Paglias „Revolution“ im Institut Johannes Paul II. für Ehe und Familie – Schockenhoffs Niederlage im schlesischen Neiße


Trifft die "Revolution" demnächst das Päpstliche Institut Johannes Paul II. für Studien zu Ehe und Familie?
Trifft die "Revolution" demnächst das Päpstliche Institut Johannes Paul II. für Studien zu Ehe und Familie?

(Rom) Papst Fran­zis­kus setzt sei­ne Abkehr von den „nicht ver­han­del­ba­ren Wer­te“ durch struk­tu­rel­le Umbau­ten im Vati­kan fort. Neben der Päpst­li­chen Aka­de­mie für das Leben trifft die­ser Umbau vor allem das Päpst­li­che Insti­tut Johan­nes Paul II. für Stu­di­en zu Ehe und Fami­lie. Bei­den Ein­rich­tun­gen waren von Papst Johan­nes Paul II. zur Unter­stüt­zung der „Kul­tur des Lebens“ geschaf­fen wor­den. Fran­zis­kus wickelt sie nicht ab, ver­än­dert aber ihr Gesicht. Bis zur Unkenntlichkeit?

Päpstlicher Paradigmenwechsel im Schnelldurchlauf

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Am Anfang war das Schwei­gen. Fran­zis­kus schwieg zur Lebens­rechts­fra­ge. Er fand nach sei­ner Wahl kei­ne Wor­te gegen die Tötung unge­bo­re­ner Kin­der, die Eutha­na­sie, die Kom­mer­zia­li­sie­rung des Ute­rus durch „Leih­mut­ter­schaft“ und „über­schüs­si­ge“ Embryo­nen­pro­duk­ti­on für die künst­li­che Befruchtung.

Instituts-Großkanzler Paglia mit Papst Franziskus
Insti­tuts-Groß­kanz­ler Paglia mit Papst Franziskus

Im Sep­tem­ber 2013 war die Unru­he dar­über in der Kir­che so groß gewor­den, daß er reden muß­te. So teil­te er der Kir­che und der Welt mit, daß man „nicht stän­dig“ über sol­che The­men reden kön­ne. Die Kat­ze war aus dem Sack. Ein unge­heu­er­li­cher Para­dig­men­wech­sel war voll­zo­gen, und es folg­te kein Auf­schrei. Die pro­gres­si­ven Chri­sten waren erleich­tert. Sie leben seit 2013 im siche­ren Gefühl, der amtie­ren­de Papst ste­he ihnen sehr nahe, wol­le wahr­schein­lich sogar das­sel­be. Ein Gefühl des Tri­umphs. Man­che Kir­chen­ver­tre­ter beeil­ten sich, sich der päpst­li­chen Vor­ga­be anzu­pas­sen. Das Lebens­recht wur­de von der Prio­ri­tä­ten­li­ste gestri­chen. Der Kampf dafür wur­de ohne­hin von man­chen längst als lästig emp­fun­den. Die „Rän­der“ füll­ten die ent­stan­de­ne Lücke aus.

2015 trug der Kurs­wech­sel sei­ne ersten „Früch­te“. Anstatt sich in der Lebens­rechts­fra­ge unver­söhn­lich gegen­über­zu­ste­hen, fan­den der Hei­li­ge Stuhl und die UNO zum Kli­ma­wan­del zu einer Akti­ons­ge­mein­schaft zusam­men. UNO-Gene­ral­se­kre­tär Ban Ki-moon hielt im Vati­kan eine Anspra­che und Neo-Mal­thu­sia­ner wur­den zu Mit­glie­dern päpst­li­cher Insti­tu­tio­nen ernannt (Sachs, Schellnhu­ber) oder als Refe­ren­ten gela­den (Ehr­lich, Bon­gaar­ts, Wacker­na­gel).

Wäh­rend Fran­zis­kus den neu­en Kurs eta­blier­te, setz­ten die von Johan­nes Paul II. errich­te­ten päpst­li­chen Insti­tu­tio­nen im Vati­kan ihre Arbeit für die Kul­tur des Lebens fort. Das betrifft in erster Linie die Päpst­li­che Aka­de­mie für das Leben und das genann­te Studieninstitut.

Am 15. August 2016 erfolg­te – mit­ten im Hoch­som­mer, wo in Ita­li­en Feri­en­still­stand herrscht – ein radi­ka­ler päpst­li­cher Ein­griff. Fran­zis­kus setz­te die Spit­ze bei­der Insti­tu­tio­nen ab und ernann­te sei­nen Ver­trau­ten, Kuri­en­erz­bi­schof Vin­cen­zo Paglia, zum neu­en Chef. Er wur­de Prä­si­dent der Aka­de­mie und Groß­kanz­ler des Insti­tuts. Seit­her bringt Paglia die bei­den Ein­rich­tun­gen auf Berg­o­glio-Kurs. Dar­aus folgt, daß es nicht nur um einen neu­en Kurs des Pap­stes geht, son­dern auch dar­um, den bis­he­ri­gen Wider­stand der Kir­che in Sachen Abtrei­bung und Schei­dung, wie er von den Päp­sten Paul VI., Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. gegen die staat­li­chen Lega­li­sie­run­gen vor­an­ge­tra­gen wur­de, zu besei­ti­gen. Wenn schon, denn schon.

Zweifelhafte Ernennungen

Erzbischof Vincenzo Paglia
Erz­bi­schof Vin­cen­zo Paglia

Paglia setz­te sämt­li­che Aka­de­mie­mit­glie­der zum Jah­res­en­de 2016 vor die Tür. Vor zwei Wochen erfolg­ten die ersten Neu­er­nen­nun­gen, die mit dem Abtrei­bungs­be­für­wor­ter Nigel Big­gar eine Fort­set­zung der zwei­fel­haf­ten Auf­lö­sung des katho­li­schen Wider­stan­des gegen die Abtrei­bung signa­li­sie­ren. Als die Ernen­nung des angli­ka­ni­schen Moral­theo­lo­gen eini­gen Staub auf­wir­bel­te, ver­tei­dig­te Paglia die Ent­schei­dung und atte­stier­te Bag­ger unge­niert, eine Posi­ti­on zu ver­tre­ten, die „abso­lut mit der katho­li­schen über­ein­stimmt“. Nach dem Mot­to „Ver­ba volant, scripta manent“, erklär­te Paglia, was die Kri­ti­ker der Ernen­nungs­li­ste, die er dem Papst vor­ge­legt hat­te, denn hät­ten. Bag­ger mag viel­leicht irgend­ein­mal irgend etwas gesagt haben, geschrie­ben aber habe er „nie“ etwas zum The­ma Abtreibung.

Pagli­as Per­sil­schein wur­de aller­dings schnell als Fäl­schung ent­larvt. 2015 ver­öf­fent­lich­te Bag­ger im Jour­nal of Medi­cal Ethics Abtrei­bungs­po­si­ti­on, laut der „in bestimm­ten Fäl­len“, eine Abtrei­bung bis zur 18. Schwan­ger­schafts­wo­che zuläs­sig sei. Die­sel­be Zuläs­sig­keit hat­te er bereits 2004 in sei­nem Buch Aiming to Kill. The Ethics of Sui­ci­de and Eutha­na­sia in Sachen Eutha­na­sie publiziert.

Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster listet wei­te­re neu­ernann­te Aka­de­mie­mit­glie­der auf, deren Posi­tio­nen „kir­chen­fern“ sind:

  • die Schwe­din Kata­ri­na Le Blanc vom Karo­lins­ka Insti­tu­tet in Stock­holm, die für ihre For­schung Stamm­zel­len von in-vitro gezeug­ten Embryo­nen verbraucht;
  • der Japa­ner und Nobel­preis­trä­ger Shi­nya Yama­na­ka, der plu­ri­po­ten­te Stamm­zel­len aus Bin­de­ge­webs­zel­len von Mäu­sen erzeug­te und sei­ne For­schun­gen an mensch­li­chen embryo­na­len Stamm­zel­len fort­set­zen möch­te, wie er in der Fach­zeit­schrift Cell & Stem Cell erklärte;
  • der Israe­li Avra­ham Stein­berg, der wie Bog­gar „in bestimm­ten Fäl­len“ Abtrei­bung für zuläs­sig hält, eben­so die ver­brau­chen­de Stamm­zell­for­schung, also die Zer­stö­rung von mensch­li­chen Embryo­nen zu Forschungszwecken;
  • und schließ­lich der Ita­lie­ner Mau­ri­zio Chio­di, ein bekann­ter Moral­theo­lo­ge, der in sei­nem Buch „Eti­ca del­la vita“ (Ethik des Lebens) die künst­li­che Zeu­gung von Men­schen für zuläs­sig hält, sofern eine „zeu­gen­de Absicht“ dahinterstehe.

„Paglia bereitet Revolution im Institut Johannes Paul II. für die Familie vor“

Mit der Ernen­nung Pagli­as zum neu­en Groß­kanz­ler des Stu­di­en­in­sti­tuts war auch der Insti­tuts­di­rek­tor ent­las­sen wor­den. Nach der Aka­de­mie nimmt sich Paglia nun des Insti­tuts an. Obwohl dort die haus­ei­ge­nen Exper­ten in Sachen Ehe und Fami­lie sit­zen, wur­de das Insti­tut bis­her von Papst Fran­zis­kus igno­riert. Kei­nen zog er zur Dop­pel-Syn­ode über die Fami­lie hin­zu. Damit hat­te er klar und deut­lich zu ver­ste­hen gege­ben, was er von deren Posi­ti­on – der Posi­ti­on der Kir­che – hält. Das Insti­tut hat­te im Vor­feld der ersten Bischofs­syn­ode deut­lich zu ver­ste­hen gege­ben, daß es kei­ne Auf­wei­chung des Ehe­sa­kra­ments geben kön­ne, ohne die Leh­re Jesu zu ver­ra­ten. Damit hat­ten sich die Wis­sen­schaft­ler in den Augen des Pap­stes offen­bar „dis­qua­li­fi­ziert“. Als Ver­bün­de­te für eine „neue Offen­heit“ taug­ten sie jeden­falls nicht.

Nach dem Umbau der Aka­de­mie des Lebens schrei­tet Paglia nun beim Stu­di­en­in­sti­tut zu den Taten. Info­Va­ti­ca­na titel­te heute:

„Paglia berei­tet die Revo­lu­ti­on im Insti­tut Johan­nes Paul II. für die Fami­lie vor.“

Und der Vati­ka­nist San­dro Magister:

„Nach der Aka­de­mie für das Leben ändert auch das Insti­tut für die Fami­lie ihr Gesicht.“

So wie bereits der Aka­de­mie ein neu­es Sta­tut ver­paßt wur­de, soll auch das Stu­di­en­in­sti­tut ein neu­es erhal­ten. Magi­ster geht davon aus, daß Fran­zis­kus es dem­nächst mit einem Chi­ro­graph in Kraft set­zen wird. Im Gegen­satz zur Aka­de­mie, die ihren Namen bei­be­hält, wird das Stu­di­en­in­sti­tut auch sei­nen Namen ändern. Offen­bar soll die Nen­nung ihres Grün­ders, Papst Johan­nes Paul II., getilgt wer­den. Der genaue Name ist noch nicht bekannt, viel­leicht Päpst­li­ches Insti­tut für Fami­li­en­wis­sen­schaf­ten. Fest­steht, daß es sei­ne Eigen­stän­dig­keit ver­lie­ren und direkt der Late­ran­uni­ver­si­tät ein­ge­glie­dert wer­den soll.

Operation Neuer Lehrkörper

Begrün­det wird die­se Unter­ord­nung mit einer stär­ke­ren Ein­bin­dung in den Stu­di­en­be­trieb der Uni­ver­si­tät. Das Stu­di­en­an­ge­bot soll ver­stärkt mit dem der Uni­ver­si­tät ver­netzt wer­den. Erstaun­lich ist die­se Ver­schrän­kung auch des­halb, weil das Insti­tut bereits über welt­weit meh­re­re Nie­der­las­sun­gen ver­fügt. Die eigent­li­che Absicht hin­ter der Ope­ra­ti­on ist woan­ders zu suchen: Durch die Ein­glie­de­rung in die Late­ran­uni­ver­si­tät kann der Lehr­kör­per des Insti­tuts dis­kret umge­baut wer­den. Neue Pro­fes­so­ren kön­nen dann pro­blem­los uni­ver­si­täts­in­tern hin­zu­ge­fügt und ande­re ent­bun­den werden.

Der neue Institutsdirektor Don Sequeri
Der neue Insti­tuts­di­rek­tor Don Sequeri

Der bis­he­ri­ge Lehr­kör­per stellt eine wis­sen­schaft­lich hoch­qua­li­fi­zier­te Gemein­schaft dar, die ihre Treue zum kirch­li­chen Lehr­amt aus­zeich­net, wie es sich Papst Johan­nes Paul II. zur Ver­tei­di­gung von Ehe und Fami­lie gedacht hat­te. So war das Insti­tut unter der Lei­tung der heu­ti­gen Kar­di­nä­le Car­lo Caf­farra und Ange­lo Sco­la und zuletzt von Msgr. Livio Melina, einem der renom­mier­te­sen Moral­theo­lo­gen und Bio­ethi­ker, geformt wor­den. Melina ist der Direk­tor, der ver­gan­ge­nes Jahr von Fran­zis­kus abge­setzt und durch den Mai­län­der Theo­lo­gen Pier­an­ge­lo Sequeri ersetzt wur­de. Kar­di­nal Sco­la war Berg­o­gli­os Gegen­spie­ler im Kon­kla­ve 2013. Kar­di­nal Caf­farra gehört zu den vier Unter­zeich­nern der Dubia (Zwei­fel) zum umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia. Da Fran­zis­kus ihnen seit neun Mona­ten eine Ant­wort ver­wei­gert und seit zwei­ein­halb Mona­ten eine Audi­enz, kann Caf­farr­as Aus­sa­ge auch auf den amtie­ren­den Papst bezo­gen wer­den: „Nur ein Blin­der kann leug­nen, daß durch Amo­ris lae­ti­tia in der Kir­che die größ­te Ver­wir­rung herrscht“.

Die Lehr­be­auf­trag­ten stel­len damit einen geschlos­se­nen Block dar, der sich auf höch­stem Niveau und ent­schie­den gegen den Angriff auf das Ehe­sa­kra­ment wider­setzt, dem von Papst Fran­zis­kus mit dem 8. Kapi­tel von Amo­ris lae­ti­tia die Türen geöff­net wurden.

Die Sta­tu­ten­än­de­rung zielt pri­mär auf die Besei­ti­gung die­ses „Wider­stands­ne­stes“ ab, wie ein dem Papst nahe­ste­hen­der Jesu­it über das Insti­tut sag­te. Die Dozen­ten set­zen näm­lich uner­schrocken ihre Arbeit zur Ver­tei­di­gung des Ehe­sa­kra­ments fort, obwohl Fran­zis­kus sie igno­riert und über ihnen mit Paglia ein Damo­kles­schwert anbrach­te. Die Pro­fes­so­ren José Gra­na­dos, Ste­phan Kam­pow­ski und Juan José Pérez-Soba leg­ten Ende 2016 unter dem Titel „Beglei­ten, unter­schei­den, inte­grie­ren“ ein „Vade­me­cum für eine neue Fami­li­en­pa­sto­ral auf der Grund­la­ge von Amo­ris lae­ti­tia“  vor. Das Buch ist in spa­ni­scher, Ende Janu­ar 2017 auch in einer ita­lie­ni­schen Aus­ga­be erschie­nen. Dar­in geben die Autoren eine Hil­fe, sich in der ent­stan­de­nen „größ­ten Ver­wir­rung“ (Kar­di­nal Caf­farra) zurecht­zu­fin­den und der kirch­li­chen Ehe- und Moral­leh­re, aber auch der Sakra­men­ten­ord­nung treu zu blei­ben. Eine Vor­ge­hens­wei­se, die in San­ta Mar­ta auf wenig Gegen­lie­be gesto­ßen ist. Gera­de im päpst­li­chen Umfeld gilt „Maje­stäts­be­lei­di­gung“ als unver­zeih­li­ches Ärgernis.

Gilfredo Marengo und Paglias geheime Studiengruppe

Aller­dings erfol­gen die Umbrü­che nicht nur von außen, son­dern auch von innen. Es fehlt nicht an Kir­chen­ver­tre­tern, die seit dem März 2013 die Fah­ne gewech­selt haben. Der bemer­kens­wer­te­ste Fall am Stu­di­en­in­sti­tut ist Gil­fre­do Maren­go, der seit 2013 Lehr­be­auf­trag­ter für Theo­lo­gi­sche Anthro­po­lo­gie ist. Maren­go war einst Vor­zugs­schü­ler von Kar­di­nal Sco­la, als die­ser das Insti­tut lei­te­te. „Heu­te fin­det er sich auf der ent­ge­gen­ge­setz­ten Sei­te wie­der“, so Magi­ster. Als nun­meh­ri­ger Ver­trau­ter des neu­en Groß­kanz­lers Paglia wur­de Maren­go zum Koor­di­na­tor einer gehei­men Stu­di­en­grup­pe ernannt, der auch der neue Insti­tuts­di­rek­tor Sequeri angehört.

Der päpst­li­che Auf­trag an die Stu­di­en­grup­pe lau­tet, den Weg für eine „Neu­in­ter­pre­ta­ti­on“ der Enzy­kli­ka Hum­a­nae vitae von Paul VI. zu ebnen. Die „Neu­in­ter­pre­ta­ti­on“ soll „im Licht von Amo­ris lae­ti­tia“ erfol­gen. Paglia demen­tier­te die Exi­stenz der Stu­di­en­grup­pe, um deren Exi­stenz gleich­zei­tig zu bestä­ti­gen. Offen­bar wer­den die Wei­chen gestellt, die­se „pro­phe­ti­sche“ Enzy­kli­ka auf den „deut­schen Weg“ umzu­lei­ten. Der „deut­sche Weg“, wie es in Rom heißt, besteht aus der Ableh­nung von Hum­a­nae vitae durch die König­stei­ner Erklä­rung  der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, die Maria­tro­st­er Erklä­rung der Öster­rei­chi­schen Bischofs­kon­fe­renz und die Solo­thur­ner Erklä­rung der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz. Alle drei Erklä­run­gen erfolg­ten im Herbst 1968 und ste­hen seit­her für ein kirch­li­ches ’68. Die Bischö­fe setz­ten mehr­heit­lich einen Akt des Unge­hor­sams, indem sie den Gläu­bi­gen erklär­ten, sie müß­ten sich in Sachen Ver­hü­tung nicht an die Enzy­kli­ka hal­ten. Die­ser Bruch zwi­schen Rom und dem deut­schen Sprach­raum ist bis heu­te nicht über­wun­den und steht als emble­ma­ti­sches Sym­ptom für eine Fehl­ent­wick­lung in den Ortskirchen.

Völ­lig unklar ist vor­erst, was mit den Zweig­nie­der­las­sun­gen des Stu­di­en­in­sti­tuts auf allen fünf Kon­ti­nen­ten sein wird. Die ein­fluß­reich­ste ist jene in Washing­ton „mit einem ganz ent­schie­den Woj­ty­lia­ni­schen Dozen­ten­corps“, so Magi­ster. Finan­ziert wird sie von den Kolum­bus­rit­tern. Deren Supre­me Knight Carl Ander­son lehrt dort und ist stell­ver­tre­ten­der Direk­tor. Papst Fran­zis­kus ehr­te ihn durch die Ernen­nung zum Mit­glied der Aka­de­mie für das Leben. Folgt auf das Zucker­brot die Peitsche?

Institut setzt Auseinandersetzung fort und widerlegt Goertz, Witting und Schockenhoff

Amoris laetitia ein Wendepunkt für die Moraltheologie?
Amo­ris lae­ti­tia ein Wen­de­punkt für die Moraltheologie?

„Die Schü­ler und Dozen­ten des Insti­tuts set­zen unbe­irrt ihren Weg fort“, so Magi­ster. Zumin­dest solan­ge sie noch kön­nen. In der näch­sten Aus­ga­be der insti­tuts­ei­ge­nen Fach­pu­bli­ka­ti­on Anthro­po­tes wird der Auf­satz des Dok­to­ran­den Alber­to Fri­ge­rio erschei­nen, der das von Ste­phan Goertz und Caro­li­ne Wit­ting im Her­der Ver­lag her­aus­ge­ge­ben Buch „Amo­ris lae­ti­tia – Wen­de­punkt für die Moral­theo­lo­gie?“ einer ver­nich­ten­den Kri­tik unter­zieht. Goertz ist Pro­fes­sor der Moral­theo­lo­gie an der Johan­nes Guten­berg Uni­ver­si­tät Mainz und seit 2012 Zwei­ter Spre­cher der Arbeits­ge­mein­schaft Deut­scher Moral­theo­lo­gen. Wit­ting, die seit 2014 dem Vor­stand des BDKJ im Bis­tum Mainz ange­hört, ist sei­ne wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin. Ihr Buch, das laut Magi­ster „die pro­gres­siv­sten Posi­tio­nen der deut­schen Theo­lo­gie zum Aus­druck bringt“, liegt auch in einer ita­lie­ni­schen Aus­ga­be vor.

Mit dem bekann­te­sten deut­schen Moral­theo­lo­gen, Eber­hard Schocken­hoff, der in der deut­schen Jesui­ten­zeit­schrift Stim­men der Zeit den umstrit­te­nen Auf­satz „Tra­di­ti­ons­bruch oder not­wen­di­ge Wei­ter­bil­dung? Zwei Les­ar­ten des Nach­syn­oda­len Schrie­ben ‚Amo­ris lae­ti­tia‘“ vor­ge­leg­te, kreuz­te Livio Melina, der von Fran­zis­kus abge­setz­te Direk­tor des Stu­di­en­in­sti­tuts, bei einer Tagung im schle­si­schen Nei­ße die Klin­ge und zwar vor mehr als hun­dert Moral­theo­lo­gen und meh­re­ren anwe­sen­den pol­ni­schen Bischöfen.

Schocken­hoffs Stim­me hat Gewicht. Die skan­di­na­vi­schen Bischofs­kon­fe­ren­zen lie­ßen sich von ihm auf einer Stu­di­en­ta­gung zu Amo­ris lae­ti­tia bera­ten, die vor zwei Mona­ten in Ham­burg stattfand.

Schocken­hoff wur­de am 12. Juni von Melina in Nei­ße auf gan­zer Linie wider­legt. Der ehe­ma­li­ge Direk­tor des Päpst­li­chen Insti­tuts Johan­nes Paul II. für Stu­di­en zu Ehe und Fami­lie (wer weiß, wie lan­ge es die­sen Namen noch gibt) zeig­te die Halt­lo­sig­keit des vom deut­schen Moral­theo­lo­gen behaup­te­ten „Para­dig­men­wech­sels“ auf, der mit Papst Fran­zis­kus in Zusam­men­hang gebracht wird. Die pol­ni­schen Bischö­fe haben ihre Kon­se­quen­zen gezo­gen. Ihr Posi­ti­on ist nicht die Schockenhoffs.

Melinas Aus­füh­run­gen in Nei­ße wer­den eben­falls in der näch­sten Aus­ga­be von Anthro­po­tes erschei­nen mit dem Titel: „Die Her­aus­for­de­run­gen von ‚Amo­ris lae­ti­tia‘ für einen Moral­theo­lo­gen“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va/​W​i​k​i​c​o​m​m​o​n​s​/​P​I​J​PII (Screen­shots)

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