
(Rom) Bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig wurde ein Dokumentarfilm über Pater Gabriele Amorth, den vor einem Jahr verstorbenen Hauptexorzisten Roms, vorgestellt. Der Film stammt von William Friedkin, dem Regisseur des Kinofilms „Der Exorzist“.
Die Doku hatte im Vorfeld große Erwartungen geweckt. Entgegen reißerischen Zugängen anderer Filmberichte, die den Exorzismus zum Thema haben, nähert sie sich offenbar bemüht sachlich und mit der gebotenen Sensibilität dem Thema.
„Ich habe einen Exorzismus gesehen. Ich denke, daß ich nie mehr derselbe sein werde“
William Friedkin wurde als Regisseur des Spielfilms „Der Exorzist“ bekannt, der 1973 im Genre Horrorfilm in die Kinos kam und für erhebliche Furore sorgte. „Der Exorzist“ war der erste Film der Kinogeschichte, mit dem in den USA mehr als 100 Millionen Dollar eingespielt wurden.
Friedkin, selbst nicht Christ, sondern Jude, erhielt wenige Monate vor P. Amorths Tod die Möglichkeit, einem wirklichen Exorzismus beiwohnen zu dürfen. Im Dezember 2016 sprach er in einem Artikel der Zeitschrift Vanity Fair darüber. Bereits im Mai 2016 hatte der britische The Guardian berichtet, daß der Regisseur während des Exorzismus Filmaufnahmen machen durfte. Die Aufnahmen waren im April jenes Jahres entstanden. Friedkin selbst dazu:
„Sehr wenige Menschen haben einen Exorzismus gesehen und niemand hat einen fotografiert. Ich denke, daß ich nie mehr derselbe sein werde, wie bevor ich diese außergewöhnliche Sache gesehen habe. Ich spreche nicht von einem Kult, sondern von einem Exorzismus, der von der katholischen Kirche in Rom durchgeführt wurde.“
Den Regisseur habe vor allem interessiert, in wieweit ein wirklicher Exorzismus dem entspricht, was er Anfang der 70er Jahre in einem Spielfilm gezeigt hatte. BioBioChile zitierte ihn im Mai 2016 mit den Worten:
„Ich kann im Moment nicht mehr dazu sagen, aber soviel, daß es zu 90 Prozent ist wie in ‚Der Exorzist‘.“
Der Film damals war Fiktion, „das aber war real“
Der nun in Venedig vorgestellte Dokumentarfilm „The Devil and Father Amorth“ (Der Teufel und Pater Amorth) baut auf dieser Erfahrung Friedkins auf. In der Pressekonferenz, die gestern in der Lagunenstadt stattfand, sagte er zu seinem Film von 1973 und dem Exorzismus, dem er 2016 beiwohnen durfte:
„Als ich damals den Film gemacht habe, hatte ich nie einen Exorzismus gesehen. Wir haben ihn erfunden. Es war Mythologie. Das aber war real.“

Friedkin schilderte, daß ihm Pater Amorth im Frühjahr 2016 die Erlaubnis erteilt hatte, ihn zu einem Exorzismus begleiten zu dürfen unter der Bedingung, daß er ohne Scheinwerfer und Assistenten, sondern alleine und nur mit einer kleinen Videokamera daran teilnahm.
Das Ergebnis ist der Dokumentarfilm, der das Leben des bekanntesten Exorzisten der vergangenen Jahrzehnte und den Fall von Cristina, einer jungen Frau von 30 Jahren schildert. Sie selbst und Pater Amorth waren überzeugt, daß sie vom Teufel besessen war. Der Exorzismus, an dem Friedkin teilnehmen durfte, war die neunte Begegnung von P. Amorth mit Cristina. Der Regisseur schilderte gestern die Stimmung, die Schreie, die Panik dieser Frau während des Exorzismus. Ihre Stimme habe sich plötzlich völlig verändert und sich als Satan vorgestellt.
„Ich bin absolut überzeugt, daß alles, was ich gesehen habe, real war. Der Film damals war nur Fiktion, die Gesten, die Personen, der Priester, alles war nur Fiktion. Da aber stand ich der Wirklichkeit gegenüber und ich hatte Angst.“
„Ich habe gesehen, daß die Welt vom Bösen beherrscht sein kann“
Die Erfahrung sei für ihn „reinster Horror“ gewesen, wobei Friedkin auf die Feststellung Wert legte, daß es sich dabei nicht etwa um ein Wortspiel handle, weil er Horrorfilme gedreht hatte. Es sei „erschreckend“ und „furchterregend“ gewesen, wie sich „die Persönlichkeit von Cristina während des Exorzismus veränderte“.
„Ich habe gesehen, daß die Welt vom Bösen beherrscht sein kann, und daß es uns ohne Vorwarnung treffen kann.“
Friedkin versicherte den anwesenden Journalisten:
„Ein Exorzismus ist kein Spektakel.“
Pater Gabriele Amorth, 1925 in Modena geboren, war 1986 zum Exorzisten der Diözese Rom ernannt worden. Von 1992 bis zu seinem Tod am 16. September 2016 war er Hauptexorzist in der Ewigen Stadt. 1994 hatte er die Internationale Vereinigung der Exorzisten gegründet, deren Vorsitzender er bis 2000 war.
Friedkin war erst 2011 erstmals mit einem Film zu den Filmfestspielen von Venedig eingeladen worden. 2013 wurde er mit dem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk geehrt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/IFFV (Screenshot)
Jesus selbst gab eindeutig die Weisung ‚Treibt Dämonen aus‘, doch heute trauen sich die Priester da nicht mehr zu.
Wenn von Exorzismus die Rede ist, wird das traurigerweise nicht mehr als Beweis für die Existenz des Teufels und des katholischen Glaubens verstanden, sondern es wird ins Negative verdreht, indem manche etwa auf den Tod Anneliese Michels bei einem Exorzismus verweisen.
Und in Zeiten des großen Glaubensabfalls ist die Wahrscheinlichkeit, dass Besessene von Angehörigen zu Exorzismen gebracht werden gering wie nie. Stattdessen wird in die Psychiatrie abgeschoben und in den meisten Fällen mittels Tabletten ruhiggestellt. Wobei psychische Krankheit und Besessenheit verschiedene Dinge sind.
Selbst im Mittelalter hat die hl. Hildegard von Bingen – entgegen manchem Vorurteil – sauber zwischen psychischen Erkrankungen und Besessenheit unterschieden. Im Frühjahr 1169 nahm sie die besessene Kölner Bürgerin Sigewize in ihr Kloster auf und organisierte eine Kampagne des Betens, Fastens und Almosengebens, nachdem vorherige Exorzismen erfolglos geblieben waren. Während der Wasserweihe in der Ostervigil verließ der Dämon Sigewize.