragen.

de Rugy (LREM, vorher Grüne)
de Rugy (LREM, vor­her Grüne)

Die Initia­ti­ve zur anti­christ­li­chen und reli­gi­ons­feind­li­chen „Eti­ket­te“ ging vom Ver­samm­lungs­vor­sit­zen­den de Rugy aus.

Das Bureau ist das höch­ste Gre­mi­um der Natio­nal­ver­samm­lung und zählt 22 Mit­glie­der. Die Zusam­men­set­zung erfolgt nicht, wie man es vom Par­la­men­ta­ris­mus im deut­schen Sprach­raum gewohnt ist, durch Ein­bin­dung aller Par­la­ments­frak­tio­nen im Ver­hält­nis ihrer Stär­ke. In Paris hält die Prä­si­den­ten­mehr­heit alle 22 Sit­ze. Allein Macrons Par­tei LREM stellt neben dem Par­la­ments­vor­sit­zen­den auch fünf der sechs Stell­ver­tre­ter und hält mit ins­ge­samt 12 Sit­zen die Mehr­heit. Die übri­gen zehn Sit­ze ver­tei­len sich auf klei­ne­re lin­ke und libe­ra­le Ver­bün­de­te Macrons (Neue Lin­ke, Demo­kra­ti­sche und Repu­bli­ka­ni­sche Lin­ke, die libe­ra­le MoDem und die Links­ra­di­ka­len von Jean-Luc Mélenchon).

In die­ser Run­de war es kein Pro­blem einen „lai­zi­sti­schen Kon­sens“ zu finden.

Kritik der Bischofskonferenz und von Abgeordneten

Deut­li­che Kri­tik an der Ent­schei­dung übte die Fran­zö­si­sche Bischofs­kon­fe­renz:

„Die Abge­ord­ne­ten reprä­sen­tie­ren das Volk, und das Volk ist nicht laizistisch.“

Mit die­sen Wor­ten reagier­te Msgr. Oli­vi­er Riba­deau-Dumas, der Spre­cher der Bischofs­kon­fe­renz, Mit­glied des Dia­log­gre­mi­ums zwi­schen Hei­li­gem Stuhl, Bischofs­kon­fe­renz und fran­zö­si­scher Regie­rung und Rit­ter der Ehren­le­gi­on, gegen­über der Tages­zei­tung Le Mon­de.

Zwei füh­ren­de Ver­tre­ter der Beob­ach­tungs­stel­le der Lai­zi­tät und selbst Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­te kri­ti­sier­ten am Diens­tag die neue Klei­der­ord­nung. Nico­le Dub­re-Chi­rat vom regie­ren­den LREM (vor­her PS) und Clau­de Goas­guen von der größ­ten Oppo­si­ti­ons­par­tei, den bür­ger­li­chen Repu­bli­ka­nern, waren im ver­gan­ge­nen Okto­ber von Rugy zu Ver­tre­tern der Natio­nal­ver­samm­lung im Obser­va­toire ernannt wor­den. Daher sorg­te ihre Stel­lung­nah­me für Auf­se­hen. Wenn der Säku­la­ris­mus dar­in bestehe, „kei­ne Reli­gi­on“ zu sagen, dann sei das Heil­mit­tel schlim­mer als die Krank­heit. Zugleich kri­ti­sier­te Goas­guen die Absicht bestimm­ter Poli­ti­ker, das reli­giö­se Bekennt­nis aus dem öffent­li­chen Raum ver­drän­gen zu wollen.

Dub­re-Chi­rat sag­te laut La Croix:

„Wir sind kei­ne Beam­ten. Wir sind nicht neutral.“

Sie zeig­te sich auch von der Vor­gangs­wei­se über­rascht. Sie habe von der Ent­schei­dung erst erfah­ren, als sie schon beschlos­sen war.

„Wie sind nicht infor­miert wor­den und haben nie dar­über diskutiert“

Die Abge­ord­ne­te ver­faß­te einen Pro­test­brief an de Rugy und zusam­men mit zehn wei­te­ren LREM-Abge­ord­ne­ten auch einen Brief an den Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den der Prä­si­den­ten­par­tei, Richard Ferrand.

Die Abge­ord­ne­ten der Natio­nal­ver­samm­lung infor­mier­te de Rugy nicht. Es darf aber ange­nom­men wer­den, daß er am ver­gan­ge­nen 14. Dezem­ber dar­über mit den Logen­brü­dern des Groß­ori­ents gespro­chen und deren Applaus geern­tet haben wird. Schließ­lich ist die Bekämp­fung des Chri­sten­tums für den Groß­ori­ent eine „Ver­trau­ens­fra­ge“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wiki­com­mon­s/­Me­di­as-pres­se (Screen­shot)

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4 Kommentare

  1. Wenig über­ra­schend, son­dern ganz in der Tra­di­ti­on des fran­zö­si­schen Parlamentarismus.
    Viel­leicht trägt man ja bald wie­der die „Göt­tin Ver­nunft“ in wal­len­den Gewän­dern durch die Gegend, wer weiß? 😉

  2. Der Hin­weis auf Abbé Pierre selig hat mich sehr erfreut. Daß, Kle­ri­ker heu­te auf­grund der Rege­lung des neu­en Kir­chen­rechts kei­ne öffent­li­che Ämter mehr beklei­den sol­len dür­fen ist ein gro­ßer Scha­den. Sehr vie­le groß­ar­ti­ge Poli­ti­ker der Vor­kriegs­zeit waren Ange­hö­ri­ge des Kle­rus. Die alte Kir­che streb­te eben die Ver­christ­li­chung aller Lebens­be­rei­che an, die Kon­zils­kir­che ernied­rig­te sich hin­ge­gen zu einer Rand­exi­stenz als Opti­on bzw. NGO unter vielen.
    Ich habe immer wie­der von pol­ni­schen Prie­stern gehört (nicht aktu­ell, da nun die PiS strikt natio­nal-kon­ser­va­tiv agiert, son­dern als Tusk und spä­ter Kopacz PM einer ultra­li­be­ra­len Regie­rung waren)daß sie sehr gern auch ein poli­ti­sches Man­dat über­neh­men wür­den, weil es ihnen das par­la­men­ta­ri­sche Ple­num eine Platt­form der Ver­kün­di­gung geben wür­de und die Ent­christ­li­chungs­agen­da ja pri­mär über par­la­men­ta­ri­sche Ent­schlüs­se ihren alle betref­fen­den Aus­gang findet.

  3. Die Fran­zo­sen haben mit über­wäl­ti­gen­der Mehr­heit für Macron gestimmt.

    Sie hät­ten eine Alter­na­ti­ve gehabt.

    Sie woll­ten mehr Lai­zis­mus und mehr Sozia­lis­mus (Macron war in der Par­tei Hol­lan­des), jetzt bekom­men sie ihn.

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