Kommunistisches Symbol auf Kathedrale von Bogota projiziert – Wenige Tage vor Papst-Besuch: FARC nun politische Partei


Neues FARC-Symbol auf Kathedrale von Bogota projiziert: Rote Rose mit Rotem Stern
Neues FARC-Symbol auf Kathedrale von Bogota projiziert: Rote Rose mit Rotem Stern

(Bogo­ta) Der am Mitt­woch begin­nen­de Papst-Besuch in Kolum­bi­en ver­setzt das gan­ze Land in Unru­he. Wäh­rend aus poli­ti­schen und reli­giö­sen Grün­den teils hef­ti­ge Kri­tik am Papst-Besuch geübt wird, wur­de in der Nacht vom 1. auf den 2. Sepetm­ber das Sym­bol der mar­xi­sti­schen Gue­ril­la­or­ga­ni­sa­ti­on FARC auf die Fas­sa­de der Kathe­dra­le von Bogo­ta pro­ji­ziert. Mit die­ser emble­ma­ti­schen Pro­vo­ka­ti­on stell­ten sich die FARC am Ende ihres Grün­dungs­par­tei­ta­ges der Öffent­lich­keit als poli­ti­sche Par­tei vor.

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Der­zeit dreht sich in Kolum­bi­en fast alles um die kom­mu­ni­sti­sche „Nar­co­gue­ril­la“. Kolum­bi­ens links­li­be­ra­ler Staats­prä­si­dent Juan Manu­el San­tos (Part­ido Libe­ral) unter­zeich­ne­te im Novem­ber 2016 ein Frie­dens­ab­kom­men mit der mar­xi­sti­schen Unter­grund­or­ga­ni­sa­ti­on FARC, obwohl das Volk nur weni­ge Wochen davor in einem Refe­ren­dum ein sol­ches Abkom­men abge­lehnt hatte.

Bisherige Flagge der FARC
Bis­he­ri­ge Flag­ge der FARC

Die FARC-Rebel­len, von San­tos‘ kon­ser­va­ti­vem Vor­gän­ger Uri­be mili­tä­risch besiegt, sehen seit­her aus der Not her­aus ihre Zukunft als poli­ti­sche Par­tei. Nach dem Schei­tern des bewaff­ne­ten Kamp­fes wol­len sie auf neue Wei­se an der Poli­tik des Lan­des mit­mi­schen. Kri­ti­ker wer­fen San­tos vor, bereits künf­ti­ge Links­al­li­an­zen im Blick zu haben, um die eige­ne Macht zu zemen­tie­ren und die Rück­kehr der poli­ti­schen Rech­ten an die Regie­rung zu verhindern.

Die FARC (Revo­lu­tio­nä­re Streit­kräf­te Kolum­bi­ens – Volks­ar­mee) waren 1965 als bewaff­ne­ter Arm der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Kolum­bi­ens gegrün­det wor­den, um nach kuba­ni­schem Vor­bild und mit sowje­ti­scher Unter­stüt­zung gewalt­sam die Macht im Land an sich zu rei­ßen. Der 50 Jah­re dau­ern­de FARC-Ter­ro­ris­mus koste­te mehr als 200.000 Men­schen das Leben. Erst die har­te mili­tä­ri­sche Hal­tung von Staats­prä­si­dent Alva­ro Uri­be Velez (2002 – 2010) setz­te dem Spuk ein Ende. Sein Nach­fol­ger San­tos, Uri­be durf­te gemäß Ver­fas­sung nicht mehr für ein drit­tes Man­dat kan­di­die­ren, ging ande­re Wege und setzt auf die sanf­te Ein­glie­de­rung der FARC in das poli­ti­sche System des Lan­des. Das Mot­to lau­tet, von der Gue­ril­la­be­we­gung zur poli­ti­schen Par­tei. Vie­le Kolum­bia­ner sind ande­rer Mei­nung, wie das Ergeb­nis des Refe­ren­dums im Vor­jahr zeigte.

Papst wichtigster öffentlicher Verbündeter des linken „Friedensvertrages“

San­tos fand auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne in Papst Fran­zis­kus den wich­tig­sten Ver­bün­de­ten. Das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt, wegen sei­ner Sym­pa­thien für lin­ke, auch links­ra­di­ka­le Grup­pie­run­gen bekannt, unter­stützt die Ein­bin­dung der kom­mu­ni­sti­schen Nar­co­gue­ril­la, so benannt, weil sie sich zuletzt vor­wie­gend aus dem Dro­gen­han­del finanzierte.

Fran­zis­kus mach­te einen Besuch des Lan­des von der Annah­me des Frie­dens­ab­kom­mens abhän­gig. Eine wei­te­rer Aspekt, der in Tei­len der kolum­bia­ni­schen Bevöl­ke­rung erheb­li­che Vor­be­hal­te gegen den bevor­ste­hen­den Papst-Besuch auslöste.

Neben den poli­ti­schen Aspek­ten gibt es in Kolum­bi­en auch star­ke reli­giö­se Vor­be­hal­te gegen Papst Fran­zis­kus. Unter Latein­ame­ri­ka­nern wird des­sen Hal­tung zu ver­schie­de­nen, rele­van­ten The­men teils kri­ti­scher gese­hen als in Euro­pa. Ende Juli wur­de José Galat Nou­mer, einer der bekann­te­sten Katho­li­ken Kolum­bi­ens, ehe­ma­li­ger Rek­tor der Uni­ver­si­tät la Gran Colum­bia und erfolg­rei­cher katho­li­scher Fern­seh­un­ter­neh­mer wegen „anhal­ten­der Papst-Kri­tik“ für exkom­mu­ni­ziert erklärt. Offen­bar war dafür eine direk­te Inter­ven­ti­on aus dem Vati­kan bei der Kolum­bia­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz aus­schlag­ge­bend. Vor dem Papst-Besuch woll­te man rei­nen Tisch machen.

Damit ist die Kri­tik aber nicht ver­stummt, wie am Wochen­en­de ein Bericht des Radio­netz­wer­kes RCN Radio zeig­te. Ein Prie­ster, der anonym blei­ben woll­te, um sei­ne Teil­nah­me an einer Aus­spra­che mit Papst Fran­zis­kus nicht zu gefähr­den, übte hef­ti­ge Kri­tik an der „Rich­tung“, die Fran­zis­kus der Kir­che gege­ben hat. Er ken­ne min­de­stens 90 wei­te­re Prie­ster, die der­sel­ben Mei­nung sei­en. Er wol­le dem Papst bei der Begeg­nung, die am ersten Tag von des­sen Besuch vor­ge­se­hen ist, sei­ne Vor­be­hal­te vor­tra­gen. Er wer­de ihm auch sagen, daß „vie­le glau­ben, daß er mit der Frei­mau­re­rei ver­bun­den“ sei.

FARC konstituiert sich als politische Polizei: Start mit „typisch linksradikaler Provokation“

Wie RCN Radio berich­tet, sei­en „vie­le“ Kolum­bia­ner über­zeugt, daß Fran­zis­kus „ein Kom­mu­nist ist“.

Die­ses kri­ti­sche Kli­ma wur­de am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de durch einen Vor­fall wei­ter auf­ge­heizt. Am spä­ten Abend des 1. Sep­tem­ber wur­de das neue, poli­ti­sche Sym­bol der FARC auf die Fas­sa­de der Kathe­dra­le von Bogo­ta pro­ji­ziert, der Kir­che des Pri­mas von Kolum­bi­en und damit Mut­ter­kir­che des gan­zen Landes.

Neues FARC-Symbol: rote Rose mit Rotem Stern
Neu­es FARC-Sym­bol: rote Rose mit Rotem Stern

Die bis­he­ri­ge, krie­ge­ri­sche Ost­block­sym­bo­lik mit Kalasch­ni­kow wur­de auf­ge­ge­ben. Statt des­sen zeigt das neue Logo eine sti­li­sier­te rote Rose, dar­un­ter den Schrift­zug FARC. In der Mit­te der Rose ist ein fünf­zacki­ger, Roter Stern zu erken­nen. Beob­ach­ter spre­chen von einer bewuß­ten Annä­he­rung an die Sym­bo­lik der Sozia­li­sti­schen Inter­na­tio­na­le, um inter­na­tio­na­le Unter­stüt­zung für den Ein­tritt in den reprä­sen­ta­ti­ven Par­la­men­ta­ris­mus zu fin­den. Der Rote Stern ste­he für die ideo­lo­gi­sche Über­zeu­gung. Der Name FARC wur­de bei­be­hal­ten. Laut dem Grün­dungs­par­tei­tag, der vom 27. August bis 1. Sep­tem­ber statt­fand, steht FARC aber nicht mehr für Fuerz­as Arma­das Revo­lu­cio­na­ri­as de Colom­bia (Revo­lu­tio­nä­re Streit­kräf­te Kolum­bi­ens), son­dern für Fuer­za Alter­na­ti­va Revo­lu­cio­na­ria del Comun (Revo­lu­tio­nä­re Alter­na­ti­ve Kraft der All­ge­mein­heit, womit auch „Volk“ gemeint ist).

Nach dem Zusam­men­bruch des Ost­blocks und dem Ende der Sowjet­uni­on löste sich die nie ver­bo­te­ne Kom­mu­ni­sti­sche Par­tei Kolum­bi­ens fast auf. 1993 distan­zier­te sie sich erst­mals von ihrem mili­tä­ri­schen Arm FARC. Im ver­gan­ge­nen Juli erfolg­te die „Ver­söh­nung“ und die Bekannt­ga­be, eine gemein­sam mit den FARC eine „neue Par­tei“ ins Leben zu rufen und bei den Par­la­ments­wah­len 2018 zu kandidieren.

Gründungsparteitag mit antikirchlicher oder „prokirchlicher“ Provokation

"Totale Ablehnung" äußerte Msgr. Mercado zur FARC-Provokation
„Tota­le Ableh­nung“ äußer­te Msgr. Mer­ca­do zur FARC-Provokation

Als Abschluß die­ses Grün­dungs­par­tei­ta­ges wur­de die neue Par­tei am 1. Sep­tem­ber der Öffent­lich­keit vor­ge­stellt. Dazu fand auf der Pla­za de Boli­var im Zen­trum von Bogo­ta ein Fest statt. Bei die­ser Gele­gen­heit wur­de das neue Sym­bol der links­ra­di­ka­len Par­tei auf die Fas­sa­de der Kathe­dra­le pro­ji­ziert. Eine „typi­sche, links­ra­di­ka­le Pro­vo­ka­ti­on“, wie es in Bogo­ta heißt. Weni­ge Tage vor Beginn des Papst-Besuch han­del­te es sich dabei, wie eini­ge mei­nen, um eine pro­vo­kan­te, aber eben­so emble­ma­ti­sche Geste.

Pro­vo­kant, weil Kolum­bi­ens Bischö­fe auf­grund ihrer leid­vol­len Erfah­rung mit dem Kom­mu­nis­mus und sei­ner Kir­chen­feind­lich­keit das Frie­dens­ab­kom­men vor einem Jahr beim Refe­ren­dum abge­lehnt haben. Emble­ma­tisch, weil indi­rekt Papst Fran­zis­kus als eine Art Pate des Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­ses von der Gue­ril­la­or­ga­ni­sa­ti­on zur poli­ti­schen Par­tei ange­ru­fen wird. Staats­prä­si­dent San­tos und Regie­rungs­ver­tre­ter wer­den nicht müde, einen Zusam­men­hang zwi­schen den bei­den Ereig­nis­sen her­zu­stel­len. Die FARC bestä­tig­te die­se Sicht­wei­se mit der Pro­jek­ti­on. Der Vati­kan demen­tier­te bis­her einen sol­chen Zusam­men­hang und spricht von einem „Pasto­ral­be­such“.

Gnadenbild Unserer Lieben Frau von Chiquinquirá

Prozession des Gnadenbildes von Chiquinquirá zur Kathedrale von Bogota
Pro­zes­si­on des Gna­den­bil­des von Chi­quin­quirá zur Kathe­dra­le von Bogota

Nur weni­ge Stun­den vor dem Vor­fall war am sel­ben Ort das Gna­den­bild Unse­rer Lie­ben Frau von Chi­quin­quirá, der Patro­nin Kolum­bi­ens, in Pro­zes­si­on vor­bei­ge­tra­gen wor­den. Das Gna­den­bild ver­läßt nur sehr sel­ten sei­nen übli­chen Auf­be­wah­rungs­ort in der Basi­li­ka von Chi­quin­quirá. Wegen des bevor­ste­hen­den Papst-Besu­ches wur­de es jedoch vor­über­ge­hend nach Bogo­ta gebracht und in einer Kapel­le der Kathe­dra­le aus­ge­stellt. Dort wird es Papst Fran­zis­kus auf­su­chen. Dort kön­nen es auch die Gläu­bi­gen ver­eh­ren, bis es nach dem Papst-Besuch wie­der in das rund 135 Kilo­me­ter von Bogo­ta ent­fern­te Chi­quin­quirá zurück­ge­bracht wird.

Empört ver­öf­fent­lich­te der Vor­sit­zen­de des Metro­po­li­t­an­ge­richts von Bogo­ta, Mons. Pedro Mer­ca­do, auf Twit­ter mit „tota­ler Ableh­nung“ ein Pho­to der FARC-Pro­jek­ti­on auf die Fas­sa­de der Kathedrale.

Die zum Teil ver­ächt­li­chen Reak­tio­nen, die auf Twit­ter folg­ten, las­sen den Geist der Anhän­ger der gewan­de­ten FARC erken­nen, die nun Teil jener glo­ba­len Lin­ken gewor­den sind, für die Papst Fran­zis­kus so erstaun­li­che Sym­pa­thien zeigt.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Twitter/​Wikicommons (Screen­shots)

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